Hi.
Eine eher vorsichtige Schätzung meinerseits sagt, dass mindestens zwei Drittel aller Menschen, zumindest ihren verbalen Bekenntnissen nach, davon überzeugt sind, dass „es keinen Zufall gibt“. Das sagen Leute aus den verschiedensten „weltanschaulichen“ Lagern und mit den verschiedensten Temperamenten. Dabei scheint es sich, würde ich sagen, um eine Art Glaubenssatz zu handeln, den die Betreffenden nicht in der Lage sind, auch nur annähernd zu beweisen.
Was natürlich nicht ausschließen muss, dass sie recht haben.
Zur Begriffsklärung ein Wiki-Zitat („Zufall“):
„Beim Zufall handelt es sich um den Übergang aus einer Ausgangssituation, die mehrere Endsituationen ermöglicht, in genau eine dieser Endsituationen, wobei zum einen keine erkennbare Ursache für das Zustandekommen dieser einen Endsituation vorliegt und zum anderen bei wiederholtem Vorliegen derselben Ausgangssituation auch die anderen Endsituationen eintreten können.“
Diejenigen, die keinen Zufall anerkennen, stehen natürlich vor dem Problem, den Begriff „Ursache“ ins Spiel zu bringen. Das wird schwierig. Was ist eine Ursache? Man kann als Ursache von Ereignissen nur andere Ereignisse aus einem, sagen wir mal, Ereignisfeld herausgreifen und von diesen sagen: Das ist die Ursache. Nur ist die Abgrenzung dieser Ursache von den umliegenden Ereignissen immer etwas künstlich. Zudem hat jede Ursache wieder Ursachen, und das ist noch prekärer. Wo endet die zurückliegende Ursachenkette einer Wirkung? Auch hier ist der Willkür in der Festlegung Tür und Tor geöffnet.
Kein Zufall – das heißt: alles geschieht mit Notwendigkeit. Das ist ein radikaler Satz mit erheblichen Implikationen. Auch ethischen. Nehmen wir den aktuellen „Iron Man“-Film (übrigens, entgegen aller Ankündigungen und Rezensionen, ein sehr mäßiger Streifen), in dem Tony Stark „zufällig“ in die Hände von Terroristen gerät, die über von der Firma Stark hergestellte Waffen verfügt: hier sind diese Vorgänge aber „notwendig“, um in Tony eine geistig-moralische Wende einzuläuten.
Wenn es nun keinen Zufall gibt, ist natürlich jedes Ereignis, auch die schlimmsten wie der Holocaust, ein Kandidat für „Notwendigkeit“. Man sieht, in welche Absurditäten die Logik des Nicht-Zufalls führen könnte. Denn die Nicht-Zufalls-Befürworter sehen in den nicht-zufälligen Ereignissen ja einen tieferen Sinn. Wo aber grenzen sie sich dann vom offensichtlich Unethischen ab?
Gruß