Hallo!
Dein Auto braucht 5 l auf 100 km. Bei 1,65 €/l brauchst Du also 8,25 Ct für Benzin pro km. Die übrigen Betriebskosten des Fahrzeugs setze ich mit 20 Ct/km an, gesamte Betriebskosten also 28,25 Ct/km. Du kannst getrost davon ausgehen, dass der Sprit spätestens im Sommer 1,80 €/l kostet, pro km für Dich also 9 Ct für Benzin und gesamte Betriebskosten 29 Ct/km. Wie Du siehst, geht die Preissteigerung für Treibstoff im Rauschen der Betriebskosten unter. Du regst Dich allen Ernstes auf, weil die Betriebskosten Deines Fahrzeugs um einen Cent-Bruchteil steigen?
Mein erstes eigenes Auto fuhr ich 1970. Benzin für meinen VW-Käfer, Bj. 54, der für seine 30 PS mit 10 l auf 100 km gefüttert werden wollte, kostete 50 Pfennig pro l. Um das Benzin für 100 km zu bezahlen, musste ich 1 Stunde arbeiten. Wenn Du heute 100 km fahren und die 5 l für Dein Auto bezahlen willst, musst Du dafür ebenfalls etwa einen Nettostundenlohn hinlegen. Offensichtlich ist Autofahren seit 40 Jahren nicht teurer geworden
Das Portiönchen Hütchenspielerei in der Rechnung ändert nichts daran, dass Geschimpfe auf die Regierung und Boykottaufrufe am Sachverhalt vorbei gehen. Der Benzinpreis, allgemein die Preise für alle Energieträger, werden weiter steigen. Das Ende der Fahnenstange wird erst in Sicht kommen, wenn wir aufhören, fossile Energieträger zu verfeuern.
Als in den 60ern das Fass Rohöl 3 $ kostete und gaaanz langsam Richtung 10 $ kroch, hieß es, die Wirtschaft würde weiter steigende Ölpreise nicht verkraften. Seitdem wird dieses Geschwätz ständig wiederholt und allmählich unglaubwürdig, weil insbesondere das Verbrauchsverhalten ein Mindestmaß an Konkludenz vermissen lässt.
Beispiele gefällig?
- Benzin ist so billig, dass täglich ein ganzes Heer von Autofahrern wegen überhöhter Geschwindigkeit auffällt.
- PS-starke Boliden finden immer noch Käufer
- Die Teilnahme von Autoherstellern an Rennveranstaltungen wirft sie nicht aus dem Markt, sondern wirkt verkaufsfördernd
- Kreuzfahrten boomen und Touristen reisen massenhaft mit Flugzeugen an Strände. Dafür wird Treibstoff just for fun verfeuert.
- Benzin ist immer noch so billig, dass alle erdenklichen Produkte per Lkw quer durch Europa gekarrt werden.
- Jede Tankstelle bietet vermeintliche „Premiumsorten“ Treibstoff an, die nochmal 20 Ct teurer sind und gekauft werden. So lotet man Schmerzgrenzen aus, die noch lange nicht erreicht sind.
Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Steigende Treibstoffpreise sind nicht per se etwas Schlimmes, denn sie bieten auch Chancen. Manche Technologien zur umweltverträglichen Substitution fossiler Energieträger hängen an deren niedrigen Preisniveau fest. Wir sollten steigende Energiepreise als Signal erkennen, vom Verbrennen unwiederbringlicher Ressourcen wegzukommen, denn absehbar steht Erdöl zum schlichten Vergasen irgend bezahlbar gar nicht mehr zur Verfügung.
Statt zu jammern sollten wir die Chancen sehen, Verbrauchsverhalten und Technologien ändern. So benutze ich bei fast jedem Wetter das Fahrrad, immerhin einige Tausend km pro Jahr. Heute früh waren es 12 km zum Brötchenholen. Ist gesund, bringt Puste, erspart einem Schreibtischtäter wie mir die Muckibude, schützt ganzjährig vor Erkältungskrankheiten, ist unschlagbar preisgünstig und hinterher schmeckt ein ausgiebiges Frühstück unglaublich lecker.
In einem Flächenland wie McPomm geht natürlich nicht alles per Fahrrad. 100 km für manchen Behördengang oder für den Kauf einer Jeans sind hier normal und für öffentliche Verkehrsmittel ist das Land zu dünn besiedelt. Außer wenigen Schulbussen gibt es in der Fläche nichts. Über gewerbliche Nutzungen und Kundenbesuche per Fahrrad kann man ebenfalls nicht ernsthaft reden. Man braucht also ein Auto. Aber V6 mit 200 PS braucht man nicht. Hier wird nichts zusammenbrechen, wenn wir 2 € oder auch 3 € pro Liter an den Zapfsäulen sehen. Dann wird eben ein angepasstes Fahrzeug beschafft und vielleicht vernünftiger eingesetzt. Und wer sich über Heizölpreise aufregt, soll gefälligst an seiner Hütte etwas ändern und schon ist das Thema durch.
Mit Protest und Gejammere willst Du letztlich den Ressourceneinsatz auf dem aktuell hohen Niveau halten. Dabei muss Dir klar sein, dass der Globus den Verbrauch von Amerikanern und Europäern für alle Menschen gar nicht hergibt. Wir könnten versuchen, unseren zu großen Anteil am naturgemäß stetig kleiner werdenden Ressourcenvorrat mit Gewalt zu verteidigen. Es gibt genug Leute, die genau das wollen. Mit Ethik und Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen argumentiere ich lieber gar nicht erst, aber ein Blick auf Bevölkerungszahlen und Machtverhältnisse auf dem Globus zeigt die Aussichtslosigkeit solcher Ansinnen. Wir haben nur die Chance, mit der Kreativität freier Köpfe, mit Know-how, Erfinder- und Unternehmergeist vorzumachen, wie man den Umstieg auf erneuerbare Energien bewerkstelligt. Solar betrieben und Wasserstoff als Energieträger nutzend, ist das Ziel technologisch erreichbar. Die Sonne scheint gratis, bringt tausendfach mehr an Energie, als wir jemals brauchen. Wir müssen nur lernen, die Speichertechnologien für die Energie in den Griff zu bekommen. Aber Technologie ist längst nicht mehr das größte Hindernis. Das größte Problem sind vernagelte Köpfe, die um jeden Preis an alten Gewohnheiten hängen.
Gruß
Wolfgang