Moin „Heinrich“,
Entscheidungen kann man nur Treffen, wenn man auch die Wahl
hat. Die Wahl für Frauen lautet aber im allgemeinen: Kinder
oder berufliche Karriere. Frauen müssen sich hier
entscheiden, Männer nicht.
Jedesmal, wenn ich diesen Satz höre, stellen sich mir
automatisch vier Fragen:
a) Woher wissen Frauen eigentlich immer, das sie Karriere
gemacht hätten (der weitaus größte Teil der Männer macht keine
Karriere)?
Gar nicht. Nur wenn sie Karriere machen möchten und können (und das ist bei vielen gut ausgebildeten, ambitionierten Männern und Frauen so) dann sollen sie es auch können. Dies sollte nicht an Kindern scheitern. Darüber würde sich übrigens auch die Wirtschaft freuen, wenn nicht nur Männer und Kinderlose in Führungspositionen kommen, sondern auch fähige Frauen.
b) Sind die Frauen wirklich bereit, die Familie
zurückzustellen und den Beruf wichtiger zu nehmen?
Es geht mir darum, dass die Frauen, die dazu bereit sind, es auch können. Eine Frau, die eh zu Hause bleiben will, wird die von mir geschilderten Probleme ja gar nicht haben. Die wird im bestehenden System ja glücklich (zumindest bis zur SCheidung).
c) Haben Frauen noch nicht festgestellt, daß „Karriere“ fast
immer gleichzusetzen ist mit Zeitdruck, Hektik, Stress, Kampf
und erdrückender Verantwortung?
Ja und ? Die andere Seite der Medaille lautet selbstbestimmteres Arbeiten, Entscheidungen mittreffen können, seine Fähigkeiten entwickeln und voll einbringen, mehr Gehalt, interessantere Tätigkeiten etc.
Es geht hier doch nicht darum, ob es überhaupt erstrebenswert ist, Karriere zu machen sondern darum, ob derjenige, der das für sich als erstrebendwert erachtet, dies auch machen kann, auch wenn er Kinder hat.
d) Woher ziehen Feministinnen eigentlich den
unerschütterlichen Glauben, daß alle Frauen arbeiten wollen?
Wie kommst du blos darauf, dass „Feministinnen“ das glauben ? *mir an Kopp pack*
Wie ich oben schon sagte, es geht hier um die FRauen, die das möchten, nicht um die, die das eh nicht möchten.
„Es gibt wohl keine Menschengruppe auf der ganzen Welt, der es
besser geht als europäischen und amerikanischen
Mittelschicht-Frauen. Sie haben vergleichsweise alles:
Wohlstand, Sicherheit, Demokratie, Selbstbestimmung,
Bildungschancen usw. Daß ausgerechnet diese Menschengruppe am
lautesten ihre Benachteiligung bejammert und unentwegt nur
Forderungen stellt, kommt nicht von ungefähr. Das heißt, die
feministische Haltung gleicht der eines verwöhnten und
egoistischen Kindes, das immer noch mehr will und nur an sich
selbst denkt.“
Dass auch finanzielle Verantwortung für sich und die Familie zu übernehmen ein egoistischer Standpunkt ist, war mir neu. Aber ich verstehe Psychologen oft nicht. Vielleicht kannst du mir ja erklären, was daran egoistisch ist, wenn man für seinen eigenen Lebensunterhalt aufkommen möchte ?
Korrekt. Und genau da muß der Hebel angesetzt werden. Mann und
Frau müssen sich als Gemeinschaft verstehen, wo jeder etwas
einbringen kann. Beide müssen sich nur entscheiden - und genau
da hakt es.
Mit Verlaub: das ist doch theoretisches Gesülze. Ehen werden doch normalerweise Partnerschaftlich geführt und nicht wie Karrikaturen im Geschlechterkampf. Es hakt nicht an dem guten Willen der Beteiligten sondern an den praktischen Umsetzungsmöglichkeiten.
Aber wie würden die Frauen reagieren, wenn plötzlich drei
Viertel der Männer sagen würden: „So, ich bleibe jetzt die
nächsten zwei Jahre zuhause und DU gehst jetzt arbeiten“?
Wahrscheinlich sagt „sie“: „Ich mache den Haushalt, kriege die
Kinder, und jetzt soll ich dich auch noch durchfüttern!?“
Wenn eine Frau finanziell unabhängig ist, dann wird sie es auch leichter verschaffen, wenn ihr Mann aus Gründen von Arbeitslosigkeit oder Krankheit längere Zeit nicht arbeiten kann. Wenn ein Mann zuhause bleibt und sich um die Kinder kümmert, ohne arbeiten zu wollen, ist dieser genau wie bei der Frau, die das so will (s.o.) für mich völlig irrelevant. Weil er die gesellschaftlichen Möglichkeiten dazu ja hat.
Es ist mir völlig egal, was in einer einzelnen Beziehung abläuft und wie zwei das regeln. Mir geht es darum, dass jemand der arbeiten möchte, dies auch kann, auch wenn Kinder da sind. Das ist doch eigentlich ganz einfach zu verstehen, oder nicht. ?
Das genannte Problem der ganztägigen Betreuung der Kinder als
Hinderungsgrund für die berufliche Karriere ist keines, wenn
man bereit ist, konsequent zu leben. Es ist statistisch
nachgewiesen, daß sowohl bei Frauen wie auch bei Männern die
Neigung zum vollen Einsatz im Berufsleben zurückgeht. Die
Familie, besonders die Kinder, sind wichtiger als der Job.
Genau das hab ich gesagt. Nur nützt dieser Wunsch gar nichts, solange die praktischen Möglichkeiten fehlen, dies auch umzusetzen.
Warren Farrell, männlicher Radikal-Feminist, hat über 10.000
Männer befragt, ob sie sechs bis zwölf Monate ihren Beruf
aufgeben würden, um das Kind zu betreuen. Mehr als achtzig
(!!!) Prozent sagten „ja!“
Sechs bis 12 Monate lassen sich auch noch halbwegs realisieren, ohne dass dies gleich ins berufliche „Aus“ führt. Nur hab ich leider kein Kind gesehen, dass innerhalb von 6-12 Monaten so gross geworden wäre, dass man es allein zu Hause lassen kann.
- mit der Einschränkung, wenn ihre
Frauen einverstanden wären. Ganze drei Prozent lehnten diesen
Vorschlag kategorisch ab. In Deutschland wurde diese Frage von
feministischen Kreisen nie gestellt - hier wurde nur gezählt,
wieviel Männer wirklich zuhause blieben. Und da sehen die
Zahlen logischerweise sehr schlecht aus.
Eben. Die Zahl mit den 6-12 Monaten ist nämlich völlig unsinnig (s.o.), So nach dem Motto, ich mach das jetzt mal 8 Monate, und die restlichen 5 Jahre macht meine FRau das dann *hmmmmmmpf*. Die Frage nach 6-12 Jahren schon weniger.
Tja, also kommt für die Frau höchstens ein Halbtagsjob in
Frage. Halbtagsjobs sind aber nun mal selten, je höher
qualifiziert die Tätigkeit ist. Also bleibt für die Frau oft
nur eine weniger qualifizierte Tätigkeit, häufig weit unter
ihrer ursprünglichen Ausbildung und ihren Fähigkeiten und
Möglichkeiten.
Nochmal: Wenn „sie“ Karriere machen will, dann muß „er“
zurückstecken. Es ist eine Entscheidung von beiden. Wenn „sie“
trotz Karriere weniger Geld nach Hause bringt als „er“, dann
muß sich die Familie eben einschränken. Es ist und bleibt eine
persönliche Entscheidung.
Die Entscheidung ja, ob es auch praktikabel ist, also ob überhaupt die Möglichkeiten dazu bestehen, ist hingegen ein gesellschaftliches Problem.
Die Crux ist, daß „sie“ beides will
- Erfolg im Job und Erfolg als Mutter. Erst diese
selbstgewählte Doppelbelastung löst den Frust aus.
Wollen Männer keine guten Väter sein ? Und wenn ja, wieso haben sie dann keine Doppelbelastung und Frust ?
Gruss
Marion