Der liberale Gedanke, den ich ja durchaus begrüsse, beschränkt
sich bei ihr praktisch ausschliesslich auf
Wirtschaftsliberalismus…
Das finde ich einen Missbrauch von Worten - dieser
Wirtschaftsliberalismus hat mit Bürgerrechten überhaupt nichts
gemeinsam, es handelt sich ja nur um die Freiheit von
Investmentbankern und Anlageberatern ungehindert zu betrügen.
Ich hatte überlegt, ob ich über die Bemerkung einigen Spott kübeln soll aber eigentlich ist es zu bestürzend, daß ein offensichtlich sehr großer Teil der Bevölkerung glaubt, ein liberales Wirtschaftssystem diene nur den Großverdienern und der Finanzbranche.
Tatsächlich ist es gerade das liberale Wirtschaftssystem Nachkriegdeutschlands gewesen, das uns das Wirtschaftswunder gebracht hat. Das lag schlicht und ergreifend daran, daß es nach dem Neuanfang eine Vielzahl der Gesetze nicht mehr gab und man anderes zu tun hatte als sich über die Breite der Verkehrswege in Büros, die Schriftgröße bei öffentlichen Ausschreibungen und den Minimalabstand der Oberkante von Tagfahrleuchten zur Straßenoberfläche Gedanken zu machen.
Ein liberales Wirtschaftsystem westlicher Prägung bedeutet, daß man den Markt innerhalb vorgegebener Grenzen machen läßt, was er für richtig hält, d.h. die Wirtschaftsubjekte, darunter auch Du und ich, haben die Freiheit, über ihr Vermögen, ihr Geld, ihre Arbeitskraft usw. frei zu entscheiden.
Es ist auch nicht so, daß nur die Unternehmen von einem liberalen Wirtschaftsystem pofitieren und die Arbeitnehmer darunter leiden. Die Einschränkung des Marktes bedeutet, daß der Staat dem Markt sagt, was er zu tun und zu lassen hat. Dies erfolgt entweder über Regeln und Umverteilung, was beides Geld kostet und zwar auch Geld, das wir Verbraucher und Arbeitnehmer bezahlen bzw. nicht bekommen.
Hier im Forum scheinen sich vor allem Personen zu tummeln, die die Schutzwirkung von Regeln begrüßen bzw. sogar direkt von ihnen profitieren. Mir aber braucht niemand eine halbe Stunde Mittagspause oder zehn Stunden Nachtruhe gesetzlich zuzusichern. Ich muß vor meinem Arbeitgeber nicht beschützt werden - zumindest nicht bei solchen Belanglosigkeiten.
Das Geld, das hier für Heerscharen von Leuten draufgeht, die lustige Comics entwerfen, die den Mitarbeitern wohl auf spaßige Art und Weise näherbringen sollen, daß man nicht mit vertraulichen Informationen an der Börse Geld verdienen darf, die mir alle halbe Jahr erzählen, wie ich richtig zu sitzen habe (das aber auch erst, seit ich im Haupgebäude sitze) und die zwölfseitige Präsentationen entwerfen, wie man am schnellsten zur nächsten Raucherzone kommt, könnte man lieber für Gehaltserhöhungen der an der Leistungserstellung beteiligten Mitarbeiter verwenden.
Das ließe sich beliebig fortsetzen. Der Staat greift in unser aller Leben ein; er meint es eigentlich gut und will damit hehre Ziele erreichen und Mitarbeiter, Umwelt und Mieter schützen, aber er greift damit auch in die Rechte und Freiheiten von Menschen ein, die gar nicht geschützt werden müssen bzw. wollen oder zumindest nicht in dem Maße.
Daß da abgewogen werden muß, wird wohl niemand bestreiten, aber ganz sicher sind Investmentbanker und Anlageberater nicht die einzigen, die sich ein bißchen weniger staatliche Eingriffe wünschen. Vermutlich würden sich sogar noch viel mehr Menschen weniger staatliche Eingriffe wünschen, wenn sie nicht fälschlicherweise davon ausgingen, es ginge nur darum, die Arbeitnehmerrechte einzuschränken und einen völlig unregulierten Markt zu schaffen.
Dafür stand die FDP noch nie und dafür steht sie erst recht nicht heute - wofür auch immer sie im Moment steht.
Die Familie Mövenpick wird wohl
weiter FDP wählen (das als Antwort auf die Frage).
Darüber wissen wir wenig, aber Gründer der Mövenpick-Hotelgruppe war ein gewisser Ueli Prager, der die Hotels schon vor rd. 20 Jahren an August von Finck verkauft und deren Familie die heute noch gehören.
Gruß
C.