Hallo Wiz,
Bahncard 25 wirkt im grenzüberschreitenden Fernverkehr auch bei der SNCF, man kann aus der Lamäng sagen, dass sich die Anschaffung bereits für diese Tour rentiert. Man muss halt auf die Abo-Falle achten und das Dings sofort nach Erhalt gleich wieder kündigen.
Nahverkehr ist in Paris sehr erschwinglich (und zu Berufsverkehrszeiten nicht besonders schön) - es gilt unverändert, dass man mit dem Zehnerpack Einzelfahrscheine „Carnet“ am besten fährt. Die pauschalen Angebote „Paris Visite“, die außer freier Fahrt auch einige Museen einschließen, sind vom Preis her nicht so attraktiv, aber falls man diese Museen besuchen möchte (Einzelheiten unter dem Suchwort Paris Visite), spart man eine Menge Zeit, die man sonst in der Schlange an der Kasse verplempern würde. A propos Museen: Zwei sollten unbedingt ins Programm - das Musée Picasso und das Musée d’Orsay.
Das Quartier Latin ist tatsächlich trotz Sorbonne ein recht gemütliches Viertel - nicht, dass man grade die Dackel tapsen hörte, aber jedenfalls ohne Remmidemmi. Die Markt- und Einkaufsstraßen rue Mouffetard / rue Arbalète sind tagsüber belebt, aber man denkt da unwillkürlich an Jacques Brel: In Paris leben alle in der Provinz, wenn sie dort zu lange leben…
In der Nachbarschaft im 6. ist mehr „Leben“, aber das dort vorherrschende Hintergrundrauschen von raschelnden Geldscheinen mag nicht jeder.
„Unterhaltungsbetrieb“ in einer Weise, die es so wahrscheinlich bloß in Paris gibt, in den Guinguettes in Marne la Vallée.
Obwohl im 5. Arrondissement die Hauptmoschee von Paris steht, keine meidenswerten Ecken dort - wie übrigens eigentlich nirgends innerhalb des Boulevard Périphérique. Die etwas schwierigeren Viertel liegen alle außerhalb.
Der Markt, den Ihr unbedingt besuchen solltet, ist die nach Brand sehr gut und „authentisch“ wieder aufgebaute Markthalle „Marché d’Aligre“. Innen im marché couvert „alles Gute“, außen vor der Halle die erste Station, wo jeder Händler anfangen muss, der in Paris einen Marktstand betreiben will - die Händler, die morgens nach Rungis oder zu irgendeinem Großhändler in Noisy le Sec oder so fahren und noch zu klein im Geschäft sind für eigene Lagerräume, hauen ca. 13 Uhr gegen Schluss der Veranstaltung alles raus, was sie noch haben, egal zu welchem Preis. Vor Jahren hörte man da immer mit ausgeprägtem Beur-Tonfall „Deux pour un! Deux pour un!“ = zwei Kilogramm für einen Euro, und das konnten schon auch Kaki oder Kumqats sein.
Direkt neben dem Marche d’Aligre eines der letzten aus der aussterbenden Gattung der Pariser Bistros, mit Geschick in Küche und Räumlichkeiten behutsam modernisiert: L’Ebauchoir. Dort nicht wundern, wenn auf der Tafel angeschrieben ist, dass ein Wein „au compteur“ ist: Das sind dann nicht die normalen offenen Weine, sondern schon bürgerliche Mittelklasse, bei denen man aber nur das zahlt, was man (nach Kuli-Markierungen am Etikett) aus der Flasche eingeschenkt hat, der Rest kriegt wieder den Korken draufgesteckt und geht an den nächsten Tisch. Ist aber mehr ein Gäg, die Preise für den Wein des Tages „au compteur“ sind dann doch recht hoch.
Ja, die Bistros und die klassischen Brasserien können mit den extremen Pariser Mieten nicht mehr mithalten, sie sind sehr, sehr wenige geworden. In dieser Hinsicht noch drei interessante Adressen auf der Rückseite von Montmartre: La Timbale, Le Coin des Amis und Le Sarment de Montmartre.
Die Hintertreppe von Montmartre Rue du Mont Cenis übrigens (finde ich) auch „rein optisch“ das Schönste an Montmartre. Abwärts immer der Nase nach die Porte de Clignancourt und der berühmte Flohmarkt, der so riesig ist, dass er immer noch nicht vom Overtourism überrannt ist.
Und dann noch drei Orte, die ohne weiteres einfach schön zum Dortsein sind: Der Canal St. Martin östlich der Gare de l’Est, der Park Buttes Chaumont einschließlich Kasperletheater und vor allem die Coulée Verte, ein auf dem Damm einer früheren Vorortbahn mitten in der Stadt (ab Bastille) angelegter Park, durch den entlang man bis nach Vincennes hinaus kommt. Etwa wie vom Damm der Berliner Ringbahn kann man da den Leuten in den Häusern, die beim Bau der Vorortbahn abgeschnitten wurden, sozusagen von hinten in die Küche schauen.
Und noch einer zum Thema Familie: Je nach Alter der Jugend könnte ein Besuch im alten Königsschloss in Vincennes interessanter sein als Versailles.
Ach ja, und wenn Ihr mal nach oben mögt: Nicht auf den Eiffelturm, der ist schon ein ganzes Stück weit weg von der alten Stadt, sondern auf den Tour Montparnasse: Da hat man von oben die gesamte Innenstadt mit Seine-Insel usw. im Blick.
Je nach verfügbarer Zeit ein interessanter Ausflug mit der Vorortbahn RER: Die im Rahmen von Führungen im Innern begehbare Monumentalplastik „Le Cyclope“ von Jean Tinguely, bei Milly la Forêt (RER-Station Boutigny sur Essonne).
A propos Zeit: Alle Termine in Sachen Kultur (von Club und Disco über Kino und Ausstellungen bis Oper und Theater) in „Le Pariscope“, gibt es gedruckt und online.
Und zurück zum Start: Von Hannover - Köln her ist die Ankunft generell in der Gare du Nord; bei Ankunft zu Berufsverkehrszeit lieber Taxi als Metro zum Ziel.
Und noch einer sozusagen als Amuse Geule:
Schöne Grüße
MM