Jetzt muss ich mal meckern!
Moin,
N’Ahmd,
ich wüßte gern, wieso sich dieses saublöde Dummsprechwort…
Und ich wüsste gerne mal, wann endlich diese saudämliche, gedankenlose und vor allem arrogante Sichtweise auf die Umgangssprache aufhört? Ständig muss man überall solchen Scheiß wie „Dummsprech“ und „Dummdeutsch“ lesen, dass sich den Leuten die „Fußnägel aufrollen“ wenn sie dies und das hören, und diese dämliche Behauptung, die Leute würden heute viel schlechter Deutsch sprechen als früher noch, wodurch die deutsche Sprache langsam vor die Hunde ginge (wie soll sowas denn vonstatten gehen?!).
Wer sowas behauptet, hat sie nie wirklich mit der deutschen Sprache (oder mit Sprache überhaupt) auseinandergesetzt, und plappert in meinen Augen einfach ohne groß nachzudenken Leuten wie Bastian Sick oder anderen unwissenschaftlich schreibenden Sprachdünklern und Puristen nach.
Manchmal, bei manchen Anglizismen, kann ich das noch verstehen (deswegen möcht ich mich darauf nicht beziehen). Aber wenn dann ständig an solchen völlig normalen, alltäglichen, guten und richtigen deutschen Ausdrücken, die sowohl eine lange Tradition als auch gute grammatikalische Hintergründe aufweisen, von jedem verstanden und von fast jedem benutzt werden („Sinn machen“, „einzigste“, „oh mein Gott“, „rosanes Kleid“…) oder einfach einem Dialekt entspringen („größer wie“, „der Mutter ihr Auto“, „am Lesen sein“…), rumkritisiert wird, frage ich mich echt, wie verhasst den Sprechern ihre eigene Sprache nur sein kann. Muss man denn alles immer nur am Hochdeutschen messen? Oder an der Logik, in die so viele das Deutsche zu pressen versuchen (Beispiel dafür die fälschliche Behauptung, „vorprogrammieren“ sei falsch).
Das Schlimmere daran ist aber oft weniger die Kritik an sich. Reflektierter Umgang mit Sprache ist natürlich eine schöne Sache, aber muss dann immer gleich polemisiert werden? Ständig werden Leute runtergemacht, die zwar korrekt Deutsch sprechen, aber eben gerade kein Hochdeutsch (warum sollte man das im Alltag auch tun, wenn es nicht nötig ist?).
Warum kann man nicht einfach akzeptieren, dass sich gewisse Begriffe, Aussprachen und Konstruktionen durchsetzen, nicht weil die Sprecher so dümmlich sind und nicht nachdenken, sondern weil es artikulatorisch, perzeptorisch oder psycholinguistisch von Vorteil sein kann? Nein, die deutsche Sprache soll stagnieren und stets auf dem gleichen Niveau verharren. Alles war sich seit der Schulzeit dessen, der sich gerade beschwert, verändert hat, ist automatisch Dummsprech, falsches Deutsch, eine „Wortkonstruktion“ (was wäre das denn nicht?) oder verursacht aus ähnlichen Gründen Fußnagelhochkrempelungen. Junge Leute fangen nun auch schon damit an und reden von „neumodischen Wendungen“, die doppelt so alt sind wie sie selbst.
Ich kann hier nur für mich sprechen, aber mir sind Leute, die solche Veränderungen („weil“ mit Hauptsatz ist auch ein gutes Beispiel) einfach aus Gewohnheit verwenden, wesentlich lieber als diejenigen, die sich über jegliche Abweichung zum Hochdeutschen aufregen, so als bedeute dies automatisch einen Verfall der Sprache oder die definitive Dummheit des Sprechers.
Puh. So.
Es tut mir Leid, dass gerade deine Kundtuung (Kundtat?), lieber Uwe, der Tropfen war, der mein Puristenfass zum Überlaufen bringt, und du darfst dich bitte nicht persönlich angegriffen fühlen. Da ich mich ja für das Thema Sprachwandel und Varietäten des Deutschen besonders interessiere, krieg ich eben auch viel von solchen Beschwerden mit und mich stört – ähnlich wie dich bei „Dummsprechern“ – eben diese Gedankenlosigkeit, mit der immer alles gleich als falsch, dumm und unreflektiert abgestempelt wird. Leute, die „Dummsprech“ sprechen mögen sich oft über Sprache keine Gedanken machen, aber diejenigen, die mit solchen Begriffen („Dummsprech“, „Fußnägel“, „Verfall“ usw.) um sich werfen, haben auch kaum mehr Ahnung vom System der Sprache. Sie mögen gut Hochdeutsch sprechen, aber was eine Sprache ausmacht und wie sie funktioniert… das scheint sie nicht zu interessieren.
Weil du auf so überhebliche Weise über die Sprecher des Deutschen herziehst, habe ich mir erlaubt, hier auch mal meinem Frust über die Gegenseite Luft zu machen. Man möge es mir nachsehen, es ist wie gesagt keineswegs persönlich (ich kenn dich ja nicht).
Zum Thema kann ich mich zugegebenermaßen auch nicht wirklich äußern: Ich kenne und verwende nur „Fernsehen gucken“, was ich als normal und richtig empfinde. „Fernseh-gucken“ (oder allgemein den Ausdruck „Fernseh“ für das Gerät) kenne ich gar nicht.
Viele Grüße,