Frage zum Thema Hubschrauber und Autorotation

Hallo Experten,

ich schaue als alter Hubi-Fan gerade die „Rettungsflieger“ auf ZDF. Das filmische Lufttransportgeschwader reitet mit dem SAR ja noch den legendären Bell UH 1D, wenn auch nur mit Sondergenehmigung, weil nur eine Gasturbine ist heutzutage nicht mehr erlaubt, aus Sicherheitsgründen. (Das Modell ist mittlerweile ja schon 50 Jahre alt - flog schon in Vietnam…)
Jedenfalls kam mir angesichts der einen Turbine folgende Frage auf: was, wenn die mal ausfällt?
Ich weiß, dass man einen Hubi relativ gut per Autorotation landen kann, (hab ich schon x-mal am FluSi praktiziert), aber wieso bleibt der Hubi dabei auf Kurs? Der Heckrotor ist ja auch ausgefallen! Und ein Seitenleitwerk wie beim Flugzeug gibt es ja nicht. Also müsste die Kabine doch irgendwann anfangen, sich mit dem Hauptrotor zu drehen. (was bei laufendem Motor ja der Heckrotor verhindert.) Tut sie aber nicht. Warum?!

Danke für eure Antworten!

Klaus

Hallo Klaus,

Haupt- und Heckrotor sind über das Hauptgetriebe miteinander verbunden. Wenn sich also der Hauptrotor dreht, dann dreht sich auch der Heckrotor.

Hallo Klaus,
bei der Autorotation fällt das Drehmoment, das zwischen Rumpf - mit Motor - und dem Rotor bei normaler Flugsituation entsteht und durch den Heckrotor ausgeglichen wird, weg. Es gibt also dann keinen Trend des Rumpfes, sich in Richtung des Rotors zu drehen. Und durch die Fahrtgeschwindigkeit wirkt der gesamte Rumpf plötzlich wie ein Ruder und kann deshalb vom Piloten gesteuert werden.
Gruß Hubert

Hallo

Es ist richtig, dass im Falle eines Triebwerksausfalls der Helikopter durch Autorotation gelandet werden kann.
Diese Situationen werden in der Ausbildung und auch danach regelmässig geübt.

„Auto“-rotation deshalb, weil sich der Hauptrotor von alleine weiterdreht, also ohne dass er durch einen Motor angetrieben wird. Er dreht sich deshalb, weil der Helikopter aufgrund seines Gewichts absinkt und dadurch die Luft von UNTEN durch den Rotor fliesst. Dies „treibt“ den Rotor weiter an.

Da der Antrieb des Haupt- und des Heckrotors nicht mehr über die Turbine oder den Motor funktioniert, gibt es auch keine Rückstossungkräfte mehr, d.h. der Hauptrotor bewegt sich nicht gegen die Kabine, was sonst im normalen Flug der Fall ist und was auch der einzige Grund ist, weshalb es irgend eine Art von Ausgleich der Kraft haben muss (meistens ein Heckrotor, ein NOTAR oder einen zweiten Hauptrotor, der unter dem ersten oder sogar durch den ersten Hauptrotor hindurch (kreuzweise) in GEGENRICHTUNG dreht).

Bei der Autorotation dreht sich der Helikopter während der Vorwärtsbewegung dabei nicht unkontrolliert um sich selbst, weil der Gegenwind die Kabine aufgrund ihrer Form idealerweise in Fahrtrichtung hält.

Nichts destotrotz kann man auch mit den Pedalen weiterhin steuern. Mit den Füssen bedient man die Pedalen, welche den Anstellwinkel des Heckrotors einstellen. Ändert sich der Anstellwinkel, wirken die Kräfte anders und der Heckrotor „saugt“ sich in die gewünschte Richtung, was einer Drehung der gesamten Kabine gleichkommt. Dies funktioniert auch in der Autorotation noch, da sich der Heckrotor ja weiterhin dreht. Mit der Änderung des Anstellwinkels ändert sich dann eben auch die Kraft des Heckrotors.

Gruss.

Jedenfalls kam mir angesichts der einen Turbine folgende Frage
auf: was, wenn die mal ausfällt?
Ich weiß, dass man einen Hubi relativ gut per Autorotation
landen kann, (hab ich schon x-mal am FluSi praktiziert), aber
wieso bleibt der Hubi dabei auf Kurs? Der Heckrotor ist ja
auch ausgefallen! Und ein Seitenleitwerk wie beim Flugzeug
gibt es ja nicht. Also müsste die Kabine doch irgendwann
anfangen, sich mit dem Hauptrotor zu drehen. (was bei
laufendem Motor ja der Heckrotor verhindert.) Tut sie aber
nicht. Warum?

Klaus

Doch ein Seitenleitwerk gibt es, schau mal genau hin an was der Heckrotor nämlich befestigt ist :wink: Diese Finne ist sogar leicht pfofiliert bei den meisten Helis.
Außerdem, wie du selber sagst, ist die Turbine ausgefallen. D. h. es gibt gar kein Drehmoment mehr, das den Rumpf irgendwie rotieren lassen könnte und das man ausgleichen müsste (man bräuchte bei ausgefallenem Motor quasi keinen Heckrotor mehr). Der HR hängt aber über eine Welle am Hauptgetriebe und zwar NACH dem Freilauf der Turbine, d. h. dreht sich der Hauptrotor, dann dreht sich auch der Heckrotor und man kann bei der AR-Landung noch einigermaßen steuern, zwar sehr begrenzt aber es geht.
Frage beantwortet?

Hallo Klaus,

ein Hubschrauber mit ausgefallenem Triebwerk oder ausgefallenen Triebwerken bleibt voll steuerbar! Steuereingaben über den Stick und den Pedalen folgt der Hubschrauber.

Der Drehmomentausgleich (herkömmlicher Heckrotor, Fenestron, NOTAR) wird (wie noch viele weitere Nebenaggregate) vom Hauptgetriebe des Hubschraubers
angetrieben. Somit wirkt sich der Ausfall des Antriebes nicht unmittelbar auf den Drehmomentausgleich aus.

Das Hauptgetriebe wird wiederum nicht mehr vom Triebwerk angetrieben, sondern vom Hauptrotor, der ähnlich einer Kinderwindmühle, die vom Fahrtwind angetrieben wird, von der von unter durchströmenden Luft, da sich der Hubschrauber bei Ausfall des Antriebes definitiv im Sinkflug befindet, angtrieben wird.

Sollte es zur Autorotation noch Angaben bedürfen, wäre dies ein längeres Thema, das gesondert behandelt werden müßte.

Hoffe meine Ausführungen bringen die gewünschte Klarheit?

Mit freundlichem Gruß

SCHLAUER FUX

ich schaue als alter Hubi-Fan gerade die „Rettungsflieger“ auf
ZDF. Das filmische Lufttransportgeschwader reitet mit dem SAR
ja noch den legendären Bell UH 1D, wenn auch nur mit
Sondergenehmigung, weil nur eine Gasturbine ist heutzutage
nicht mehr erlaubt, aus Sicherheitsgründen. (Das Modell ist
mittlerweile ja schon 50 Jahre alt - flog schon in Vietnam…)
Jedenfalls kam mir angesichts der einen Turbine folgende Frage
auf: was, wenn die mal ausfällt?
Ich weiß, dass man einen Hubi relativ gut per Autorotation
landen kann, (hab ich schon x-mal am FluSi praktiziert), aber
wieso bleibt der Hubi dabei auf Kurs? Der Heckrotor ist ja
auch ausgefallen! Und ein Seitenleitwerk wie beim Flugzeug
gibt es ja nicht. Also müsste die Kabine doch irgendwann
anfangen, sich mit dem Hauptrotor zu drehen. (was bei
laufendem Motor ja der Heckrotor verhindert.) Tut sie aber
nicht. Warum?!

Danke für eure Antworten!

Klaus

Hallo Klaus,
bei einem Modellhubschrauber ist der Heckrotor bei Autorotation durch den Hauptrotor mit angetrieben und läßt sich noch nach links oder rechts steuern.

Hallo Klaus,

es ist grundsätzlich richtig, daß die UH1D schon sehr alt ist, sie wird aber auch heute noch von der Bundeswehr eingesetzt, auch noch im SAR-Bereich. Viele private Firmen nutzen den Typ noch, da es sich um ein sehr leistungsfähiges ‚Arbeitspferd‘ handelt.

Nun zu der Frage der Autorotation:
Beim Ausfall der Turbine oder des Motors, wird die Luft, die von unten in den Rotor bläst durch Verstellung der Rotorblätter so genutzt, daß der Rotor weiter dreht. Durch die Verbindung im Getriebe wird der Heckrotor selbstverständlich mit angetrieben und der Hubschrauber ist dadurch während der Autorotation voll steuerfähig.

Gruß Ernst

Jetzt mal eine blöde Frage,
Aber der Heckrotor wird doch vom Hauptmotor angetrieben, dann müsste ja das Getriebe oder die Pitch-Steuerung hinten ausgefallen sein?

Hallo Klaus,
nicht bei allen Hubschraubern fällt zwingend auch der Heckrotor aus, wenn der Motor steht.

Sollte er es doch tun, wird durch Vorausflug der dadurch entstehende Windfahneneffekte ausgenutzt, der das Wegdrehen des Hecks verhindert.
Grüße
Stefan

Hallo Experten,

…aber
wieso bleibt der Hubi dabei auf Kurs? Der Heckrotor ist ja
auch ausgefallen! Und ein Seitenleitwerk wie beim Flugzeug
gibt es ja nicht. Also müsste die Kabine doch irgendwann
anfangen, sich mit dem Hauptrotor zu drehen. (was bei
laufendem Motor ja der Heckrotor verhindert.) Tut sie aber
nicht. Warum?!

Danke für eure Antworten!

Klaus

Hallo Klaus,

solange eine mechanische Verbindung des Hauptrotors zum Heckrotor besteht dreht sich der Heckrotor auch bei einer Autorotation immer (mit Leistungswirkung) mit und behält auch bei Ausfall der Turbine seine komplette Wirkung.
Es gibt aber auch den Fall, dass der Antriebsstrang zum Heckrotor (Antriebswelle, Getriebe…) defekt wird (auch bei funktionierender Turbine)und damit der Heckrotor ausfällt.
Selbst hier ist bei normale Reiseflug bei einer minimum Vorwärtsfahrt von etwa 70 km/h immer noch weitgehend die Kontrolle des Hubschraubers gegeben.
Die UH-1D hat sehr wohl ein Seitenleitwerk (aber kein Seitenruder) das bei diesen Geschwindigkeiten mit dem Heckausleger wie eine Windfahne wirkt und die Nase des Hubschraubers vorne bei behält. Das Seitenleitwerk ist hier sogar aerodynamisch als Auftriebsprofil (kein symmetrisches Profil wie üblich am Flugzeug)ausgebildet, dass es einen „seitlichen Zug“ als Unterstützung zur Heckrotorarbeit wirken kann.
Die Landung des Hubschraubers mit kaputtem Heckrotor erfolgt aber dann ähnlich wie ein Flugzeug… mit Vorwärtsfahrt auf schleifenden Kufen. Eine für Hubschrauber übliche Hover-Landung mit ausgefallenen Heckrotor ist nicht mehr möglich.

Hoffe dir damit geholfen zu haben.

Gruß kukulle

Hallo jonny05,

danke für deine hilfreiche Antwort. Nun verstehe ich die Zusammenhänge.

Liebe Grüße aus Münster,

Klaus

Hallo Hubert,

danke für deine ausführliche und hilfreiche Antwort. Nun verstehe ich die Zusammenhänge.

Liebe Grüße aus Münster,

Klaus

Hallo Eric,

danke für deine ausführliche und hilfreiche Antwort. Nun verstehe ich die Zusammenhänge.

Liebe Grüße aus Münster,

Klaus

Hallo Patrick,

danke für deine ausführliche und hilfreiche Antwort. Nun verstehe ich die Zusammenhänge.

Liebe Grüße aus Münster,

Klaus

Hallo Schlauer Fux (schöner Name!) :wink:

danke für deine ausführliche und hilfreiche Antwort. Nun verstehe ich die Zusammenhänge.

Liebe Grüße aus Münster,

Klaus

So, anstatt mich jetzt bei jedem von euch hilfreichen Experten persönlich zu bedanken und das Board zuzuspammen, sende ich euch allen nochmal meinen ganz herzlichen Dank!

Ich bin ja echt überwältigt über eure vielen guten Antworten!

Ihr habt das Thema anschaulich erklärt und mir damit geholfen zu verstehen, warum sich ein Helikopter bei Autorotation noch kontrolliert landen lässt.

Ich hatte garnicht bedacht, dass bei einem Triebwerksausfall der frei drehende Hauptrotor auch noch den Heckrotor antreibt. Aber so ist natürlich alles klar…

Vielen Dank nochmal,

Klaus

p.s.: wer-weiss-was rulez! :smile:

Zitat:„ja noch den legendären Bell UH 1D, wenn auch nur mit Sondergenehmigung, weil nur eine Gasturbine ist heutzutage nicht mehr erlaubt, aus Sicherheitsgründen.“
Der Passus, auf den du dich beziehst, ist die JAR OPS 3, welche allerdings nur für komerzielle Betreiber gilt. Die Bundeswehr ist hier nicht betroffen. (Auch wenn die Regelung absolut Sinn macht!)

(Das Modell ist

mittlerweile ja schon 50 Jahre alt - flog schon in Vietnam…)

Ja, aber mittlerweile wurde die gute alte Huey, wie man sie gerne zärtlich nennt, einigen Upgrades unterzogen.

wieso bleibt der Hubi dabei auf Kurs? Der Heckrotor ist ja auch ausgefallen!

Der Heckrotor ist per Welle mit dem Hauptgetriebe verbunden. Die antreibenden Kräfte am Hauptrotor treiben damit also auch den Heckrotor weiter an. Außerdem muss ja gar nicht mehr so viel Drehmoment ausgeglichen werden, da die Turbine ja keins mehr liefert.

Ich hoffe, dass hilft dir weiter,
LG Klaus

sorry aber damit kenn ich mich leider nicht aus habe zwar ein model heli aber bin noch im anfangsstadium leider
LG. sirhirki

Jetzt muss ich dich nochmal nachhaken:

Das mit dem bei Autorotation mitdrehenden Heckrotor ist dank eurer Hilfe ja nun geklärt.

Was aber, wenn bei einem Heli das Triebwerk ausfällt, der gar keinen Heckrotor hat, sondern eine Strahldüse? Bleibt der auch kontrollierbar?

@ Klaus Smolareck:

Dass die BW den Huey auch weiterhin fliegen darf, war mir nicht bekannt. Danke für die Info!

Irgendwann wird aber auch seine Zeit gekommen sein. Gibt es schon Pläne für einen Nachfolger? Da käme vom Anforderungsprofil ja eigentlich nur der UH-60 Blackhawk in Frage:

https://www.youtube.com/watch?v=1BIY6R1EAtg&feature=…

Eine europäische Eigenentwicklung halte ich für eher unwahrscheinlich.