Ein Messer ohne Klinge, dem der Griff fehlt

Eine Grundsteuer ist eine „formale Substanzsteuer“ (Def. unten)
Dennoch ist sie eine problematische Steuer, und hat das BVerfG wohl nur deshalb so spät auf den Plan gerufen, weil sie so niedrig ist, dass man sie aus der Portokasse zahlen kann, sprich: problemlos aus seinen laufenden Erträgen.

Diese Differenzierung zwischen materieller Substanzsteuer und formaler Substanzsteuer ist für die rechtliche Bewertung essentiell. Bei einer Vermögensteuer als materieller Substanzsteuer ist der Vermögensbestand nicht nur die Steuerbemessungsgrundlage, sondern auch Steuerobjekt und –quelle. Eine solche Steuer schmälerte die Vermögenssubstanz, so dass der Vermögensstamm selbst aufgezehrt würde. Bei einer Vermögensteuer als formaler Substanzsteuer hingegen ist das Vermögen nur Bemessungsgrundlage; Steuerobjekt und Steuerquelle ist das Einkommen.

(Bundestag-Link oben schon angegeben.)

Der Link zeigt, dass es natürlich schon so etwas geben kann, das man „Vermögenssteuer“ nennt. Für eine „echte“ Vermögenssteuer halte ich das nicht, denn die greift halt in die Vermögenssubstanz ein - und kann dann in Deutschland keine verfassungskonforme Steuer sein, sondern ist eine Konfiskation.

Gruß
F.

Das Rechtliche ist eine Sache, aber consilio sprach ja von ‚Gerechtigkeit‘. Fändest du es nicht gerecht, wenn Vermögen, das nur rumliegt, ab einer gewissen Summe besteuert wird?

LG

Ich fände das vom @anon45458312 eingebrachte „Spitzen kappen“ an sich gerecht, wenn es sich tatsächlich um Spitzen handeln würde. Darum würde sich eine Vermögenssteuer realistischerweise aber schlicht und einfach nicht handeln.

In Frankreich etwa war der Freibetrag bis 2011 bei 800.000 (gut, noch mit einigen schützenden Zusatzklauseln). Das ist bei Selbstständigen gerade mal eine gute Altersvorsorge, und in manchen Wohngegenden ist das sogar einfach nur das eigene Häuschen.

Die SPD hat mW im Sommer über eine Vermögenssteuer ab etwa 2 Mio. diskutiert. Irgendwann nach der Wahl kommt der klamme Staat dann auf die Idee, na, 1. Mio ginge doch auch, und dann vielleicht unter R2G runter auf 800.000 - ist ja nicht unsere Wählerklientel.

Das fände ich nicht ansatzweise gerecht, und v.a. fände ich es, jenseits von „Gerechtigkeitserwägungen“ politisch-weltanschaulich gesehen völlig falsch, wenn der Staat allzu viel Zugriff auf die Vermögen der Bürger hätte.

Gruß
F.

Stattdessen kopieren sie einfach die Forderungen der Populisten von der Linkspartei. Trotzdem ist nicht alles gut, denn der gemeine Wähler ist nicht dumm wie die Nacht.

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Die zahlt der Mieter über die Nebenkosten.

Ohne diese Klauseln sagt die Summe alleine aber nichts aus, oder?

Bei 800.000 € betrug der Steuersatz 0,55%. Das wären dann also 4400 € pro Jahr, eine Altersversorgung sehe ich damit also absolut nicht gefährdet, zumal man ja nichts mehr zahlen musste, sobald man unter die 800k fiel.

Einspruch, Spekulation! :stuck_out_tongue:

Die Alternative wäre dann eben, dass der Markt das von alleine regulieren soll. Wie toll das funktioniert, sehen wir in den USA. Dort haben die reichsten Bürger den geringsten Steuersatz von allen Bevölkerungsschichten und werden immer reicher, während die unteren Schichten sich kaum über Wasser halten können.

Es reicht aber auch schon Blick nach Österreich:
Red Bull steigert Gewinn 2018 um ein Drittel

Schön für Red Bull, dass es ihnen so gut geht, denn wie heißt es so schön: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“

Red Bull steigert also den Gewinn um mehr als ein Drittel auf 741 Mio. Euro. Na, da werden sich die Mitarbeiter wohl auf ein schönes Weihnachtsgeschenk freuen dürfen, oder?

Demnach hat die Gesellschaft mit Sitz in Fuschl (Flachgau) im Jahresdurchschnitt 2018 160 Personen beschäftigt, um 111 weniger als im Jahr davor, zeigt der Abschluss im „Wirtschafts-Compass“. Damit hat sich der Personalstand in Salzburg um rund 40 Prozent reduziert. Das Unternehmen hat sich bisher auf APA-Anfrage nicht zu dem Stellenabbau geäußert. Red Bull hat keinen Betriebsrat.

Na bumm. Rekordgewinne für die Firma und als Dank landet ein Drittel der Belegschaft auf der Straße. Und Mateschitz? Darf sich bei einem geschätzten Vermögen von 18,9 Mrd. Dollar über weitere 182 Mio. Euro freuen. Ist das gerecht?

LG

Klar sagt sie auch ohne diese Klauseln was aus.

Auf 25 Jahre „Alter“ sind das über 100.000 Euro, wenn ich richtig gerechnet habe.
Das halte ich hinten und vorne nicht für gerecht, wenn klar ist, dass das ja komplett „on top“ ist, d.h. ein Zusatz zur normalen Besteuerung der Einkünfte.

Nein, das ist es -wie gesagt („Spitzen kappen“) absolut nicht.
Dann sollte man sich aber überlegen, wie man sinnvoll an die Mateschitz dieser Welt rankommt (Stichwort: 45 Haushalte in Deutschland besitzen soviel wie die unteren 40 Millionen Menschen), und nicht, wie man Menschen noch zusätzlich schröpfen kann, weil sie 0,8 / 1 / 2 Millionen haben.

Gruß
F.

Du hast richtig gerechnet, die Rechnung ist aber sinnlos, da sie nur stimmen würde, wenn man 25 Jahre lang ein Vermögen von genau 800.000 hätte. Sobald du drunter fällst, hast du eben noch 800.000 zum Leben und da nimmt dir dann auch keiner mehr was weg.

An einen Mateschitzt kommst du eh nicht ran, aber auch bei deinen Zahlen sollte man die Kirche im Dorf lassen:
SPD will Vermögenssteuer wiedereinführen

Dabei sollen Freibeträge von zwei Millionen Euro für Alleinstehende und vier Millionen Euro für Verheiratete sicherstellen, dass die Steuerbelastung auf „besonders reiche Teile der Bevölkerung konzentriert“ werde. SPD-Steuerexperte Lothar Binding sagte, für ein verheiratetes Paar mit einem Nettovermögen von 4,2 Millionen Euro betrüge die Vermögensteuer 2.000 Euro im Jahr oder 166 Euro im Monat.

Es werden also nicht die 2 Millionen besteuert, sondern alles was drüber geht. Du willst doch nicht ernsthaft bei solchen Zahlen (166 € pro Monat) von ‚schröpfen‘ sprechen.

grmpf :wink:

Das war eine Vereinfachung.
Dann stellt dir halt (immer noch stark vereinfacht) einen vor mit 937.000, der nach 25 Jahren just am Tag des Ablebens auf 800.000 ankommt.

Sinn meiner Rechnung war ja nur aufzuzeigen, dass 0,55%, wenn man sie über Jahre akkumuliert, halt doch einen ganzen schönen Batzen ergeben.

Und darum ersatzweise an Tante Susi und Onkel Herbert?

Nö, bei 166 im Monat nicht, allein ich glaube einem SPDler nicht einmal im Traum, dass es mittelfristig dabei bliebe, und darum ziehe ich die Firewall gegens Schröpfen halt prinzipiell auf, wenn ich eine Substanzsteuer und auch eine durch die Hintertür (Sollertragssteuer) ablehne.

Gruß
F.

Naja, Kern deines Arguments war ja die Altersversorgung. Die sehe ich halt absolut nicht gefährdet, wenn jemand am Tage X mit 800.000 in die Grube fährt :man_shrugging:

Natürlich. Kein Gesetz der Welt funktioniert zu 100%, das hat aber noch niemanden davon abgehalten, es zu beschließen.

Das ist dir natürlich unbenommen, aber den Teufel an die Wand zu malen hat mit Fakten halt nichts mehr zu tun.

Angenommen die SPD bringt den Antrag durch und man kann davon ausgehen, dass es bei diesen Zahlen bleibt: Hättest du dann auch ein Problem damit?

Das mit der Altersvorsorge war eher ein veranschaulichendes Beispiel denn ein Kern, aber egal.

Ein sonderliches Problem nicht, aber dafür wäre ich auch nicht.
(Ich tu mir dem „angenommen“ sehr schwer :wink: )

Gruß
F.

Für mich gehört die Frage „wie viel Geld braucht man zum (über)leben“ zu den Kernthemen des Sozialstaates. Nach unten hin gibt es die Mindestsicherung, den Mindestlohn oder die Grundsicherungsleistung. Nach oben eben den Höchststeuersatz und jetzt eben die angedachte Vermögenssteuer. Ob ich am Ende ein Vermögen von 800.000 oder 900.000 habe, ist imho völlig egal. Das spürt derjenige nicht die Bohne, bei den Erben mag das anders ausschauen.

Steuern sind immer Umverteilung daher finde ich es auch merkwürdig, dass jetzt bei der Debatte so getan wird, als wäre das a) etwas schlechtes und b) etwas neues. Die Grundlage des Sozialstaates ist nun mal das Solidaritätsprinzip und ich sehe keinen einzigen triftigen Grund, wieso das vor Vermögen (zB 2 Mio) Halt machen sollte.
Ich bezweifle ja auch, dass jemand mit so einem dicken Konto das Land verlassen würde, weil er pro Monat eine zusätzliche Steuer in der Höhe eines guten Abendessens abdrücken muss.

So, die Forensoftware motzt schon wieder über unser intimes Gespräch hier. Dabei würde das Thema durchaus einen eigenen Thread verdienen :wink:

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Die sollen gefälligst in die Rentenkassen einzahlen wie alle anderen auch. Das ist Freibetrag genug.

Das wird nicht von sich aus tätig, sondern weil jemand klagt. Und im Urteil ging es auch nicht um die Höhe, sondern um die Höhe im Vergleich und die damit verbundene Ungerechtigkeit.

Und ich sehe immer noch nicht, was an einer Vermögenssteuer (selbst wenn deine Definition zutrifft und einzigartig wäre) schlecht wäre. Bis vor ein paar Jahren gab es sie schließlich,m anderswo gibt es sie auch immer noch. Und Grund für die Abschaffung war nicht deine Definition, sondern die darin angewandte verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Dass man dies dadurch heilt, dass man nicht etwa die Ungleichbehandlung beseitigt, sondern gleich das ganze anschafft war allein der Unfähigkeit der Politik und der Macht der Kapitallobby geschuldet.
Und weil die Masse der Wähler nicht liest, hat’s keiner von denen gemerkt, die es eigentlich interessieren sollte.

Beides ist mir klar gewesen als ich das geschrieben habe.
Es hatte wohl so lange keiner geklagt, weil die Grundsteuer so gering ist, und sie ist auch nur deshalb verfassungskonform, weil sie so gering ist.

Auch das habe ich nicht behauptet.

Ich habe eine Expertise des wiss. Dienstes des BT verlinkt.
Daraus geht recht klar hervor, wie eine verfassungskonforme Vermögenssteuer auszuschauen hätte. Insofern hat das nichts mit „meiner Definition“ zu tun.

Gruß
F.

Möglicherweise haben es viele Bürger durchaus gelesen, gehört oder sonstwie mitbekommen. Aber, nachdem die Vermögenssteuer insbesondere die Mitte der Gesellschaft abzuschröpfen droht, war die Idee nicht besonders populär.

Die wenigen Milliardäre machen das Kraut nicht fett, außerdem lassen sich größere Vermögen auch relativ leicht ins Ausland verlagern. Der Industriearbeiter mit Einfamilienhaus, vermieteter Eigentumswohnung und einem kleinen Aktiendepot tut sich da deutlich schwerer. Deswegen müssen in der Steuerrealität auch diese mittleren Einkommen und Vermögen die Hauptsteuerlast tragen. Deswegen wählen solche Leute auch nicht die SPD.

Aha. Dass die reichsten 10% in Deuschland die Hälfte des Gesamtvermögens besitzen und zwei Prozent davon durchaus was bringt ist egal?

Das ist genau die Behauptung, mit der sich die Reichen schützen. Und sie ist schlicht Unsinn. Was man daran sehen kann, dass sie es eben nicht tun und auch nicht getan haben, als es noch eine Vermögenssteuer gab.

Dafür gibt es Freibeträge. Wo ist doch gleich das Problem?

Ich verstehe nicht ganz, inwiefern das nun gegen die Einführung spricht.

Das Problem besteht darin, dass, wenn du tatsächliche Steuereinnahmen erzielen willst, du auf die mittleren Vermögen zugreifen musst. Wenn du nur die Milliardäre besteuern willst, dann bekommst du ein bisschen Lob von Kevin „Personifizierter-Kevinismus“ Kühnert, aber keine tatsächlichen Steuermehreinnahmen.

Vielleicht 10 oder 20 Millionen von der Quandt-Familie. aber was hilft das?

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Es würde mir persönlich schon reichen, wenn alle beitragen und nicht ein paar Reiche außen vor bleiben, weil es sich angeblich nicht lohnt.

Aber du liegst mit deiner Behauptung daneben, wie eine ganz einfache Rechnung dir zeigen sollte. Wieviel sind denn 2% der 10%, die 50% des deutschen Gesamtvermögens besitzen? Also 2% von 7150MILLIARDEN, siehe:

Da kommt bei dir dann 20Mio raus? Bei mir nicht. Aber vielleicht rechne ich ja falsch?

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