Hallo zusammen,
wer kann mir sagen, warum es im bairischen Sprachraum zwar „oans, zwoa“ (für eins, zwei) heißt, aber nicht „droa“ für „drei“?
Danke schon mal im voraus!
Lenny
Hi Lenny,
das liegt vielleicht daran, dass die Drei erst nach Bayern kam, als das Bairisch schon fertig war. Beweis: Nicht ‚oans, zwoa, drei‘, sondern ‚oans, zwoa, gsuffa‘ heißt es in der wahren Hymne.
Das ist natürlich alles gelogen, ich gestehe, dass ich es nicht weiß. Mir fällt allerdings auf, dass es die Verschiebung von ‚rei‘ zu ‚roa‘ im Bayerischen nicht gibt. Das Wort Brei kennen wir nicht, hier wird ‚a Muas‘ zubereitet; Freiheit kam wirklich erst, als die Sprache längst geformt war. Selbst zur weltberühmten Streif sagt niemand Stroaf. Der Bayer greift auch nicht, sondern langt hin; bevor er etwas begreift, kapiert er es lieber. Der Reif ist ein Ring, und wie der Reifen heißt, der die Dauben zusammenhält, fällt mir jetzt nicht ein.
Gruß Ralf
Hallo zusammen,
wer kann mir sagen, warum es im bairischen Sprachraum zwar
„oans, zwoa“ (für eins, zwei) heißt, aber nicht „droa“ für
„drei“?
Dieser Dialekt macht in vielen Dingen kleine Unterschiede, die in Deutsch nicht (mehr) vorhanden sind, die aber Missverständnisse und Hörfehler vermeiden helfen.
Für die Uhrzeit haben wir sogar noch einen eigenen Ausdruck, da ist es nämlich „droi“; und für zwei gibt es noch zwo und zwe (e nasal gespr.):
zwoa: gemischtes Paar
zwo: 2 Frauen
zwe: 2 Männer
Servus!
Helene
Servus, und guten Morgen, Lenny,
soviel ich weiss, hängt der Wandel von „ei“ zu „oa“ damit zusammen, ob das alt- oder mittelhochdeutsche „Grundwort“ an der Stelle ein (altes) „ei(y)“ hatte oder ein (altes) langes „i“ - und nur aus dem „alten“ „ei“ wurde ein „oa“ - aus dem alte „i“ hingegegen ein „ei“.
Wissendere mögen mich korrigieren:smile:
Lieben Gruss aus Wien, jenny
Hallo Ralf,
wenn sie im Waldviertel (nordwestl. NÖ) zum Kochen statt „zwoa Oa“ nur „oas“ nehmen,
dann tun sie dort " oa schboan" -
klingt (phonetisch!) zwar reichlich rustikal … heißt aber nix weiter als:
oa Eia = ein Ei
zwoa Oa = zwei Eier
oaschboan = Eier sparen
Gruß nach Bayern,
lol
Servus, Michl:smile:
als Wahlwaldviertlerin kriegst dafür ein * von mir…
noch immer lachend, jenny
Lieber Ralf.
Das ist natürlich alles gelogen, ich gestehe, dass ich es
nicht weiß. Mir fällt allerdings auf, dass es die Verschiebung
von ‚rei‘ zu ‚roa‘ im Bayerischen nicht gibt.
Die Grenze zum (notwendigen) Spaß hast Du sorgfältig gezogen. Aber wenn es dann um ernstzunehmende Auskünfte geht sollt man doch wenigstens versuchen etwas genauer zu sein. Könntest Du vielleicht einmal andeuten, wo genau Du Dein muttersprachliches Bairisch mit der Muttermilch eingesogen hast? Anscheinend bist Du schon wieder über den regionalen Grenzstein gestolpert. In Altbaiern heißt es schon: Baiernroa für den Ort Baiernrain. Und: „Wer bredlbroad übers ‚rei‘ red un’s ‚roa‘ ned kennt, den muaß der Blitz gstroaft hobn wie er im Weder vorm Troadkasten gstandn is!“ Das ist allerdings eine ‚Konstruktion‘ mit nur drei Beispielen.
Grüße Alexander
touché und mehr
Hi Alexander,
vielleicht lebe ich doch schon zu lang nicht mehr in Oberbayern. Wenn Du mir das ‚roa‘ jetzt auch noch für das Allgäu nachweist, stürze ich mich aus dem Fenster.
Inzwischen ist mir auch mein Denkfehler klargeworden: Ich habe nur nach der Endung’roa’ gesucht. Troad und broad ist korrekt, bei gstroaft komme ich schon wieder ins Grübeln, ob es auch den Stroafn gibt - eher nicht, oder? Den Streifen aber auch nicht. Wie heißt das Ding dann?
Gruß Ralf
Hi Ralf,
bei gstroaft komme ich schon wieder ins Grübeln, ob
es auch den Stroafn gibt - eher nicht, oder?
Den gibs! Wenn bsoffn bisch muasche übern Stroafn lafn
Gruß,
Rudy (mit starkem Südtiroler Einschlag)
Hi Alexander,
vielleicht lebe ich doch schon zu lang nicht mehr in
Oberbayern. Wenn Du mir das ‚roa‘ jetzt auch noch für das
Allgäu nachweist, stürze ich mich aus dem Fenster.
Um Gottes Willen!! Tu uns das nicht an!.
Aber über die Besonderheiten im Allgäu habe ich nur ganz wenige Kenntnisse.
Inzwischen ist mir auch mein Denkfehler klargeworden: Ich habe
nur nach der Endung’roa’ gesucht. Troad und broad ist
korrekt, bei gstroaft komme ich schon wieder ins Grübeln, ob
es auch den Stroafn gibt - eher nicht, oder? Den Streifen aber
auch nicht. Wie heißt das Ding dann?
„A hemad mid broade lilablassblaue Stroafa gibs scho!“
Gruß Alexander
So ähnlich, liebe Jenny,
im Alt- u. Mittelhochdeutschen waren die Zahlworte für „zwei“ flektiert, also nach Genus unterschieden, so wie heute noch „einer (m) - eine (f) - ein(e)s (n)“.
Die Formen lauteten (für den Nominativ):
masculinum: zween
femininum: zwo
neutrum: zwei
Die feminine Form „zwo“ (die sich auch umgangssprachlich erhalten hat), und nicht das masculinum „zwei“ ist die Basis für das bairische „zwoa“.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zwei
Übrigens nicht der einzige Fall, dass Zahlbezeichnungen im Bairischen aus historischen Gründen vom Standarddeutschen abweichen: für die Anredeformen „ihr“ und „euch“ sagt man auf bairisch „es“ und „enk“, was eigentlich alte Dual -Formen sind, früher (im Althochdeutschen) also für „ihr beide“ bzw. „euch beide“ stand.
http://de.wikipedia.org/wiki/Dual
Grüße
Wolfgang
Hallo,
dazu gab es auch einen Artikel in der Süddeutschen - "Altes Ei, neues Ei… warum „eins, zwei, drei“ auf Bairisch „oans, zwoa, drei“ heißt und nicht „oans, zwoa, droa…“, der sich hier aber leider nicht verlinken lässt (In einer Mail kann man den Link offenbar anklicken - falls jemand am gesamten Text interessiert ist, können wir’s gern auf diesem Weg probieren)
Ein Auszug
„…Das Sprachgesetz, nach dem im Bairischen aus dem ei ein oà wird, lautet folgendermaßen: Ein Laut, der heute hochdeutsch ei ausgesprochen wird, kann im Alt- und Mittelhochdeutschen ebenfalls ei gelautet haben (in zwei zum Beispiel), er kann aber auch ein langes i gewesen sein (drî oder snîder); den einen nennt man „altes ei“, den anderen „neues ei“. Nur aus dem ei wird ein bairisches oà, aus î hingegen ei. Merkle [s. u.] bietet dazu einen gar wundersamen Übungssatz, der auf Schriftdeutsch lautet: Mein Weib weint, weil es meint, deine zwei weißen Scheißgeißen beißen es gleich. Und nun auf Bairisch: Mei Wei woànd, wei s moànd, deine zwoà weißn Scheißgoàßn beißn s glei…“
[Bairische Grammatik
von Ludwig Merkle ISBN: 3880341273 Buch anschauen]
Gruß
Kreszenz
Servus, lieber Wolfgang:smile:
Danke für deine gründlichen (wie immer!)Informationen!
Die feminine Form „zwo“ (die sich auch umgangssprachlich
erhalten hat), und nicht das masculinum „zwei“ ist die Basis
für das bairische „zwoa“.
Gilt denn wenigstens für die anderen „ei - oa“ Formen das von mir gesagte? Dass aus einem ursprünglichen „ei(y)“ zwar ein „oa“ werden kann (nicht muss), aber aus einem alten „i“ immer ein „ei“ wird?
Beispiele: woanen, moanen, aber niemals nimmer nicht „Woab“…*lach*
An liaben Gruss:smile:, jenny
Servus, Kreszenz:smile:
das wäre dann eine Bestätigung des von mir irgendwann mal Gehörten/Gelernten/Gelesenen …*lach*
Habe Dank, j.
dazu gab es auch einen Artikel in der Süddeutschen - "Altes
Ei, neues Ei… warum „eins, zwei, drei“ auf Bairisch „oans,
zwoa, drei“ heißt und nicht „oans, zwoa, droa…“ , der
sich hier aber leider nicht verlinken lässt
Der Link lässt sich anklicken über den Umweg: Scrollen bis „Süddeutsche Zeitung“, weiter zu „Altes Ei, neues Ei“
http://www.bayerische-sprache.de/Index/Archiv/2003/F…
Gruß
Kreszenz
Moin Ralf,
Das ist natürlich alles gelogen, ich gestehe, dass ich es
nicht weiß. Mir fällt allerdings auf, dass es die Verschiebung
von ‚rei‘ zu ‚roa‘ im Bayerischen nicht gibt. Das Wort Brei
kennen wir nicht, hier wird ‚a Muas‘ zubereitet;
auch bei Grieß- und Reis- nicht?
Ich finde Grießbrei oder Reisbrei spricht sich leichter aus als „Griaßmuas“ oder „Reismuas“.
Der Reif ist ein Ring, und wie der
Reifen heißt, der die Dauben zusammenhält, fällt mir jetzt
nicht ein.
üblicherweise Faßring, vielleicht sogar in Bayern!
Und zu den 4 Dingern, auf denen Dein Auto fährt, sagst Du wie?
Ich schätze „Roaf’n“.
Und wenn Du Stein und Bein schwörst, sagst Du was?
Ich schätze „Stoa“ (Bein = „Boa“ weiß ich nicht!)
Gruß Gudrun
Moin, Gudrun,
auch bei Grieß- und Reis- nicht?
Ich finde Grießbrei oder Reisbrei spricht sich leichter aus als „Griaßmuas“ oder „Reismuas“.
Griaßmuas sagen wir tatsächlich. Chinesische Kartoffeln essen wir nicht, auch nicht als Brei.
Und zu den 4 Dingern, auf denen Dein Auto fährt, sagst Du wie? Ich schätze „Roaf’n“.
Schon, aber dann ohne Apostroph - den Roafen gibt’s gewiss nicht.
Und wenn Du Stein und Bein schwörst, sagst Du was? Ich schätze „Stoa“.
Es ging um die Silbe ’ r oa’. Stein und Bein allerdings ist hohe Literatur; der Bayer schwört auch nicht, dafür hat er viel zu viel Respekt vor den himmlischen Mächten, sondern sagt, wenn er sich ganz sicher ist: „Wetten daad i, oba schweern trauat i mi need.“
Gruß Ralf
Selbiges hab ich mich für’s Sächsische schon gewundert:
Wir sagen „Eens, zwee“, aber nicht „tree“, sondern „trei“ (also fast wie im Hochdeutschen, nur mit Anlautverhärtung).
Aber stimmt schon, liegt am Alt- oder Mittelhochdeutschen.
Kriese,
- André
[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]
hallo, Ihr alle!
Ich will mich nicht in die weiterungen zur lautentwicklung, die Deine frage inzwischen nach sich gezogen hat, einlassen, sondern etwas zur grammatik ergänzen.
„oans, zwoa, drei“ sind die neutrum-formen, die man fürs zählen verwendet (wie auch im hochdeutschen).
Und wie im hochdeutschen gibt es im bairischen für „eins“ drei geschlechter: einer/eine/eines - oana/oane/oans.
Im bairischen hat sich aber zusätzlich auch für die zahl „zwei“ dieser bestand von drei genera erhalten: zwee/zwo/zwoa; z. B.:
zwei Ochsen: zwee ochsn; zwei kühe: zwo küah; zwei kälber: zwoa kaewe.
Allerdings ist es so, dass diese drei formen nicht mehr überall gebräuchlich sind, sondern weitgehend durch das neutrum „zwoa“ ersetzt sind.
Das muss nicht unbedingt ein fehler sein; es könnte sich auch um die nachwirkung des Indogermanischen handeln. Nach einer (nicht überall akzeptierten) These gab es da für männlich und weiblich vorkommende wesen ein neutrum als oberbegriff. Reste davon sollen sein: u. a. das Rind, das Kind, das Kalb, „es“ (sc. das gott) regnet/schneit/stürmt usw.
Für bairische würde das bedeuten:
mia zwee: wir zwei (Männer);
mia zwo: wir zwei (Frauen);
mir zwoa: wir zwei (ein Mann uns eine Frau)
Aber wie gesagt: so trennscharf wir dieses zahlwort heute nicht mehr gebraucht.
Und was die zahl „drei“ angeht: die ist, wie die anderen zahlen aufwärts, geschlechtsneutral.
beste grüße!
H.
[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]
Servus Ralf!
Då no mei Senf dazua - Meldung aus dem Süden des bair. Sprachgebietes:
Das Wort Brei kennen wir nicht, hier wird ‚a Muas‘ zubereitet;
Brei kennen wir auch keinen, das ist bei uns ein „Kooch“: Mehlkooch (Spezialform: Ummischittkooch), Griaßkooch, Kindskooch (Mehlbrei FÜR kleine Kinder )
Muas ist eine einfache Kost aus Mehl und Wasser, aber zubereitet wie Brandteig, die trocken gehaltene Masse wird in der Pfanne in Butter „gebacken/geröstet“, dabei werden die Bröckerl ständig mit dem „Muaser“ (Bild: http://www.attergau-zeitreise.at/kueche99.htm, ein wenig nach unten scrollen) zerkleinert; aufgebessert wird mit Früchten der Saison: Apfelspalten, Kirschen, versch. Waldbeeren…
Eine Ausnahme bildet das „Melchermuas“: Das wird aus einem Mehlbrei hergestellt, der dann in der Pfanne mit viel Butter seine braunen Krusterl bekommen soll.
Der Reif ist
gefrorener Tau - znaxt (neulich) is a da Friah reifig gwesn.
ein Ring,
ist a Ring
und wie der Reifen heißt, der die Dauben zusammenhält,
des is da Roaf, und s Auto håt 4 Roafn ( sg.: oa Roafn)
Senftube zu!( Wär noch allerhand drin zu der ei - oa - (G)Story)
Grüße von hinter den Bergen!
Helene