Geomantik, Architektur und Tod
Fühle dich wohl!
wäre das pendant zum feng shui nicht einfach ein
innenarchitekt oder, profaner gesagt: raumausstatter?
… also wenn ich mir so manches moderne Gebäude ansehe (oder „Wohnungen“ in Filmen, diese leeren, weißen Dinger mit viel Edelstahl) dann… lieber nicht XD
soweit ich weiß, geht es doch eigentlich um totenkult. aber
wer hat heute schon die oma im garten liegen?
e.c.
Nicht nur. Es stimmt zwar, dass der berühmteste Gebrauch der Geomantik (unter Sinologen auch mathematische Geographie genannt ) die ist, ein richtiges Grab zu finden - aber die Bestattungskultur war damals sowieso ganz anders.
Da gammelten Leichen jahre bis jahrzehntelang in Särgen herum, bis sie mal unter die Erde kamen beim idealen Datum (mathematische Astronomie aka Kalendarwesen) und am idealen Ort.
Wenn ich mich nicht irre, ging die Bedeutungswandlung etwa ab dem 12. Jahrhundert los, unter irgendeiner kleinen Dynastie eines Fremdregimes (die existierten öfters neben den großen Dynastien und beanspruchten kleinere Gebiete des heutigen China).
Da wurde dem Herrscher dann verkauft, ein Haus in bestimmter Weise ausrichten zu müssen, damit er endlich den Sohn bekommt, der ihn als Geist füttern soll.
In Korea lief das ganz ähnlich, wenn auch später: Da hat ein Geomant den ganzen Staat ans ackern bekommen, weil nach seinen Messungen ein Fluss unbedingt umgelegt werden musste, um einen Tempel zu bauen.
Nach viel Ach und Jauchz war der Tempel mit einer neunstöckigen (also tollen) Pagode fertig…und am gleichen Abend schlug ein Blitz in die Spitze ein. Das war ein schlechtes Omen und der Tempel wurde verlassen, für den Priester und Geomanten gabs natürlich Prügel…
Danach entwickelte sich die Geomantie in der Richtung, dass man bestimmte Gebäude an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten (!!!) errichtete, umänderte oder umdekorierte. Das ging sogar soweit, dass Paare angehalten wurden zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten Sex zu haben, um den ersehnten Nachwuchs zu erhalten.
Allerdings wurde nie darüber diskutiert, wo man welche Möbel, und die waren in China recht früh vorhanden, hinstellt. Auch Geldecken und ähnliches wurden nicht ausgesucht, wozu auch, man hatte ja meistens einen kleinen Schrein aufm Hof wo man alles mögliche opfern konnte - abgesehen von den Gaben an die Men Shen (Türgötter), den Chenghuang (Stadtgöttern, die in kleineren Divisionen für Höfe zuständig waren und das Sündenregister führen. Ihnen wird Honig um die Schnute gekleckst, damit sie nur gutes Sagen. Daher das Sprichtwort „Honig ums Maul schmieren“) und eine spezielle Ecke für die Ahnen.
Die Eckchen und Regelchen aus dem Modernen Feng Shui hatten da nix zu suchen.
Was aber genutzt wurde war ein Einteilungssystem mit den Himmelsrichtungen. Dies war aber nicht so streng wie man denkt, viele volkstümliche Tempel halten sich nämlich nur bedingt wenn überhaupt daran (und buddhistische Tempel schonmal gar nicht).
Dies gilt vor allem für Wohnhäuser und die chinesischen Tempel sind für gewöhnlich wie Wohnhäuser aufgebaut (außer Himmelstempel, die ähneln den Palästen).
Ich bin mal so dreist und zitier mich selbst:
„Es gibt an sich keine Einzelgebäude, Gebäude wurden grundsätzlich als Komplex angelegt. Die Grundeinheit jian beschreibt den Raum zwischen vier Säulen, mehrere jian bilden ein Gebäude, mehrere Gebäude, die um einen zentralen Hof gelegen sind bilden den Komplex. Dieser soll so symmetrisch wie möglich sein. Für gewöhnlich befinden sich die Gebäude entlang einer Zentralachse. Ganz nach der Tradition, deren Werte durch den Konfuzianismus noch mal bestärkt wurden, gilt das Zentrum als übergeordnet. Ferner war der Norden gegenüber dem Süden höher eingestuft, die Linke gegenüber der Rechten und die Front über der Rückseite eingeordnet. Der zentrale Raum des Nordflügels diente als Wohnraum oder Ahnenhalle, im Westen des Nordflügels der Vorstand des Komplexes. Der Süden war grundsätzlich mit Arbeit konnotiert. In alten Wohngebäuden gab es nur zum Innenhof Fenster, ferner war der Innenhof für Frauen und Kinder komplett von der Außenwelt abgeschlossen.“
Volksreligion hat sich sehr oft in die offizielle Religion übertragen, und Geomantik spielte beim Gebäudeaufbau später eine Starke Rolle.
Die spielt sie auch heute noch, geh mal in eine chinesische Hauptstadt: So schöne Bürogebäude wirst du nie wieder sehen.
Aber es gab nie eine Anordnungsvorschrift für die kleineren Einheiten (jian), das ist eine moderne Erfindung.
Auch Gärten unterliegen nicht dem Fengshui, viel mehr wurden diese häufig nach der Balance-Lehre der Yin Yang Schule gestaltet, waren also auf Elementausgleich ausgelegt. Wasser spiele eine wichtige Rolle, aber ein Gartenarchitekt würde den Teufel tun, und für einen Berg im Rücken sorgen:
Das würde seinen Garten zu einem Grab machen.
lg
Kate