Hallo,
würde gerne mal Eure Meinung zu folgender Erfahrung hören:
ich wurde abends um kurz vor 20 Uhr von der Polizei angerufen, ich solle meinen Sohn im Polizeiabschnitt sowieso abholen, er habe sich des Ladendiebstahls schuldig gemacht.
Ich also hin, mußte mir einen echt gewaltigen Sermon von einem der Polizisten anhören, der wohl vor Ort beteiligt war. Unter anderem, dass mein Sohn so unverschämt gewesen sei, zu behaupten, dass die drei Flaschen Bier, die in seinem Rucksack gefunden wurden, nicht aus dem Geschäft sondern von Zuhause stammten.
Sein Rucksack war kontrolliert worden, weil einer seiner beiden Freunde vom Ladendedektiv beim Stehlen beobachtet worden war.
Der Polizist hat sich wirklich arg darüber echauffiert, dass mein Sohn nicht gestehen wollte, die Flaschen dort geklaut zu haben.
Ich habe mir anhören müssen, dass mein Sohne sicher ein Säufer ist, und dass ein Gymnasiast, der ergo mal zur Elite der Gesellschaft gehören wolle, sowas doch beileibe nicht machen sollte etc.
Der Polizist hatte offenbar keine Ahnung davon, was ein Abitur alles nicht mit sich bringt.
Es folgte eine Anzeige.
Ich nahme einen Anwalt, der Akteneinsicht anforderte.
Eiin halbes Jahr geschah garnichts.
Dann bekomme ich von Staatsanwältin Heide einen Brief des Inhalts, dass das Verfahren gegen meinen Sohn wegen der geringen Schuld eingestellt worden ist. Sie denke, dass er aufgrund des Verfahrens ausreichend belehrt und gewarnt worden sei.
D.h., Staatsanwälting Heide hat die Schuld meines Sohnes festgestellt, ohne mit ihm auch nur gesprochen zu haben. Zwar gering, aber schuldig, basta.
Nun weiß ich, dass die drei Flaschen Bier Zuhause fehlten, der Kasten schon einige Monate rumstand und das Haltbarkeitsdatum unserer Biere deutlich früher ablief, als das jener, die in dem Supermarkt zu kaufen oder zu klauen waren.
Mein Sohn hat dieses Bier tatsächlich und nachweislich nicht gestohlen.
Nur waren die Supermarktangestellten ebenso wie die Polizisten zu voreingenommen und/oder zu faul das zu kontrollieren.
Ich bleibe jetzt auf Kosten von knapp 400.- Euro sitzen, dafür, dass mein Sohn mit drei Flaschen Bier im Rucksack einen Supermarkt mit den falschen Freunden betreten hat.
Und habe einen überheblichen, völlig daneben liegenden Brief von einer Staatsanwältin bekommen.
Was soll ein Jugendlicher daraus bitte lernen? Das die Wahrheit niemanden interessiert? Gerechtigkeit eine Illusion ist? Dass Otto-Normalmensch immer draufzahlt?
Muss man nackt zu Karstadt gehen, damit man nichts dabei hat, das man dort hätte kaufen und also auch klauen können?
Eine Packung Papiertaschentücher an der Kasse vorzeigen ehe man eine Drogerie betritt?
Und was ist mit meinem Geschäft (Trödelladen): soll ich meine Kunden auffordern, jeden gebrauchten oder neuen Gegenstand, den sie dabei haben, vor Eintritt in den Laden bei mir anzumelden? Also komplett ihre Taschen auszupacken? Ich verkaufe schließlich alles was anfällt, also alles mögliche, gebraucht und neu.
Da gilt es doch wohl irgendwo sinnvolle Grenzen zu setzen.
Dem anderen der beiden Freunde, der nichts geklaut hatte, wurde übrigens wegen einer Süßigkeit, die er in der Tasche hatte und die im Laden (Riesensupermarkt, die haben halt alles) auch kaufbar war, ein Prozess gemacht - ohne Anwalt ist ein Vergehen offenbar nicht so gering.
Kurz: die Staatsanwälting geht davon aus, dass mein Sohn schuldig ist. Stellt das Verfahren aber, im Gegensatz zu dem gegen seinen Freund, ein.
Der Freund hatte keinen Anwalt, mein Sohne hatte einen.
Meine Schlußfolgerung: wer sich einen Anwalt leistet, ist nicht so leicht vorbestraft wie jemand, der sich keinen leistet oder leisten kann.
Mit Geld kommt man durch, die Armen haben halt Pech. Dieses System nennen wir Rechtsstaat. Ich bin wirklich enttäuscht, sehr.
Ja, ich bin sauer.
Aber noch heftiger bin ich enttäuscht und weiß nicht mehr, wie ich meinen Kinder Achtung vor Recht und Gesetz vermitteln soll - ich habe ja selbst keine mehr und gut begründen kann ich es unter solchen Umständen auch nicht.
Wenn es in dem Verfahren darum gegangen wäre, dass mein Sohn als 14jähriger nicht mit Bier rumzulaufen hat, wäre das alles verständlich. Aber darum ging es gar nicht. Es ging nur darum, dass eine große Lebensmittelkette sich bestohlen fühlte.
Gruß, Hovke
P.S.
Liebe Mod: stellt das jetzt bitte nicht ins Rechtsbrett, seid mal so gut und lasst es hier, es betrifft sicher auch andere Eltern und Kinder. Und es ist eindeutig keine Rechtsfrage!