Eine Frage, die mich manchmal beschäftigt

Moin und Servus
Könnt ihr euch vorstellen, dass es einen Gott gibt, aber kein ewiges Leben und auch keine Wiedergeburt o.ä. ? Ich meine: Wie stark verbindet ihr eine Gottesvorstellung mit einem Leben nach dem Tode? Haltet ihr es für möglich bzw. wahrscheinlich, dass Gott in irgendeiner Form existiert, aber mit dem Tod alles erlischt?
Gruß,
Branden

Niflhel und Walhall
Hallo Simsy Mone

Entsprachen dem das germanische Helheim und Walhalla, oder ist diese Darstellung eine spätere Erfindung z. B. aus dem 19. Jahrhundert? Oder sind nur die heldensammelnden Walküren eine spätere Erfindung?

Nein, beides ist nicht erst im 19. Jhdt. - insbesondere durch Wagner - erfunden worden, aber dieser hat zu den Zwecken seiner musikalischen Ideen allerlei zusammenphantasiert, was dann unter dem künstlichen Etikett germanischer Mythologie folgenreich haften geblieben ist. Eine durchgängige, einheitliche „germanische“ Mythologie hat es nie gegeben. Es gab nur wenige gemeinsame Mytheme unter den zahlreichen germanischen Völkern, und diese Mytheme haben wiederum recht unterschiedliche Entwicklungsstadien, die teilweise sehr schwierig aus archäologischen Befunden und Texten (vor allem von reisenden römischen Schriftstellern) rekonstruierbar sind. Vieles ist unter der schon früh einsetzenden, teils gewaltsamen christlichen Missionstätigkeit begraben worden, und vieles ist eh nur in der Phantasie früher (christlich beeinflußter) Schriftsteller (z.B. Snorri Sturluson) entstanden und hat in den Kulten der Stämme gar keinen Bestand gehabt.

Tatsächlich besteht natürlich ein Ähnlichkeit zwischen dem griech. Elysion und der Valhǫll als Aufenthaltsort speziell der im Krieg Gefallenen. In der germanischen Eschatologie ist das jedoch eine recht späte Entwicklung und diese auch beschränkt nur auf die nordgermanischen Stämme, insbesondere der Wikinger.

In den mutmaßlich ältesten „Schichten“ germanischer Totenmytheme ist der Aufenthaltsort der Toten die individuelle Grabstätte. Mit der Entwicklung von Grabfeldern kam dann die Vorstellung eines allen gemeinsamen Totenreiches: die gemeingermanische hēl (gotisch: halja), die sich (ebenso wie bei den meisten Ethnien, auch den griechischen und den genannten hebräischen) tief unter der Erde befindet und sich durch nichts sonst als Dunkelheit auszeichnet (hēl = Höhle ist noch als „hohl“ und „verhehlen“ = „verbergen“ erhalten) . Später wurde das Bild verwandelt: Es gibt nun die Göttin Hel, die über das dunkle und kalte Totenreich niflhhēl bzw niflheimr herrscht.

Gleichzeitig finden sich aber noch andere Totenreiche: So herrscht im nordgermanischen Raum über das Meer als Totenreich die Dämonin Rán mit ihren neun Töchtern: die Sturm- und Brandungswellen. Und ebenfalls nordgermanisch sind Inseln, auf denen die Toten leben und wohin sie mit (mythischen) Schiffen überführt werden. Dann noch wichtig zu erwähnen: Felsen und Berge sind Aufenthaltsorte für die Toten.

Und dann gibt es noch die ebenfalls gemeingermanische Gestalt Wôdan, Vôden, Ȯđin, der ursprünglich explizit ein Bergdämon ist. Und aus dieser Zuordnung hat sich seine Eigenschaft als Toten"gott" erhalten: Die Valhǫll ist seine Berghöhle, die ebenfalls in späterer Entwicklung, als er sich zum Hauptgott der germanischen Stämme gemausert hat, zu einem Palast wird, in dem Wôdan mit seinen Helden haust. Diese Valhǫll befindet sich im Glađheim („Haus der Freude“), was ziemlich deutlich dem Eylsium entspricht, nur daß Elysium sich auf einer Insel befindet und nicht in einem Berg.

Die Valkyrjar sind wiederum ursprünglich gemeingermanische Dämoninnen, die Menschen töten, unter anderem im Schlaf, wie die Nachtmahren, es dann aber besonders auf Kriegsschauplätze abgesehen haben. Dort sind sie auf die noch lebenden Krieger scharf (und sie sind es, die die Krieger töten). Und dann werden diese Valkyrjar neben seinen Heljägern die Schätzchen des Wôdan, die ihn mit immer neuen Toten versorgen.

Diese Konzeption von Walküren, Valkyrjar, und Walhall, Valhǫll beschränkt sich jedoch auf den nordgermanischen bzw nordischen Raum und ist so etwa zur Zeit der Snorri-Edda fixiert. Also jedenfalls nicht erst in den Phantasiekonstruktionen des 19. Jhdts.

Schöne Grüße
Metapher

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von oben geboren Joh. 3.3
Hallo Castiglio,

ich hak mich hier mal kurz ein, aber nur weil du nachfragst, und nicht, als ob die hier erwähnte Episode Joh. 3.1-10 (genauer: 3.1-21) irgendetwas mit der Fragestellung des UP zu tun hätte.

hier hätte ich gerne das original, also hebräisch (gibt es das das JE auf hebräisch?)

Natürlich gibt es das auch hebräisch, und auch aramäisch/syrisch (die Peschitta), aber beide sind nachträgliche Übersetzungen aus dem ursprünglich Griechischen (wie alle Texte des NT)…

Die hier gemeinte Passage greift in vielfacher Hinsicht tief in die Kiste der höchst speziellen Eigenarten des Autors des Corpus Johanneum ein, und diese auseinanderzulegen ist in diesem Thread wohl kaum der rechte Ort :smile: Neben einem recht umfangreichen ganz speziellen johanneischen Vokabular zählt zu diesen Eigenarten der häufige absichtliche Gebrauch mehrdeutiger Wörter, ebenso wie die häufige - fast - identische Wiederholung von Aussagen. Beides ist wesentlich zu berücksichtigen bei der Interpretation. Insbesondere ist in dieser Passage relevant das weite Bedeutungsspektrum des griechischen pneuma: Zunächst als Atem, Hauch, Lebensodem. Dann als Wind. Aber dann vor allem als „Geist“ (hebr. ruach, lat. spiritus), der ein johanneischer Zentralbegriff ist, der in sich ein weites Spektrum von griechischen, hebräischen und avestischen Konnotationen zusammenfaßt.

Die übertragene Bedeutung von pneuma ist auch in der Koine, der damaligen mediterranen griechischen Umgangsprache, geläufig, und zwar in der Bedeutung von „Geisteshaltung/Mentalität/Einstellung“. In dieser Bedeutung verwendet es auch die paulinische Literatur fast durchgängig, aber die johanneische verwendet gerade diese Bedeurung explizit nicht , an keiner Stelle. Geist ist hier ausschließlich ein theologischer und anthropologischer Begriff. Allerdings dennoch wiederum in mehrfachen Bedeutungsvarianten.

Um es abzukürzen: Die Passage greift sowohl die Vieldeutigkeit des Begriffes pneuma (1. als „Geist“ im Sinne des johanneischen Spezialbegriffes. 2. als „Wind“), als auch die Doppeldeutigkeit des griechischen Wortes ἄνωθεν, anōthen.

Die Stelle lautet zunächst

3.3: … ἐὰν μή τις γεννηθῇ ἄνωθεν …
ean mē tis gennēthē anōthen …
wenn einer nicht von oben geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.

Hier wird ganz bewußt die Doppeldeutigkeit von anōthen eingesetzt: anōthen bedeutet primär „von oben her“, im Gegensatz zu katōthen, von unten her. Und nur ganz selten war es im metaphorischen Sprachgebrauch im temporalen Sinne von „wiederum“, „von neuem“. Da der Angesprochene, Nikodemus, offenbar den jesuanisch/johanneischen Hintergrund der rätselhaften Rede „von oben“ nicht kennen konnte (im Kontext des Evangeliumstextes ist an dieser Stelle bereits eindeutig, was mit „von oben“ gemeint ist. Verwiesen sei auf Joh. 1.13, 1.32-33, 4.23-24), rekurriert dieser zunächst auf den näherliegenden Sinn von „anōthen“ als „von neuem“, was natürlich in Bezug auf „Geborenwerden“ nicht gerade zur Klärung beiträgt. Also gibt es eine Wiederholung des Inhaltes mit anderem Wortlaut:

3.5: … ἐὰν μή τις γεννηθῇ ἐξ ὕδατος καὶ πνεύματος …
ean mē tis gennēthē ex hydatos kai pneumatos
wenn einer nicht geboren wird aus Wasser und pneuma/Geist, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen.

Das zunächst erwähnte Mißverständnis des Pharisäers Nikodemus wird hier benutzt um die bedeutungsschwangere Rede „von oben“ = „aus pneuma“ noch zu pointieren. Zu erhellen, was es damit aber auf sich hat, ist aber an dieser Stelle und sowieso in diesem Threadthema nicht opportun. Das darauf folgende Wortspiel mit pneuma= Wind in 3.8 spielt eine wesentliche Rolle. Jedenfalls ist es keineswegs „geistlich“ gemeint. Dieses Wort im heutigen Sprachgebrauch gibt es erst nach und nach in der scholastischen Philosophie. Aber daß es weder mit „Wiedergeburt“ in jeder Variante dieses Konzeptes) etwas zu tun hat, noch mit dem fundamentalen christlichen Theologem der leiblichen(sic!) Auferstehung (anastasis), dagegen sehr viel mit dem dito johanneischen Terminus „aionisches Leben“ (was in der Regel und nicht zu Unrecht mit „ewiges Leben“ übersetzt wird), das ist ebenso klar: Worauf diese Rede aber abzielt im Kontext der johanneischen Christologie, wird aus den Textzusammenhängen in den vorhergehenden Kapiteln (vor allem 1.13: „… nicht aus Blut … sondern aus Gott geboren…“) und auch aus der Folge in diesem selbigen Kapitel recht durchsichtig.

Eine Übersetzung, die nicht auf die wichtige Doppeldeutigkeit des griech. anōthen und pneuma hinweist, führt jedenfalls in die Irre.

Gruß
Metapher

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Drohung oder Warnung?
Hallo Oliver,

danke für die ausführliche Antwort. Mir ging es allerdings
„nur“ darum, Deine Aussage

Heute kann ziemlich jeder in der Bibel nachlesen…prüfen und herausfinden
wie z.B. das mit der Höllenlehre ect. ist…die Bibel droht jedenfalls damit nicht…

richtig zu stellen. Dazu habe ich zwei Bibelstellen als
Beispiele genannt. Du selbst führst jetzt korrekt Mt 10,28 an.

ich denke, es kommt wie immer auf die Auslegung an.

Die Bibel warnt uns, damit wir nicht in die Hölle kommen.
Es steht dort klar und deutlich, wie man sein Leben gestalten soll.
Wer das missachtet ist jemand, der allen Warnungen zum Trotz im Haifischbecken schwimmen geht.

Meiner Meinung nach sind in der Hölle nur Freiwillige!

Gruss Harald

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nicht Nichts danach
Hi,

eine interessante Fragestellung.

Unter den ca. zwei Duzend Religionen, die sich schriftlich artikuliert haben, gibt es keine einzige, die einerseits einen Gottesbegriff haben, und andererseits irgendeine Existenzweise von irgendwas nach dem körperliche Tod definitiv negieren. Bestenfalls wird das Nach-Tod-Thema gar nicht erwähnt. So z.B. in den frühesten (vor-upanischadischen) vedischen Texten. Oder auch in den Varianten der von Martinus bereits erwähnten europäischen Deismen.

Umgekehrt: Ideologien, die jede Existenzweise von irgendwas nach dem körperlichen Tod radikal negieren, sind zugleich atheistisch.

Nicht zu verwechseln auch die chassidischen und zadoqitischen Strömungen des Frühjudentums: Sie haben natürlich einen Gott, leugnen aber eine Auferstehung aus dem Tod. Aber bei ihnen existiert der Tote (eine Seele in dem Sinne eines menschlichen Anteils außerhalb des Körpers gibt es dort nicht) im „Scheol“, einem dunklen Ort tief im Innern der Erde. Dasselbe in einigen antiken griechischen Eschatologien das „Haus des Hades“, wogegen nur die Helden und die im Kampf gefallenen Krieger die Ehre haben, in „Elysium“ unsterblich weiterzuleben.

Unter den unzähligen (weit über 180, je nach Zählung) Religionen, die kein Schriftum haben, von denen aber darüber etwas bekannt ist, gibt es keine einzige, die keine Nach-Tod-Existenzweisen kennt - ganz unabhängig von Göttern oder etwas, das in irgendeinem Sinne „Götter“ genannt werden kann.

Gruß
Metapher

Deistisches Weltbild

Haltet ihr es für möglich bzw. wahrscheinlich,
dass Gott in irgendeiner Form existiert, aber mit dem Tod
alles erlischt?

Warum sollte das nicht möglich sein? Es gibt keinen Grund, anzunehmen, daß eine Gottheit, nur weil es sie gibt, überhaupt irgendeinen Einfluß auf das Leben hier haben oder nehmen muß. Folglich gibt’s auch keinen zwangsläufigen Zusammenhang zwischen der Existenz einer Gottheit und der Existenz eines wie auch immer gearteten Lebens über den Tod hinaus.

Klassischer Weise ist das der Denkansatz des Deismus.

Martinus

Hallo,

Dieses „Born Again“ im Johannes-Evangelium (Joh 3,3-8) ist eher geistlich gemeint.

hier hätte ich gerne das original, also hebräisch (gibt es das
das JE auf hebräisch?) oder griechisch und dann die
Übersetzung und dann die Auslegung.

Joh 3,3-8 (griechisch):

απεκριθη ο ιησους και ειπεν αυτω αμην αμην λεγω σοι εαν μη τις γεννηθη ανωθεν ου δυναται ιδειν την βασιλειαν του θεου

λεγει προς αυτον ο νικοδημος πως δυναται ανθρωπος γεννηθηναι γερων ων μη δυναται εις την κοιλιαν της μητρος αυτου δευτερον εισελθειν και γεννηθηναι

απεκριθη ο ιησους αμην αμην λεγω σοι εαν μη τις γεννηθη εξ υδατος και πνευματος ου δυναται εισελθειν εις την βασιλειαν του θεου

το γεγεννημενον εκ της σαρκος σαρξ εστιν και το γεγεννημενον εκ του πνευματος πνευμα εστιν

μη θαυμασης οτι ειπον σοι δει υμας γεννηθηναι ανωθεν

το πνευμα οπου θελει πνει και την φωνην αυτου ακουεις αλλ ουκ οιδας ποθεν ερχεται και που υπαγει ουτως εστιν πας ο γεγεννημενος εκ του πνευματος

Joh 3,3-8 (Interlinear-Übersetzung, http://de.wikipedia.org/wiki/Interlinearversion):

Antwortete Jesus und sagte zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn nicht jemand geboren wird von neuem, nicht kann er sehen das Reich Gottes.

Sagt zu ihm Nikodemus: Wie kann ein Mensch geboren werden, ein Greis seiend? Etwa kann er in den Leib seiner Mutter zum zweitenmal hineingehen und geboren werden?

Antwortete Jesus: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn nicht jemand geboren wird aus Wasser und Geist, nicht kann er hineingehen in das Reich Gottes.

Das Geborene aus dem Fleisch Fleisch ist, und das Geborene aus dem Geist Geist ist.

Nicht wundere dich, daß ich gesagt habe zu dir: Es ist nötig, ihr geboren werdet von oben.

Der Wind, wo er will, weht, und seine Stimme hörst du, aber nicht weißt du, woher er kommt und wohin er geht; so ist jeder Geborene aus dem Geist.

Willst Du es auch noch auf Latein, Englisch, Französisch oder Deutsch?

Beste Grüße

Oliver

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Hallo,

Unter den ca. zwei Duzend Religionen, die sich schriftlich
artikuliert haben, gibt es keine einzige, die einerseits einen
Gottesbegriff haben, und andererseits irgendeine Existenzweise
von irgendwas nach dem körperliche Tod definitiv negieren.

(…)

Unter den unzähligen (weit über 180, je nach Zählung)
Religionen, die kein Schriftum haben, von denen aber darüber
etwas bekannt ist, gibt es keine einzige, die keine
Nach-Tod-Existenzweisen kennt - ganz unabhängig von Göttern
oder etwas, das in irgendeinem Sinne „Götter“ genannt werden
kann.

was beides ja nicht wirklich überraschend ist. Die meisten Religionen haben ihren Ursprung doch letztlich in der Angst und Ungewißheit der Menschen. Sie erklären mehr oder weniger anschaulich und plausibel, wo wir herkommen und wohin wir gehen. Und natürlich, warum dem Religionsführer bzw. -gründer bzw. deren Vertreter auf Erden das Recht zusteht, über die Gläubigen und Ungläubigen in der ein oder anderen Art und Weise zu herrschen.

Gruß
C.

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Hallo aiwndil,

Dieses „Born Again“ im Johannes-Evangelium (Joh 3,3-8) ist eher geistlich gemeint.

hier hätte ich gerne das original, also hebräisch (gibt es das das JE auf hebräisch?) oder griechisch und dann die Übersetzung und dann die Auslegung.
Für so eine wichtige Frage sollte eine eine angelsächsische Floskel nicht genügen.
Dank und Gruß
Castiglius

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Hallo,

Da diese Gebote veraltet sind und mit unserem heutigem Leben
nichts mehr zu tun haben,

die Zehn Gebote sind aktuell wie eh und je. Es sind aus moralischen Grundsätzen abgeleitete Handlungsvorschriften. Daß viele Menschen ihr Leben nicht an ihnen ausrichten, war schon in der Vergangenheit so und es ist heute so. Gotteslästerung, Ausbeutung von Untergebenen und Arbeitskräften, Mord, Diebstahl, Verleumdung, Ehebruch, Unzucht, Neid und Habgier gab es im Altertum und es gibt sie heute. Die Bibel, insbesondere im Alten Testament, ist voller Geschichten davon. Das alte Volk Gottes (die Israeliten) und ihre Führer waren häufig keine Heiligen. Daß man solch egoistisches Verhalten gerechtfertigt und für „gut“ erklärt hat und erklärt, gab es auch schon im Altertum und es gibt es heute. Das war ein Grund, warum die Zehn Gebote formuliert wurden, und es ist ein Grund, warum sie heute noch aktuell sind.

Du hast aber Recht, daß die Welt von heute sich gegenüber früheren Zeiten gewandelt hat und daß dies auch einen Wandel in den Werten zu bedeuten scheint. Religiöse Gemeinschaften (wie andere auch) stehen deshalb vor der Herausforderung, auf die Veränderungen reagieren zu müssen und Antworten zu geben. Die Antworten können aber nicht darin bestehen, grundlegende Werte aufzugeben und sich dem Wandel der Zeit in moralischen Fragen unterzuordnen. Denn die neuen Entwicklungen und Möglichkeiten berühren grundlegende Probleme des menschlichen Zusammenlebens: Beispielsweise berühren Abtreibung und Sterbehilfe (Euthanasie) das Recht auf Leben. Dieses Recht, das auch das Recht des anderen, schwächeren Lebens gilt es gegenüber den modernen Bestrebungen des sich aus allen Beschränkungen befreien wollenden „ICH“ zu schützen (keine Zeit, kein Geld für ein Kind, für die Pflege eines alten Menschen). Die neuen sexuellen Freiheiten implizieren auch Gefahren der sexuellen und damit einhergehender wirtschaftlicher und körperlicher Ausbeutung (flat-rate-Prostitution, massenhaft verbreitete Pornographie) und die Etablierung anderer Über-und-Unterordnungsverhältnisse (BDSM, Fifty Shades of Grey). Gestiegene Ansprüche von Verbrauchern nach Rund-um-die-Uhr-Service zu günstigsten Konditionen implizieren Gefahren von wirtschaftlicher und gesundheitlicher Ausbeutung für die Arbeitnehmer, die den Service zu Niedrigstlöhnen nachts, an Sonn- und Feiertagen erbringen sollen, gefährden das familiäre Zusammenleben, Konsumentenwünsche kollidieren mit den Rechten, Arbeitnehmerinteressen auch durch Streiks durchzusetzen (aktuelles Beispiel: Bahnstreik), usw.

Direkt können jahrhunderte- und jahrtausendealte Schriften keine Antworten auf diese Fragen geben, da diese Probleme in der Form damals noch nicht vorhanden waren. Indirekt können sie es jedoch schon, wenn man auf die hinter den wörtlichen Vorschriften stehenden moralischen Grundsätze blickt und sieht, daß Probleme der damaligen Welt durchaus gewisse Gemeinsamkeiten mit Problemen der heutigen Zeit aufweisen. Im Grunde genommen geht es nämlich um den Urschleim: das Interesse der einen Person gegen das Interesse der anderen Person, das Interesse der Gemeinschaft gegen das Interesse des Einzelnen und das Interesse der eigenen Gruppe gegen das Interesse der anderen Gruppe.

Beste Grüße

Oliver

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Hallo,

Könnt ihr euch vorstellen, dass es einen Gott gibt, aber kein
ewiges Leben und auch keine Wiedergeburt o.ä. ?

Was sollte der tun? Wofür wäre der verantwortlich?
Bei Blitz und Donner z.B., hat sich ja rausgestellt das man da ganz gut auf Götter verzichten kann.

Ich meine: Wie
stark verbindet ihr eine Gottesvorstellung mit einem Leben
nach dem Tode? Haltet ihr es für möglich bzw. wahrscheinlich,
dass Gott in irgendeiner Form existiert, aber mit dem Tod
alles erlischt?

Nein. Also jedenfalls nicht wenn wir von „unserem“ Gott sprechen - und ich meine damit den jüdisch-christlich-islamischen Gott. :o)

In der Gottesvorstellung liegt ja gerade die Enthüllung dieses „menschlichen Geheimnisses“ von Dasein und Tod.

Grüße
K.

mal andersrum…

Haltet ihr es für möglich bzw. wahrscheinlich,
dass Gott in irgendeiner Form existiert, aber mit dem Tod
alles erlischt?

Ich frag´ mal umgekehrt:
Was war denn mit mir und mit dir, bevor der existente Gott uns in das was wir „Leben“ nennen materialisierte?
Ist das was wir „Leben“ nennen nicht tatsächlich nur eine nach kurzer Zeit endende Pause unserer tatsächlichen Unendlichkeit in nichtstofflicher Form vorher, wie nachher?

LG
2felnder

eine Freude…
Hallo Oliver,

dich lesen zu dürfen ist - fast :wink: - immer eine Bereicherung.
Herzlichen Dank dafür.

LG
diesmal mal nicht
2felnder :wink:

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Hallo.

Natürlich. Die Idee von Auferstehen und ewigem Leben ist logisch und wohl auch gedenklich von dem Gottesglauben unabhängig. So in der Bibel, 2. Samuel 14.14: Denn wir sterben eines Todes und sind wie Wasser, so in die Erde verläuft, das man nicht aufhält.

Beste Grüsse,
TR

Hallo,

bei der Drohung handelt es sich um das „Inaussichtstellen
eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende sich
Einfluss zuschreibt“ (BGHSt, 16, 386).

hat der „Drohende“ Einfluss auf Deine Zukunft?
Wer droht Dir?

Unter einer Warnung
versteht man dagegen den Hinweis auf die Gefahren eines
bestimmten Verhaltens oder auf ein damit einhergehendes Übel,
dessen Eintritt von dem Willen oder Einfluß des Warnenden
unabhängig ist (BGH NJW 57, 598).

Genau das findet sich doch in der Bibel:
Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des HERRN, eures Gottes, die ich euch heute gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des HERRN, eures Gottes, und abweicht von dem Wege, den ich euch heute gebiete,“ (5.Mose 11,26-28)

Betrachtet man dann Aussagen wie in Mt, 13,41-42

"Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden, und sie
werden aus seinem Reich alle sammeln, die ein Ärgernis sind,
und die, welche tun, was wider das Gesetz ist,
und werden sie in den Feuerofen werfen. Dort wird Heulen und
Zähneknirschen sein
" (Zürcher, 1931)

so sieht man, daß es eine Drohung ist, weil Gott - hier in
Person Christi - die Sünder in das Feuer wirft und sie dort
Qualen erleiden.

Aber jeder Mensch entscheidet doch freiwillig, ob er sich unter die Sünder einreiht.
Es hat doch jeder die Möglichkeit, dieses Szenario zu vermeiden.
Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“ (Joh.5,24)

Gott weist nicht lediglich darauf hin, daß
dies unabhängig von seinem Tun geschehen wird, sondern daß er
es veranlassen wird, wenn man seinem Gesetz nicht gehorcht.
Also keine bloße Warnung, sondern Drohung.

Nach dieser Definition ist jedes Gesetz eine Drohung.
Und im Straßenverkehr kann man solchen Drohungen überhaupt nicht entkommen.
Aber wenn mein Auto im Halteverbot steht, habe ich es freiwillig dort abgestellt.
Und wenn ein freundlicher Mitbürger mich darauf aufmerksam macht, dass ich ein saftiges Bußgeld zu erwarten habe, ist das eine Warnung oder eine Drohung?

Gruss Harald

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Harald,

es ändert sich nicht, wenn Du an Deiner unzutreffenden Vorstellung festhältst, daß es sich um keine Drohungen, sondern um Warnungen handelt. Beim Strafgesetz spricht man schon von Strafandrohung. Auch in der religiösen Sphäre bzgl. der Bibel, die man im Altertum sowieso nicht von der weltlichen Sphäre trennen kann, handelt es sich um Drohungen mit negativen Sanktionen durch Gott, dessen Boten oder durch Gläubige im Diesseits und im Jenseits, wenn man Gottes Gebote mißachtet.

Beste Grüße

Oliver

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Willst Du es auch noch auf Latein, Englisch, Französisch oder
Deutsch?

wenn es noch deutscher geht, dann gerne.
Was noch aussteht ist die Auslegung.

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Hallo, Branden,

Könnt ihr euch vorstellen, dass es einen Gott gibt, aber kein
ewiges Leben und auch keine Wiedergeburt o.ä. ?

vorstellen kann ich es mir schon, aber man muß sich halt für ein „Angebot“ entscheiden. Wenn dieses „Angebot“ etwas anderes besagt, dann ist es eben so und nicht so.

Übrigens: Eine Wiedergeburt im körperlichen Sinn ist mit dem christlichen Glauben nicht verbunden. Dieses „Born Again“ im Johannes-Evangelium (Joh 3,3-8) ist eher geistlich gemeint.

Beste Grüße

Oliver

wenn es noch deutscher geht, dann gerne.
Was noch aussteht ist die Auslegung.

Klar:

„Es ist »selbstverständlich nicht eine Wiederkehr der Seele nach dem Tod des Menschen zu einer neuerlichen Existenz auf dieser Erde gemeint, sondern die sittlich-religiöse Erneuerung desselben Menschen hier auf der Erde in seinem jetzigen Leben und Leib, was eben durch die Taufe und den Glauben geschieht« (M. Kehl 1990, 447)“

http://www.ev.theologie.uni-mainz.de/zimmermann/glei…

Darin auch eine Übersetzung in vernünftigem Deutsch.

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Hallo,

Matth.13, …41 Der Sohn des Menschen wird seine Engel
aussenden, und sie werden alle Ärgernisse und die
Gesetzlosigkeit verüben [7] Fn. d.h. Menschen, die andere zur
Sünde verführen. Schlachter Bibel 2000

nein, das ist mißverständlich und nur halb zitiert. Es heißt

Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden, und sie werden alle Ärgernisse [7] und die Gesetzlosigkeit verüben aus seinem Reich sammeln und werden sie in den Feuerofen werfen; dort wird das Heulen und das Zähneknirschen sein. (Schlachter 2000).

Anm. 7: d.h. Menschen, die andere zur Sünde verführen.

Zum Vergleich die Vulgata:

mittet Filius hominis angelos suos et colligent de regno eius omnia scandala et eos qui faciunt iniquitatem et mittent eos in caminum ignis ibi erit fletus et stridor dentium.

Hier geht es nicht um die Verführung des Menschen durch Satan und gefallene Engel, sondern um das Kommen Christi und das Gericht am Ende der Welt, Mt 24,31f

Er wird seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden, und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum andern (Einheitsübersetzung)

et mittet angelos suos cum tuba et voce magna et congregabunt electos eius a quattuor ventis a summis caelorum usque ad terminos eorum (Vulgata).

sowie Mt 25,31ff., insbesondere Mt 25,41:

Dann wird er auch denen zur Linken sagen: Geht hinweg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist! (Einheitsübersetzung).

tunc dicet et his qui a sinistris erunt discedite a me maledicti in ignem aeternum qui paratus est diabolo et angelis eius (Vulgata).

mit Verweis auf Offb, 20, insbesondere Offb 20,10ff:

Beste Grüße

Oliver

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