Fall David Bendels: Deutsche Justiz am Abgrund?

Das Amtsgericht Bamberg hat David Bendels, Chefredakteur des Deutschland-Kurier, zu einer siebenmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt wegen einer satirischen Fotomontage über Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Niemand muss nett zu Nancy Faeser sein

Wie steht ihr dazu? Ist die deutsche Justiz am Abgrund?

Natürlich ist sie das! Wie könnte es auch anders sein? Ein(!) Gericht hat ein(!) Urteil gefällt, das mutmaßlich strittig ist. Natürlich folgt daraus sofort und zwingend, dass die deutsche Justiz am Abgrund ist, dass jetzt alle Schleusen geöffnet sind für den Niedergang des deutschen Rechtsstaats. Man kann doch zu gar keinem anderen Ergebnis kommen!

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Bei der Menge an Idioten, die in den (un)sozialen Medien unterwegs sind und jeden Blödsinn unreflektiert teilen, muss man schon den Schutz „unbefangener Leser“ vor Fake-News im Auge behalten.

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Dazu müsste ich erstmal sehen, was der Inhalt der Fotomontage war.

Im Gegenteil. Wenn ich mir ansehe, welche Beleidigungen ungestraft durchgehen bzw. durchgegangen sind, dann sehe ich den von Dir genannten Abgrund überhaupt nicht.

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Blöd ist halt in dem Kontext, dass der Deutschland-Kurier keine satirische Zeitung ist und der Beitrag auch nicht als Satire kenntlich gemacht wurde. Ein bisschen erschwerend kommt hinzu, dass das Blatt stramm rechts steht und nicht zum ersten Mal unwahre Behauptungen verbreitet hat.

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Ebenso der Fakt, dass das Foto ursprünglich zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gemacht wurden. Ich warte ja nur noch auf die Verteidigung der Aktion durch unseren speziellen Freund.

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Ich halte auch den Einwand für möglich, dass diese Schilder ohnehin schon ein Fall von kultureller Aneignung sind und Faeser damit das Volk der [hier bitte einfügen] schwer beleidigt hat und es insofern auch nicht besser verdiente.

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Wirklich aufregen tut sich auch nur die ebenfalls rechte Journalie „Junge Freiheit“, die aber einen bemerkenswerten Fürsprecher auftun konnte: den in letzter Zeit immer verwirrter erscheinenden Kubicki.

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Der Cousin 2. Grades meines Nachbarn behauptet, ein Wahlhelfer in Pinneberg Nord-Ost habe im Februar heimlich zwei Wahlzettel in seine Hosentasche verschwinden lassen. Sind Wahlen in Deutschland sinnlos geworden und sollten abgeschafft werden, @Woulty?

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Das ist aber eine gefährliche Argumentation. Seit wann entscheidet denn der politische Kurs eines Mediums darüber, ob etwas als Satire gelten darf oder nicht? Satire muss nicht jedem gefallen und sie muss auch nicht als solche gekennzeichnet sein – das schützt zum Beispiel auch die Heute-Show oder Extra 3. Und wenn wir anfangen, Satire nach Parteibuch zu bewerten, dann gute Nacht Meinungsfreiheit.

Ob man den Deutschland-Kurier nun mag oder nicht, ist eine andere Frage. Aber hier geht es um grundsätzliche Dinge. Ein Hafturteil – selbst auf Bewährung – wegen einer Fotomontage? Das ist ein Tiefpunkt für die Meinungsfreiheit in Deutschland. Kritische Stimmen werden mundtot gemacht, wenn sie nicht ins ideologische Raster passen. Das ist brandgefährlich.

Kennt man die Urteilsbegründung? Ohne diese ist die Bewertung Satire/keine Satire nicht möglich. Alles Andere ist Spekulation, Kaffeesatzleserei, Stimmungsmache usw.

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Der Punkt ist halt, dass die Satire einigermaßen leicht als solche erkannt werden muss. Wenn ich einen Beitrag in der Heute-Show oder Extra 3 sehe, weiß ich ja, dass es sich um Satire handelt.

Hier ist das Originalposting:
https://x.com/Deu_Kurier/status/1762895292075053348

Nichts deutet darauf hin, dass das Satire sein soll und genau das ist es ja, was das Gericht kritisiert.

Eigentlich ist Bendels zu einer Geldstrafe verurteilt worden:

Was wäre denn die Alternative? Dass man völlig ungestraft Lügen über politische Gegner verbreiten darf. Dieses ‚haha, das ist doch nur Satire‘ liest man auch bei w-w-w gerne bei den rechten Kampfpostern, wenn sie es mal wieder zu weit getrieben haben.

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Ein schriftliches Urteil gibt es afaik noch nicht:
Bei der mündlichen Urteilsverkündung hieß es demnach: Bendels habe auf dem X-Account des „Deutschland-Kuriers“ eine „für den unbefangenen Leser nicht erkennbar bewusst unwahre und verächtlichmachende Tatsachenbehauptung über die Innenministerin Frau Faeser (…) veröffentlicht, welche geeignet ist, deren öffentliches Wirken erheblich zu beeinträchtigen“. Die Sprecherin verweist in ihrer Begründung auch darauf, dass der Strafrahmen nach § 188 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorsehe.

Mit sieben Monaten sind wir hier eh am ganz unteren Rand des Strafrahmens und Bendels hat ja schon angekündigt, in Berufung zu gehen. Wie das in einem Rechtsstaat halt Usus ist.

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Und wenn Rechtsmittel Erfolg haben sollten, wird dieser vom braunen Spektrum natürlich mindestens so als Sieg „vor Gericht“ gefeiert, wie man zuvor gerade noch über eine gelenkte Justiz hergezogen ist. Es ist die hervorstechende Eigenschaft des dummen Pöbels, sich einfach nicht entscheiden zu können, was unsere Justiz denn nun eigentlich ist.

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Der politische Kurs eines Mediums entscheidet gar nicht darüber, ob etwas als Satire gelten darf oder nicht. Dem von dir zitierten Beitrag von @C_Punkt kann man auch in keiner Weise die Behauptung entnehmen, dass der politische Kurs eines Mediums darüber entscheidet, ob etwas als Satire gelten darf oder nicht.

Satire muss also solche erkennbar sein. Und deine Argumentation mit Heute-Show und Extra 3 ist an Absurdität kaum zu überbieten. Bei beiden Formaten lässt sich zweifelsfrei erkennen, dass es sich um Satire handelt. Das heißt selbst wenn Satire nicht als solche gekennzeichnet werden müsste, würde das die beiden Formate nicht berühren, da sie ja wie gesagt zweifelsfrei als Satire erkennbar sind.

Ich muss meine Aussage von oben korrigieren. Diese Argumentation übertrifft die obige tatsächlich an Absurdität. Du behauptest - implizit, aber eindeutig - dass ein Hafturteil wegen einer Fotomontage nicht mit einer Haftstrafe geahndet werden könne, sondern dass diese Fotomontage stets durch Meinungsfreiheit gedeckt sei. Mit anderen Worten: Eine Fotomontage kann niemals einen oder mehrere der Straftatbestände Volksverhetzung, Verleumdung, Üble Nachrede erfüllen. Oder möchtest du vielleicht doch nochmal etwas differenzierter ausführen, warum gerade diese Fotomontage in deinen Augen von der Meinungsfreiheit gedeckt ist?

Ideologisch verblendete Stimmen beanspruchen für jedwede Äußerung - auch wenn es sich dabei um Straftaten handelt - Straffreiheit mit der Begründung „Meiunungsfreiheit“. Das ist brandgefährlich.

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Es ist schon interessant, dass diese Form der böswilligen Unterstellung sehr häufig in einem bestimmten Spektrum zu finden ist. Tatsache ist jedenfalls, dass ich das überhaupt nicht geschrieben habe oder implizit habe durchklingen lassen.

Aber wer weiß: vielleicht hätte Frau Faeser nicht Anzeige erstattet, wenn diese angebliche Satire in einer offensichtlich satirischen Zeitung erschienen wäre oder der Schülerzeitung des Graf-Stauffenberg-Gymnasium in Osnabrück. Es soll tatsächlich Menschen geben, die Angriffe von ganz rechts deutlich ernster nehmen als eine unbeholfene Politikkritik von Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Das sind zwei Sendungen, die für ihre satirischen Beiträge bekannt sind.

Natürlich muss Satire, die mit Beleidigung verwechselt werden könnte, als solche erkennbar sein bzw. gekennzeichnet werden. Andernfalls könnte sich ja jeder, der andere Menschen rechtschaffen beschimpft und beleidigt, vor Gericht mit dem Hinweis „ach, das war nur Satire. Der Kameramann hat sich nur im Gebüsch versteckt.“ herauswieseln. Wobei natürlich aus Satire ihre Grenzen hat.

Nein, ist es nicht. Der Tiefpunkt ist erst dann erreicht, wenn jeder ohne Rücksicht auf den Adressaten und die Rechtslage sagen und schreiben kann, was er will, weil sich die Leute mit einem völlig verkommenen Freiheitsbegriff durchgesetzt haben.

Tatsächlich geht das Pochen auf eigene Freiheitsrechte immer mit der Einschränkung der Rechte Dritter einher. Ein Umstand, der leider viel zu selten thematisiert wird.

Ganz offensichtlich wird niemand daran gehindert, sich öffentlich kritisch mit den politischen Aktivitäten und Aussagen von Frau Faser auseinanderzusetzen. Das Unterschieben von Aussagen und Standpunkten ist dafür aber genauso wenig erforderlich wie Beleidigung, Verleumdung oder üble Nachrede.

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Übertreibe nicht.

Es geht doch nicht darum, „völlig ungestraft Lügen zu verbreiten“, sondern um die Verhältnismäßigkeit und die grundsätzliche Frage: Wo zieht man die Grenze zwischen politischer Meinung, Zuspitzung, Satire und strafbarer Verleumdung? Dass ausgerechnet in einem politischen Klima, in dem mit zweierlei Maß gemessen wird, eine satirisch gemeinte Darstellung mit einer Geldstrafe belegt wird – und das auf Antrag einer Innenministerin (!) – ist durchaus besorgniserregend.

Du sagst, Satire müsse als solche erkennbar sein – okay, aber seit wann ist das Kriterium für Strafbarkeit? Satire darf bewusst provozieren, irritieren, ja sogar missverstanden werden. Und ob der Deutschland-Kurier einem gefällt oder nicht, ist vollkommen irrelevant. Es geht um den Grundsatz: Wenn wir anfangen, Meinungsäußerungen anhand des politischen Absenders zu bewerten – und nur bei unliebsamen Stimmen plötzlich ganz genau hinschauen –, dann verabschieden wir uns Stück für Stück von einem freien Diskurs.

Man stelle sich mal vor, ein linker Satiriker hätte ein ähnlich pointiertes Bild über einen konservativen Politiker veröffentlicht. Wäre es dann auch zu einem Strafantrag gekommen? Und hätte man dann ebenso entschieden?

Die Freiheit, auch geschmacklose oder polarisierende Aussagen zu machen, ist kein Privileg, das man sich durch die „richtige“ Gesinnung verdient. Es ist ein Grundrecht. Und das wird hier gerade untergraben – egal, wie man inhaltlich zur betroffenen Publikation steht.

Das sage nicht ich sondern der Richter

Seit immer.

Du merkst hoffentlich selber, wo dein Vergleich hinkt.

Diesem Grundrecht werden aber auch im Grundgesetz Grenzen gesteckt:

Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Nicht jede Lüge ist automatisch Satire. Das wäre sonst zu einfach, oder?

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Du tust gerade so, als ob das eine völlig neue Frage wäre, über die sich jedes Gericht neu Gedanken machen müsste. Tatsächlich ist es aber so, dass es zu dem Thema höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, die auch immer wieder aktualisiert wird. Relativ prominent ist das Ende 2021 vom Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem von Frau Künast angestrengten Verfahren geschehen.

Das ist nach ständiger Rechtsprechung so. Demnach ist sinngemäß die entscheidende Frage bei der Beurteilung, ob der Konsument die getätigte Behauptung/Aussage einordnen oder kommen sie zu der falschen Einschätzung, dass diese tatsächlich wahr ist.

Es ist bei der Frage der Strafbarkeit irrelevant, aber nicht zwingend bei der Frage, ob die betroffene Person Strafantrag stellt. Wie ich im Übrigen schon schrieb: