Erlösung im Buddhismus, Ich-Illusion?

Guten Tag,

in meinem Bestreben, überhaupt irgendeine Religion dieser Welt zu verstehen, nehme ich mir mal wieder den Buddhismus vor. Ich wüsste gern, ob die folgende Formulierung mehr oder weniger richtig ist. Dabei geht es mir, um genau zu sein, weniger um die verschiedenen Schulen als vielmehr darum, ob die Richtung, die Tychiades hier vertritt, so ungefähr das meint:

Das Ich-Bewusstsein ist eine Illusion, die mit der Geburt beginnt und dem Tod endet. Erlösung, die durch Erleuchtung erreicht wird, bedeutet daher nicht, dass die Ich-Illusion nach dem Tod nicht von vorn anfängt, denn das tut sie sowieso nicht (keine Seelenwanderung mit Reinkarnation). Sie bedeutet, dass der mit dem Tod erlöschenden Ich-Illusion keine andere Ich-Illusion folgt. Nach abendländischem Muster in Subjekten gedacht bedeutet das in etwa, dass „kein anderer“ nun mit einer Ich-Illusion „beglückt“ wird; das ist die Erlösung. Da aber in Wahrheit das Ich eine Illusion ist, es folglich - ja, was? - nur ein großes Ganzes (?) gibt, da also auch der andere im Grunde dasselbe Subjekt ist, liegt diese Erlösung auch im Interesse desjenigen, dessen Ich-Illusion mit dem Dahinscheiden vergeht.

Und jetzt bitte nicht allzu streng mit mir sein! Ich ahne ja schon, dass das ganz falsch ist, aber ich gebe mir wirklich Mühe.

Schönen Dank und beste Grüße,
Benvolio

Hallo Benvolio,

Zuerst zu deinem Schlusssatz: So wie sich hier die Verunsicherung breitmacht, überhaupt Fragen zu stellen, so muss auch ich mir ein Herz fassen zu antworten. Denn man läuft hier ja unter Umständen Gefahr, dass das Lesen von Sachbüchern zum Thema gegen einen ausgelegt wird. Trotzdem, du hast noch keine Antwort, also fange ich einmal an, und zwar damit, wie *ich* die Urform des Buddhismus verstanden habe.

Dharma. - Bezeichnet zum einen die letzten Bestandteile, aus denen alles Seiende zusammengesetzt ist. Davon gibt es unendlich viele. Sie sind nicht Seelen oder etwas Lebendiges, sie sind unbelebt. Alle Lebewesen und zusammengesetzten Dinge, wie Steine, Berge usw. sind aus solchen unbelebten Dharmas zusammengesetzt. Das Leben ist also eine zusammengesetzte Erscheinung.

Ein Dharma ist nichts Dauerhaftes, es ist „ein Etwas“, das entsteht und wieder vergeht. Es gibt kein dauerhaftes Sein, sondern nur ständigen Wandel. Alles Sein ist nur ein momentanes Aufblitzen im Entstehen und Vergehen der Dharmas („Kontinuum der Vergänglichkeit“).

Demzufolge kennt der Buddhismus auch kein beharrendes „Ich“, und auch Seele, Bewusstsein vergehen und entstehen in jedem Augenblick neu. Aufgrund der Schnelligkeit dieser Prozesse und ihrer Verwobenheit entsteht der täuschende Eindruck eines dauerhaften Ich.

Das sittliche Weltgesetz (Wiedergeburt, Erlösung, Nirwana). - Die „Dharmas“ unterliegen einem Gesetz von Ursache und Wirkung, ihr Entstehen und Vergehen erfolgt nicht gesetzlos. In dieses Kausalgesetz is alles Geschehen unentrinnbar eingespannt, dieses ergibt das dauerhafte Weltgesetz, das ebenfalls Dharma genannt wird.

Das „Rad des Lebens“ stellt im Buddhismus dieses Kausalgesetz, die Abhängigkeiten dar und vor allem den sich wiederholenden Kreislauf des Lebens. Es beginnt mit Nicht-Wissen und dem Willen zum Leben, Trieb, die als alleinige Ursache allen Lebens und Leidens gesehen werden.

Im achten Schritt dieser 12-fachen Formel erwächst die Begierde(eines Wesens, des Menschen), und im neunten entsteht (kausal) aus der Betätigung dieser Begierde das Verhaftetsein mit der Welt. Und dies schafft die Vorbedingung für das Entstehen einer neuen Existenz, die Taten (Karma) müssen nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung in einer neuen Existenz fortwirken.

Der Punkt ist also, dass das Verhaftetsein mit der Welt, und die Taten (Karma) im Rahmen dieser kausal zu einer neuen Existenz führen, die denselben Kreislauf durchläuft. Die Ursache dafür liegt im „Willen“ und dieser aber im „Nicht-Wissen“. Wenn ein Mensch nun diesen Kreislauf durchschaut dann kann er ihn durchbrechen. Dazu muss er alle Gier, allen Hass, alle Wünsche abstreifen.

Dabei gibt es keine Wiedergeburt einer Seele, oder eines Ichs, das neue Leben ist nicht mit einem vorherigen identisch, da sich der Kausalzusammenhang ja nicht auf Ebene eines Ichs abspielt. Der Zusammenhang besteht nicht zwischen diesem Leben und dem nächsten, dieser Person und der nächsten, sondern auf Ebene der Dharmas ab.

Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen klar formulieren. Inhaltliche Diskussion willkommen.

Grüße
fliegerbaer

Hallo,

Das Ich-Bewusstsein ist eine Illusion, die mit der Geburt
beginnt und dem Tod endet.

Das „Ich“ beginnt nicht mit der Geburt. Es beginnt wenn das Kind „ich“ denkt und sagt. Vielleicht so mit 3 Jahren …

Das „Ich“ kann schon vor dem körperlichen Tod enden.

Erlösung, die durch Erleuchtung
erreicht wird, bedeutet daher nicht, dass die Ich-Illusion
nach dem Tod nicht von vorn anfängt, denn das tut sie sowieso
nicht (keine Seelenwanderung mit Reinkarnation). Sie bedeutet,
dass der mit dem Tod erlöschenden Ich-Illusion keine
Ich-Illusion folgt.
Nach abendländischem Muster in Subjekten
gedacht bedeutet das in etwa, dass „kein anderer“ nun mit
einer Ich-Illusion „beglückt“ wird; das ist die Erlösung.
Da
aber in Wahrheit das Ich eine Illusion ist, es folglich - ja,
was? - nur ein großes Ganzes (?) gibt, da also auch der andere
im Grunde dasselbe Subjekt ist, liegt diese Erlösung auch im
Interesse desjenigen, dessen Ich-Illusion mit dem
Dahinscheiden vergeht.

Wenn man im Rahmen der Illusion - ich würde lieber sagen Täuschung - diese Dinge zu erklären versucht kommt man nicht weiter.

In der Erleuchtung verschwindet die Illusion/Täuschung. Das was „Ich“ war, genauso wie der „Tod“ wird „erkannt“. Es gibt und gab nie ein Ich und genauso wenig einen Tod auch keine Zukunft oder Vergangenheit. Insofern kann außerhalb der Illusion nichts sterben und auch nichts von vorne anfangen.

Die ganzen Erklärungen sind - wenn sie positiv beschreibend sind - falsch bzw. sinnlos, denn sie basieren auf Täuschung.
Sie nehmen Elemente der Täuschung und kreieren damit neue Täuschungen.

Grüße
K.

Ausführungen nun konkret in Bezug zu deinen Fragen
Hallo,

Ich will jetzt noch das zuvor von mir Geschriebene konkret auf deine Fragen umlegen.

Das Ich-Bewusstsein ist eine Illusion, die mit der Geburt
beginnt und dem Tod endet.

Eigentlich beginnt das Rad des Lebens mit Nichtwissen (1) und dem Willen (Trieb) zum Leben (2). Dies ist die (kausale Ursache) zum Ersten Augenblick eines (neuen) Lebewesens, der Empfängnis (= Unbewusste Seele) (3).

Nicht nur das „Ich“ ist eine Illusion, sondern jeder zeitliche Ablauf, so wie wir ihn definieren würden. Es gibt nichts Kontinuierliches, das sich aus der Vergangenheit bis zu dem Punkt den wir Gegenwart nennen und von da an in die Zukunft erstreckt.

Erlösung, die durch Erleuchtung
erreicht wird, bedeutet daher nicht, dass die Ich-Illusion
nach dem Tod nicht von vorn anfängt, denn das tut sie sowieso
nicht (keine Seelenwanderung mit Reinkarnation). Sie bedeutet,
dass der mit dem Tod erlöschenden Ich-Illusion keine andere
Ich-Illusion folgt. Nach abendländischem Muster in Subjekten
gedacht bedeutet das in etwa, dass „kein anderer“ nun mit
einer Ich-Illusion „beglückt“ wird; das ist die Erlösung.

Da im Buddhismus Zeit nicht etwas Kontinuierliches ist, wie wir es sehen, macht die Vorstellung eines „Aufeinanderfolgen von Illusionen“ so nicht Sinn. Auch wird nicht „ein anderer“ (Mensch) mit einer Ich-Illusion „beglückt“, denn das würde ja bereits einen durch irgendetwas (Seele, Bewusstsein) definierten Menschen voraussetzen.

Da
aber in Wahrheit das Ich eine Illusion ist, es folglich - ja,
was? - nur ein großes Ganzes (?)

Im wesentlich ja, ein „großes Ganzes“, eine zusammengesetzte Erscheinung, nur der Augenblick ist wirklich, ist aber in dem Moment in dem wir es wahrnehmen bereits wieder vergangen. Das Universum ist ein Strom von solchen einzelnen Seinsmomenten die dem Kausalgesetz der Dharmas unterliegen.

gibt, da also auch der andere
im Grunde dasselbe Subjekt ist, liegt diese Erlösung auch im
Interesse desjenigen, dessen Ich-Illusion mit dem
Dahinscheiden vergeht.

Diese Annahme eines kontinuierlichen Selbst, auch wenn du es hier „Ich-Illusion“ nennst, gibt es ja nicht, da der Kausalzusammenhang auf Ebene der Dahrmas zu sehen ist.

Meiner Auffassung nach beschreibt das Weltgesetz die Illusion des Zeitablaufes, dem der Mensch unterliegt, die Ursache für das Verharren in dieser Illusion, und die Möglichkeit, die ein Mensch hat, daraus auszubrechen.

Die „Erlösung“ die du weiter oben erwähnst, besteht eigentlich nur im Ausbrechen aus der Kette der Illusionen und das ist das einzige was der Mensch nach Buddha erreichen kann. Nirwana („Der Zustand der Flamme, wenn sie erloschen ist“), also das „Nichts“. Das alles „rentiert“ sich nur in dem Zusammenhang, dass alles Leben als Leiden gesehen wird, und man damit so etwas wie Frieden erreicht.

fliegerbaer

Eine einzige Illusion

Das „Ich“ beginnt nicht mit der Geburt. Es beginnt wenn das
Kind „ich“ denkt und sagt. Vielleicht so mit 3 Jahren …

Das setzt ein einfaches Selbstbewusstsein voraus, als Reflektion, was „es“ will, wie zum Beispiel: ICH (ES) will essen, trinken, laufen, sprechen, die Welt begreifen, Macht ausprobieren und so weiter!

Das „Ich“ kann schon vor dem körperlichen Tod enden.

Wie soll das möglich sein, außer nur in einer Fantasie des „Als Ob“??? Da Buddha als steinreicher Königsohn ebenfalls zum sicheren Tod geboren wurde, wie der ärmste Mensch auch, setzt er sich sieben Jahre lang unter einen Baum und reflektiert seinen seinen eigenen Körper, seine eigenen Gefühle und seinen eigenen Geist, in dem er das weitgehend unmbewusste Geplapper seines Geistes selbst beobachtet und wodurch er zur genialen Einsicht gelangt, dass man keine Verrenkungen braucht, um „erleuchtet“ zu werden, wie bei den Lehren der Yogis, sondern dass man sich nur auf ein erwünschtes Ideal eines absoluten Nichts zu öffnen braucht.

Dies gelingt, wenn man total loslässt und man sich gleichzeitig mit einem hellen Selbstbewusstsein selbst reflektiert. Es gibt dann (angeblich!) weder Körper, Gefühle noch Geist als Strukturen, sondern nur noch ein Nirwana durch eine scheinbar mögliche Auslöschung aller Bedürfnisse.

Aber wäre das je möglich, müsste der Buddha ja dann auch schon vorher sterben, dürfte ja nicht einmal mehr ein- und ausatmen WOLLEN(!), dürfte auch nicht weiter etwas essen WOLLEN(!), was sein Ich oder besser gesagt sein bewusst gewordnenes Es automatisch von ihm verlangt, um den eigenen Körper soweit zu erhalten, wie man seine Lehren an die unwissenden anderen Menschen weiter vermitteln WILL(!) als ein scheinbar nicht erloschenes Bedürfnis, die eigenen WÜNSCHE(!) mit anderen Menschen teilen zu WOLLEN(!), was ja gerade dieser Lehre widerspricht.

Erlösung, die durch Erleuchtung
erreicht wird, bedeutet daher nicht, dass die Ich-Illusion
nach dem Tod nicht von vorn anfängt, denn das tut sie sowieso
nicht (keine Seelenwanderung mit Reinkarnation). Sie bedeutet,
dass der mit dem Tod erlöschenden Ich-Illusion keine
Ich-Illusion folgt.

Darauf weiter einzugehen erübrigt sich für mich insofern, wie die Realität des Dasseins nicht in Einklang zu bringen ist mit dem ganzen utopischen Fanatsiegebäude des religiösen Buddhas, dessen Absicht darauf hinausläuft: ICH(!) als Buddha WILL(!) unsterblich sein, und zwar nicht in einem utopischen Jenseits, sondern ganz real in dieser materiellen Welt. Das wurde er denn auch, das ist wissenschaftlich nachweisbar.

Buddha wurde durch seine Lehren unsterblich durch das riesige Schneeballsystem, das von ihm als ein ICH sich entwickelt hat und jetzt schätzungsweise bis eine halbe Milliarde Gläubige umfasst. Was für eine gigantische Massenideologie. Ich würde da nie nur Mitläufer sein WOLLEN(!), was für ein unglaublicher Massenwahn von lauter ICHs(!). Was für ein tiefes Bedürfnis nach Unsterblichkeit bewegt die Menschen scheinbar völlig unbewusst zu all diesen utopischen Lehren (lese hierzu auch im Brett Philosophie meine Postings zum Thema der Unsterblichkeit).

CJW

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Moin,

du hast aber mal sowas von keine Ahnung vom Buddhismus, dass ich es ausdrücklich erwähnenswert finde.

Gruß
M.

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Moin Benvolio,

zunächst sollte man wissen, dass es im Buddhismus unterschiedliche philosophische Ansichten zum Thema Ich-Illusion gibt.

Vielleicht hilft dir dieser Text als Einführung in das Thema schonmal weiter:
http://www.tibet.de/tib/tibu/2000/tibu52/52sicht.html

Welche spezielle Philosophie Tychiades hiervon vertritt entzieht sich meiner Kenntnis, aber vielleicht ist der obige Text ja hilfreich, diese einzuordnen, falls er sich noch selbst dazu äußern möchte.

Herzlichen Gruß,
M.

Kommentare von religiösen Gläubigen sind für mich nicht wesentlich, weil mich „richtige“ Darstellungen dieser utopischen Lehren nicht interessieren.

CJW

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Und wenn mal dein Auto kaputt ist, dann fragst du einen Pferdezüchter um Hilfe und laberst mit diesen von dir erworbenen Meinungen einen Automechaniker voll.

Sicher auch eine interessante Art und Weise durchs Leben zu kommen.

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In der Erleuchtung verschwindet die Illusion/Täuschung. Das
was „Ich“ war, genauso wie der „Tod“ wird „erkannt“. Es gibt
und gab nie ein Ich und genauso wenig einen Tod auch keine
Zukunft oder Vergangenheit. Insofern kann außerhalb der
Illusion nichts sterben und auch nichts von vorne anfangen.

*-chen dafür. Danke.

Gelernter Automechaniker?

Und wenn mal dein Auto kaputt ist, dann fragst du einen
Pferdezüchter um Hilfe und laberst mit diesen von dir
erworbenen Meinungen einen Automechaniker voll.

Ein weit hergeholter Vergleich. Weder fragte ich einen Pferdezüchter, der mein Auto reparieren soll noch fragte ich einen Automechaniker, weil ich ein kaputtes Auto nicht habe, soviel ich weiß. Auch bei Juristen und Ärzten, die sich als absolute Elite am besten zu allen Experten zu verkaufen wissen, entscheidet nicht der Fachspezialist, ob ich ihm vertraue, sondern ich habe die Entscheidungen als Führungskraft meines Lebens selbst in der Hand, ob ich den Experten glaube.

Du vergleichst dich aber nicht etwa mit den elitären Juristen oder Ärzten, sondern mit den Automechanikern, bist du ein gelernter Automechaniker? Und habe ich ein kaputtes Auto, das du reparieren könntest, um damit als Profi deinen Lebensunterhalt zu bestreiten, WAS??? Willst du mir vielleicht sagen, du könntest mir den „rechten“ Glauben lehren, wenn ich ganz deinem Wissen vertraue, meinst du das SO???

Gut, das verstehe ich ja, ändert aber nichts an meiner These der religiösen Wünsche nach Unsterblichkeit (vgl. aktueller Thread im Philosophiebrett).

CJW

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Hi,

* für den interessanten Link. Aber ich möchte es nicht versäumen, auch auf deinen Artikel in diesem Thread /t/wie-funktioniert-wiedergeburt-ohne-seele/5784205

Gruß
M.

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Hallo,

Das „Ich“ kann schon vor dem körperlichen Tod enden.

Wie soll das möglich sein, außer nur in einer Fantasie des
„Als Ob“???

Z.B. bei Alzheimer.

…, was ja gerade dieser Lehre
widerspricht.

Alles was Sie sagen kann gegen Sie verwendet werden ! :o)

Man kann jegliche Aussagen kritisch auseinander nehmen - Widersprüche aufdecken - auf Mängel hinweisen - GEGEN die Quelle verwenden.

Man kann aber auch versuchen zu verstehen was die Worte beschreiben wollen - und seien die Sätze noch so unlogisch.

Der Buddhismus wird als eine Erfahrungs-Religion bezeichnet.
Das sagt schon aus, das die Worte und Definitionen der Lehre in den Hintergrund treten und dem Suchenden nur eine Hilfe zu seiner eigenen Erfahrung sein wollen.

Insofern zielt man am spirituellen Sinn vorbei wenn man anfängt Streitgespräche über das Wesen des B. zu führen.

Darauf weiter einzugehen erübrigt sich für mich insofern, wie
die Realität des Dasseins nicht in Einklang zu bringen ist mit
dem ganzen utopischen Fanatsiegebäude des religiösen Buddhas,

Für DICH nicht in Einklang zu bringen.
Es ist halt eine alternative Fantasie zu der materialistischen Fantasie die wir gemeinhin Realität nennen.

Beide haben ihre Berechtigung.

dessen Absicht darauf hinausläuft: ICH(!) als Buddha WILL(!)
unsterblich sein, und zwar nicht in einem utopischen Jenseits,
sondern ganz real in dieser materiellen Welt.

Wenn das sein Anliegen war hätte er m.M. nach mehr Wert darauf gelegt das sein Name überall bekannt sei und nicht der Name einer Kategorie.

Ich würde
da nie nur Mitläufer sein WOLLEN(!), was für ein unglaublicher
Massenwahn von lauter ICHs(!). Was für ein tiefes Bedürfnis
nach Unsterblichkeit bewegt die Menschen scheinbar völlig
unbewusst zu all diesen utopischen Lehren

Womit Du wahrscheinlich ein bisschen Recht hast … Wobei m.M. nicht die Unsterblichkeit das Ziel ist, sondern die Erlösung.

Grüße
K.

ignorant aus Prinzip
Richtig so! Unnötig sich mit Gedanken, die sich andere Menschen vor mir gemacht haben, auseinanderzusetzen! Die diese noch der offenen Diskussion gestellt haben! Der Sich-Selbst-Erkannt-Habende kann das Rad jederzeit neu erfinden. Er muss sich nicht mit unnötigem Ballast quälen, den andere ausgequirlt haben. Und jene die es doch tun? Sind doch alles nur blökende Schafe im Zoo der Experten, unfähig eigene Erfahrungen zu machen. Zwischen den Zeilen lesen? Wer macht denn sowas, wenn da steht „Automechaniker“, … ach was.

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Moin,

du hast aber mal sowas von keine Ahnung vom Buddhismus, dass
ich es ausdrücklich erwähnenswert finde.

Man muss nicht nur keine Ahnung haben,
sondern dies auch zeigen und vor allem
dann auch anderer Meinung sein, wenn man
schon keine Ahnung hat. Wo kämen wir da
hin in einer Demokratie, wenn jeder meint
nur weil er etwas weiß, dass er damit
ein Privileg hätte!

Bild dir da mal nix ein! :wink:

Gruß
Speider

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Alzheimer als Tod?

Hallo,

Das „Ich“ kann schon vor dem körperlichen Tod enden.

Wie soll das möglich sein, außer nur in einer Fantasie des
„Als Ob“???

Z.B. bei Alzheimer.

Alzheimer ist Tod? Doch höchstens als eine mehr oder weniger erhebliche Einschränkung des Gehirns, aber das Empfinden bleibt weiterhin erhalten, vor allem dann, wenn man es gezielt trainiert. Nun würde man hieraus eine neue Diskussion beginnen, was einen allgemeinen Wert hat und was nicht. Alzheimer-Patienten können in ihrer eigenen Welt-Anschauung noch glücklicher sein als viele harte Rationalisten, sie können trotz Einschränkungen ein wertvolles Leben leben.

Man kann jegliche Aussagen kritisch auseinander nehmen -
Widersprüche aufdecken - auf Mängel hinweisen - GEGEN die
Quelle verwenden.

Man kann aber auch versuchen zu verstehen was die Worte
beschreiben wollen - und seien die Sätze noch so unlogisch.

Natürlich kann man, man muss aber nicht, weil Abgrenzung wichtig ist zur Gewissheit der eigenen Identität, wenn man WEISS(!) zu was Wissen nützt, den Nutzen von Wissen in diesem Brett stelle ich damit versus Glauben.

Der Buddhismus wird als eine Erfahrungs-Religion bezeichnet.
Das sagt schon aus, das die Worte und Definitionen der Lehre
in den Hintergrund treten und dem Suchenden nur eine Hilfe zu
seiner eigenen Erfahrung sein wollen.

Gut, für eine, speziell meine Erfahrung, brauche ich aber keine Religion!!

Insofern zielt man am spirituellen Sinn vorbei wenn man
anfängt Streitgespräche über das Wesen des B. zu führen.

Nein, Spiritualität in Form von Massenideologien haben nichts mit mir gemein und dazu brauche ich auch keinesfalls „das Wesen des Buddhismus“. Im Übrigen habe ich mich lange genug mit dem Buddhismus beschäftigt, um ganz sicher zu wissen, dass ich kein Anhänger sein will. Schon die Kategorisierung „Buddhismus“ ist ein ideologischer Begriff.

Für DICH nicht in Einklang zu bringen.
Es ist halt eine alternative Fantasie zu der materialistischen
Fantasie die wir gemeinhin Realität nennen.

Ok.

Beide haben ihre Berechtigung.

dito.

dessen Absicht darauf hinausläuft: ICH(!) als Buddha WILL(!)
unsterblich sein, und zwar nicht in einem utopischen Jenseits,
sondern ganz real in dieser materiellen Welt.

Wenn das sein Anliegen war hätte er m.M. nach mehr Wert darauf
gelegt das sein Name überall bekannt sei und nicht der Name
einer Kategorie.

Den Namen haben wie bei allen Weltreligionen nicht die Gründer, sondern die Epigonen bekannt gemacht, wie man sie auch in diesem Brett in der glaubenden Masse vorfindet, als erleb- und fühlbarer *Rückenschauer* :smile:

Ich würde
da nie nur Mitläufer sein WOLLEN(!), was für ein unglaublicher
Massenwahn von lauter ICHs(!). Was für ein tiefes Bedürfnis
nach Unsterblichkeit bewegt die Menschen scheinbar völlig
unbewusst zu all diesen utopischen Lehren

Womit Du wahrscheinlich ein bisschen Recht hast … Wobei m.M.
nicht die Unsterblichkeit das Ziel ist, sondern die Erlösung.

Womit du wahrscheinlich dasselbe meinst wie Erlösung vom Leben, aber das ist ja die Unsterblichkeit. „Erlösung“ vom unbewussten Geplappere des Hirns wäre hingegen ein erstrebenswerteres Ziel im Sinne des Sokrates und seinem auf der Lehre des Protagoras gründenden Schlüsselsatzes.

Grüße
C.

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meinst du das SO???

Ich meine, dass ich es leid bin, dass dieses Brett mit sinnbefreitem Laberscheiß vollgemüllt wird.

Habt ihr Jungs eigentlich nichts sinnvolles zutun im Leben oder wenn es schon keinen Sinn macht, wenigstens etwas, womit ihr anderen Menschen nicht auf die Nerven geht?

Gruß
M.

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Hallo Benvolio,
zunächst einmal möchte ich Metapher für den Verweis auf auf den älteren Thread und die dort gesetzten Links danken - das erspart es mir, ihn selbst herauszusuchen. Auch an Pendragon Danke für die Verlinkung von Anne McDonalds recht brauchbarer kurzer Einführung in die Madhyamaka-Philosophie.

Soweit sie sich zur Dharma-Theorie (‚dharmas‘ hier im Sinne ‚Daseinsfaktoren‘) äußert, ist das allerdings etwas verkürzt - selbst in den sog. Hinayana-Schulen gab es da sehr differenzierte Auffassungen. Gerade Unterschiede in der Dharma-Theorie definieren häufig die ‚Bruchlinien‘ zwischen verschiedenen Hinayana-Schulen. In einem solchen kurzen Artikel bzw. im Rahmen eines Vortrages darauf näher einzugehen, wäre allerdings sicher zu viel verlangt. Trotzdem hier die Anmerkung speziell zu dem Begriff ‚illusorisch‘ (ich werde später darauf zurück kommen), der in diesem Zusammenhang wiederholt genannt wird: die Diskussionen der Dharmatheorie drehten sich um drei (!) Aspekte der dharmas (‚Seinsfaktoren‘): ihre Realität, ihre Substantialität und ihre Temporalität. Von (freilich recht speziellem) Interesse ist hier, dass die Schule der Sarvastivadin (so weit wir wissen als einzige) den dharmas in Bezug auf den Aspekt Temporalität eine von ihrer Emergenz unabhängige Existenz in Vergangenheit und Zukunft zuschrieb und dass das Madhyamaka speziell auf einer Kritik der Sarvastivada-Philosophie aufbaut. Ohne jetzt noch weiter auszuschweifen - ‚illusorisch‘ bzw. ‚nicht-illusorisch‘ sind wirklich extrem verkürzte Charakterisierungen der Ergebnisse, zu denen schon die hinayanischen Dharma-Theoretiker gelangten. Außerdem ist hier noch anzumerken, dass die Dharma-Theorie ihre kanonische Grundlage ausschließlich im Abhidharma (der philosophischen Ausdeutung und Interpretation von Buddhas Lehre) hat und sich in den Sutren (Buddhas Lehrreden) nicht findet - dort dafür aber schon das Skandha-Modell und das Modell wechselseitig bedingten Entstehens, die im Zusammenhang mit der Fragestellung vielleicht doch ergiebiger sind als die eigentlich nur Spezialisten zugängliche Dharma-Theorie. Dazu finden sich im älteren Thread etliche Hinweise.

Um an McDonalds Vortrag doch noch etwas zu bemäkeln - der erste Satz zeigt, dass das Blickfeld der Autorin doch etwas auf das in Tibet tradierte Mahayana beschränkt ist, wenn da von zwei (oder drei) „Hauptrichtungen des Mahayana“ gesprochen wird. Im ostasiatischen Mahayana (China, Korea, Japan …) tritt da zumindest noch die auf dem Avatamsakasutra basierende Huayen-Schule (jap. Kegon) hinzu - wenn man schon (das in der Tat eher eklektische) Tiantai / Tendai nicht als eigenständige philosophische Schule zählen möchte.

Um meinen eigenen Standort etwas anzudeuten - er ist stark von den Gedanken Dogen Kigens bestimmt, des Begründers der japanischen Sotoshu, der mittlerweile auch im Westen als Denker von Weltrang anerkannt und geschätzt wird. Dogen und die Sotoshu wiederum sind dem Zen / Ch’an zuzuordnen, das keine eigene philosophische Schule entwickelt hat, sondern stark praktisch ausgerichtet ist und sich in der Schulung punktuell und unsystematisch unterschiedlicher theoretischer Ansätze bedient. Als Grundlage ist hier vor allem das fernöstliche Madhyamaka (Sanlun / Sanron) zu nennen, das neben dem von McDonald genannten Madhyamakakarikas (genauer: Pingalas Madhyamakashastra, einem Kommentar zu den Karikas, der diese komplett enthält) auf einem weiteren (in der tibetischen Tradition nicht überlieferten) Werk Nagarjunas beruht, dem Dvadasadvarashastra, das z.T. die in den Karikas behandelten Probleme aufgreift und z.T. weitere Aspekte ins Spiel bringt. Hinzu kommt als drittes Grundlagenwerk (Sanlun bzw. jap. Sanron heisst einfach ‚drei Abhandlungen‘) das ebenfalls in der tibetischen Tradition nicht überlieferte Sata-shastra des Nagarjuna-Schülers Aryadeva, das sich thematisch und inhaltlich weitgehend mit dem in Tibet wohlbekannten Catuhshataka-shastra desselben Autors deckt. Die zweite „Hauptrichtung des Mahayana“, die Vijnaptimatra-Philosophie, wird im Zen nicht durch das Schriftgut des ‚mainstream‘ (der Faxiang- / Hosso-Schule) repräsentiert, sondern vor allem durch das Asvagosha zugeschriebene (vermutlich jedoch in China entstandene) Mahayana Shraddotpadashastra. Die oben (als „dritte Hauptrichtung“) erwähnte Huayan-Philosophie spielt vor allem im koreanischen Zen (Seon) noch eine bedeutende Rolle.

Aber ich schweife schon wieder ab - im Sinne der Fragestellung dürfte das alles nicht sonderlich hilfreich sein. Ich werde mich vielmehr bemühen, nicht allzu ‚schulspezifisch‘ zu antworten.

Um endlich direkt auf Dein posting einzugehen - wie oben schon angedeutet habe ich mit dem Begriff „Illusion“ in diesem Satz:

Das Ich-Bewusstsein ist eine Illusion, die mit der Geburt beginnt und dem Tod endet.

ein Problem. Zunächst einmal ist in aller Regel bei Menschen ein Ich-Bewusstsein zweifellos vorhanden, mithin ist dieses keine Illusion. Auch das ‚Ich‘ als solches ist keine Illusion - offensichtlich sitzt da ein ‚Ich‘ vor einem Computer und schreibt das hier, während ein anderes ‚Ich‘ ebenfalls vor einem Computer sitzt und das hier liest. Es ist daher sinnvoller, von ‚[falscher] Sicht‘ (ditthi) statt von ‚Illusion‘ zu sprechen. Tatsächlich sieht der Buddhismus die Grundursache für die Leidhaftigkeit des Daseins in einer kognitiven Fehlhaltung, einer falschen Sichtweise. Besonders leidträchtig ist diese Sichtweise in Bezug auf das eigene Ich. Buddha lehrte (um die oben angedeuteten komplizierten Diskussionen auf einen möglichst einfachen Nenner zu bringen), die Welt bzw. sämtliche Phänomene (suddhadharma) seien gemäß rechter Sicht als Ereignisse zu betrachten, die in Folge von Ursachen und Bedingungen (hetupratyaya) entstehen, sich entwickeln und wieder vergehen und dabei selbst in einer Kausalitätskette als zumindest potentielle Ursache anderer Ereignisse wirken. Diese Sichtweise ist natürlich auch und gerade für das ‚Ich‘ nach buddhistischer Auffassung die der Wirklichkeit angemessene. ‚Falsche Sicht‘ funktioniert hingegen anders - sie geht davon aus, dass ‚hinter‘ einem Phänomen eine Substanz steht, dessen ‚Zeichen‘ / Akzidens (nimitta) das Phänomen ist. Anders gesagt - den Phänomenen (darunter immer auch das ‚Ich‘ begriffen) wird eine inhärente Existenz beigelegt, ein Für-sich-Sein oder ‚Eigensein‘ (svabhava).

In eben diesem Sinne - als Ausdruck eines unabhängig für sich existierenden Wesenskernes, einer Substanz (man mag sie nun Seele, atman oder sonstwie benennen) - existiert das ‚Ich‘ gemäß buddhistischer Lehre nicht. Dass dem so sei, das ist falsche Sicht bzw. „Illusion“. Hingegen existiert das ‚Ich‘ aus einem dynamischen Konditionalnexus (pratityasamutpada) heraus, beständig im Wandel in Abhängigkeit von sich ebenfalls wandelnden Konditionen. Es existiert ausschließlich als ein Zusammenwirken verschiedener psychophysischer Prozesse (skandhas). Enden diese Prozesse, bleibt kein Rest-Ich oder Wesenskern übrig - lediglich andere Prozesse, die durch die skandhas angestoßen wurden, laufen in ihrer Kausalkette weiter. Nebenbei angemerkt - es ist ein Problem für sich, bei den Skandha-Prozessen ‚Grenzwerte‘ wie Geburt und Tod zu definieren. Entsprechend wird insbesondere der Tod im buddhistischen Kontext - wenn überhaupt - sehr viel unschärfer aufgefasst als in der westlichen Tradition. Die Setzung eines scharfen Punktes, wo ein Prozess qualitativ umschlägt (z.B. der Zustand ‚lebend‘ in den Zustand ‚tot‘) ist eine recht willkürliche Angelegenheit - eine Definitionssache.

Dies ist die buddhistische Anatman-Doktrin, eine im Buddhismus so zentrale (und grundsätzlich allen Schulen gemeinsame) Lehre, dass dieser gelegentlich auch ‚Anatmavada‘ genannt wird. Es existiert keine Ich-Substanz, die re-inkarniert (= wieder Fleisch wird); keine Sele, die wandert.

Nach abendländischem Muster in Subjekten gedacht

  • was freilich, wie vielleicht klar geworden ist, nach buddhistischer Auffasung eine falsche Sichtweise ist -

bedeutet das in etwa, dass „kein anderer“ nun mit einer Ich-Illusion „beglückt“ wird; das ist die Erlösung.

Die „Erlösung“ („Befreiung“, moksha, ist hier die passendere Übersetzung) besteht zunächst in Erlangung rechter Sicht - also in Überwindung von Unwissenheit (avidya). Aus der Substanzlosigkeit, Bedingtheit und Prozesshaftigkeit (Leere, sunyata) von Ich und Welt folgt notwendig ihre Unbeständigkeit (anitya). Das Ich, das sich selbst als substanzhaft begreift, erfährt sein unaufhaltsames Vergehen als leidhaft, als ‚Substanzverlust‘. Dinge, die es als substanzhaft begreift und begehrt, nicht dauerhaft festhalten zu können - bzw. überhaupt nicht festhalten zu können, weil es eben keine Dinge, sondern ephemere Ereignisse sind - erfährt es als leidhaft. Als Verlust von ‚mein‘, von Geliebtem / Begehrtem. Dinge, die es als substanzhaft begreift und ablehnt, nicht abwehren zu können, weil es eben keine Dinge sondern Prozesse sind, in die das Ich selbst eingebunden ist, erfährt es als leidhaft. So wirken die drei Seinsmerkmale (trilaksana) Substanzlosigkeit (sunyata, speziell auf das ‚Ich‘ bezogen anatman), Prozesshaftigkeit (Nicht-Dauerhaftigkeit, anitya) und Leidhaftigkeit (dukhata) zusammen. Dabei ist die Leidhaftigkeit jedoch im Unterschied zu den anderen ein Merkmal in subjektiven Erfahrung, das durch höchste rechte Sicht der Wirklichkeit (bodhi, Erwachen, ‚Erleuchtung‘) aufgelöst werden kann.

Die Folge von rechter Sicht ist aber nicht nur Überwindung persönlicher Leiderfahrung - das, was gewöhnlich als ‚Leid‘ bezeichnet wird, wird nicht mehr ‚persönlich genommen‘ und daher auch nicht als leid erfahren. Rechte Sicht führt auch zu einem Handeln, das keine leidhaften Erfahrungen erzeugt. Zu einem Handeln, das heilsam (kusala) ist, weil es nicht durch auf ein vermeintlich substanzhaftes Ich bezogene Motive bestimmt ist - durch Gier und Hass, Zuneigung und Ablehnung, Lust und Unlust. Der Prozess, der das ‚Ich‘ tatsächlich ist, wird so zu einem heilsamen Prozess. Das ist gemeint, wenn von jemandem gesagt wird, er habe „den Weg erlangt“. Der Wegsucher wird zum Weg. Der Ich-Prozess ist nicht mehr Ursache und Bedingung karmischer Folgen, sondern ihrer Vermeidung. Das ist das ‚Verlöschen‘ (nirvana). Was nun nicht mehr „wiedergeboren“ wird (eigentlich ist zumeist von ‚Wiederwerden‘, punarbhava, die Rede), sind Gier und und Hass, die einerseits durch Nicht-Wissen (avidya, ich hatte es weiter oben als „kognitive Fehlhaltung“ bezeichnet) bedingt sind und die andererseits leidhafte Existenz bedingen. Der Konditionalnexus (pratiyasamutpada), das wechselseitig bedingte Entstehen, ist durch den Wegfall der Kondition ‚avidya‘ aufgelöst.

Freundliche Grüße,
Ralf

Der Pöbel revoltiert
Hallo Tychiades,

ich habe einige (wirklich nicht bös gemeinte, und daher wahrscheinlich naiv klingende) Fragen, die auch nur am Rande mit dem Thema zu tun haben:

Zum einen: gibt es wirklich keine Möglichkeit den Buddhismus in einfacheren Worten zu erklären? Sich auf die wesentlichsten Punkte zu beschränken? Was würdest du (jetzt ohne Bezug zum Fragesteller) einem vollkommenen Neuling in Sachen Religion als erstes vorsetzen, damit er nicht gleich überfordert wieder aufgibt? Das?

Muss jede Antwort durch akademische Ausgeklügeltheit glänzen und möglichst viele Aspekte (anstelle des Kerns alleine) anführen? Klaus Anligen hat es treffend auf den Punkt gebracht (als Beispiel).

Und zu guter Letzt: Mag ja sein, dass ich den Fragesteller hier unterschätze, aber wieviel Profit, glaubst du, zieht er nun aus deiner Antwort?

Zu all den vollständigen wissenschaftlich detailliert aufbereiteten Antworten im Thread: Die Frage beinhaltete explizit die Bitte die Schul- bzw. Richtungsfrage außen vor zu lassen. Für mich reduzierte sich sich die Fragestellung damit auf den Wunsch die Kernaussage des Buddhismus, und das in Worten, die auch ein Normalverbraucher versteht, in Bezug auf Wiedergeburt und Erleuchtung zu erfahren.

Niemand sonst als der Fragesteller kann das beantworten, aber dieser Thread ist für mich exemplarisch zu sehen: Für Fragen in denen jemand einen Überblick erhalten möchte und mit Details erschlagen wird. Unabhängig davon, ob dies konkret hier zutrifft, sehe ich mein Anliegen mehr als berechtigt.

fliegerbaer

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Frage zur Ontologie der Skandhas
Hi Ralf.

Zunächst ein Lob für deine Darstellung und ein Sternchen. Sowas schreibt sich ja nicht von selbst.

Auch das ‚Ich‘ als solches ist keine Illusion - offensichtlich sitzt da ein ‚Ich‘ vor einem Computer und schreibt das hier, während ein anderes ‚Ich‘ ebenfalls vor einem Computer sitzt und das hier liest.

Ich halte diese Sichtweise für etwas inkonsequent. Durch diese Hintertür tritt das andernorts dekonstruierte Ich wieder quicklebendig auf die Bühne.

Dein Argument klingt so, als müsse man daraus, dass das Bewusstsein ein Ich konstruiert, zwingend schließen, dass es dieses Ich auch „gibt“. Das „Ich“ ist aber nur ein Wort, dass uns per Sozialisation eingeimpft wird, denn es erfüllt eine unverzichtbare psychosoziale Funktion erfüllt. Es ist eine Bindemittel, dass die heterogene Komplexität Geist-Körper zentriert und zusammenhält.

Was du eigentlich meinst oder meinen solltest, ist diese Funktion. Was vor dem PC sitzt, ist also eine „Ich“ genannte Funktion, nicht aber ein Ich.

Jacques Lacan hat das Thema in seiner strukturalistischen Ausarbeitung der Freudschen Theorie schön analysiert. Er bezeichnet das Ich als „imaginär“, denn es entsteht ursprünglich aus der Identifikation des Kleinkindes mit seinem Körper. Da dieser Körper scheinbar eine Einheit bildet, wird auch dem innewohnenden Bewusstsein eine Einheit zugeschrieben und dieser dann das durch die Eltern vermittelte sprachliche Etikett „Ich“ aufgeklebt.

Das „Ich“ ist also, sofern es vom Bewusstsein als Objekt wahrgenommen wird, eine Hypostasierung einer begrifflichen Abstraktion in dem Sinne, wie Kant „Hypostasierung“ verstand: der Glaube, etwas Abstraktes, also nur Gedachtes habe eine objektive Realität.
Und deswegen sitzt in Wahrheit kein ´Ich´ vor dem PC, sondern ein Bewusstsein mit mehr oder weniger Haftung an eine imaginäre Ichlichkeit.

In eben diesem Sinne - als Ausdruck eines unabhängig für sich existierenden Wesenskernes, einer Substanz (man mag sie nun Seele, atman oder sonstwie benennen) - existiert das ‚Ich‘ gemäß buddhistischer Lehre nicht. Dass dem so sei, das ist falsche Sicht bzw. „Illusion“.

Da liegt eben der Hase im Pfeffer. Wenn das Ich nur eine kausal bedingte Schein-Entität ist, dann gibt es gar kein Ich, auch nicht in dem relativen Sinne, den du anscheinend vertrittst. Das „gefühlte“, also hypostasierte Ich impliziert Monadenhaftigkeit, Unteilbarkeit, Individualität und Substantialität – anders macht dieser Begriff keinen Sinn.

Womit die Formulierung „Das Ich ist eine Illusion“ durchaus ihren Sinn hat, auch wenn sie natürlich nur die Spitze eines Eisbergs aus scharfsinnigen Detailanalysen bildet.

In dem Zusammenhang habe ich an dich eine Frage zu der „ontologischen“ Kategorisierung der Skandhas. Ich beziehe mich dabei auf Theoreme aus dem Abhidharma und dem Vajrajana.
Laut Vajrajana kann man drei Körper des Buddha unterscheiden (Trikaya-Lehre):

Nirmanakaya: die physische Manifestation der Buddhas.
Sambhogakaya: der Genuss- oder Freudenkörper der Buddhas, die Quelle alller Formen
Dharmakaya: der formlose Erleuchtungskörper der Buddhas

Frage:

Wo stehen die Skandhas der sterblichen Menschen im Verhältnis zu dieser „Ontologie“, insbesondere ihre „geistigen“ Elemente? Die Beschreibungen der Skandhas hinterlassen bei mir immer eine Unklarheit über die „Materialität“ (im weitesten Sinne!) dieser Faktoren/Elemente. Woraus z.B. „besteht“ das Bewusstsein (vijnana) oder die karmisch aktive Geistkörperformation (samskara)? Einfach zu sagen: sie sind halt da und haben keine Substanz, das ist mir zu wenig. Schließlich gesteht die Trikaya-Theorie ja sogar den Seinsweisen der Buddhas so etwas wie „Körperlichkeit“ zu: Nirmanakaya = grobstofflich, Sambhogakaya = feinstofflich, Dharmakaya = (wörtlich) aus ´Wahrheit´ bestehend.

Im Abhidharma unterscheidet man wiederum die drei Sphären „kamavacara“, „rupavacara“ und „arupavacara“.

Kamavacara entspricht u.a. den Skandhas (schließt also das Bewusstsein ein) in der Sinnenwelt.

Rupavacara entspricht sowohl der feinstofflichen Sphäre der „Brahmawelt“ als auch die „feinstoffliche Vertiefung“ (rupa-jhana) jener Menschen, die schon zu Lebzeiten (und nicht erst in der Brahmawelt) ein Bewusstsein der Feinstofflichkeit bilden.

Arupavacara entspricht einer noch höheren Ebene, in der es keine Wahrnehmung von Raum und Zeit und keine Formen mehr gibt.

Auch hier stellt sich die Frage nach der „ontologischen“ Kategorie der Skandhas, inbesondere der Geistkörperformation und des Bewusstseins.

Chan

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