Wirklich umgekehrt?
Hallo Sven,
Dieses Beispiel … macht deutlich, wie selbstverständlich uns christliche Elemente im täglichen Leben sind.
Stimmt! Weil sie in unserer Region eine Jahrhunderte, in einigen Gebieten sogar mehr als tausend Jahre alte Tradition sind. Dass unsere Feste mit vorchristlichen Riten verwoben sind, zeigt, dass sie sogar noch älter sind.
Jedes Land hat seine Traditionen, ohne sie wäre keine Kultur denkbar. Der christliche oder sonstige Hintergrund verschwimmt bei uns allerdings mehr und mehr. Auch Menschen, die sich nicht als Christen betrachten (ich gehöre dazu) feiern Weihnachten und Ostern, stellen Tannenbäume auf und malen Ostereier an, zumindest, wenn sie Kinder haben. Selbst wenn es in ferner Zukunft einmal gar keine Christen bei uns mehr geben sollte, werden sie es mit Sicherheit immer noch tun.
Für ein friedliches Miteinander ist es notwendig (!), sich gegenseitig zu akzeptieren und zu achten. … Deshalb wurde Religionsfreiheit ins Grundgesetz aufgenommen.
Stimmt auch! Dass die christliche Religion, und diese wiederum in der seit Jahrhunderten anerkannten Version (also nicht Splitterguppen oder Sekten) mehr im Vordergrund stehen, ist aber trotzdem logisch.
In Wirklichkeit ist es also in der BRD sogar umgekehrt: Das Christentum bekommt ?Extrawürste?, nicht die Zeugen Jehovas oder Mitglieder sonst welcher Religionen.
Hier aber ziehst du den falschen Schluss. Die „Extrawurst“ ist immer die Ausnahme von der Regel, und die Regel ist bei uns die im Christlichen begründete Kultur.
Mit deiner Kritk am Kopftuch-Erlass und Ähnlichem verkennst du aber, dass die Toleranz bei uns Schon erheblich fortgeschritten ist. Was in Afghanisten mit vier Deutschen geschehen sollte, die christliche Lehrern verbreitet haben sollten, ist bekannt. Das ist aber keine Ausnahme: Du wird kaum ein islamisches Land finden, in dem man Rücksicht auf Gebräuche christlicher Minderheiten nimmt. Erst recht keins, wo in den Schulen christlicher Religionsunterreicht erteilt würde, so wie bei uns jetzt der islamische anläuft. Das dies so spät geschieht, liegt übrigens daran, das es keine einheitlich organisierte islamische Gemeinschaft gibt.
Das soll jetzt keine Lobudelei für uns sein, es gibt immer noch viel zu tun. Das Kreuz ist, ebenso wie das Kopftuch, auch schon gerichtlich verboten worden: In Bayern dürfen keine Kruzifixe mehr in Schulzimmern hängen. Aber kaum jemand kümmert sich drum: Die meisten Leute dort wollen sie haben, Traditionen sind eben zählebig.
Umgekehrt müsste man eigentlich fordern, z.B. im Musikunterricht endlich auch mal arabische oder indische religiöse Musik zu singen!
Lehrer, die sich damit auskennen, tun das durchaus, aber es muss ja nicht unbedingt relgiöse sein.
Ideen, dem Wunsch zu entsprechen und z. B. Winterbilder malen zu lassen. Prima!
Natürlich geschieht das, auch wenn keine Zeugen Jehovas in der Klasse sind. Weihnachtsbilder sind nur ein Thema unter vielen jahreszeitlich bedingten Beschäftigungen.
Dass du dich bemühst, die Mehrheit zur Rücksicht auf Minderheiten zu bewegen, ist lobenswert Mir scheint aber, dass du dabei übersieht, dass die Minderheit auch die Mehrheit akzeptieren sollte. Was tun Eltern ihren Kindern an, wenn sie ihnen zumuten, etwas ganz anderes zu tun als alle anderen? Gerade Sekten sehen Dinge oft ungeheuer eng.
Ich habe unter der Überschrift „Extrawurst für Religionsgemeinschaften“ zwei Beispiele erwähnt, wie Rücksicht genommen wird. Aber auch eins, wo ich ein persönliches Risiko eingegangen bin, weil ich nicht bereit war, Rücksicht zu nehmen. Ich würde das immer wieder so tun.
Liebe Grüße
Peggy
PS Noch einmal sicherheitshalber: Ich bin keine Christin, auch keine Traditionalistin. Aber Traditionen sind nun mal da, man kann sie nicht husch hinwegfegen. Und die Toleranz muss von b e i d e n Seiten kommen!