"ein paar Menschen besitzen so viel wie die halbe Menschheit" usw

Hallo!

Mal nebenbei gefragt …
Es gibt ja bekanntlich diese zugespitzten Schlagworte à la In Deutschland besitzen die 45 reichsten Haushalte so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.
oder
Demnach besitzen die acht reichsten Männer der Welt 426 Milliarden Dollar - und damit mehr als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung

Die genauen Zahlenverhältnisse sind umstritten und auch statistische Artefakte - geschenkt.
Die Tendenz reicht ja völlig, selbst wenns 45.000 Haushalte sein sollen, ist ein völlig ausreichend krasses Missverhältnis gegeben.

Meine Frage: In einer Gesellschaftsform, in der jeder Scheißdreck skandalisiert wird bis zum Erbrechen, warum entzündet sich darum eigentlich kein wirklicher bleibender Funke? Klar, es gab mal das Strohfeuer ‚Occupy irgendwas‘ („We are the 99%“), aber sonst?

Gruß
F.

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Möglicherweise gibt es einfach noch ein paar Leute, die sich an die Beglückungen des Sozialismus erinnern. Warst du vor 1989 mal in der DDR? Die Leute waren von der dort herrschenden Verteilungsgerechtigkeit dermaßen begeistert, dass man Zäune mit Selbstschussanlagen an den Grenzen errichten musste, sonst wären die ganze Wessis da eingefallen! Dort wurde dafür gesorgt, dass bei einzelnen Menschen keine Reichtümer aufgehäuft wurden.

Obwohl auch in jedem sozialistischen Experiment der Menschheitsgeschichte die Eliten in Saus und Braus lebten, beispielsweise hat die nach 1989 in Wandlitz gefundene Porno-Sammlung von Erich Honecker mehr West-Devisen aufgefressen, als sich der normale DDR-Bürger in seinem Leben je erträumen konnte.

Deine Armut kotzt mich an! Du bist ja nur neidisch!

Den gibt’s schon.
Was lange währt…

Kann ich deine Antwort auf meine Frage, warum sich daran kein bleibender Funkte entzündet, so verstehen?:
Lieber akzeptiert man, zugespitzt-griffig formuliert, dass 45 Haushalte halb Deutschland besitzen, als dass man wieder in den Sozialismus rutscht.

Nein, ich war noch zu klein dafür.
Die Gnade der späten Geburt :wink:

Gruß
F.

Mich auch :wink:

Gruß
F.

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Wie schaut dieser Funke aus?
So?

Gruß
F.

Hallo,

Ich glaube, dass der Teil der Menschen, der sich recht wohl und komfortabel fühlt, noch zu groß ist. Für eine Revolution braucht es entweder eine sehr kleine, sehr radikale Gruppe (wie vor Hundert Jahren in Russland). Oder eine sehr große, ziemlich unzufriedene Gruppe wie 1989 in der DDR.

So lange aber eine recht breite Masse mindestens einmal im Jahr auf Urlaub fahren kann, solange man sich regelmäßig neue Konsumgüter leisten kann (und sich so für seine Arbeit selbst belohnen kann) solange ein großer Teil auf einen kleinen Teil herab sehen kann (das tägliche Bashing gegen „Hartzis“, Ausländer, politisch anders denkende usw. erlebt man bei Bild, Welt, Facebook und Co.) solange also eine große Mitte vergleichsweise zufrieden ist, solange wird der Funke nichts haben, was er entzünden kann.

Zumindest ist das meine Meinung, die sich aus meinem Leben, meinen Beobachtungen und meinen Vorurteilen ergibt.

Grüße
Pierre

P.S.: sicherlich trägt auch die Tatsache, dass jeder „Scheißdreck“ skandalisiert wird, und gerade die Dinge, die einen goßen Teil der Gesellschaft betreffen, in den Medien nur eine geringe Aufmerksamkeit finden, dazu bei, dass der Funke noch nicht zünden konnte.

P.P.S.: die Zuwanderung gerade auch aus Afrika, Asien und Osteuropa in den letzten beiden Jahren zeigt doch, dass in Teilen der Welt die Unzufriedenheit wächst und bereits ein wenig Reisig entzündet hat - um mal bei dem Metaphern zu bleiben.

Danke für deine ingesamt sehr differenzierte Antwort, nur …

… auf globaler Ebene, auf der das Missverhältnis um einiges größer ist, der „Funke“ aber auch nicht zündet, trifft das eigentlich gar nicht zu.
Gut, dass auch dort die einen Teile permanent gegen die anderen gerichtet sind, und in den Drittwelt-Metropolen man das Gefühl hat, alle bewachen sich gegenseitig (wie in Schnitzlers ‚Reigen‘ von unten nach oben die soziale Spirale hoch), ist sicher auch auf globaler Ebene ein Punkt.

Gruß
F.

P.S.: dein PPS hab ich erst nach meiner Antwort gesehen. Aber gehts denen (sicher kann man das eigentlich nicht so pauschal sagen) nicht eher um Teilhabe am Speckgürtel um die Vermögenshaufen herum als um Veränderung der globalen Vermögensverhältnisse?

Ich vermute, dass das ein Erbe der protestantischen, insbesondere der calvinistischen, Ethik ist, die nicht nur den Kapitalismus hervorgebracht hat, sondern auch tief in uns die Vorstellung eingebrannt hat, dass Reichtum stets Ergebnis harter Arbeit und damit wohlverdient sei bzw. ein Zeichen dafür sei, dass der Betreffende ein ganz besonderer (ursprünglich besonders gottgefälliger) Mensch sei, während Arme, überspitzt formuliert, faule Nichtsnutze seien, die sich ihre Armut ganz alleine sich selbst zuzuschreiben haben. Entsprechende Äußerungen finden sich, wenn auch vielleicht in etwas hübscheren Worten, in allen Diskussionen zu Armut und sozialer Gerechtigkeit.

Hinzu kommt meines Erachtens, dass es sich bei den Reichen ja um „Gewinner“ handelt und sich die meisten lieber mit Gewinnern als mit Verlierern identifizieren, gepaart mit der latenten Furcht, irgendwann selbst zu den Verlierern zu gehören, was durch eine Abgrenzung nach unten abgewehrt werden soll.

:paw_prints:

Zwischen der bald feudale Verhältnisse erreichenden Verteilungsungerechtigkeit heute und dem Staatssozialismus ostdeutscher Prägung (der m.E. außer dem Namen nichts mit Sozialismus im eigentlichen Sinne gemein hatte) gäbe es aber theoretisch noch ein paar Abstufungen.

:paw_prints:

Du meinst: UdSSR, Kambodscha unter Pol Pot, Venezuela, Nord-Korea, Kuba, Albanien unter Enver Hodscha, allen gemeinsam war brutale Repression und Unterversorgung der Bevölkerung, aber natürlich, im Gegensatz dazu ist der Sozialismus in - ähhh - irgendwie fällt mir leider kein leuchtendes Beispiel ein. Dir wahrscheinlich auch nicht.

Auch theoretisch funktioniert das alles nicht, die Theorien von Marx haben nicht nur immanente Widersprüche, auch ihre zentralen Vorhersagen haben sich nicht erfüllt. Wo verelendet denn das Proletariat in den entwickelten Industrieländern? Ich habe zurzeit immer wieder mit Industriearbeitern aus der Automobilindustrie zu tun, da geht kein Ungelernter unter 50.000 Jahresbrutto nach Hause. Das einzige, was diese Leute wirklich ärgert ist der hohe IGM-Beitrag, sonst sind die mit dieser Gesellschaft im Reinen.

Und nur mal am Rande: wie man den Leuten ohne Repression ihr Eigentum wegnehmen soll, hat mir auch noch keiner erklärt.

Das ist mit Sicherheit eine der wichtigsten Rechtfertigungs-Rhetoriken.
Darum spreche ich bei dem Zusammenhang übrigens auch ungern von „Vermögens-Verteilungs-Gerechtigkeit“. Es geht um Macht, nichts anderes.

Aber ist doch eh schön, dass 4 Milliarden Menschen so faul sein dürfen, weil 8 Männer das ganzen Fleißigsein auf sich genommen haben. Acht Opferlämmer quasi, die den ganzen Fleiß der Welt auf sich nehmen müssen :wink:

Gruß
F.

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z.B. die soziale Markwirtschaft der „alten“ BRD.

Stichwort: Steuern.

Und es ließe sich durch entsprechende Regelungen durchaus verhindern, dass einige wenige Personen so viel Vermögen wie die Hälfte der Bevölkerung zusammengenommen ansammeln.

:paw_prints:

Hi,

ich betrachte jetzt mal nur die Verhältnisse in Deutschland. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung besteht ja keineswegs ausschließlich aus armen Leuten. Vielmehr liegt der Anteil der wirklich oder relativ Armen je nach Abgrenzung eher bei 10 bis 30 Prozent, macht also in der Bevölkerung noch eine Minderheit aus. Zwischen den wenigen Superreichen und den relativ Armen, die also vielleicht ein Viertel der Bevölkerung ausmachen, haben wir eine breite Mittelschicht von über 50 Prozent, denen es materiell relativ gut geht und die in vielerlei Hinsicht satt sind.

Außerdem werden die Angehörigen der Unterschicht von interessierter Seite recht erfolgreich gegeneinander ausgespielt: Geringverdiener versus Arbeitslose; beide (sofern deutschstämmig) versus ausländische Kollegen (divide et impera).

Und dann darf man nicht vergessen, dass in Deutschland vor einer Rebellion immer gerne die Erlaubnis hierfür von höherer Stelle eingeholt wird …

Aber vielleicht steigt ja der Überdruss auch in der Mehrheit endlich auf das kritische Maß, sollte es wirklich zu einer weiteren Groko unter Merkel kommen …

FG myrtillus

Tolles Beispiel!
Was ist mit den anderen die nur 12000 oder 15000 € Jahresgehalt haben? Und das als Gelernte und langjährig Beschäftigte.
Wo lebst du eigentlich?
Ach ja, stimmt, die sind ja auch zu dämlich und selbst schuld.

Wozu zählst du die „Wirtschaftsflüchtlinge“ (ich meine jetzt nicht die die nach der Arbeit in die Wirtschaft flüchten) die haufenweise in unser Land einfallen?

Gruß

Ja, das ist sicher richtig (der Rest deines Artikels auch), aber verblüffend ist es trotzdem, dass so eine extreme „Elitenbildung“ akzeptiert wird. Ich meine, wir tun z.B. mordsmäßig politisch rum bezüglich der ganzen Staatsverschuldung. Das dürfte ungefähr dem Vermögen von ein paar läppischen Dutzend Personen dieser „Elite“ entsprechen.

Gruß
F.

Ley mordaza
NetzDG
Ausnahmezustand

Arbeitslosigkeit
Armut
#MeToo

Nicht Macht beherrscht die Welt, sondern Angst.

Franz

Tränendrüse drücken mit Falschinfos? ALG 2 für einen Alleinstehenden in einer normalen Großstadt ist schon mehr als 12.000 €, und Mindestlohn bringt bei Vollzeit mehr als 15.000 €. Außerdem sprach ich von Industriearbeitern, denn wir bewegen uns ja thematisch in der marxistischen Theorie.

Du kennst die marxistische Theorie nicht einmal in Ansätzen, oder? Ich sprach von den entwickelten Industriestaaten. Schließlich geht es in der marxistischen Theorie um die Länder mit den am weitesten fortgeschrittenen „Produktivkräften“.

Ja, das sind tatsächlich Schlagworte. Warum? Ich möchte mal wissen, wie viele auf den Trick reinfallen. X Prozent machen Y Prozent an Z aus. Viele denken bei solchen Zahlen, dass X und Y eigentlich gleich sein müssten.

Also: 1 Prozent der Reichen besitzen vielleicht so viel wie 50 Prozent der Armen. Die Zahlen wären rein logisch nur dann gleich, wenn jeder exakt das gleiche besäße. Was in unserer leistungsorientierten Gesellschaft nicht denkbar ist.

Außerdem, schon Steinbeck wusste: Geld bringt Geld. Wenn es seit Jahrzehnten keinen Krieg gegeben hat, der Vermögen zerstört, oder keine Währungsreform/Inflation, die Altgeld wertlos macht, dann ist die Entwicklung nicht ungewöhnlich.

Da wir das aber auch nicht haben wollen, sollte man in kleinen Schritten denken: Vermögenssteuer, Erhöhung der Erbschaftsteuer usw. Dennoch sollte sich Leistung lohnen.

Außerdem natürlich: Solidarische Gesellschaft erhalten, kulturfremder Migration kritisch begegnen, für Asylbewerber nur Grundversorgung anbieten, keine Teilnahme an den Sozialsystemen (siehe anderer Thread).