Hallo,
heute möchte ich auch mal eine mich sehr belastende Situation zur Diskussion stellen. Es geht um diese m.M. nach völlig sinnfreie Schulempfehlung:
meine Tochter hat von ihrer Klassenlehrerin die Empfehlung fürs Gymnasium nicht bekommen. Begründung: Ihre Arbeitsauffassung sei nicht ausreichend fürs Gymnasium, von der Intelligenz her würde sie es schon schaffen. Es sah auch notenmäßig im Herbst letzten Jahres sehr gut aus und ihr wurde wörtlich die Eignung in Aussicht gestellt, sie solle nur was mehr mitarbeiten. Bei der Besprechung kam aber dann der Rückzieher. Ich habe leider die Besprechungsnotiz unterschrieben,aber für mich als Elternteil habe ich Gymnasium mitangekreuzt. Es wurde sich auch irgendwo darauf herausgeredet, dass dieses Jahr die Empfehlung ja noch nicht bindend sei! Vonwegen - die weiterführenden Schulen richten sich sehr wohl danach. Ein Beratungsgespräch in einem Gymnasium lief so ab, dass der Rektor von vornherein nahelegte, meine Tochter nicht anzumelden, weil die sich da doch nur bis zum Abi durchquälen würde, die Noten wären nicht die Besten und wegen der Klassengrößen könne man sich doch nicht so um den Einzelnen kümmern .
Ich wollte sie dann an meinem (privaten) Gymnasium anmelden und es sah zunächst (weil ich ja Ehemalige war) sehr gut aus. Wir hatten den Kontakt zur Schule auch nie abreißen lassen. Meine Tochter kennt die Schule und einige Lehrer schon.
Wie groß war die Enttäuschung als die Absage kam, noch mit der Bemerkung, dass sie auf der Warteliste stünde. Nach dieser Nachricht ist meine Tochter schluchzend in ihr Zimmer gerannt und hat sich unter der Bettdecke versteckt. Das habe ich von ihr so noch nie erlebt. Ich habe auch mit ihr weinen müssen.
Sie erscheint immer so robust, ist aber recht sensibel. Aber problematisch wurde das erst nach dem Nichterteilen der Gym-Empfehlung und der Ablehnung beim Gymnasium. Sie traut sich in der Schule so richtig nichts mehr zu. Vorher war sie auch zögerlich, aber jetzt ist es schlimmer für sie. Trotzdem muss ich ihr hoch anrechnen, dass sie sich richtig Mühe gegeben hat, sodass dann im Frühjahr beim letzten Elternsprechtag die Aussage von der Lehrerin kam: „Ja, wenn du schon vor einigen Monaten so toll gearbeitet hättest, dann hättest du die Empfehlung fürs Gymnasium erhalten“. Ich war so sauer.
Als ob ein Kind nicht entwicklungsfähig wäre und man ihr die Chance nicht hätte geben sollen. Und dann dieses Blabla vonwegen, sie würde eine sehr gute Schülerin in der Realschule werden.
Ich habe absichtlich keinen Druck gemacht, weil meine Tochter von sich aus die Leistung bringen wollen muss. Ich wollte mich eben nicht in die Riege überehrgeiziger Eltern einreihen. Wären ihre Leistungen nicht ausreichend gewesen, wäre für mich die Situation nicht weiter problematisch gewesen. Aber durch diese Grenzsituation sitzen wir zwischen zwei Stühlen.
Ich habe mich mit einem langen Brief und guten Argumenten nochmals an mein altes Gymnasium gewandt, weil ich die Schule einfach toll finde, sie hat wirklich dieses prima Klima, was ich mir für mein Kind wünsche. Und es ist ein Mädchengymnasium, dadurch können die Schülerinnen schneller vorgehen im Lernstoff als auf gemischten Schulen. Ich kann das vergleichen, weil ich noch alle meine Schulbücher und Lektüren habe und einige Bekannte von anderen Gymnasien kamen und nicht alles dies durchgenommen hatten.
Ich war verunsichert auch wegen der emotionalen Einstellung meiner Tochter, aber so rein aus dem Bauch heraus, fühle ich,dass sie die Chance kriegen muss. Was draus wird,werden wir sehen.
Heute kam ein Anruf der Rektorin des Mädchengymnasiums, die sehr gerührt war wegen meines Briefes. Sie meinte, sie hätte meine Tochter sofort genommen, aber bei 97 Schülern in 3 Klassen musste erst mal sortiert werden. Eine Profilklasse sollte zusammengestellt werden mit den Schülerinnen mit den besten Noten. Hätte das geklappt mit rund 32/33 Schülerinnen je Klasse, dann hätte meine Tochter noch miteinsteigen können. Leider haben sich einige Eltern geweigert, ihre Tochter in die Profilklasse zu lassen. Dadurch hat diese nur 28 Schülerinnen und die beiden anderen Klassen sind so schon sehr groß. Kann ich auch verstehen.
Ihr Angebot war nun, dass meine Tochter ein Jahr auf der Realschule verbringt, und mir die Aufnahme für nächstes Jahr für die 5.Klasse fest zugesagt.Oder sie durchläuft die beiden Erprobungsklassen in der Realschule, braucht dann aber die Empfehlung der Realschule,um zu wechseln.
Erst hat mein Mädel sich wegen der Freunde,die auch auf die Realschule gehen, geweigert. Sie meinte auch, sie habe sich doch jetzt schon damit abgefunden, das sie auf die Realschule muss und freute sich auf die Schülerinnen, die sie von den Jugendtreffs und von der Klasse schon kennt. Einige ihrer Klasse gehen schon aufs Gymnasium, aber sie würde bei ersten Möglichkeit ja immer ein Jahr hinterher sein.
Dann haben wir ihr die Möglichkeiten mal in Ruhe aufgezeigt, die sie hat, welche Vorteile,welche Nachteile. Schließlich hat sie zugestimmt, die 5 eben auf dem Gymnasium zu wiederholen. Wir werden aber trotzdem mal drüber schlafen.
Ich bin eigentlich glücklich über diese Möglichkeit. Andererseits kommt das nur zustande, weil eine Lehrerin sich eben gerade so entschieden hat wegen der Empfehlung. Ich stelle dieses Instrument sowieso sehr in Frage.Wozu brauch man denn noch die Erprobungsstufe,wenn doch vorher schon gesiebt wird?
Ich habe mich schlau gemacht,was rechtlich so geht und welche Regelungen vom Ministerium so vorgesehen sind. Wir hätten auch klagen können. Aber diesem Druck wollte ich meine Tochter nicht aussetzen. Wenn man Leute zu etwas zwingt, sind sie ja nicht gut auf einen zu sprechen, wäre also psychologisch völlig falsch gewesen und ich hätte meiner Tochter eher Probleme bereitet als ihr geholfen.
Was denken Sie ?
Danke
Andrea