Frage zum Steuerbescheid

Hallo,

im Einkommensteuerbescheid für 2019 schreibt das FA u. a.:

Das, was sie da schreiben, ist grundsätzlich richtig. Aber es gibt natürlich eine Geschichte hinter den Zahlen und Daten. Vorab: den Schwerbehindertenausweis gibt’s dummerweise nicht mehr, nach Ablauf wurde er entsorgt. Nicht schlau von der betroffenen Person, das weiß ich, aber weg ist weg.

So, es gibt verschiedene Briefwechsel mit dem Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie.
12.09.2013: Festellungsbescheid über GdB 90 ab 1.05.2013
20.9.2018: Anhörung wegen beabsichtigter Erteilung eines Aufhebungsbescheids nach § 48 SGB X. Geplant GdB 30.
2.10.2018 Mitteilung, dass Schwerbehindertenausweis Ende November 2019 ausläuft und ggf. verlängert werden muss.
30.10.2018: Verfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (Schwerbehindertenrecht); Schwerbehindertenausweis wird übersandt, aber keine Angabe im Schreiben über GdB.
4.2.2019: Anhörung wegen beabsichtigter Erteilung eines Aufhebungsbescheids nach § 48 SGB X. Geplant GdB 30.
15:03.2019: Bescheid über GdB 30 ab 1.04.2019
21.5.2019: Verfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (Schwerbehindertenrecht); neuer befristeter Schwerbehindertenausweis wird übersandt, aber keine Angabe im Schreiben über GdB und auch nicht über die Dauer der Befristung.
3.9.2019: Teilabhilfebescheid über GdB 50 ab 18.07.2019 mit Merkzeichen RF ab selbigem Datum (unbefristet).

Das Amt stellt keine Bescheinigung aus über Zeiträume, GdB usw., weil sie meinen, das FA wüsste Bescheid, dass der GdB weiterhin gilt, wenn man Widerspruch einlegt.

Preisfrage: wie geht man gegen den Bescheid des FA vor, Widerspruch (wenn ja, weswegen, also welcher § käme in Frage?) oder Antrag auf schlichte Änderung? Welche Unterlagen müssten dem FA noch zur Verfügung gestellt werden? Kopien von allen oben angegebenen Briefwechsel? Schwerbehindertenausweis liegt nur noch in der letzten (aktuell auch gültigen) Version mit GdB 50. Es geht aber um den noch bis zum 18.07.2019 geltenden GdB 90, der Einfluss auf den anzurechnenden Behindertenpauschbetrag hat.

Vielen Dank im Voraus für hilfreiche Tipps!

Gruß
Christa

Hallo,

habe ich das jetzt also richtig verstanden, daß das Verfahren wegen der Neufestsetzung immer noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist oder wurde der „Teilabhilfebescheid“ akzeptiert?

&Tschüß
Wolfgang

ja. Es geht jetzt nur um die Finanzamtgeschichte.

Hallo,

wenn der „Teilabhilfebescheid“ akzeptiert wurde, kommt es darauf an, ob der geringere GdB „rückwirkend“ akzeptiert wurde.
Denn eigentlich ist § 48 Abs. 1 SGB 10
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_10/__48.html
so zu interpretieren, daß ein begünstigender Verwaltungsakt bei Änderung der Verhältnisse so lange weitergilt, bis der neue Verwaltungsakt rechtskräftig ist. Das ist ein eherner Grundsatz des gesamten Sozialrechts.
Und deswegen hätte der alte GdB 90 weitergegolten bis zum rechtskräftigen Abschluß des Neufeststellungsverfahrens. Deswegen hätte auch der Ausweis gem. § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zwingend mit der Angabe des bisherigen Grades für die voraussichtliche Dauer des Verfahrens verlängert oder aber bei Verlust auch neu ausgestellt werden müssen. Das sollte als zwingendes Bundesrecht eigentlich auch in NDS bekannt sein. Ich bin ja aus Ba-Wü Einiges an Schlamperei und Inkompetenz gewohnt, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Bei (niedrigeren) Neufestsetzungen wurde der Ausweis mit dem „alten“ GdB immer anstandslos um mindestens 6 Monate verlängert, wenn der Neufestsetzungsbescheid angefochten wurde.
Möglicherweise hat hier die Versorgungsverwaltung einen derart offensichtlichen Rechtsverstoss begangen, daß daraus evtl. Amtshaftungsansprüche resultieren könnten.

Denn die Finanzverwaltung muß gar nichts wissen über sozialrechtliche Verfahrensvorschriften des SGB 10. Sie kann aber sehr wohl einen Schwerbehindertenausweis ohne Angabe des GdB ablehnen, da diesem eine wesentliche zwingend notwendige Angabe fehlt.
Das mögen aber ggfs. Fachmenschen für Steuer beurteilen.

&tschüß
Wolfgang

Hallo,

der Teilabhilfebescheid mit Wirkung ab 18.07. wurde so akzeptiert. Das ist auch nicht das Problem. Das Problem ist das FA, welches den GdB 90 von Anfang 2019 bis zum 17.07. nicht akzeptiert, weil kein entsprechender Schwerbehindertenausweis vorgelegt wurde.

Ja, und das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie meint, diese Regelung müsse dem FA bekannt sein.

Aber nicht nach Ablauf des Zeitraums, oder? Das Problem ist, die betroffene Person hat einfach nicht daran gedacht, dass der Nachweis für das FA noch relevant sein könnte und war der Meinung, die alten abgelaufenen Schwerbehindertenausweise nicht mehr aufheben zu müssen. Deswegen lässt sich jetzt auch nicht mehr nachvollziehen, wer wann was noch ausgestellt hat (außer dem jetzt gültigen Ausweis, der seit Juli 2019 gilt mit GdB 50), was inzwischen nicht mehr gültig ist. Fakt ist, bis Juli galt GdB 90 und danach GdB 50.

Den gibt’s ja nicht, das Problem ist halt, dass dem FA nur der erste Ausweis, der bis November 2018 galt, vorliegt, und die Frage ist, wie man nun nachweisen kann, dass der GdB 90 bis zum Ausstellen des jetzt gültigen Ausweises galt, wenn keine „Zwischenausweise“ mehr vorliegen.

Gruß
Christa

Einspruch. So heißt das im Steuerrecht.

Die entsprechenden Bescheide des Versorgungsamtes über die Feststellung des GdB oder den Schwerbehindertenausweis. Diese Bescheide gelten als Grundlagenbescheide und sind vom Finanzamt nicht zu hinterfragen. Ohne Vorlage dieser Dokumente geht in der Regel garnix.

Ein Tag im Jahr reicht, um den höheren Pauschbetrag zu erhalten. Es ist immer der jeweils höchste in dem Jahr geltende GdB anzusetzen. Dies steht explizit in den Richtlinien (R 33b Abs. 8 EStR).

Sehr richtig. Der Bescheid des Versorgungsamts ist ein Grundlagenbescheid, dazu kann, darf und soll die Finanzverwaltung sich kein eigenes Urteil bilden, dieser Bescheid ist einfach zu übernehmen (H 33b „Nachweis der Behinderung“ 3. Spiegelstrich EStH).

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Ja, entschuldige, habe das mit dem Kram vom Schwerbehindertenausweis durcheinander gebracht.

Und genau hier liegt das Problem: die abgelaufenen Schwerbehindertenausweise gibt’s nicht mehr (entsorgt, frag nicht! :imp:), und es gibt keinen Bescheid/Nachweis, der für den Zeitraum zwischen Ablauf des ersten Schwerbehindertenausweises (der dem FA vorlag) und dem 18.07.2019, Gültigkeitsbeginn des aktuellen Schwerbehindertenausweises) das Fortbestehen des GdB 90 festhält.

Ja, das hatte ich in den Hinweisen des Steuerprogramms auch gelesen, aber das FA sagt: nö, Ausweis war nur bis November 2018 gültig, neuer Ausweis gilt erst ab Juli 2019, also war nix dazwischen. :roll_eyes:

Wie „überzeugt“ man das FA, wenn das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (nicht das Versorgungsamt, also nicht unter dieser Bezeichnung) sagt, es stellt keine Bescheinigung aus über das, was 2019 war??

Der Antragsteller muss Inhaber eines Ausweises oder Bescheides sein, das steht so im § 65 Abs. 3 EStDV. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Also Ersatzunterlagen beschaffen, sonst ist es wohl Essig.

Aber wie, wenn sich das zuständige Amt weigert, irgendwas auszustellen?

Das ist Verwaltungsrecht, damit kenne ich mich leider nicht aus.

Servus,

hier könnte der „Beweis des ersten Anscheins“ eine Rolle spielen, wenn der StPfl schreibt, dass ein Bescheid des Versorgungsamtes (oder welchen Amtes auch immer) mit dem und dem Inhalt ergangen ist und vorgelegen hat, aber leider wegen späterer Änderungen dem Papierkorb überantwortet worden ist.

Damit wäre m.E. das Finanzamt bereits gehalten, auf dem Weg der Amtshilfe prüfen zu lassen, ob das denn so war oder nicht.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Martin,

danke, wir werden’s damit versuchen. Aber nochmal dann die (korrigierte) Frage vom Anfang: Einspruch (wenn ja, auf Grundlage welcher §§?) oder Antrag auf schlichte Änderung?

Viele Grüße
Christa

Hallo Christa,

Im Zweifelsfall immer der Einspruch, auch wenn das die Leute am FA wegen „schlechter Statistik“ ärgert - nur der hält alle Fristen offen. Wenn jemand der freundlichen Bitte um ‚schlichte Änderung‘ schlicht nicht nachkommt, ist die Sache vergeigt. Diese Option taugt eigentlich bloß, wenn bereits am Telefon Übereinkunft erzielt worden ist: „Wenn Du das für mich machst, kann ich Dir auch einen Gefallen tun.“

Schöne Grüße

MM

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Alles klar, danke schön!

Wobei auch, wenn ich kurz ergänzen darf, eine Ablehnung eines Antrags auf schlichte Änderung rechtsmittelfähig ist. Gegen die Ablehnung des Antrags kann Einspruch eingelegt werden, und dann kann man auch den weiteren Rechtsweg begehen.

Allerdings wird natürlich in aller Regel (sieht der AEAO auch so vor) jeglicher Antrag eines Steuerlaien zunächst als Einspruch gewertet und behandelt, egal, wie der Steuerpflichtige ihn bezeichnet. Es müsste schon klar erkennbar sein, dass der Steuerpflichtige den Unterschied zwischen Einspruch und Änderungsantrag (und die rechtlichen Folgen) überblickt und eine bewusste Entscheidung getroffen hat.

Bei unvertretenen Steuerpflichtigen ist dies meistens nicht der Fall.

Wobei das von Finanzamt zu Finanzamt sehr unterschiedlich ist. Aus dem Finanzamt Göttingen (mit dem ich früher öfter zu tun hatte) bekam ich in Einspruchsfällen regelmäßig Anrufe, ob ich freundlicherweise bereit wäre, den Einspruch zurückzunehmen, man würde im Wege der schlichten Änderung dem Begehren stattgeben. In diesem Finanzamt wurde eben eine sachbearbeiterbezogene Statistik über die Zahl der Einsprüche geführt. In anderen Finanzämtern scheint das egal zu sein.

Ja, das ist mir bei unserem FA auch mal passiert, wobei ich nicht regelmäßig Einsprüche eingelegt habe. :smiley:

Hallo,

da hat ja der/die schwerbehinderte Person selbst reichlich zum Chaos beigetragen.
Trotzdem frage ich mich, wieso das VA keine Bescheinigung über den GdB vor 07/2019 ausstellt, wenn doch offensichtlich ein berechtigtes Interesse (Steuerfreibetrag) vorliegt?
Wenn „alle Stricke reissen“ - sprich das VA bleibt stur, bleibt immer noch die Möglichkeit, sich über Akteneinsicht die notwendigen Informationen -insbesondere den Anhörungs- und Bescheidverlauf zu kopieren, um dem Finanzamt den GdB 90 für 2019 nachzuweisen.

&tschüß
Wolfgang

Hallo,

wie man’s nimmt. „Eigentlich“ muss man abgelaufene Sachen nicht aufheben, der alte Schwerbehindertenausweis war nicht mehr gültig, wie der darauf ausgewiesene GdB auch. Ich hebe (teilweise muss ich schon zugeben „leider“) eher zu viel als zu wenig auf, deswegen hätte ich ihn wahrscheinlich schon noch gehabt, aber es geht nicht um mich.

Faulheit? Es verursacht ja Arbeit …

Ich habe dazu geraten, es nochmal mit dem FA zu versuchen mit der Aussage des Nds. Landesamtes, dass eben ein einmal festgestellter GdB bleibt, auch wenn es zum Widerspruch kommt, solange darüber nicht entschieden wurde, der Teilabhilfebescheid wird mit verschickt, und wenn das FA sagt, das reicht nicht aus, würde ich dazu raten, beim Nds. Landesamt SCHRIFTLICH anzufragen (die Ablehnung war wohl nur telefonisch).

Kann man das auch selbst machen, oder müsste das über einen Vertreter (Anwalt o. ä.) laufen?

Viele Grüße
Christa

Hallo,

Akteneinsicht kann natürlich jede/r Betroffene selbst nehmen. Und dafür, sich Dokumente kopieren zu lassen, ist der/die Betroffene auch niemandem gegenüber irgendeine Begründung schuldig.

&tschüß
Wolfgang

Alles klar, danke, wir werden das im Hinterkopf behalten.

Gruß
Christa