Fange Bedeutung

Moin,
Im südbadischen Raum wird oft mal das (Füll)wort fange eingebaut. Kann es sein, dass es eine ähnliche Bedeutung hat, wie das bayerische fei oder gibt es eine andere Herleitung dazu?
Grüße

Servus,

das Adverb „anfange“ (oder, je nachdem, wie hoch im Alemannischen man sich befindet, auch „aheba“) bezeichnet den Anfang einer Tätigkeit oder eines Vorgangs:

„Wenn d’da Zug om halber ächte no kriaga willscht, sottesch de afange riichde“
„Wenn Du den Zug um halb Acht noch kriegen möchtest, solltest Du jetzt so langsam Schuhe und Jacke anziehen.“

(Ende Oktober) „As naachdad afanga wolle ei“ = „Es wird jetzt so langsam schon recht früh dunkel.“

Schöne Grüße

MM

Moin,
ja, da in dem Zusammenhang ist die Bedeutung ersichtlich, und es ist das Adverb „afange“ (das ja mit dem Verb und dem hochdeutschen anfangen, beginnen verwandt ist). Ich meine aber das eher als Füllsel gebräuchliche fange, das nichts mit dem Beginn einer Tätigkeit zu tun hat. Ich kann nur konstruieren, und nicht sauber im Dialekt schreiben, à la „da hat der Bernd fange Moscht geholt“, ohne dass in dem Wort eine zeitliche Bedeutung versteckt wäre, vielleicht sogar im Sinne von als emol, nicht ganz aber ähnlich manchmal. Dieses von mir gemeinte im eher westlichen Südschwarzwald gebräuchliche Wort trägt eben keine eindeutige Bedeutung.
Grüße

Hallo,

„afange/a“ kann stehen für ‚allmählich‘ / ‚so langsam‘: Afanga ald werda - und auch für ‚endlich‘*

Je nach Kontext wäre m. E. durchaus auch eine „Übersetzung“ mit ‚dann mal‘ denkbar, z. B.:

da hat der Bernd (a)fange Moscht hole/a → … hat Bernd dann mal Most geholt.

… … … …

* Zur unterschiedlichen Aussprache von Adverb und Verb siehe https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.auf-gut-schwaebisch-i-han-helfa-butzt.ff450584-93f7-4d91-a279-5af1b630a6df.html

… während das Verb „ãfangå“ mit einem gedehnten nasalen „ã“ für „an“ gesprochen wird, weil die Betonung auf diesem „ã“ liegt, so liegt die Betonung bei „åfangå“ auf der Silbe „fang“, der sogenannte Indifferenz- oder Schwalaut „å“ am Anfang wird grundsätzlich kurz und unbetont gesprochen, teilweise sogar weggelassen …

Gruß
Kreszenz

1 Like

Möglicherweise liegt das nicht-Verstehen von dem fange, das ich meine auch darin, dass ich das südwestdeutsche Allemannisch im badischen Raum meine und das nicht zu verwechseln ist mit dem schwäbischen Dialekt, gar um Stueget herum.
Und im Badischen gibt es auch das afange mit bereits erläuterter Bedeutung.
Mir geht es um das eher als Füllwort benutzte,
so wie jemand in Bayern sagen würde
da hat er fei das Messer aus dem Sack geholt (wie gesagt, ich schreibe lieber nicht Dialekt)
im Badischen
da hat er fange das Messer aus dem Sack geholt

Das kann natürlich eine zeitliche Komponente haben, aber ich vermute eine andere Wortherkunft als anfangen i.S.v. beginnen.

Grüße

Alemannisch wird im gesamten süddeutschen Sprachraum zwischen Vorarlberg und dem südlichen Elsaß gesprochen, außerdem in der Schweiz.

Die evangelischen Altwürttemberger hören es nicht gern, aber das Schwäbische gehört zu den alemannischen Mundarten. Deutlich zu erkennen ist das in der Gegend zwischen Ulm und Friedrichshafen, wo das Schwäbische ohne präzise Grenze ins Niederalemannische übergeht, z.B. gwäsa - gwäa - gsei - gsi, hen - hent - hont, han - hau - hong usw. usw.

Ein scheinbarer West-Ost-Unterschied ergibt sich lediglich daraus, dass das Niederalemannische im Westen sich nördlich bis Haguenau und kurz vor Karlsruhe erstreckt, dort ohne Schwäbisch zwischen Niederalemannisch und Fränkisch.

Wort und Herkunft sind die selben, wie in dem instruktiven Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten beschrieben, die Bedeutung wird bloß durch die unterschiedliche Betonung bestimmt.

Schöne Grüße

MM

Moin,
jetzt habe ich selber neue Erkenntnisse, falls es hier jemanden interessiert. Ich habe endlich einen native speaker gefunden, der das Wort im aktiven Gebrauch hat. In etwa so:
Gestern hab ich fange ferngesehen, aber es kam nichts spannendes.
In der Bedeutung ist es ein ähnliches Füllwort wie das bayerische fei, das allerdings ein bisschen stärkere Betonung auf den Inhalt des Satzes trägt, als fange. Zeitliche Bedeutung i.S.v. anfangen, beginnen trägt es nicht. Benutzt wird es anscheinend im badischen (!) südschwarzwälder Raum, im südlichen Rheintal scheint es eher unbekannt.
Grüße

Servus,

und ist somit Hochalemannisch - Verwaltungsgrenzen spielen dabei keine Rolle.

wie bereits in dem von @Kreszentia velinkten Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten erläutert.

Der mutmaßlich Hotzenwälder native speaker bestätigt Kreszenz’ Erkenntnisse und Vortrag also.

Sei mir nicht böse drum, aber bei Deinem engagierten Versuch der Erfindung einer „badischen“ Sprache muss ich an eine Karikatur aus der Stuttgarter Zeitung aus den Zeiten der Debatte um die Gründung des heutigen Südweststaates denken, wo Reinhold Maier und Gebhard Müller als Hunnen gezeigt wurden, die in gestrecktem Galopp den Schwarzwald überrennen, hinter dem sich der aus der Geschichte von den Sieben Schwaben bekannte Hase mit dem Profil von Leo Wohleb duckt - untertitelt „'S Attilale Maier ond 's Dschingiskhanle Müller“ - Anlass war gewesen, dass Wohleb öffentlich von der „drohenden Gefahr aus dem Osten“ gesprochen hatte…

Wie auch immer - es freut mich, dass im Hotzenwald noch ein bisselchen Salpeterer-Geist lebt und noch nicht der allgemeinen Gleichmacherey gehuldigt wird.

Schöne Grüße

MM