Eine simple Frage - und jede Menge Bauchschmerzen

Hallo allerseits!

Die Frage gleich zuerst:

Kann sich jemand von euch einen gesellschaftlichen Wertemaßstab vollkommen jenseits des Geldes vorstellen? Falls ja, würde ich mich über eine prägnante Ausformulierung dieser Vorstellung freuen.

Und nun, bezugnehmend auf meinen Titel, eine kurze Erklärung dazu: Ich habe nach viel Lektüre und einigen, sehr langen Gesprächen das dumpfe Gefühl, dass der „moderne Mensch“ sich dem Geld soweit unterworfen hat, dass er sich partout weigert, sein Leben und Streben nach anderen Dingen auszurichten. Natürlich sind Dinge wie z.B. „Familie“, „Spaß“ und „Gesundheit“ ganz nett, aber sie dienen eben nicht als allgemeingültiger Wertemaßstab - à la „wer davon am meisten hat/besitzt, ist der Größte/Glücklichste/Beste“. Das vielzitierte „Streben nach Glück“ richtet sich doch heutzutage direkt und indirekt immer nur nach dem Anhäufen von Geld. Und selbst, wenn jemand für sich allein einen anderen Wertemaßstab aufstellt, so wird er im Umgang mit anderen Menschen doch zwangsläufig immer wieder zurück zum Geldsystem gelangen.

Also formuliere ich nocheinmal anders: Nach welchem/n Wert/en könnte sich unsere Gesellschaft ausrichten, wenn das System „Geld“ passé ist?

Ich freue mich auf angeregten Gedankenaustausch :wink:

Grüße,
the_digger

Hi,

Kann sich jemand von euch einen gesellschaftlichen Wertemaßstab :vollkommen jenseits des Geldes vorstellen?

Eine interessante Frage quer über diverse Bretter.

Der Wertemapstab Geld ist Teil des Wertesystems „Stellung in der Gesellschaft/Sozialprestige“, das der Homo sapiens im Zuge der Entwicklung sozialer Strukturen aufgebaut hat, parallel zu vielen anderen ebenfalls „hoch entwickelten“ Säugetierarten. Selbst der Hühnerhof kennt ein gesllschaftliches „oben“ und „unten“, auch bekannt als Hackordnung.

Ein völlig anderes Wertesystem findest Du im Neuen Testament, es ist dort prägnant, aber nicht gerade kurz ausformuliert.

Gruß
Cassius

Hallo Cassius!

Danke für deine Antwort!

Ich bestreite nicht, dass es dieses „Stellungs-/Sozialprestige-Ding“ nicht gibt oder nie gegeben hätte. Es ist aber meiner Meinung nach erst seit relativ kurzer Zeit (historisch betrachtet) so, dass sich die Stellung eines Menschen am Geld messen lässt. Wenn du vom frühen Homo sapiens, von anderen Säugetierarten oder Hühnern sprichst, dann ist die dort vorhandene Rangordnung ja auch völlig geldfrei entstanden und misst sich an anderen Dingen, wie z.B. körperlicher Konstitution, Fruchtbarkeit, z.T. auch Führungsqualitäten oder Intelligenz. Und es sind alles begründete Messlatten, mit einer gewissen Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit verbunden. Materieller Reichtum hingegen ist für mich eher ein denkbar schlechter Maßstab, um den Wert eines Menschen innerhalb der Gesellschaft zu messen.
Ich möchte also von dir nicht wissen, warum der Mensch im Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes einen Maßstab braucht oder warum es im Moment der Geldmaßstab ist, sondern welche Alternativen denkbar sind für unsere heutige Gesellschaft.

btw: Ich bin leidlich schlecht bewandert im Neuen Testament. Könntest du vielleicht doch eine kurze Zusammenfassung des erwähnten Wertesystems geben und einschätzen, inwieweit es auf die heutige Gesellschaft übertragbar wäre?

Grüße,
the_digger

Hallo,

es kann keine Alternative zum Geldmasstab geben. Denn der Mensch hat die Neigung um das was er gibt zu hoch und das was er bekommt zu tief zu bewerten. Gerade deswegen wurde das Geld erfunden!

Gruss Ge-es

Hi!

Ich fühle mich dezent missverstanden. Ich rede nicht davon, Geld vollständig abzuschaffen. Wenn ich „Wertemaßstab“ sage, dann meine ich etwas, wonach jeder Mensch streben sollte, das höchstes Gut ist und woran sich die Gesellschaft ausrichten kann. Das Geld ist sozusagen vom einfachen „Gegenwert“ materieller Dinge zum alleingültigen „Wert allen Strebens“ aufgestiegen - und da gehört es in meinen Augen nicht hin. Nur: Wodurch kann es an dieser exponierten Stellung ersetzt werden? Zeit für Muße? Selbstbestimmung?

Grüße,
the_digger

Hallo the_digger,

das Streben nach Sozialprestige ist nun mal ein Urbedürfnis in einer Gesellschaft, die die Stellung darin am Reichtum als dem zentralen Wert festmacht. Reichtum kann und konnte alles mögliche sein, die Anzahl der Frauen, die man ernähren und gegen andere verteidigen konnte, die Größe des Jagdreviers oder des Ackers, die Größe der Herde (lat. pecunia=Geld kommt von lat. pecus=Vieh), die Anzahl der Sklaven, die Größe des Heeres usw.
Um den Reichtum transportabel zu machen, erfand man das Geld, das nun auch den Reichtum normiert meßbar machte.

Ein Wertesystem ohne Geld wäre auch ein Wertesystem ohne den Wert Reichtum (und soziale Stellung/Macht). Ein solch radikales Umdenken ist kaum vorstellbar, denn es steht im Widerspruch zu unserem evulutionären Erbe, das schließlich über Millionen Jahre die Erhaltung der Art sichergestellt hat und das sehr tief in unserem Unterbewußtsein verankert ist.

Das Wesen des Christentums ist ein Wertesystem, das völlig auf meterielle Güter verzichtet und die Liebe zu den Menschen als den Ebenbildern Gottes in den Mittelpunkt stellt und das konsequenterweise auch keine Hierarchie kennt. Die Bergpredigt und die Briefe des Paulus sagen dazu sicher mehr.

Die durchaus spannende Frage ist nun, ob Religionen (nicht nur die christliche) dem Menschen bzgl. Wertesystem nicht mehr abverlangen als sein evolutionäres Erbe ihn zu leisten befähigt. Ich für meine Person habe darauf keine Antwort. Zu dem Thema gibt es das Buch „Der Gotteswahn“ von Richard Dawkins.

Deiner Frage bin ich nun hoffentlich etwas näher gekommen.
Das ist wirklich ein spannendes Thema.

Gruß
Cassius

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Hi Cassius!

Ich kann deinen Ausführungen sehr gut folgen und gehe konform mit der Annahme, dass der Mensch und die Gesellschaft sich mit dem Streben nach Anerkennung, sozialer Stellung und ggf. auch „Reichtum“ arrangieren müssen, denn ohne dies ginge es wahrscheinlich tatsächlich nicht (in diesem Zusammenhang erschien mir die christliche Ethik schon immer etwas blauäugig).
Es muss ja auch nicht ohne gehen, nur ist es eben Definitionssache, was man als Reichtum betrachtet und da setzt meine Frage nach Alternativen ein. Allerdings braucht man eben etwas, was nicht nur einzelnen Menschen viel bedeutet, sondern tauglich ist für einen allgemeingültigen „Orientierungfixpunkt“. Ich gebe ein paar Beispiele, die zugegebener Maßen nicht ausgereift sind (darum bin ich ja hier und erhoffe mir bessere Vorschläge ;D):

  • Eine Gesellschaft stuft den als reich und wohlhabend ein, der viele Kinder hat (so in der Geschichte schon oft vorgekommen) => dementsprechend wird kinderreichen Menschen auch mehr materielles Gut zugestanden als bspw. egozentrischen Karrieristen
  • Eine Gesellschaft erachtet es als erstrebenswert, jedem einzelnen Mitglied möglichst viel Mußezeit einzuräumen, d.h. man teilt sich gemeinsam in die notwendigerweise anfallende Arbeit, versucht aber die Arbeitszeitbelastung 1)gleich zu verteilen und 2)so gering wie möglich ausfallen zu lassen.
  • Es gilt innerhalb einer Gesellschaft als das höchste Ziel, möglichst viel Wissen anzuhäufen, und zwar nicht nur im Allgemeinwissensbereich, sondern besonders auf Spezialgebieten. Sozusagen nicht nur eine Arbeitsteilung, sondern vor allem eine Wissensteilung, wobei in der Rangordnung weniger die Arbeitsstelle oder der materielle Verdienst zählen, sondern der Wissensbeitrag zur Gesellschaft.

Diese 3 Modelle sind unausgegoren und dienen lediglich zur Diskussionsgrundlage. Noch interessanter wären natürlich eigene Ansätze :wink:

Grüße,
the_digger

Hallo the_digger,

ich glaube nicht, daß es möglich ist, den materiellen Reichtum als die zentrale Säule unseres Wertesystems abzulösen. Wenn Abraham Marlows Bedürfnispyramide richtig ist, wofür die Erfahrung spricht, dann haben wir es auf der untersten Ebene immer mit dem Egoismus zu tun.

Darum herum und u.U. auch im Gegensatz dazu entwickeln sich in einer Gesellschaft „Nebenwerte“, was nicht abwertend gemeint ist, sondern nur das Gewicht beschreiben soll. Da finden wir dann die verschiedensten Ausprägungen von Altruismus bis hin zu der Verehrung einer Mutter Theresa.

Solche Nebenwerte zum Hauptwert zu machen ist der Versuch, einen neuen Menschen zu machen. Der jüngste Versuch lief unter der Bezeichnung Kommunismus, abgeschwächt Sozialismus. Das Ergebnis ist bekannt.

Wie Du siehst, kann ich mit von Dir gewünschten Alternativen nicht aufwarten. Ich sehe darin auch keine Erfolgschance.

Vielleicht kommt eine Gesellschaft mit sich selbst am besten zurecht, wenn sie Immanuel Kants Kategorischen Imperativ immer im Auge hat.

Gruß
Cassius

Hallo,
vorab: Ich denke Geld als universeller Vergleichsmaßstab ist in unserer
hoch entwickelten Gesellschaft mit einer sehr starken Spezialisierung
unverzichtbar.
Da bedeutet aber IMHO nicht, das nur Geld mit Wert gleichzusetzen ist.
Wenn das so wäre, gäbe es keine Demokratie und Gesetze, die z.B.
Gleichbehandlung trotz unterschiedlichster sozialer Stände fordern.
Tatsächlich ist aber der notwendige Warenaustausch zumeist an Geld gebunden.

wahrscheinlich tatsächlich nicht (in diesem Zusammenhang
erschien mir die christliche Ethik schon immer etwas blauäugig).

Und vor allem hat sich auch jede Kirche über die Jahrhunderte ganz
intensiv dem Streben nach Reichtum und Macht beteiligt.

Es muss ja auch nicht ohne gehen, nur ist es eben
Definitionssache, was man als Reichtum betrachtet und da setzt
meine Frage nach Alternativen ein.

Reichtum ist nicht = viel Geld.
Aber wenn man materiellen Besitz vergleichen will, dann dient Geld
natürlich als universeller Masstab. Für uns als Mitteleuropäer wären
Kamele oder Kühe und Schweine als Maßstab einfach unpassend.

  • Eine Gesellschaft stuft den als reich und wohlhabend ein,
    der viele Kinder hat (so in der Geschichte schon oft
    vorgekommen) => dementsprechend wird kinderreichen Menschen
    auch mehr materielles Gut zugestanden als bspw. egozentrischen
    Karrieristen
  1. Kindereichtum ist in vielen Gesellschaften gleichzusetzen mit
    materiellen Interessen und Macht, weil z.B. viele Kinder für einen
    gesicherten Lebensabend sorgen.
    Bei uns wurde dies mit Einführung von Alternsrenten auf die gesamte
    Gesellschaft verteilt.
    Kinder bedeuten auch Einfluß den gesamten Clans, indem man diese in
    entsprechende Positonen bringt. In manchen Gegenden bedeuten viele Söhne
    auch viele Krieger, also Stärke der Familie/Clan usw.
    Dabei geht es aber fast immer um ganz handfeste mat. Interessen.
    Kinderreichtum der Kinder selbst wegen wird eigentlich erst in unserer
    modernen Gesellschaft gepredigt. In Realität hat ja der Kinderlose
    materielle Vorteile, trotzdem wollen die meisten Menschen Kinder haben.
  • Eine Gesellschaft erachtet es als erstrebenswert, jedem
    einzelnen Mitglied möglichst viel Mußezeit einzuräumen, d.h.
    man teilt sich gemeinsam in die notwendigerweise anfallende
    Arbeit, versucht aber die Arbeitszeitbelastung 1)gleich zu
    verteilen und 2)so gering wie möglich ausfallen zu lassen.

Eine nette Idealvorstellung, die aber in Realität so nicht umzusetzen
ist, weil die indiviuellen Bedürfnisse nicht einheitlich sind.

  • Es gilt innerhalb einer Gesellschaft als das höchste Ziel,
    möglichst viel Wissen anzuhäufen, und zwar nicht nur im
    Allgemeinwissensbereich, sondern besonders auf Spezialgebieten.
    Sozusagen nicht nur eine Arbeitsteilung,
    sondern vor allem eine Wissensteilung, wobei in der
    Rangordnung weniger die Arbeitsstelle oder der materielle
    Verdienst zählen, sondern der Wissensbeitrag zur Gesellschaft.

Auch das wird in gewisser Weise doch praktisch schon umgesetzt.
Voraussetzung dazu ist wieder Gleichbehandlung und dann konkret
z.B. der freie Zugang zu Bildung.
Forschung wird z.B. zum großen Teil von der Gesellschaft(Steuerzahler)
bezahlt. Da werden auch Werte anders def. als nur am direkten ökon.
Ergebnis.

Diese 3 Modelle sind unausgegoren und dienen lediglich zur
Diskussionsgrundlage. Noch interessanter wären natürlich
eigene Ansätze :wink:

Da kann man noch vieles nennen. Zuerst mal müssen z.b. die Grundbedürfnisse
befriedigt sein. Dazu dienen die sogenannten sozielen Sicherungssysteme.

Was aber man auch immer dazu formuliert, muß man es auch praktisch in
umsetzen können und das bedeutet , man muß es in das ökonomische
System einfügen, womit wir wieder beim Geld wären.
Gruß Uwi

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Hallo uwi!

  1. Kindereichtum ist in vielen Gesellschaften gleichzusetzen
    mit
    materiellen Interessen und Macht

Okay, das will ich ohne weiteres eingestehen. Aber selbst wenn dem so ist, finde ich es immer noch besser, über den „Umweg Kinder“ materiellen Reichtum anzustreben, als es direkt an der Börse zu tun. Voraussetzung dafür ist aber eine Gesellschaft, die Kinder belohnt und als erstrebenswert erachtet. Das ist in meinen Augen aber überhaupt nicht gegeben, wie du selbst sagst wird momentan der belohnt, der keine Kinder in die Welt setzt und sich stattdessen auf sein Karriere konzentriert. Also, warum kann unsere Gesellschaft nicht mehr nach Kindern und weniger nach Geld streben?

trotzdem wollen die meisten Menschen
Kinder haben.

Das halte ich für ein Gerücht. Wo liegt derzeit die deutsche Vermehrungsrate, bei 1,4 Kindern pro Frau oder so ähnlich? Demnach hat jeder Deutsche im Laufe seines Lebens nicht mal ein Kind gezeugt, die Reproduktion ist rückläufig. Nach einer Tendenz frage ich lieber gar nicht.

  • Eine Gesellschaft erachtet es als erstrebenswert, jedem
    einzelnen Mitglied möglichst viel Mußezeit einzuräumen, d.h.
    man teilt sich gemeinsam in die notwendigerweise anfallende
    Arbeit, versucht aber die Arbeitszeitbelastung 1)gleich zu
    verteilen und 2)so gering wie möglich ausfallen zu lassen.

Eine nette Idealvorstellung, die aber in Realität so nicht
umzusetzen
ist, weil die indiviuellen Bedürfnisse nicht einheitlich sind.

Dieses Argument finde ich etwas schwach. Ein Maximum an Mußezeit würde ja gerade bedeuten, dass jeder nach seinen individuellen Bedürfnissen handeln kann. Das schließt sogar freiwillige Mehrarbeit ein, wenn jemand partout mehr verdienen möchte um sich einen höheren Lebensstandard zu leisten. Fürs bessere Verständnis: unter „Mußezeit“ verstehe ich einen Oberbegriff von Freizeit, der im Grunde alle freiwilligen, selbstgesteuerten Handlungen des Individuums einschließt.

Voraussetzung dazu ist wieder Gleichbehandlung und dann
konkret
z.B. der freie Zugang zu Bildung.

Zugang zu Bildung wird auch in unserem Land schon längst von der materiellen und sozialen Herkunft abhängig gemacht, nicht erst seit Einführung der Studiengebühren. Es ist Augenwischerei, in diesem Punkt von Gleichheit zu sprechen. Und Bildung wird leider heutzutage auch nur noch nach dem praktischen Nutzen gemessen. Wenn es nach der heiligen BWL ginge, wären die Geisteswissenschaften doch schon längst abgeschafft, so kürzt man ihnen eben nur die Mittel bis zum äußersten. (Tut mir leid, an dieser Stelle polemisch und unsachlich zu werden, aber das ist ein sehr schmerzlicher Punkt für mich…)

Diese 3 Modelle sind unausgegoren und dienen lediglich zur
Diskussionsgrundlage. Noch interessanter wären natürlich
eigene Ansätze :wink:

Da kann man noch vieles nennen. Zuerst mal müssen z.b. die
Grundbedürfnisse
befriedigt sein. Dazu dienen die sogenannten sozielen
Sicherungssysteme.

Du sagst, man könne noch vieles nennen, bleibst aber wage und bedienst dich flacher Allgemeinplätze. Ich bin ehrlich interessiert an anderen Ansätzen, also erzähl mir von einem der vielen, bitte.

Was aber man auch immer dazu formuliert, muß man es auch
praktisch in
umsetzen können und das bedeutet , man muß es in das
ökonomische
System einfügen, womit wir wieder beim Geld wären.

Ja, man muss es praktisch umsetzen können, aber NEIN, man muss es eben nicht in das bestehende ökonomische System einfügen. Denn das schützt sich ja selbst so gut es kann und beharrt auf seiner allesbestimmenden Stellung. Wenn man das Geld als gesellschaftlichen Wertemaßstab ablösen will (um es seiner alten Rolle als rein materiellen Tauschwert zuzuführen), dann muss man gleichzeitig über ein anderes ökonomisches System reden. Das bedeutet, denkbar ist nicht, was sich mit dem Geld verträgt, sondern was sich mit dem Menschen verträgt. Der lässt sich nämlich nicht so einfach ändern wie ein von ihm geschaffenes System.

Grüße,
the_digger

Hi Cassius!

Wenn Abraham Marlows Bedürfnispyramide richtig ist, wofür die
Erfahrung spricht, dann haben wir es auf der untersten Ebene
immer mit dem Egoismus zu tun.

Gut, gehen wir mal vom bösen, egoistischen Menschen aus. Was will er? Will er Geld? Oder will er ein selbstbestimmtes Leben führen? Jetzt sag nicht, zweiteres ginge nur über ersteres, daher müsse man in erster Linie Geld anstreben! Geld ist und bleibt ein Mittel zum Zweck, das will ich ihm auch gar nicht streitig machen. Aber ich kritisiere ja auch hauptsächlich den zunehmenden Selbstzweck von Geld, durch den andere Werte völlig vernachlässigt werden. Um auf den Egoismus zurückzukommen: Für mich ist ein (im positiven Sinne) egoistischer Mensch eher einer, der sich die Zeit nimmt, zu tun und zu lassen, was ihm gefällt, nicht so sehr einer, der auf einem Berg Gold sitzt (der ist im besten Falle gierig, im schlimmsten kriminell).

Solche Nebenwerte zum Hauptwert zu machen ist der Versuch,
einen neuen Menschen zu machen. Der jüngste Versuch lief unter
der Bezeichnung Kommunismus, abgeschwächt Sozialismus. Das
Ergebnis ist bekannt.

Du sagst mit anderen Worten, Sozialismus/Kommunismus sind gescheitert, weil sie dem Geld eine zu geringe Bedeutung beigemessen haben?

Wie Du siehst, kann ich mit von Dir gewünschten Alternativen
nicht aufwarten. Ich sehe darin auch keine Erfolgschance.

Schade. Trotzdem vielen Dank für deine Beiträge, sie gaben mir interessante und wertvolle Anregungen für weitere Überlegungen!

Vielleicht kommt eine Gesellschaft mit sich selbst am besten
zurecht, wenn sie Immanuel Kants Kategorischen Imperativ immer
im Auge hat.

In meinen Augen hatte auch Kant mit seinem Imperativ ein naiv-optimistisches Bild von seinen Mitmenschen. Wenn wir einen derart aufgeklärten, selbstreflektierten und logischen Menschen hätten, könnten noch ganz andere Modelle funktionieren :wink:

Grüße,
the_digger

Hallo,

wird momentan der belohnt, der keine Kinder in die Welt setzt

Nein, ganz so ist es auch nicht.
Es gibt ja schließlich auch Unterstützung für Familien mit Kindern.
Das Problem ist eher, das auf Grund gewisser Massnahmen es heute nicht
mehr nötig ist, viele Kinder zu haben.
Individualismus und Gleichberechtugung sowie soziale Systeme haben
offenbar auch Probleme und Nachteile.

Kinder und Geld aber gegenüber zu stellen ist IMHO sowieso nicht sinnvoll.
Kinderwunsch ist ja auch ein evolutionsbiol. verankertes Bedürfnis.

und sich stattdessen auf sein Karriere konzentriert.

Das ist eine sehr einseitige Wertung.
Wie viele Kinder hatte Mutter Theresa?

Warum sind Kinder denn so wertvoll???
Das erläutere mir bitte mal.

Also,warum kann unsere Gesellschaft nicht mehr nach Kindern und weniger
nach Geld streben?

Um Kinder vernünftig zu unterhalten ist Geld sehr praktisch.
Nicht umsonst gibt es eine große Diskussion darum, wie viel Geld man für
Familien, Bildung, Lehrer/Schule usw. ausgeben sollte.

trotzdem wollen die meisten Menschen Kinder haben.

Das halte ich für ein Gerücht. Wo liegt derzeit die deutsche
Vermehrungsrate, bei 1,4 Kindern pro Frau oder so ähnlich?
Demnach hat jeder Deutsche im Laufe seines Lebens nicht mal
ein Kind gezeugt,

Soso, seltsame Rechnung.
Was meist du denn, wie viel Leute zum zeugen eines Kindes so in der
Regel nötig sind?

die Reproduktion ist rückläufig.

Angesichts von akuter Überbevölkerung ist das Global nicht mal ein
großes Problem, oder?
In Ländern der 3. Welt gibt es zwar Unmengen von Kinder, aber gerade
dort sind diese oft nichts wert.

ist, weil die indiviuellen Bedürfnisse nicht einheitlich sind.

Dieses Argument finde ich etwas schwach. Ein Maximum an
Mußezeit würde ja gerade bedeuten, dass jeder nach seinen
individuellen Bedürfnissen handeln kann. Das schließt sogar
freiwillige Mehrarbeit ein, wenn jemand partout mehr verdienen
möchte um sich einen höheren Lebensstandard zu leisten.

Das hört sich an wie Kommunismus. Leider sind derartige Versuche
kläglich gescheitert.

Fürs bessere Verständnis: unter „Mußezeit“ verstehe ich einen
Oberbegriff von Freizeit, der im Grunde alle freiwilligen,
selbstgesteuerten Handlungen des Individuums einschließt.

Was willst du denn noch?
Die reguläre Arbeitszeit von normalen Arbeitern hat sich innerhalb von
100 Jahren von ca. 14-16h an 6 Tagen auf ca. 8h an 5Tagen reduziert.
Viele Leute wissen wissen gar nicht, was sie mit der vielen Mußezeit
sinnvoll anfangen sollen.
Mit der Gleichverteilung von Arbeit klappt es aber schon wegen der
starken Spezialisierung und er sehr unterschiedlichen Eignungen
nur wehr begrenzt.
Nette Idee, wie z.B. die Halbtagskräfte in der Kantine, welche das Essen
ausgeben, mich als Entwicklungsing. verteten, um meine Mußezeit zu
optimieren.

Voraussetzung dazu ist wieder Gleichbehandlung und dann konkret
z.B. der freie Zugang zu Bildung.

Zugang zu Bildung wird auch in unserem Land schon längst von
der materiellen und sozialen Herkunft abhängig gemacht, nicht
erst seit Einführung der Studiengebühren. Es ist
Augenwischerei, in diesem Punkt von Gleichheit zu sprechen.

Also wenn du die absolute Gleichheit willstm dann bleibt nicht mal
mehr der Kommunismus als möglichrs Modell, sondern nur noch irgend
ein utopischer Kommunismus.

Und Bildung wird leider heutzutage auch nur noch nach dem
praktischen Nutzen gemessen. Wenn es nach der heiligen BWL
ginge, wären die Geisteswissenschaften doch schon längst
abgeschafft, so kürzt man ihnen eben nur die Mittel bis zum
äußersten. (Tut mir leid, an dieser Stelle polemisch und
unsachlich zu werden, aber das ist ein sehr schmerzlicher
Punkt für mich…)

Mag sein, aber leider ist es nun mal so, dass jegliches Handeln in
Gesellschaften von der Ökonomie abhängig ist. Es geht ja nicht darum,
einen Überfluss gleichmäßig zu verteilen, sondern begrenzte Recourcen
einigermaßen gerecht aufzuteilen. Da es in diesem „Verteilungskampf“
regelmäßig sehr unterschiedliche Interessen gibt, sind solche
Widersprüche sicher unvermeidlich.
Pauschalangriffe nutzen da nix.
Gruß Uwi

Hallo the_digger,

der egoistische Mensch ist nicht böse, er denkt nur zu allererst an seinen eigenen Vorteil, und das ist ganz normal, besonders wenn es ans Eingemachte (Überleben, physische Sicherheit) geht. In extremer Not hat es auch bei zivilisierten Menschen schon Kanibalismus gegeben.
Wenn er sich um die primären Bedürfnisse keine Sorgen mehr zu machen braucht, hat er den Kopf frei für andere Werte, auch solche, die Du gerne als „Haupt“-Werte in der Gesellschaft sehen würdest.
Nun gibt es Menschen, die nach Erreichen dieser Stufe sich einer Leere in ihrem Kopf gegenübersehen und nichts anderes mehr anzustellen in der Lage sind als weiter Reichtum anzuhäufen und darüber sozial verarmen.
Du kannst die Bedürfnispyramide nicht auf den Kopf stellen oder irgendwo in der Mitte anfangen.

Du sagst mit anderen Worten, Sozialismus/Kommunismus sind :gescheitert, weil sie dem Geld eine zu geringe Bedeutung beigemessen :haben?

Nein, sie sind gescheitert, weil sie Menschen, denen es ein Grundbedürfnis ist, sich voneinander zu unterscheiden, gleich machen wollten. Dazu haben sie Gewalt angewendet und damit ihren eigenen Ansatz pervertiert.

Noch ein Wort zu Kant. Er war mit Sicherheit nicht naiv. Mit dem Kategorischen Imperativ hat er beschrieben, was passieren müsste, damit eine Gesellschaft mit möglichst geringen inneren Reibungsverlusten funktioniert.
Etwas vereinfacht formuliert und gereimt kennen wir das als Spruch:
Was Du nicht willst, das man Dir tu,
das füg´ auch keinem andern zu!

Hoffentlich lassen Deine Bauchschmerzen ein wenig nach.

Schönen Sonntag noch!
Cassius

PS und off topic:
Kannst Du mir irgendwie die Atemtechnik beim Didgeridoo erklären?
Würde mich riesig freuen.

Hallo!
Ich meine,Gesellschaft, Werte einer Gesellschaft und Geld in einen Zusammenhang zu bringen ist nicht so einfach.
Mir geht es eher um die begrifflichen Unterscheidungen.
Die heutigen existierenden Gesellschaften beruhen auf Austausch der Individuen untereinander oder besser gesagt auf Interaktion.
Geld ist ein Zwischentauschprodukt dem jede Gesellschaft einen Wert beimisst.
Einen Menschen nach der Geldmenge einen sozialen Status zu zuschreiben ist eine individuelle Beurteilung.
Werte einer Gesellschaft definieren sich meiner Meinung nach, nach der geringen Differenz der sozialen Ungerechtigkeit. Stört mich etwas, versuche ich eine praktikable Lösung zu finden. In den meisten Fällen, hat das wenig mit Geld zu tun. Genauer betrachtet sind zwischenmenschliche Alltagsbeziehungen wenig an Geld geknüpft. z. B. Ich streiche deine Wand dafür hackst du mein Holz.
Die Interaktion hat uns zu dem gemacht was wir zur Zeit sind. Geld ist wie schon gesagt ein Zwischentauschprodukt dem eine individuelle Wertzuschreibung zukommt.
Gruß

Hallo.

Also formuliere ich nocheinmal anders: Nach welchem/n Wert/en
könnte sich unsere Gesellschaft ausrichten, wenn das System
„Geld“ passé ist?

Ich hätte hier zwei Punkte.

1.) Der Ansatz, dass es nur ums Geld geht, greift zu kurz. In unserem Gesellschaftssystem ist das Einkommen häufig mit der soziale Stellung verbunden. Die soziale Stellung wiederum ist mit Anerkennung, Ruhm und Erfolg bei Frauen verbunden.
(Unnachahmlich bei Dieter Bohlens Buch „Nichts, als die Wahrheit“, bzw in seinem Animationsfilm dargestellt. :smile:

Stell dir vor, da ist beispielsweise ein Geschäftsführer eines Möbelhauses. Nun würde ihn ein Bekannter erzählen, er könnte in einer Fabrik als Arbeiter 200,- € mehr im Monat verdienen. Wie viele Menschen würden in dieser Situation wechseln?

2.) Es gab und gibt andere Wertesysteme, bei denen andere Werte den höchsten Platz einnehmen.

  • Die Tapferkeit und Kampfkraft, z.B. bei germanischen Völkern.
  • Der Name und die Abstammung, z.B. der Adel im Mittelalter.
  • Der Glaube und die Frömmigkeit, z.B. in buddhistischen Kulturen.
  • Die hierarchische Stellung, z.B. im alten China.
  • Die physische Fitness, z.B. bei den Canela-Indianern.
  • Die Bildung, z.B. im antiken Athen.
    usw.
    Du siehst, ein Blick in die Welt und die Geschichte zeigt, dass materieller Besitz nicht immer der höchste Wert war. Im alten Japan hatten die Geschäftsleute formal die niedrigste Stellung. Nun hat materialer Reichtum den Vorteil, dass man sich damit andere Dinge kaufen kann, z.B. einen Adelstitel oder eine hierarchische Position.

Gruß
Carlos

Hi Uwi!

Warum sind Kinder denn so wertvoll???

Das erläutere mir bitte mal.

Erlaube mir eine Gegenfrage: Hast du Kinder? Mir scheint, dem ist nicht so, eine solche Frage deutet zumindest stark daraufhin.

Soso, seltsame Rechnung.
Was meist du denn, wie viel Leute zum zeugen eines Kindes so
in der Regel nötig sind?

Ich würde mal grob über den Daumen gepeilt 2 veranschlagen. Wenn man von 1,4 Kindern pro Frau ausgeht, sind das 0,7 Kinder pro Zeugungspartner, also weniger als 1. Finde ich gar nicht so seltsam.

Das hört sich an wie Kommunismus. Leider sind derartige
Versuche kläglich gescheitert.

Ich liebe dieses Argument! Immer dann, wenn man sich gedanklich in die halbwegs linke Ecke traut, wird nur abgewunken, weil wir das ja alles schon hatten und es immer „kläglich gescheitert“ ist. Ich finde es einfach himmelschreiend, eine ganze Denkrichtung von vornherein auszuschließen, weil es in einer handvoll Versuchmodellen mit bescheidensten Randbedingungen nicht geklappt hat. Wo wäre beispielsweise unsere Physik heute, wenn jeder Forscher nach 3 unglücklichen Probeläufen nie wieder über das Thema nachgedacht hätte?

Was willst du denn noch?
Die reguläre Arbeitszeit von normalen Arbeitern hat sich
innerhalb von 100 Jahren von ca. 14-16h an 6 Tagen auf ca. 8h an 5Tagen
reduziert. Viele Leute wissen wissen gar nicht, was sie mit der vielen
Mußezeit sinnvoll anfangen sollen.

Das ist, bei allem Respekt, eine sehr unterbelichtete Betrachtungsweise. Dass der Frühkapitalismus vor etwa 250 Jahren angefangen hat, die reguläre Arbeitszeit erstmal kräftig nach oben zu schrauben, um diese unmenschlichen Bedingungen dann Stück für Stück wieder einigermaßen abzubauen, wird heutzutage auch noch als größter Triumph des Kapitalismus gewertet. Keiner redet davon, dass die reguläre Arbeitszeit im Mittelalter, also vor 600-700 Jahren, etwa bei 6h täglich und 5 Tagen die Woche lag, also weit unter dem, was wir heute als „fortschrittlich“ bezeichnen. Darüber gibt es fundierte Quellen. Man kann dem Kapitalismus historische Selbstrechtfertigung und Geschichtsverfälschung bescheinigen, aber sicher keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Nette Idee, wie z.B. die Halbtagskräfte in der Kantine, welche
das Essen ausgeben, mich als Entwicklungsing. verteten, um meine
Mußezeit zu optimieren.

Großartig pauschalisiert. Irgendwie hätte ich wissen müssen, dass dieses Argument kommt und durchschlägt, aber ich bin davon ausgegangen, dass man etwas mehr Logik hineinlegt.

Also wenn du die absolute Gleichheit willstm dann bleibt nicht
mal mehr der Kommunismus als möglichrs Modell, sondern nur noch
irgend ein utopischer Kommunismus.

??? Ich begreife den Unterschied noch nicht ganz. Allerdings finde ich es schade, ausgerechnet von der Demokratie keine Gleicheit zu bekommen, mit dem Hinweis „versuchs doch mal beim Kommi, der ist viel gerechter(?) als ich“…

Mag sein, aber leider ist es nun mal so, dass jegliches
Handeln in Gesellschaften von der Ökonomie abhängig ist. Es geht ja
nicht darum, einen Überfluss gleichmäßig zu verteilen, sondern begrenzte
Recourcen einigermaßen gerecht aufzuteilen. Da es in diesem
„Verteilungskampf“ regelmäßig sehr unterschiedliche Interessen gibt, :sind solche Widersprüche sicher unvermeidlich.

Ich sehe, wir beide kommen auf keinen grünen Zweig. Der oben zitierte Abschnitt zeigt mir, dass du die heiligen Lehren der Betriebswirtschaft bereits inhaliert hast und nur bereit bist, auf ihrem Grund und Boden zu diskutieren. Was ich aber hier anregen wollte, war eine Vorstellung über dieses beschränkte, menschenverachtende System hinaus. Macht aber nix, es gibt sicher noch freiere Geiste® da draußen :wink:

Grüße,
the_digger

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Hi Cassius!

Nein, sie sind gescheitert, weil sie Menschen, denen es ein
Grundbedürfnis ist, sich voneinander zu unterscheiden, gleich
machen wollten. Dazu haben sie Gewalt angewendet und damit
ihren eigenen Ansatz pervertiert.

Diesen Ansatz lasse ich gelten!

Noch ein Wort zu Kant. Er war mit Sicherheit nicht naiv.

Grundsätzlich habe ich Kants kategorischen Imperativ verstanden. Mit „naiv“ meine ich auch nicht seine Idee, sondern seine Vorstellung, es könnte eines Tages eine Gesellschaft voller Menschen geben, die sich durchgehend daran hält. Das ist eine Fiktion und er scheint sich dessen nicht bewusst gewesen zu sein.

Grüße,
the_digger

PS und off topic:
Kannst Du mir irgendwie die Atemtechnik beim Didgeridoo
erklären? Würde mich riesig freuen.

Ich kann es dir theoretisch erklären: Es ist eine Form der Zirkuläratmung, bei der zeitweise das ausatmen durch den Mund unterbrochen wird, um durch die Nase Luft zu holen. Damit der Luftstrom für diesen kurzen Moment nicht abreißt, wird vorher ein Luftreservoir im Mund angelegt und durch Kontraktion der Wangen gleichmäßig ausgestoßen. Dabei muss allerdings auch der Mund vom Rachenraum durch die hintere Zunge abgetrennt werden, damit zwei voneinander getrennte Atemströme entstehen können. Praktisch bedeutet das: Üben, üben, üben! Fast jeder fängt mit einem Strohhalm im Wasserglas an. Wenn man für 2-3 Minuten durchgehend Luftbläschen aufsteigen lassen kann, ist man schon recht gut :wink: Wenn du mehr wissen willst, lass uns im Musikforum weiterreden.

Hi the_digger,

ich kann mich eines Eindrucks nicht erwehren: Dass Du sehr geldfixiert bist. Warum? Weil ich eben nicht beobachte, dass in meiner Umgebung ein Millionär nur aufgrund seiner Millionen mehr wert wäre.
Was die meisten, die ich kenne, antreibt ist bestenfalls materielle Sicherheit, aber eben nicht Reichtum.

Ich verkehre in durchaus unterschiedlichen Gesellschaften.
Da gibt es die Führungskräfte, die sich häufig eher über Macht definieren als über Geld (Geld ist bestenfalls ein Zeichen für Macht). Da sind Wissenschaftler, die sich über Veröffentlichungen und Zitate definieren. Da sind Sportler, die sich über den letzten Marathon definieren. Und es gibt den einen oder die andere, die sich über soziales Engagement oder ihre Familie definieren.

Und das ist doch das schöne an unserem pluralistischen Land: Es ist eben nicht so einfach gestrickt wie Du behauptest. Und mit reicht das, weswegen ich keine Utopie brauche, die für eine ganze Gesellschaft eh nicht funktionieren würde.

Grüße
Jürgen

Hallo!

Warum sind Kinder denn so wertvoll???

Das erläutere mir bitte mal.

Erlaube mir eine Gegenfrage: Hast du Kinder? Mir scheint, dem
ist nicht so, eine solche Frage deutet zumindest stark daraufhin.

Ich habe Kinder und die Frage war provokativ, mit einem gewissen
Hintergedanken.
Eine Antwort hast du jetzt vermieden? Warum?
Ist die Frage nicht zu beantworten?
Es ging dir doch um Werte, die nicht am Geld hängen, oder?

Soso, seltsame Rechnung.
Was meist du denn, wie viel Leute zum zeugen eines Kindes so
in der Regel nötig sind?

Ich würde mal grob über den Daumen gepeilt 2 veranschlagen.

Eben, um ein einziges Kind zu zeugen braucht es 2 Leute.
Ist jetzt zwar off topic, aber ich wollte die nur ein kleinen Denkfehler
aufzeigen:
Deine Aussage war aber:

Demnach hat jeder Deutsche im Laufe seines Lebens nicht mal ein Kind gezeugt,
die Reproduktion ist rückläufig. Nach einer Tendenz frage ich lieber gar nicht.

Wenn man von 1,4 Kindern pro Frau ausgeht, sind das 0,7
Kinder pro Zeugungspartner,

Da man das Kinderzeugen aber zusammen tut, bleibt es eben dabei, dass
jeder Deutsche durchschnittlich 1,4 Kinder zeugt.

Nun noch mal: Warum sollten die Leute mehr Kinder zeugen, wenn sie mit
einem zufrieden sind?
Das ist eine erst gemeinte Frage, die du mir bitte mal beantworten kannst.
Nun aber bitte nicht wieder, weil Kinder uns so wertvoll sind.
Warum sind sie uns wertvoll?

Das hört sich an wie Kommunismus. Leider sind derartige
Versuche kläglich gescheitert.

Ich liebe dieses Argument! Immer dann, wenn man sich
gedanklich in die halbwegs linke Ecke traut, wird nur
abgewunken, weil wir das ja alles schon hatten und es immer
„kläglich gescheitert“ ist.

In der linken Ecke können wir uns gerne wieder finden.
Bloß bin ich auf Grund praktischer Erfahrung ziemlich desillusioniert
in Bezug auf utopische Gesellschaftsmodelle. Leider haben sich Soz./Kom.
weltweit in jeder Beziehung selbst diskreditiert.

Ich finde es einfach himmelschreiend, eine ganze Denkrichtung von vornherein
auszuschließen, weil es in einer handvoll Versuchmodellen mit
bescheidensten Randbedingungen nicht geklappt hat.

Eben, es ist in jeder Beziehung in die Hose gegangen und das auch
wegen sträflicher Fehler in der Ökonomie und wegen Gleichmacherei statt
Gleichheit.

Wo wäre beispielsweise unsere Physik heute, wenn jeder Forscher nach 3
unglücklichen Probeläufen nie wieder über das Thema nachgedacht hätte?

Nachdenken ist ja erlaubt, aber dann muß es fundiert genug sein.
Ideen, deren Untauglichkeit schon nachgewiesen wurden, bringen da leider
nichts mehr.

Was willst du denn noch?
Die reguläre Arbeitszeit von normalen Arbeitern hat sich
innerhalb von 100 Jahren von ca. 14-16h an 6 Tagen auf ca. 8h an 5Tagen
reduziert. Viele Leute wissen wissen gar nicht, was sie mit der vielen
Mußezeit sinnvoll anfangen sollen.

Das ist, bei allem Respekt, eine sehr unterbelichtete
Betrachtungsweise. Dass der Frühkapitalismus vor etwa 250
Jahren angefangen hat, die reguläre Arbeitszeit erstmal
kräftig nach oben zu schrauben, um diese unmenschlichen
Bedingungen dann Stück für Stück wieder einigermaßen
abzubauen, wird heutzutage auch noch als größter Triumph des
Kapitalismus gewertet. Keiner redet davon, dass die reguläre
Arbeitszeit im Mittelalter, also vor 600-700 Jahren, etwa bei
6h täglich und 5 Tagen die Woche lag, also weit unter dem, was
wir heute als „fortschrittlich“ bezeichnen.

Naja, mag so sein. Wir leben aber heut auch ganz anders.
Außerdem ist das so eine Sache mit der regulären Arbeitszeit.
Was ist den mit der irregulären Arbeitszeit im Mittelalter?

Darüber gibt es fundierte Quellen. Man kann dem Kapitalismus historische
Selbstrechtfertigung und Geschichtsverfälschung bescheinigen,
aber sicher keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Nein, habe ich auch nicht behauptet, nur dass wir inzwischen wieder
einen Zustand erreicht haben, der faktisch viel mehr Freizeit erlaubt,
weil wir z.B. nicht mehr an Tageslicht gebunden sind und unsere extreme
Mobilität uns auch lokal nicht mehr einschränkt.
Selbst wenn es im Mittelalter diesbezüglich besser war, s möchte ich
doch lieber nicht ins Mittelalter zurück.

Nette Idee, wie z.B. die Halbtagskräfte in der Kantine, welche
das Essen ausgeben, mich als Entwicklungsing. verteten, um meine
Mußezeit zu optimieren.

Großartig pauschalisiert. Irgendwie hätte ich wissen müssen,
dass dieses Argument kommt und durchschlägt, aber ich bin
davon ausgegangen, dass man etwas mehr Logik hineinlegt.

Dann gebe doch bitte mal ein paar logische Beispiele.
Praktisch kann ich als Hochschuling. doch nicht mal einen Straßenfeger
ersetzen, weil ich z.B. keinen Befähigungsnachweis für die komplizierte
Kehrmaschine habe.

Also wenn du die absolute Gleichheit willst dann bleibt nicht
mal mehr der Kommunismus als möglichrs Modell, sondern nur noch
irgend ein utopischer Kommunismus.

??? Ich begreife den Unterschied noch nicht ganz.

Der ist leicht zu verstehen.
Kommunismus hat nicht absolute Gleichheit zu Ziel, weil selbst Marx/Engels
und Lenin schon wußten, das es individuelle Unterschiede gegeben muß.
Damit ist bei begrenzten Recourcen das Problem der Verteilung wieder offen
und damit sind die Konflickte wieder da.

Allerdings finde ich es schade, ausgerechnet von der Demokratie keine
Gleicheit zu bekommen, mit dem Hinweis „versuchs doch mal beim
Kommi, der ist viel gerechter(?) als ich“…

Welche Gleichheit willst du denn haben und wem willst du zu deinen
Gunsten etwas wegnehmen?

Ich sehe, wir beide kommen auf keinen grünen Zweig. Der oben
zitierte Abschnitt zeigt mir, dass du die heiligen Lehren der
Betriebswirtschaft bereits inhaliert hast und nur bereit bist,
auf ihrem Grund und Boden zu diskutieren.

Ja genau, ohne Berücksichtugung der Ökonomie ist jegliche Diskussion
um Gerechtigkeit und Gleicheit reines Spinntisieren.

Was ich aber hier anregen wollte, war eine Vorstellung über dieses
beschränkte, menschenverachtende System hinaus. Macht aber nix, es gibt
sicher noch freiere Geiste® da draußen :wink:

Was ist denn an dem System so menschenverachtend?
Allein dieser Begriff ist so abgegriffen, dass ich mal nachfragen möchte,
in welcher Form die Menschenverachtung hier bei uns in Dtl. stattfindet?
Gruß Uwi

Strohhalm
Hallo the_digger,

vielen Dank für die Erklärung und den Tip.
Werde üben, üben, üben…

Gruß
Cassius