Hi,
also ich fass mal zusammen - 3 Leute im Supermarkt, dein Sohn, Freund Nr. 1 und Freund Nr. 2. Nr. 3 wird erwischt und alle drei Jungs werden beide bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Das Verfahren gegen deinen Sohn wurde eingestellt, und mind. eines der beiden anderen Verfahren… läuft noch? Ist beendet? Was kam bei den beiden anderen raus?
Jedenfalls…
Dann bekomme ich von Staatsanwältin Heide einen Brief des Inhalts, dass das Verfahren gegen meinen Sohn wegen der geringen Schuld eingestellt worden ist.
„Verfahren eingestellt“ heißt es auch, wenn es gar nicht erst eröffnet wurde. Also, was auch immer die Polizei der Staatsanwaltschaft geschrieben hat, wurde durchgelesen, die Staatsanwältin denkt sich „keinen bock, da jetzt die ganze MAschinerie in Gang zu setzen, ich hab besseres zu tun, es gibt richtige Kriminelle. Falls er was angestellt hat, hat er sich bereits genug erschreckt.“ Ob sie nun an der Stelle verpflichtet ist, dem Beschuldigten bzw. seinen Eltern irgendwas mitzuteilen, und wenn ja, wann, weiß ich einfach nicht.
Sie denke, dass er aufgrund des Verfahrens ausreichend belehrt und gewarnt worden sei.
Ja.
D.h., Staatsanwälting Heide hat die Schuld meines Sohnes festgestellt, ohne mit ihm auch nur gesprochen zu haben. Zwar gering, aber schuldig, basta.
Nein. Sie hat eine persönliche Meinung geäußert, wenn Du so willst, eine pädagogische Aussage getroffen. Die darf sie haben, wie jeder von uns - aber diese Aussage ist in keiner Weise rechtskräftig.
Ich werde zum Beispiel heute später in meine Klasse gehen, wo ich die Klassleitung habe, und sie über die Schulordnung informieren, wie man sich bei angekündigten Schulaufgaben ordnungsgemäß entschuldigt. Und ich werde sinngemäß sagen, dass sie sich drauf gefasst machen müssen, dass sie die Arbeit mit Sechs bewertet bekommen, wenn ich einen Spickzettel bei ihnen finde. Höchstwahrscheinlich werden sie mich alle ernst und etwas gelangweilt angucken (sind ja schon ein paar Jahre in der Schule) , aber keiner wird aufspringen und sich beim Direktor beschweren, dass ich ihn des Unterschleifs verdächtigt habe.
Funbktionierendes Rechtssystem, Vorbildwirkung: Bei Bagatellvergehen, und auch in vielen Fällen von Körperverletzungsdelikten, ist es sehr sehr schwer, den Täter zu ermitteln. Was soll die Polizei / Staatsanwaltschaft machen, wenn der Täter nicht gesehen / nicht erkannt wurde und keine Spuren hinterlassen hat, und der geklaute Gegenstand ein gebrauchter Fernseher ist, wie ihn tausende besitzen? CSI ist eine Fernsehserie, die finden dort Spuren, damit sie eine neue Folge filmen können. Im wirklichen Leben ist das anders.
Wenn man jeden solchen Fall mit mehreren Leuten untersuchen lassen würde, ist man ratzfatz im gehobenen vierstelligen Bereich. Denn man kann auch nciht einfach dem GEschädigten glauben - wo kommen wir denn da hin, das sind Zustände aus dem Mittelalter, und es ist eine große Errungenschaft, dass es nun so ist, dass die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf beweisen muss, und nicht der Beschuldigte seine Unschuld.
Und dann gibt es da auch noch das schon mehrfach zitierte öffentliche Interesse. All diese Ermittlungsarbeit kostet Steuergelder. Jetzt nicht meins, aber auch in meinem Bundesland gibt es genug ähnliche Situationen. Mir wurde ein nagelneues Fahrrad - ok, „nur“ 200Euro, aber neu - gestohlen, aus dem Hinterhof, abgeschlossen… Anzeige bei der Polizei gegen unbekannt, aber fruchtlos, weil ich die Fahrgestellnummer nicht kenne, insofern konnte die Anzeige nicht gestellt werden. Ohne Anzeige kriege ich nichts von der Versicherung. Lerneffekt? Gestellnummer aufschreiben. Was meinst Du, wie viele Fahrräder täglich gestohlen werden, und wasw die Ermittlungsarbeit an Geld und Zeit verschlingen würde? Ich glaube, das täte mir auf dem Lohnzettel mehr weh als der Verlust des Fahrrades. Und ich würde auch dezent auf die Barrikaden gehen, wenn irgendjemand versuchen wöllte, es zur Aufgabe von Polizei und Staatsanwaltschaft zu machen, auch Fälle zu verfolgen, in denen sie keine Chance auf Ermittlungserfolg haben. Ich möchte, dass meine Stgeuergelder verwendet werden, um wirkliche Verbrecher zu fassen, wo es um große Schäden an Leben, GEsundheit oder Eigentum geht - Schäden, die größer sind als der Ermittlungs aufwnad oder wenigstens nahe dran. Noch ist es ja gottseidank so, dass man bei Wahlen sein Kreuzchen einfach nicht bei entsprechenden Parteien setzt.
Du kannst deinen Kindern erzählen, dass wir in einem funktionierenden REchtssystem leben, das aber wie alles in der Welt nicht perfekt ist. Aber waswäre ein Rechtssystem wert, in dem die Polizei und die Staatsanwaltschaft einfach den Aussagen der Geschädigten vertrauen? Man kann doch dann einfach dem ungeliebten nachbarn irgendwas ans Bein binden! (Nein, Hovke, ich unterstelle Dir nichts, ich glaube Dir)
Solche Kleinigkeiten sind weniger ein Problem von mangelhafter Polizeiarbeit, sondern von Erziehung, Sozialstrukturen, wirtschaftlicher Lage etc. Zu viele Eltern wissen nciht, wie man erzieht, wie man auf seine Kinder achtet, wie man ihnen vernünftige Freizeitgestaltung beibringt. Das ist für mich sogar noch wichtiger als das wirtschaftliche - wenn ich weiß, dass man das Eigentum anderer nicht antastet (und sei es nur, weil mir die Mutti sonst den Hintern versohlt), und wenn ich weiß, dass man ja mal fragen kann, ob man gemeinsam spielen kann, dann brauch ich nicht den Ball zu klauen. Wenn ich lerne, wie ich einen Streit mit Worten oder gegebenenfalls durch Weggehen löse, brauche ich nciht zu hauen. Wenn man vermittelt bekommt, dass man ein netter Mensch ist, auch wenn man nciht so viel besitzt wie der Nachbar, oder länger sparen muss, um sich das gleiche leisten zu können. Und, und, und… Konfliktlösungsstrategien, Frustrationstoleranz etc, das sind alles Dinge, die heute kaum noch gelernt und gelehrt werden. Wenn man diePolizei rufen muss, ist es schon zu spät - da ist der Schaden bereits entstanden.
die Franzi