Hallo,
Aus volkswirtschaftlicher Sicht scheint es kein Problem zu
sein, Griechenland einfach eine Zeit lang mit zu schleifen.
Mit ein bisschen Druck und gutem Willen bekommt „man“ (die EU)
das Land wieder hin (EU-tauglich), heißt Investitionen.
Griechenland hat es bis heute nicht geschafft, konkurrenzfähig zu werden. Nun reduziert der Staat seine Ausgaben, erhöht die Steuern und die Bevölkerung steht alle Naslang auf der Straße und streikt. Mir ist nicht klar, wie das dazu führen soll, daß das Land gesundet.
Das Defizit ist im ersten Halbjahr übrigens um 29% größer ausgefallen als im ersten Halbjahr 2010. Wir sind also mitnichten auf dem Weg der Besserung.
Italien ist grundsätzich nicht schlecht aufgestellt.
Italien hat mehr Industrie als Griechenland und exportiert etwas mehr als Oliven und Ziegenkäse. Dennoch ist es dem Land in den vergangenen 50 Jahren gelungen, einen gewaltigen Schuldenberg aufzutürmen. Die Bevölkerung ist beim Ausnehmen des Staates den Griechen ebenbürtig und die Korruption blüht prächtig.
Das Sparpaket reduziert die Neuverschuldung um rd. 10 Mrd. pro Jahr, was nichts anderes heißt, daß trotzdem jährlich mehr Schulden gemacht werden und Verschuldung weiterhin schneller wächst als die Wirtschaft.
Spanien
kann sich vermutlich auch selbst aus der Krise bringen.
Der Bauboom hat sehr viele Kommunen an den Rand des Ruins geführt; die Städte sitzen nun auf fertig erschlossenen Siedlungen, die Käufer bleiben aus aber die Kredite sind zu bedienen. Die Kredite an Städte und an Privatpersonen drücken die Sparkassen, die dadurch wiederum den Städten auf der Tasche liegen. Die Sparkassen werden inzwischen teilweise zwangsfusioniert, allerdings beziffert man den kurzfristigen Kapitalbedarf der Sparkassen auf rd. 20 Mrd. Euro.
Die Neuverschuldung liegt 2011 (so die Zahlen stimmen) bei gut 6% des Bruttoinlandsprodukt, d.h. die Schulden wachsen dieses Jahr achtmal so schnell wie die Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 20% (so die Zahl stimmt).
Ein starker Euro, eine zusammenstehende EU, hilft allen
EU-Mitgliedern, sich sicherer auf dem Weltmarkt zu
präsentieren.
Das entspricht dem Gerede der Politik.
Rollen wir es doch mal auf:
Eine gemeinsame Kasse sollte man nur führen, wenn sich alle, die in die Kasse greifen, gewissen Spielregeln unterwerfen. Daher wurde der Euro schon von Beginn an von der Wissenschaft kritisiert, weil es keine gemeinsame Haushaltspolitik gibt.
Um diese Stimmen zu übertönen und den Bundesgerichtshof zu befriedigen, hat man eine Klausel in den EU-Vertrag geschrieben, nach der die Staaten sich nicht gegenseitig helfen müssen. Dummerweise steht da nicht, daß sie sich nicht helfen dürfen.
Wenn nun ein Schuldner für seine Schulden geradestehen müßte, wären wir da, wo wir im realen Leben auch sind. Kann ein Schuldner nicht bezahlen, kommt die Insolvenz mit der Verwertung der Einkünfte und des Vermögens.
Bei Griechenland wollte man das nicht. Das ist für jeden Anleger eine wunderbare Sache: er kann hohe Renditen erzielen, ohne daß er die dafür normalerweise eigentlich üblichen Risiken tragen müßte.
Das ist genau das Problem, das uns die Bankenkrise beschert hat: die implizite Staatsgarantie. Die Marktteilnehmer profitierten davon, daß sie zu recht davon ausgingen, der Staat würde die großen Institute auch retten, was er dann ja auch Tat. Deswegen löste die Insolvenz der Lehman Brothers auch so große Erschütterungen aus. Nicht, weil so viel Geld verbrannt worden war, sondern weil auf einmal Unsicherheit herrschte.
Mit den Staatsgarantien, Rettungsprogrammen usw. hat man den alten Zustand wiederhergestellt, der da lautet: Banken gehen nicht pleite.
Diese Regel galt auch für die westlichen Industriestaaten. Wie es um die Finanzen Griechenlands bestellt war, war bekannt. Aber die Märkte gingen davon aus, daß die Sache schon irgendwie gut ausgehen würde. Turbulenzen an den Märkten gab es Ende 2009/Anfang 2010, weil man sich in Brüssel nicht einigen konnte und auf einmal eine echte Zahlungsunfähigkeit im Raume stand.
Aber es kam, wie es kommen mußte: die EU und der WIF sprangen ein und seitdem bekommt man für griechische Anleihen weiterhin herzerfrischende Rendite. Zwischendurch bekommt man immer wieder einen Schreck, wenn ein Dödel anfängt von Schuldenschnitt zu reden, aber das Thema ist ja immer wieder schnell vom Tisch.
Während also Griechenland den Zombie macht und Irland mit europäischem Geld seinen Staatshaushalt und damit die Banken saniert, erhöhen sich die Schuldenberge der Geberländer, die auch schon ein beachtliches Ausmaß angenommen haben. Jede Rettung eines Euro-Landes, jedes Aufstocken des Rettungsschirmes bedeutet, daß die Last der europäischen Verschuldung auf immer weniger Schultern verteilt wird.
Das kann auf Dauer nicht ohne Konsequenz bleiben. Das witzige ist, daß der Rettungsschirm genau das Gegenteil von dem erreicht, was das Ziel war: die Rettung des Euros. Der Euro wäre im Falle der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands nie in Gefahr gewesen. Lädt man nun die Schulden Griechenlands, Irlands, Portugals, Italiens und Spaniens den wirtschaftlich potenteren Staaten auf, schwächt man diese und das wird auch den Außenwert des Euro schwächen - und wenn die EZB weiterhin der Politik in die Hände spielt irgendwann auch den Innenwert, d.h. es wird zu Inflation kommen, weil die Zinsen künstlich niedrig gehalten werden und die EZB die Verschuldung der Staaten finanziert (was schon jetzt in erheblichem Maße der Fall ist).
Was jedoch Angst macht sind die Zocker. Die haben sich von den
Staaten Bürgern, Steuerzahlern) sanieren lassen, verdienen
jetzt schon wieder genau auf der selbe Masche, niemandem
verdingt, lediglich zum eigenen Wohl.
Vor den Zockern habe ich keine Angst, sondern vor den Politikern, die aus Unverständnis oder aus politischem Kalkül Lunten an die Staatshaushalte legen, die schon vor der Krise nicht Sinnbilder für finanzielle Stabilität und umsichtige Fiskalpolitik waren.
Die Marktteilnehmer arbeiten nur mit den Möglichkeiten, die ihnen die Politik bietet und die jeder von uns gerne nutzen würde: Renditen erzielen, die nicht von gleich hohen Risiken begleitet werden.
Ehe es zu weit führt, wie steht ihr zum Euro?
Der Euro war in der Form, wie er ausgestaltet war, in dem politischen Umfeld eine Totgeburt. Ich habe schon Mitte der 90er zu denen gehört, die fehlende gemeinschaftliche Fiskalpolitik kritisiert haben. Die Maastricht-Kriterien schienen allerdings ein probates Mittel zu sein, um die Defizite einigermaßen in Grenzen zu halten; dazu gab es noch die „no bail out“-Klausel (also keine Pflicht zur gegenseitigen Hilfe).
Dabei habe ich allerdings unterschätzt, mit welcher Dreistigkeit und Leichtfertigkeit die Politiker den Grundgedanken des Euro mit Füßen getreten haben und auch heute noch treten.
Die einzige Möglichkeit, den Euro zu retten, ist eine Grenze zu ziehen, d.h. den Schuldnern aufzuzeigen, daß sie allein es sind, die für ihre Schulden verantwortlich sind. Das führt dazu, daß Kreditgeber auch den Risiken entsprechende Zinsen verlangen bzw. ihre Kreditvergabe nicht mit Blick auf die deutsche Wirtschaftsleistung vergeben, sondern allein auf den Schuldner abstellen.
Nur knappes und/oder teures Geld führt dazu, daß die Staaten ihre Ausgaben einschränken und ihre Haushalte endlich in den Griff bekommen. Dummerweise ist das nicht zu erwarten: Geld steht weiterhin unbegrenzt und zu Spottpreisen zur Verfügung und die Party geht weiter.
Bis zum großen Knall.
Gruß
Christian