Hallo!
die :regelmäßig wiederkehrende Forderung nach Abschaffung des Ehegattensplittings entspringt auch der :Mißachtung der „Hausfrauenehe“.
Die Forderung nach Abschaffung des Ehegattensplittings läßt sich ideologiefrei und ohne Bevorzugung eines bestimmten Familien- und Lebensmodells begründen.
…Am liebsten würden diese Sklaventreiber jede Frau in den Beruf jagen…
Im Gegensatz zu früheren Zeiten bedeutet Arbeit nicht unbedingt monotone Schinderei. Neben Gelderwerb stehen Freude an der Arbeit, Unabhängigkeit und - auch wenn der Begriff etwas abgegriffen ist - Selbstverwirklichung im Vordergrund.
Noch in meiner Elterngeneration galten für Frauen ein möglichst niedriger Schulabschluß, Abwesenheit qualifizierter Berufsausbildung, frühe Heirat, Gebären von mindestens 3 Kindern und in der Folge lebenslange Abhängigkeit vom Ehemann als weit verbreiteter Normalzustand. Das damit einher gehende Patriarchat war für viele Familien die Hölle. Die hohe Scheidungsrate wird heute beklagt, aber in früheren Jahrzehnten scheiterten genau so viele Ehen wie heute. Sie wurden nur nicht geschieden. Nichts ging über die Fassade einer heilen Welt. Eine Scheidung bedeutete bis vor gar nicht langer Zeit das berufliche Aus, gesellschaftliche Ächtung, Verlust öffentlicher Ämter und einen lebenslangen Makel. Jemanden im Suff zu erschlagen oder eine Frau zu vergewaltigen - liebe Zeit, sowas kam schon mal vor und wurde irgendwann vergessen. Aber eine Scheidung war fast so schlimm wie Homosexualität und kam in der Reihenfolge unverzeihlicher Schandtaten gleich hinter Wehrdienstverweigerung und Gotteslästerung.
Eine Ehefrau wußte, bei welchem Arbeitgeber ihr Göttergatte beschäftigt war, aber den Inhalt der Lohntüte kannten viele Hausfrauen nicht. Sie bekamen Haushaltsgeld zugeteilt und Geld für eigene Bedürfnisse mußte heimlich abgezweigt werden. Regelmäßig betrunkene, Frau und Kinder prügelnde Ehemänner gehörten zur Normalität, aus der es für die Betroffenen kein Entrinnen gab. Etliche Männer sahen ihre Position als Alleinernährer gefährdet, sobald die Ehefrau eigenes Geld verdienen wollte. Prozesse wurden geführt, ob ein Mann seiner Frau verbieten kann, einer Arbeit nachzugehen. An den Schulen gab es für Mädchen Nadelarbeit und Kochen, während die männlichen Schöpfungskrönungen im Physikunterricht hockten.
Ich erzähle kein Hörensagen aus Anatolien des 18. oder 19. Jahrhunderts, sondern eigene Beobachtung des ersten Vierteljahrhunderts nach Gründung der Bundesrepublik. Bis in die 70er Jahre hinein waren die Verhältnisse von muffig-staubiger Bigotterie geprägt und das Verhältnis der Geschlechter sowie die verbreitet übliche Rollenverteilung in den Familien war ein Teil davon.
Der unselige Spuk ist je nach Bevölkerungsschicht bis heute nicht restlos überwunden. Immer noch gibt es Eltern, die ihrer Tochter allenfalls eine Friseurlehre zubilligen, weil ihr ohnehin frühe Heirat zugedacht ist. Der Wandel ist aber unübersehbar. So ist es inzwischen Normalität, daß Mädchen in den Schulklassen die Leistungsträger sind. An etlichen Fakultäten der Hochschulen gibt es zwar ausreichend männliche Bewerber, die aber nicht den erforderlichen Notendurchschnitt bringen und so stellen inzwischen junge Frauen an vielen Fachbereichen die Mehrheit und z. B. in der Veterinärmedizin bis zu 90% der Studentenschaft.
Bis heute gibt es Männer, die vor dem gefüllten Kühlschrank verhungern, wenn ihnen nicht ein Mutterersatz eine fertige Mahlzeit auftischt und bis heute gibt es Männer, die verlottern würden, legte ihnen nicht eine Frau allmorgendlich frische Wäsche bereit. Aber auch dabei zeichnet sich ein deutlicher Wandel ab. Für regelmäßigen Geschlechtsverkehr, saubere Hemden und Zubereitung von Mahlzeiten muß man nicht heiraten und mancher, der es aus solchen und ähnlichen Gründen dennoch tut, merkt irgendwann, daß er in der ungleichen Beziehung auf der Strecke bleibt. Es ist auf die Dauer zu dünn, sich nur über die aktuellen Gemüsepreise unterhalten zu können und keine ebenbürtige Partnerin zu haben, die deutlich mehr versteht als Erfüllung „ehelicher Pflichten“. Es ist auch kein besonders angenehmes Lebensgefühl, wenn bewußt wird, daß die Gemeinschaft nur durch finanzielle Sachzwänge zusammengehalten wird und letztlich eine Spielart der Prostitution ist.
Ein Menschenleben dauert inzwischen fast 80 Jahre. Heirat mit 20, so daß nach der Abhängigkeit vom Elternhaus 60 Jahre Abhängigkeit vom Ehemann folgen. Nach meinem Dafürhalten ist das keine erstrebenswerte Lebensperspektive. Auch dem Gemeinwesen ist abträglich, auf die Köpfe der Hälfte der Bevölkerung zu verzichten. Außerdem können wir uns die alte Rollenverteilung materiell schlicht nicht leisten. Nur die Hälfte eines Menschenlebens steht für gewerbliche Arbeit zur Verfügung. Wenn die weibliche Hälfte der Bevölkerung in der alten Rollenverteilung lebt, hat damit jeder männliche Erwerbstätige sich selbst und 3 weitere Menschen zu ernähren. Ohne viel Rechnerei ist erkennbar, daß diese Methode nicht aufgeht.
Vorgegebene Leitbilder für Lebensweisen halte ich für fragwürdig und entbehrlich. Jeder Mensch soll seinen Weg frei wählen, von mir aus auch den Weg als Hausmann oder Hausfrau. Wenn man die freie Wahl des Lebensweges befürwortet, gehört die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit dazu und das Angebot von Ganztagsschulen und Kindergärten wird unverzichtbar. Dabei liegt es im freien Ermessen jeder Frau, ob sie sich einen Pascha antun möchte, der in geputzter Wohnung pünktlich Mahlzeit, Puschen und Bier erwartet. Den nur zu spät geborenen Resten des Patriarchats den Gefallen gesetzlicher Rahmenbedingungen zu tun, die kaum etwas anderes als abhängiges Hausfrauendasein ermöglichen, halte ich für reichlich viel verlangt. Es gibt nämlich Leute - und es werden immer mehr - die des Bedienens der Waschmaschine kundig sind, die selbst kochen können, mit der Instandsetzung einer Hosennaht nicht überfordert sind und entweder eine ebenbürtige Partnerin finden oder dankend verzichten. Was sie nicht im Kopf hat, muß sie zwischen den Beinen haben, führt zur Kneipe als zweitem Zuhause, aber eher nicht zur tragfähigen Partnerschaft.
Kinder werden in den ersten 10 bis 15 Jahren für ihr ganzes Leben entscheidend geprägt. Die Zeit der Großfamilien mit einem halben Dutzend Kindern ist vorbei und so kommen verstärkt Kindergarten und Schule wesentliche Aufgaben in der Sozialisierung von Kindern zu, was aber niemals vollwertiger Ersatz, sondern vielmehr Ergänzung des Elternhauses ist. Dabei wird die Prägung durch Eltern, deren Kommunikation sich nicht nur auf den Haushalt beschränkt und die beide möglichst vielfältige, auch berufliche Interessen einbringen, eine ganz andere sein, als die Prägung durch eine Nur-Hausfrau, die Berufstätigkeit als notwendiges Übel und als Übergangszeit erlebte. Die Vermittlung von Arbeit nicht nur zum Broterwerb, sondern als wesentlicher und gerne gelebter Lebensinhalt ist mitentscheidend für den Bildungs- und Berufsweg eines Kindes. Umgekehrt prägt natürlich auch die Einstellung „wer-irgend-kann-bleibt-daheim-und-entgeht-unangenehmer-Berufstätigkeit“.
Ich erinnere mich an Zeiten, als 16-jährigen Jugendlichen so eine richtig schöne „Karriere“ als Amtmann im öffentlichen Dienst schmackhaft gemacht wurde, weil man hinterher eine Pension bekommt. Jungen Mädchen wurden Briefträger und Eisenbahnschaffner (das waren früher Beamte) ans Herz gelegt, damit sie als Witwen abgesichert sind. Mit solchen Gedankengängen kommt man heute über Lachnummern nicht hinaus, denn wer kommt auf die seltsame Idee, sein ganzes Leben ausschließlich an der letzten Phase desselben auszurichten. Aber nichts anderes geschieht, wenn eine junge Frau auf eine eigene berufliche Perspektive verzichtet. Kinder in die Welt zu setzen und zu erziehen, ist eine wichtige, aber insgesamt nur kurze Phase des Lebens. Danach ist das Leben nicht zu Ende, sondern kaum Halbzeit. Es folgen noch etliche Jahrzehnte Lebensgestaltung. Wie soll das gehen, wenn man sich nach aller Erfahrung auf das unverschämte Glück einer lebenslangen und für beide Partner befriedigenden Ehe nicht verlassen kann (noch nie verlassen konnte)? Wahlweise in ungeliebter Abhängigkeit oder Armut? Von einer Beziehung in die nächste stolpernd, immer auf der Suche nach dem passenden Ernährer? Oder Annahme schlecht bezahlter, weil beliebig austauschbarer Jobs, um sich irgendwie bis zu einer bescheidenen Rente über die Runden zu retten?
Aus meiner Sicht muß es keine Zwänge mehr geben, Lebenspartnerschaften oder Ehen auf Abhängigkeiten zu gründen. Diese Abhängigkeiten entstehen, wenn einer der Partner über keine brauchbare Berufsqualifikation verfügt und/oder über viele Jahre auf Berufstätigkeit verzichtet. In einem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das immer stärker spezielle Fachkenntnisse jedes Einzelnen fordert, halte ich Konstruktionen für überlebt, wenn nicht sogar für verantwortungslos, die Menschen für längere Zeit vom Erwerbsleben ausschließen. Wer trotzdem den Lebensentwurf früherer Generationen wählt, der für Frauen Küche, Kinder und Kochtopf vorsah, muß sich des Risikos bewußt sein, in Abhängigkeit und frustrierender Zweckgemeinschaft zu landen.
Gruß
Wolfgang