dies war ein Tribunal. Wer die Sendung gesehen hat, war sich innerhlab weniger Minuten klar, dass es hier um eine öffentliche Verurteilung ging. Ich melde mich trotzdem, auch wenn kriminelle Elemente, die sich bei wer-weiss-was tummeln mir drohen.
Ich kritisiere weiterhin den Umgang mit Eva Herman. Wenn Kerner, Zentralrat und ZDF Kriminellen den Weg bereiten, wenn sich jemand gegen diese Aktionen wendet, mag dies Sache der Gruppen sein, die Tod und Körperverletzungen bewusst als politische Elemente zu betreiben scheinen.
- ist viel länger geworden als eigentlich gedacht -
Ich hab vorhin in die Kerner-Show gezappt und bin
hängengeblieben, weil ich sie so extrem krass fand; warum ich
das so empfand gleich … meine Frage jedenfalls ist die, ob
mich mein Empfinden täuscht.
Vorab: Mir gehts hier überhaupt nicht um die Themen selbst
(Eva-Prinzip, Familienwertedingsbumspolitik des NS), die in
diesem Brett ja schon längst diskutiert sind, sondern schlicht
um die Argumentationsmuster und allgemein das interaktive
Geschehen dieser Veranstaltung.
Ich habe, wie gesagt, reingezappt, kenne also die
Vorgeschichte der Sendung nicht, ab dem Zeitpunkt, ab dem ich
sie sah, war aber klar, dass das Ding als eine Mischung aus
Gerichtshof und Beichtstuhl angelegt war;
Frau Herman hatte zu gestehen, wie böseböseböse ihr
NS-Vergleich war (war er m.E. übrigens auch), sie hatte ihn zu
widerrufen, und sie hätte gestehen müssen, welch eine Dummheit
der Vergleich doch war (war er m.E. übrigens auch), und das
möglichst noch verbunden mit ein paar schuldmindernden
Erklärungen: ich bin keine Fachfrau, hatte schlechte Berater,
war naiv, wollte Aufmerksamkeit damit erregen aus
kommerziellen Gründen, etc.
So wurden ihr die Erklärungen immer wieder nahegelegt, und
genau das wurde von allen erwartet; da Frau Herman aber weder
gestehen noch beichten wollte, sondern argumentieren, wurde es
interessant:
Das Intellektuellste vorweg: Herr Kerner fand es nicht zu
blöd, einem Satz von Frau Herman über das Unerquickliche des
Individualismus einen weiteren Satz wiederum über das
Unerquickliche des Individualismus eines Nazi-Predigers an die
Seite zu stellen;
bei dieser Gelegenheit klarzustellen, dass es Sätze über die
Unerquicklichkeiten des Individualismus aus allen möglichen
politischen Richtungen gibt, und dass damit ein solches
Nebeneinanderreihen der absolute Gipfel der Blödheit und
Frechheit ist, eine wirklich üble Suggestion, kam ihm und den
anderen Anwesenden (Frau Berben, Frau Schreinmakers, Herr
Barth hielt sich raus, irgendein NS-Historiker, der aber nicht
wirklich als Historiker auftrat, sondern als
Hampelmann-„Experte“ im Stile der Nachtmittagstalkshows) nicht
in den Sinn.
Irgendwann kam dann von Frau Herman der Vorwurf
„gleichgeschaltete Medienlandschaft“ (aus dem Gedächtnis
zitiert), woraufhin alle Anwesenden sofort reagierten: Sie hat
das böse Wort „gleichgeschaltet“ benutzt, das ist Nazi, das
ist böse
-> Frau Herman: Das Wort wird heute in allen möglichen
Zusammenhängen gebraucht, das sollte nichts mit den Nazis zu
tun haben
-> Experte: Nein, Nein, Nazi, Nazi
-> Alle: Nazi, Nazi …
was alle darüber vergessen hatten: mit diesem Ausdruck wollte
Frau Herman den Zustand gleichgeschalteter veröffentlichter
Meinung kritisieren, nicht wie die Nazis einfordern,
aber das schien unerklärlicherweise allen egal.
Zwischenspiel Frau Herman: Ich bin kein Nazi -> alle: Aha,
aber bohren wir doch mal weiter …
Im Zuge dieses Ausdrucks sagte sie dann in etwa noch: „die
Nazis haben auch die Autobahnen gebaut und alle benutzen sie
heute doch“ (sicher ein völlig unnötiger Satz), darauf alle
unisono: sie hat AUTOBAHN gesagt, NAZI + AUTOBAHN, der Experte
fand das ganz schrecklich, vermutlich natürlich Kraft seines
historischen Amtes
-> allgemeines Kopfschütteln
-> schlimm sowas …
was wiederum alle übersahen: Dieser Satz sagt in keinster
Weise unbedingt das aus, was „Autobahn und Nazis“ sonst
aussagt, nämlich dass der NS halt doch irgendwas positives
gehabt hätte, sondern er sagt m.E. mindestens genauso nicht
unkritisch eine uneingestandene Kontinuität von damals und
heute aus, damit auch eine Doppelmoral, wenn auch natürlich
vollkommen platt und wenig sinnhaft in diesem Kontext.
Zwischenspiel Frau Herman: Ich bin kein Nazi -> alle: Aha,
aber bohren wir doch mal weiter …
Im Zuge dessen erklärte Frau Herman, den Herrn Experten nicht
mehr als solchen ernst nehmen zu wollen (m.E. sehr zu Recht
übrigens, nicht zuletzt, weil der sogar allen Ernstes
psychopathologische Verdachtsdiagnosen an Frau Herman
vornahm), was Frau Schreinemakers später dann nutzte, um ihr
darob von unerträglich hoher Warte herab eine fundamentale
Unblehrbarkeit und Kommunikationsverweigerung bzw. ähnliches
zu unterstellen.
Gegen Ende dieser Episode dann der Höhepunkt von Frau Hermans
„Argumentationsversuch“; völlig in die Enge getrieben, und
ohne Chance, irgendetwas anderes tun zu können als ihre
völlige geistige Umnachtung einzugestehen und Absolution zu
verlangen, ging sie auf die Metaebene der Diskussion, und
stellte fest, dass diese Diskussion eben zeige, dass man über
bestimmte Phasen des Geschichtsverlaufs halt allem Anschein
nach nicht normal sprechen könne (zumindest nicht, ohne
deshalb eben in der gerade erlebten Form zur Beichte geladen
zu werden);
Folge: allgemeine Entrüstung, Hand-vor-den-Kopf-Schlagen, und
spezielle Schreinemakersche Hysterieausbrüche, die natürlich
ganz genau belegten, dass man eben doch über alle möglichen
Themen reden könne, ohne dass es zu Hysterieausbrüchen kommen
würde …
Dann kündigte Frau Berben noch an, die Runde verlassen zu
wollen, weil sie die beiden Bücher von Frau Herman nicht
gelesen habe (aber darin keinen Grund sah, sich aus der
Diskussion rauszuhalten), woraufhin Herr Kerner aber lieber
Frau Herman rauswarf (m.E. eine krasse Geste), und woraufhin
Frau Dipl-Soz. Schreinemakers noch zu betonen sich berufen
fühlte, man habe Frau Herman hier doch so viele Chancen
gegeben … aber das … aber sowas … unglaublich …
Was ich interessant finde, ist dieses krasse Mob-Verhalten im
öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu fastbester Sendezeit, und
eben, welche unglaubliche Faszination die NS-Zeit für die
vielen „Anständigen“ zu haben scheint (vom Eva-Braun-Prinzip
„Nazi sells“ mal ganz abgesehen);
schon kleinsten Schlüsselwörtern, auch wenn sie in einem Sinn
gebraucht werden, der wenig auf die Verteidigung des
Nazi-Regimes hindeutet, wird höchste Aufmerksamkeit gewidmet,
verbunden mit einer Entrüstung, die das Lustvolle daran m.E.
nur schwerlich verdecken kann, immer wieder wird gebohrt, ob
man nicht doch nochmal einen Satz mit „Nazi“ hervorufen kann,
auf den man sich dann im alten Prinzip des „Die Alle rotten
sich zusammen und machen den Einen fertig“ stürzen kann.
Viele Grüße
Franz