Endlich Paris - die Kenner sind gefragt!

Habe gerade eine Ferienwohnung für das Wochenende vor Ostern und die Karwoche bis Freitag im Quartier Latin, square Adanson geschossen. Nun soll es also endlich mal mit der Familie nach Paris gehen. Meine Frau war zu Schulzeiten mal da, aber ansonsten sind wir unbeleckt. Daher würde ich mich über ein paar Tipps freuen:

  1. Anreise ist per Bahn ab Hannover geplant. Alternativ wäre Flieger möglich, allerdings nach bisheriger Recherche rund € 500,-- teurer. Irgendwelche interessanteren Angebote als das, was die Bahn so direkt online ausspuckt? Bahncard ist nicht vorhanden, aber ggf. lohnt sich ja schon für diese Reise der Erwerb. Welchen Zielbahnhof wählen, wie von da vorzugsweise Richtung Unterkunft?
  2. Nahverkehr in Paris: Was ist das beste Angebot für die Zeit für die ganze Familie (2 Erwachsene + einmal 17, einmal 12)? Besondere Zeit-/Netzkarten, die man günstig bekommen kann?
  3. Auf Streetview macht die Adresse den Eindruck einer sehr ordentlichen, sauberen und ruhigen Wohnstraße. Irgendwelche Ecken in der Nähe, die man besser meidet? Wo in der Nähe spielt dann etwas mehr Leben?
  4. Gute Verpflegung ist uns wichtig, daher sind insbesondere Tipps für familientaugliche Restaurants, Bistros, … aber auch Märkte/Läden für die Selbstversorgung (kalte Küche) sowohl typisch französisch als durchaus auch international sehr willkommen.
  5. Und natürlich wollen wir uns auch die ein oder andere Attraktion gönnen. Auch hierzu gerne Tipps (günstige Beschaffung von Tickets, schneller Zugang, …), gerade auch für nicht ganz so offensichtliche Dinge, insbesondere auch für den Nachwuchs.

schau mal nach, was die Fahrkarte bei der französischen Bahn kostet.

Paris steht bei uns auch noch auf dem Programm

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Hallo Wiz,

Bahncard 25 wirkt im grenzüberschreitenden Fernverkehr auch bei der SNCF, man kann aus der Lamäng sagen, dass sich die Anschaffung bereits für diese Tour rentiert. Man muss halt auf die Abo-Falle achten und das Dings sofort nach Erhalt gleich wieder kündigen.

Nahverkehr ist in Paris sehr erschwinglich (und zu Berufsverkehrszeiten nicht besonders schön) - es gilt unverändert, dass man mit dem Zehnerpack Einzelfahrscheine „Carnet“ am besten fährt. Die pauschalen Angebote „Paris Visite“, die außer freier Fahrt auch einige Museen einschließen, sind vom Preis her nicht so attraktiv, aber falls man diese Museen besuchen möchte (Einzelheiten unter dem Suchwort Paris Visite), spart man eine Menge Zeit, die man sonst in der Schlange an der Kasse verplempern würde. A propos Museen: Zwei sollten unbedingt ins Programm - das Musée Picasso und das Musée d’Orsay.

Das Quartier Latin ist tatsächlich trotz Sorbonne ein recht gemütliches Viertel - nicht, dass man grade die Dackel tapsen hörte, aber jedenfalls ohne Remmidemmi. Die Markt- und Einkaufsstraßen rue Mouffetard / rue Arbalète sind tagsüber belebt, aber man denkt da unwillkürlich an Jacques Brel: In Paris leben alle in der Provinz, wenn sie dort zu lange leben…

In der Nachbarschaft im 6. ist mehr „Leben“, aber das dort vorherrschende Hintergrundrauschen von raschelnden Geldscheinen mag nicht jeder.

„Unterhaltungsbetrieb“ in einer Weise, die es so wahrscheinlich bloß in Paris gibt, in den Guinguettes in Marne la Vallée.

Obwohl im 5. Arrondissement die Hauptmoschee von Paris steht, keine meidenswerten Ecken dort - wie übrigens eigentlich nirgends innerhalb des Boulevard Périphérique. Die etwas schwierigeren Viertel liegen alle außerhalb.

Der Markt, den Ihr unbedingt besuchen solltet, ist die nach Brand sehr gut und „authentisch“ wieder aufgebaute Markthalle „Marché d’Aligre“. Innen im marché couvert „alles Gute“, außen vor der Halle die erste Station, wo jeder Händler anfangen muss, der in Paris einen Marktstand betreiben will - die Händler, die morgens nach Rungis oder zu irgendeinem Großhändler in Noisy le Sec oder so fahren und noch zu klein im Geschäft sind für eigene Lagerräume, hauen ca. 13 Uhr gegen Schluss der Veranstaltung alles raus, was sie noch haben, egal zu welchem Preis. Vor Jahren hörte man da immer mit ausgeprägtem Beur-Tonfall „Deux pour un! Deux pour un!“ = zwei Kilogramm für einen Euro, und das konnten schon auch Kaki oder Kumqats sein.

Direkt neben dem Marche d’Aligre eines der letzten aus der aussterbenden Gattung der Pariser Bistros, mit Geschick in Küche und Räumlichkeiten behutsam modernisiert: L’Ebauchoir. Dort nicht wundern, wenn auf der Tafel angeschrieben ist, dass ein Wein „au compteur“ ist: Das sind dann nicht die normalen offenen Weine, sondern schon bürgerliche Mittelklasse, bei denen man aber nur das zahlt, was man (nach Kuli-Markierungen am Etikett) aus der Flasche eingeschenkt hat, der Rest kriegt wieder den Korken draufgesteckt und geht an den nächsten Tisch. Ist aber mehr ein Gäg, die Preise für den Wein des Tages „au compteur“ sind dann doch recht hoch.

Ja, die Bistros und die klassischen Brasserien können mit den extremen Pariser Mieten nicht mehr mithalten, sie sind sehr, sehr wenige geworden. In dieser Hinsicht noch drei interessante Adressen auf der Rückseite von Montmartre: La Timbale, Le Coin des Amis und Le Sarment de Montmartre.

Die Hintertreppe von Montmartre Rue du Mont Cenis übrigens (finde ich) auch „rein optisch“ das Schönste an Montmartre. Abwärts immer der Nase nach die Porte de Clignancourt und der berühmte Flohmarkt, der so riesig ist, dass er immer noch nicht vom Overtourism überrannt ist.

Und dann noch drei Orte, die ohne weiteres einfach schön zum Dortsein sind: Der Canal St. Martin östlich der Gare de l’Est, der Park Buttes Chaumont einschließlich Kasperletheater und vor allem die Coulée Verte, ein auf dem Damm einer früheren Vorortbahn mitten in der Stadt (ab Bastille) angelegter Park, durch den entlang man bis nach Vincennes hinaus kommt. Etwa wie vom Damm der Berliner Ringbahn kann man da den Leuten in den Häusern, die beim Bau der Vorortbahn abgeschnitten wurden, sozusagen von hinten in die Küche schauen.

Und noch einer zum Thema Familie: Je nach Alter der Jugend könnte ein Besuch im alten Königsschloss in Vincennes interessanter sein als Versailles.

Ach ja, und wenn Ihr mal nach oben mögt: Nicht auf den Eiffelturm, der ist schon ein ganzes Stück weit weg von der alten Stadt, sondern auf den Tour Montparnasse: Da hat man von oben die gesamte Innenstadt mit Seine-Insel usw. im Blick.

Je nach verfügbarer Zeit ein interessanter Ausflug mit der Vorortbahn RER: Die im Rahmen von Führungen im Innern begehbare Monumentalplastik „Le Cyclope“ von Jean Tinguely, bei Milly la Forêt (RER-Station Boutigny sur Essonne).

A propos Zeit: Alle Termine in Sachen Kultur (von Club und Disco über Kino und Ausstellungen bis Oper und Theater) in „Le Pariscope“, gibt es gedruckt und online.

Und zurück zum Start: Von Hannover - Köln her ist die Ankunft generell in der Gare du Nord; bei Ankunft zu Berufsverkehrszeit lieber Taxi als Metro zum Ziel.

Und noch einer sozusagen als Amuse Geule:

Schöne Grüße

MM

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  • und wenn die Zeit reichen sollte: Ein Knüller in S-Bahn-Entfernung das mittelalterliche Städtchen Provins

MM

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Insgeheim hatte ich ja auch auf genau deine Antwort gewartet - ich freue mich aber natürlich auch über jede weitere Rückmeldung.

Ganz herzlichen Dank, das erspart schon mal eine Menge eigener Recherche!

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Hallo,

ich habe zwar nichts Zusätzliches, aber den Tip von Aprilfisch wegen Provins (UNESCO-Weltkulturdenkmal seit 2001) kann ich aus eigener Ansicht nur unterstützen.
Von Paris-Est fahren direkte Züge (Linie P) nach Provins (derzeit wegen Elektrifizierungsarbeiten nur Mo-Fr) und ab dem Bahnhof Provins fährt abgestimmt auf die Zugankünfte ein Ortsbus auch hoch zur historischen Oberstadt.
Neben der pittoresken mittelalterlichen Oberstadt


ist auch der Rosengarten mit seinem mehr als 300 Sorten ein empfehlenswertes Ziel

Viel Spass &Tschüss
Wolfgang

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Was ich noch ergänzen würde:

Man kann für alle Museen Tickets online für bestimmte Zeiten buchen - das ist unbedingt zu empfehlen. Vorteil - kein Anstehen und kein Stress.

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  • und noch ein Markt, allerdings nur für spezielle Interessen: Östlich der Place St Pierre, entlang der Rue d’Orsel und in den beiden Blocks nördlich davon, der Marché St. Pierre - ein (gefühlt) halbes Stadtviertel, wo ein Tuchgeschäft neben dem anderen steht, dazwischen ein paar Kurzwarenläden. Von schweren klassischen Polsterstoffen bis zu irgendwelchen bunt bedruckten Kunstfaserfähnchen Stoffe, Stoffe, Stoffe…
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In der Gegend kenne ich mich gar nicht aus, daher nur mal ganz allgemein ein paar Tipps aus dem Stehgreif:

Palais Royal nördlich des Louvres. Kleiner Park mit wechselnden Kunstausstellungen. In der Nähe Place des Vosges (beides Marais (Metro: St. Paul/Marais)), Platz mit inliegender Grünanlage aus dem 17. Jh., dessen umgebende Bebauung i.W. noch aus dieser Zeit stammt; eine der teuersten Wohngegenden in Paris.

Tagesausflug Musee Marmottan (Stiftung der Erben von Monet ; Metro: La Muette) + Bois de Bologne. Darin u.a. Parc de Bagatelle mit Rosengarten (ältester Stock von 1830), weitläufige Wald- und Wiesenanlagen, künstliche Grotte, Pfauen und Irrgarten. Von da Wanderung nach Norden in Richtung Pont de Neuilly (Aussicht in Richtung Pariser Innenstadt einerseits und La Défense andererseits).

An der Oper an der Bastille beginnt der Viaduc des Arts bzw. La Promenade Plantée (vom Platz de la Bastille auf der Avenue Daumesnil kommend, geht es auf der linken Straßenseite über mehrere Treppen nach oben). Die alte Bahnanlage führt über den Jardin de Reuilly bis weit in den Osten der Stadt. Unterhalb der alten Bahnlinie befinden sich etliche Buden und Geschäfte, in denen Künstler und solche, die sich dafür halten, ihre Arbeiten ausstellen bzw. anbieten.

Bootsfahrt auf dem Canal Saint-Martin (wir fuhren mit der Gesellschaft „Paris Canal“). Reservierung wohl notwendig. Abfahrt war seinerzeit entweder um 9.30 Uhr an den Kaianlagen am Musée d´Orsay (gleichnamige Metrostation) oder um 14.30 Uhr am Parc de la Vallette (Metro: Porte de Pantin) im Nordosten von Paris.

Mein Restaurantwissen ist sicherlich zu veraltet, um noch verbreitet zu werden.

Gruß
C.

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Danke Dir - die Place des Vosges hatte ich ganz vergessen, einer der schönsten Orte in Paris überhaupt.

Zum Stichwort Monet noch ein anderer Ausflug: Monets Garten in Giverny (Busse ab Bahnstation Vernon), genießbar im April und im Oktober, sonst leider viel zu klein für die Zahl der Besucher, November bis März geschlossen.

Schöne Grüße

MM

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Nicht überweit von euch weg:

  • ach, und noch eins zur Technik: Im Ebauchoir gibt es eine für uns ungewohnte Form der Preisdifferenzierung: An Wochenden (ich glaub bereits ab Freitagabend) sind die Preise deutlich höher als an den anderen Tagen.

MM

Und - Upgrade -: „le Pariscope“ gibt es seit 2016 nicht mehr, es ist wieder ein richtig schönes Stück 20. Jahrhundert weg.

Alternativ dazu, aber nicht gleichwertig, „l’Officiel des Spectacles“: https://www.offi.fr/

MM

@Aprilfisch, @anon44275120, @Albarracin, @C_Punkt, @Zerschmetterling, @Armin_Diedrich (ich hoffe ich habe keinen vergessen)

Wow, ich bin begeistert. Während an anderer Stelle gerade mal wieder der Abgesang auf dieses Forum gesungen wird, zeigt dieser Thread doch mal wieder deutlich, wie unglaublich hilfreich es sein kann und wie gesittet es hier zugeht, wenn man eine vernünftige Frage, ordentlich formuliert und geschrieben in angemessenem Ton stellt.

Ich werde mich in den nächsten Tagen mal im Detail mit allen bisherigen - und gerne auch weiteren - Vorschlägen beschäftigen. Für alles wird die kurze Zeit nicht reichen, aber eine Stadt wie Paris ist ja sicher auch mehr als eine Reise wert.

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Servus,

solltest Du besser nicht ankündigen, sonst bring ich noch vergleichende Betrachtungen der Friedhöfe Père-Lachaise, Montmartre und Montparnasse und eine Hommage an den wundervollen Optimismus des 20. Jahrhunderts vor 1939, von dem Raoul Dufys Monumentalgemälde „Fée Électricité“ getragen ist usw., und erzähle über die landschaftlich schönste Fahrt von/nach Paris mit der Bahn auf der nicht mehr im Fernverkehr bedienten Linie Paris - Troyes - Mulhouse.

Aber das kommt dann ein andermal, sub conditione iacobaea natürlich.

Schöne Grüße

MM

Na ja, es ist irgendwie schon verrückt. Paris liegt so nahe, und ich war bis Mitte 50 noch nicht da. Dafür x-fach in Kopenhagen, vier Mal in London, je zwei mal in Rom, Amsterdam, Wien, New York, Montreal, Quebec, … einmal in Chicago, Washington, Boston, Toronto, Tokio, … Dafür noch nie in Brüssel, Madrid, Stockholm, … Aber was man schon etwas kennt, hat natürlich immer den Reiz des Spannungsfeldes zwischen „sich sicher vor Ort bewegen zu können“ und „was man noch alles nicht gesehen hat“ Und so stand Paris auch dieses Mal schon wieder auf der Kippe, weil London natürlich auch wieder lockte, New York auch eine Option gewesen wäre, …

Ja, aber das ist sicher die bessere Reihenfolge sorum: Ich war mal grade ein Mal außerhalb von Europa, und seit ca. 55 werden die Radien zu den Orten und Gegenden, auf die ich unmittelbar Neugier verspüre, sehr schnell kleiner.

Wenn es um „engere Auswahl“ geht: Madrid hat für sich sicherlich vieles Bereisenswerte, aber mit Auswahl auf der Iberischen Halbinsel täte ich es nicht unter die ersten fünf Optionen setzen. Obendran Lissabon und Porto - nicht weil sie übersichtlicher sind, sondern vor allem wegen der Portugiesen selbst: Nirgendwo sonst habe ich als Tourist so viele gut erzogene und gebildete, feinsinnige, aufmerksame und ohne ökonomische Motive spontan warmherzige Menschen getroffen wie in Portugal.

Innerhalb Spaniens den extremen Norden und den extremen Süden: Barcelona, Granada und Cordoba.

Ach ja, und natürlich auch noch einiges arbeiten, zwischen den Reisen…

Schöne Grüße

MM

Zu Paris:
Bei meinem letzten Besuch stellte ich überrascht fest, dass Autos im (großen)Zentrum nur noch 30 fahren dürfen, was für Fußgänger die Lage sehr entspannt (ich gehe in Paris ständig und mit Begeisterung zu Fuß) Autofahrer lassen erstaunlicherweise Fußgängern immer wieder den Vortritt. Außerdem gibt es da und dort neue gut ausgebaute Fahrradwege, die freilich von Herrscharen von E-Rollern genutzt werden.

Zu meinen absoluten Lieblingsorten in Paris gehören für mich

  • St. Chapelle
  • und der Louvre, für mich einer der spannendsten Orte der Welt, in dem ich schon Tage verbracht habe.

Hallo Karl,

das ist in dieser Ausprägung das Werk von Anne Hidalgo, und sie ist noch lange nicht fertig mit ihren Plänen, die Stadt wieder richtig lebenswert zu machen.

Die Umkrempelung der früheren Auto-Schnellwege direkt an der Seine zu den jetzigen Anlagen „Parc Rives de Seine“ ist ziemlich einzigartig.

Zwar gab es schon eine Weile vorher Anstrengungen in diese Richtung - u.a. das zweite bedeutende System von städtischen Mietfahrrädern, bald nach dem, das Cathérine Trautmann in Strasbourg einrichten ließ, und die Einrichtung von Fahrradwegen mit eigenen Trassen, die etwas weniger vom fließenden und ruhenden PKW-Verkehr bedrängt sind als „unsere“ Schutzstreifen -, aber das, was jetzt nach und nach als „Gesamtbild“ zusammenwächst, ist tatsächlich der Erfolg des Konzepts der aktuellen Madame la Maire de Paris.

Beiläufig: Ja, Anne Hidalgo heißt nicht zufällig so - sie ist in der Nähe von Cádiz geboren. Soviel zum viel beredeten französischen Nationalchauvinismus.

Schöne Grüße

MM