Ein paar Gedanken zu Air Berlin

Moin,

wundere mich gerade, warum es dazu keinen Thread gibt.

Nachdem als Etihad monatelang zig Millionen in die Gesellschaft gepumpt hat und nun selber Probleme hat, meldet Air Berlin Insolvenz an. Was läuft denn da so katastrophal falsch?
Der Gipfel ist natürlich der sg. Kredit des Wirtschaftsministeriums in Höhe von 150 Mio. Ich behaupte mal, dass der Steuerzahler davon keinen einzigen Cent wiedersieht. Was hätte man damit alles machen können? Schulen renovieren, Kitas unterstützen, ein paar Kilometer Autobahn sanieren oder auch ein paar neue Polizisten einstellen. Ich weiß, dass das alles Ländersache ist, wollte aber auf die Absurdität dieses Kredites hinweisen.
Nun stellt sich ein Staatssekretär hin und verkündet gestern, dass mit Lufthansa verhandelt wird. Die Beschwerde von Ryanair wird nonchalant weggebügelt. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/air-berlin-insolvenz-ryanair-reicht-kartellbeschwerde-ein-a-1163026.html.
Heute werden auf einmal die Kartellwächter wach und stoßen ins gleiche Horn.
Was ist hier los? Von jeglicher Sachkenntnis befreite Politiker verpulvern mal eben 150 Mio und wir (Steuerzahler) schauen ungläubig nach Berlin?

Data, sauer

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Hi,

was sind schon 150 Mill. Euro? Damit löst man hier kein einziges Problem.

Meine Privathypothese: Solange BER nicht in Betrieb ist, konnte aus AirBerlin nichts werden. Bin im vergangenen Frühjahr mal über TXL nach HEL geflogen. Tegel platzt aus allen Nähten, deshalb war kein einziger Flug pünktlich. Einmal sah ich eine AB-Maschine fast eine halbe Stunde mit laufenden Motoren auf dem Vorfeld stehen, weil kein Platz frei war.

Ich glaube, daß die Lufthansa (als ehemaliges Staatsunternehmen) hinter den Verzögerungen in BER steckt, um somit einen mißliebigen Konkurrenten loszuwerden :sunglasses: :grimacing:. Sowas Ähnliches sieht man ja auch im Bereich Privatbahnen/DB, wo am Ende nur das ehem. Staatsunternehmen DB übrigbleiben wird. So zumindest der Plan der Bürokratenköppe, der m. E. auch aufgehen wird.

Gruß T

Weil wir das schon kennen?

RyanAir wird mal wieder eine Belastungsprobe für das Sozialisierungsprojekt EU :joy:

Franz

Preisfrage: Wie viele Beschäftigte der Gabriel-KaiserTengelmann-Edeka-Rewe-Affäre wurden im Endeffekt übernommen?

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Ein Drittel der Summe, die Frau Merkel der UNHCR und der IOM für deren Arbeit in Libyen „in Aussicht gestellt“ hat. Vielleicht verteilt man gewisse Beträge mehrfach.

BER wird von einem neutralen Insolvenzverwalter ordentlich ausgeschlachtet werden. Da kommen sicherlich diverse Verträge und sonstiges zum Vorschein, die gutes Geld bringen werden. Die Fragen: Wer erhält das Geld (Sozialplan?) und wo findet man den neutralen Verwalter…

Franz

Warum fällt mir das jetzt ein? Genau, weil wir es schon kennen.

Kann es sein, dass unsere Politiker ziemlich beratungsresistent sind?

Data

das vielleicht nicht…aber so arrogant zu glauben, dass das eigene Wahlvolk zu dämlich ist und ein Gedächtnis wie ein Goldfisch hat.

Ich befürchte, dass es tatsächlich so ist. Es gibt natürlich immer eine gewisse Menge politisch interessierter Bürger, aber die überwiegende Mehrheit ist mittlerweile Nichtwähler und kann mit denen da oben nichts anfangen.

Data

Hallo,

Da kommen wohl etliche Fehler in den vergangen Jahrzehnten zusammen, die zum Teil auf der Durchführung von „Visionen“ von Managern mit zeitlich begrenzten Arbeitsverträgen beruhen. So wollte man von Berlin aus nicht nur die Ziele der Pauschalurlauber anfliegen, sondern die ganze Welt. Zum anderen hat man fast alles an Maschinen gekauft, was greifbar war. Letzteres kostet in der Folge aber so viel Geld, dass man es schwer hat, wenn man von oben von der Lufthansa samt Star Alliance und von unten von Ryanair „angegriffen“ wird.

Ja, und das unendliche Elend von Tegel/BER wird auch seinen Teil dazu beigetragen haben.

Die Folgen einer sofortigen Insolvenz mit Einstellung des Flugbetriebes hätten andere, unschöne Folgen nach sich gezogen. Wer hätte die Urlauber, auf wessen Kosten, von Mallorca und Co zurück nach Deutschland gebracht? Wer hätte sich bis zur Zerschlagung und Übernahme durch andere Gesellschaften auf wessen Kosten um die Maschinen gekümmert? Und und und

Mal abwarten. Aber wenn man sich auf das Schlimmste einstellt, wird man nicht unangenehm überrascht.

Aber was sind schon 150 Millionen? Die Banken bekamen zum Spielen Dutzende Milliarden. Die institutionellen Anleger werden die Autobahnen zum Monopoly-Spielen geschenkt bekommen, die vorher von der Gesellschaft finanziert wurden.

Auch ich wüsste unendlich viele andere Dinge, die mit diesem Geld sinnvoller und nachhaltiger hätten finanziert werden können.

Grüße aus der Pannenhauptstadt

Hallo,

bei Air Berlin läuft seit gut 20 Jahren einiges falsch. Spätestens beim Börsengang konnte sich jeder ein Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen machen und die waren damals schon grottenschlecht. Ursache sind diverse strategische Fehlentscheidungen eines geltungssüchtigen Unternehmers sowie bzw. darunter insbesondere die Finanzierungsstrategie. Nicht zuletzt deshalb hat Air Berlin in den letzten 20 Jahren praktisch nie positive Ergebnisse erzielt - schon gar nicht im operativen Bereich.

Die Behauptung wird sich als falsch herausstellen. Es handelt sich dabei um einen Überbrückungskredit der KfW, der - nach allem, was man liest - als Super-Senior ausgestaltet ist, d.h. vorrangig vor allen anderen Krediten aus Mittelzuflüssen bedient wird. Das ist eine in Insolvenzfällen durchaus nicht seltene Konstruktion (wobei der Kreditgeber nicht zwangsläufig eine staatliche Bank sein muß), die sicherstellen soll, daß der Geschäftsbetrieb zunächst fortgeführt werden kann. Die Rückführung des Kredites erfolgt dann durch Veräußerung von Vermögensgegenständen bzw. Unternehmensteilen, wie das auch hier absehbar ist. Die wesentlichen Vermögensgegenstände von Berlin sind die Startrechte an Flughäfen und hierbei sind besonders die in Düsseldorf (also Deutschlands größtem Charterflughafen) interessant, wo es aufgrund einer rd. 50 Jahre alten vertraglichen Konstruktion an Startrechten mangelt wie an Wasser in der Wüste. Der Wert dieser Startrechte ist also beachtlich. Insofern steht es praktisch außer Frage, daß der Kredit vollständig zurückgeführt wird und zwar ziemlich kurzfristig.

Ich hoffe, ich habe Dir mit meiner weitgehend emotionslosen Gegenrede nicht den Tag versaut.

Gruß
C.

Das Kind wurde von Herrn Hunold höchstpersönlich in den Brunnen geflogen. Alles, was nach 2011 passierte (man also irgendwelchen Managern überhaupt erst anlasten könnte), waren Versuche der Schadensbegrenzung.

Das ist das Konzept einiger der erfolgreicheren Fluggesellschaften. Den Fehler an der Idee kann ich nicht erkennen.

Tatsächlich? Mein Eindruck war immer, daß der Jahresabschluß des Unternehmens primär verhindern sollte, daß man überhaupt herausbekam, wie viele Flugzeuge Air Berlin geleast hat und wie viele in ihrem Eigentum standen. So hat man auch gerne mal Flugzeuge als Vermögenswerte aktiviert, obwohl man in den Erläuterungen erwähnte, daß diese eigentlich geleast waren.

Tatsächlich ist es so, daß Air Berlin seit ein oder zwei Jahren überhaupt keine eigenen Flugzeuge mehr besitzt.

Jeder greift da jeden an. Es war und ist problemlos möglich, auf der gleichen Strecke am gleichen Tag billige rund teurer mit Lufthansa zu fliegen als mit Air Berlin und dank der Strategie, den Kunden für jeden Murks bezahlen zu lassen, ist Ryan Air auch nicht billiger als andere Fluggesellschaften - zumindest, wenn man als Familie zusammensitzen möchte und vielleicht auch noch Gepäck dabei hat.

Will sagen: so einfach ist das nicht. Ja, eine Ursache für die Misere war die fremdfinanzierte Wachstumsstrategie des Herrn Hunold, der irgendwie den Wahn hatte, Deutschlands oder der Welt größte Fluggesellschaft zusammenzukleistern.

Spätestens seit der Übernahme der auch schon seit langem kränkelnden LTU war klar, daß es schon ein Wunder brauchen würde, wenn Air Berlin langfristig überleben sollte.

Hallo,

naja, warum auch?! Firma, pleite, mememe, ende.

Enjoy.

Gruß
h.

Du meinst, dass es Lufthansa seit Jahren oder praktisch von Anbeginn gelungen ist, da ständig Flachpfeifen zu installieren, die es nicht gebacken bekommen? Ich glaube, das wäre zuviel der Ehre.

Nein, bestimmt nicht. Danke für die Erläuterung.

Data

PS Habe ich eigentlich schon eine Zusage für das Treffen im Herbst von dir? :grinning:

Schau dir mal die Geschäftszahlen von Air Berlin aus den letzten 10 Jahren an. Von diesen 10 Jahren wurden 8 mit Verlust abgeschlossen, da ist es höchste Zeit für Insolvenz. Abgesehen davon werden die Geschäftsführer schneller ausgewechselt als die Reifen der Flugzeuge, wie soll da eine langfristige Strategie erarbeitet werden. Jeder darf mal CEO sein.

R.

Naja, das hat Amazon auch geschafft. Verluste in großer Zahl und Höhe sind erst einmal kein Grund für eine Insolvenz, so lange Liquidität vorhanden ist - und genau das war und ist ja das Problem von Air Berlin.

Dafür bekommt der Air-Berlin-Chef aber einen Haufen Geld:

Die Gläubiger von Air Berlin müssen nach dem Insolvenzantrag um ihr Geld bangen. Der Chef der Fluggesellschaft, Thomas Winkelmann, hat diese Sorge nicht. Zur Absicherung der Verpflichtungen aus seinem bis Januar 2021 laufenden Vertrag gibt es eine Bankgarantie von bis zu 4,5 Millionen Euro. Darauf hat der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Michael Kunert, am Mittwoch hingewiesen.

:astonished: Warum unterstützt der Staat überhaupt eine Billigfluglinie, deren Stewardessen zudem noch Domina-Handschuhe tragen? Und ja, sollen die Touristen doch selber zusehen, wie sie nach Hause kommen. Flüge kann man überall buchen. Dass Air-Berlin kurz vorm „Abnippeln“ stand, war ja nun hinlänglich bekannt. Was geht das den gemeinen Steuerzahler an?

Gruß Oberberger

Wenn Air Berlin das so gesehen hätte. wäre man frei darin gewesen, sich bspw. ganz auf Düsseldorf oder einen anderen Flughafen zu konzentrieren. Es ist ja nicht so, daß die Bude erst in Schwierigkeiten kam als es mit BER ein bißchen hakelig wurde.

Das war vor 15 Jahren auch schon so, hat aber nichts mit Air Berlin zu tun bzw. ist nichts, was Air Berlin besonders beträfe. Düsseldorf war für Air Berlin immer schon (d.h. spätestens seit Übernahme der LTU) wichtiger - egal, welche Strategie man gerade verfolgte (Langstrecke, Kurzstrecke, Geschäftskunden, Touristen usw.). Das läßt sich übrigens auch ganz leicht nachvollziehen, wenn man sich mal anschaut, wie hoch (oder gering) der Anteil der Flüge von Berlin aus ist, die AB ohne Zwischenlandung in Düsseldorf, Köln oder München durchführt.

Das Thema mit den Verspätungen ist im übrigen auch hausgemacht. Air Berlin ist nämlich eine der Fluggesellschaften, die die Ausnutzung der Flotte durch kurze Standzeiten optimieren wollte, was im Prinzip sinnvoll ist, aber leider dazu führt, daß man im Falle einer Verspätung keinen Puffer hat, diese durch verkürzte Standzeit wieder aufzuholen. Während bspw. Lufthansa mit - wenn ich mich recht entsinne - im Schnitt 45 Minuten plant, wollte Air Berlin in der Liga von Billigfluglinien spielen, die mit unter 30 Minuten kalkulieren. Besser wird das ganze nicht dadurch, wenn man sich ein paar hundert Euro sparen will und auf dem Vorfeld parkt, anstatt am Rüssel. Dann frißt der zusätzliche zeitliche Bedarf alleine für das Aus- und Einladen der Passagiere die kalkulierte Standzeit schon fast komplett auf.

Hat man Dir die Begründung, warum die Maschine da herumstand, mitgeteilt oder ist das vielleicht doch eine Vermutung?

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Die Garantien des Bundes für Holzmann wurden nie gezogen, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt wurden. Im übrigen hätten die 100 Mio. Garantien bei 1,5 Mrd. Euro Schulden den Kohl nicht einmal ansatzweise fettgemacht. Das ganze war eine Selbstmarketing-Show von und für Schröder genau wie sein Auftritt bei Mobilcom.

Ich will ja niemandem so direkt zu nahe treten, aber was hier an Halb- und Unwahrheiten verbreitet wird, ist zur Selbsterhöhung über den blöderen Teil des Wahlvolkes kaum geeignet. Ich verlange ja von niemandem, daß er sich in Finanzierungsfragen so gut auskennt, daß er den Sachverhalt bei Air Berlin abschließend beurteilen kann, oder daß er die Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland der letzten 25 Jahre im Kopf hat, aber wenn man sich eben nicht so ganz gut auskennt, hat das Instrument der Frage eindeutige Vorzüge gegenüber dem Instrument des voreiligen Schlusses.

Ja, was denn sonst? Wenn man als Sanierer zu einem Unternehmen geht, um das es so schlecht bestellt ist, dann läßt man sich seine Bezüge entsprechend absichern. Die Leute arbeiten ja nun auch nicht nur zum Vergnügen. Im Gegensatz zu den Mitarbeitern bekommt ein Geschäftsführer bzw. Director (die geschäftsführende Gesellschaft war und ist ja eine plc nach britischem Recht) nämlich kein Insolvenzgeld für die ersten drei Monate nach Stellung des Antrages auf ein Insolvenzverfahrens.

Und ernsthaft: auch die Mitarbeiter hätten wissen können, woraus sie sich einlassen - zumindest die, die in den letzten zehn Jahren da angefangen haben. Insofern hält sich mein Mitleid da auch in Grenzen.

Genauso viel wie bei Opel, Arcandor (Karstadt) oder Mobilcom, würde ich meinen. Oder bei Schlecker oder Porsche (wobei in den beiden Fällen aus dem Überbrückungskredit nichts wurde). Die KfW betreibt in Deutschland auf Ansage des Bundes in erheblichem Maße Wirtschafts- und Industriepolitik, auch wenn es die Öffentlichkeit im Regelfall nicht mitbekommt.