Hi Chris,
Die Anwachsungen, die es in dem
testimonium flavianum gibt sind höchst umstritten, wie du
selbst schreibst. Ich gehe davon aus,
Ausgehen kann man natürlich von vielem - fest steht, dass die Stelle verdorben ist (offensichtlich bewusst und von eindeutigen Interessen geleitet verdorben wurde) und dass der Originaltext nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr zweifelsfrei zu rekonstruieren ist. Dadurch ist das angebliche Testimonium als ‚Beweis‘ (für was auch immer) untauglich.
dass der Kern, wie schon
beschrieben, die Darstellung Jesu als Wunderheiler und
Weisheitslehrer zum ursprünglichen Bestand gehören. Mehr habe
ich nie behauptet.
Nun, was Du behauptet hast, habe ich ja noch einmal ziziert …
M.E. ist der Hinweis auf den „Aberglauben“ natürlich auf
Christus zu beziehen.
„Natürlich“ ist das überhaupt nicht - dem Text selbst ist nirgendwo zu entnehmen, auf was sich Tacitus mit seinem ‚Aberglaube‘ bezieht und man kann wohl kaum voraussetzen, dass Tacitus davon ausging, seine Leser seien mit der christlichen Lehre hinreichend vertraut, um zu wissen, dass diese Sekte ‚an‘ Jesus glaubt. Tacitus nennt Christus ja lediglich als Urheber des Namens dieser Sekte - anders als Plinius, von dem man erfährt, dass die Christen Jesus als Gott verehren (aber auch sonst nichts weiter über Jesus).
Aber selbst, wenn das so wäre, wie Du schreibst, dann ist das immer noch keine „Darstellung Jesu als Weisheits und Wunderlehrer“, ebenso wenig wie bei Plinius. Zu Sueton:
Beschrieben wird die Vertreibung der Juden aus Rom, weil sie
in Unruhe wegen eines gewissen Christus gerieten.
Fast zwei Jahrzehnte nach dessen Hinrichtung? Die nach dem Zeugnis der Evangelien nicht einmal in Judäa selbst irgendwelche Unruhen ausgelöst hatte? Juden waren als notorische Unruhestifter berüchtigt - vergleiche etwa 10 Jahre vorher (38 - 40 u.Z.) die Unruhen in Alexandria - ohne dass es dazu eines Christus oder Chrestos bedurft hätte.
Es ist doch
vollkommen logisch, dass damit die Anhänger (!) Jesu gemeint
sind.
Eben aus diesem Grund ist das alles andere als logisch. Zumal - ich wiederhole es nochmals - Chrestos ein epigraphisch gut belegter Name ist, der in Sklaven- und Freigelassenenkreisen durchaus üblich war.
Ich denke auch, dass deine Übersetzung nicht richtig
ist, kann das aber leider gerade nicht prüfen.
Ich räume ein, sie könnte präziser sein.
Iudaeos impulsore Chresto assidue tumultuantes Roma expulit
würde ich übersetzen:
Die Juden, die von Chrestos aufgehetzt / auf Antrieb von Chrestos wiederholt randalierten, vertrieb er [Claudius] aus Rom.
Freundliche Grüße,
Ralf
P.S. - noch eine durchaus wohlmeinende Anmerkung: wenn man einen Hammer hat, scheint einem alles wie ein Nagel auszusehen . Wenn man Theologie als Wissenschaft - d.h. voraussetzungslos - betreibt, sollte man sich dessen bewusst sein. Bultmann - auch wenn er in etlichem überholt ist - ist da ein probates Gegenmittel.