Hallo Namensvetter!
Deine Beobachtungen teile ich.
Gerade in unserem Alter ist das Thema ja akut, und ich habe mich auch über das ausgeprägte Schubladendenken v.a. der Frauen aus den alten Bundesländern gewundert. Es gibt nur die von Dir genannten Möglichkeiten. Alternative Modelle, z.B. die selbst organisierte Tagesbetreuung durch „Nur-Mütter“, sind in Deutschland quasi unbekannt. Flexible Arbeitszeiten für Mütter ebenso. Es gibt in Deutschland, unabhängig vom Geschlecht, so gut wie gar kein Grundverständnis für Alternativen zur klassischen Mutter oder klassischen „Karrierefrau“. Und daran sind in der Tat die Männer am wenigsten „schuld“, denn ich habe noch von keinem Firmenchef oder Abteilungsleiter eine Ablehnung auf eine Anfrage einer Frau gehört, die ein flexibleres Arbeitsmodell diskutieren möchte, um ihre Familienplanung vernünftig durchführen zu können.
In fast allen Fällen heisst es, „ich bin schwanger und möchte 3 Jahre wegbleiben“, oder „ich bin schwanger und verlasse die Firma“.
Im Vorfeld(!) kam komischerweise noch keine Frau zu mir oder anderen Vorgesetzten, die ich kenne. Egal welchen Geschlechtes sie sind.
das Problem mangelnder Solidarität unter Frauen mit Blick auf
Aspekte, die man gemeinhin als emanzipatorisch und somit
potentiell von allen Frauen gleichgerichtet vertreten annehmen
sollte habe ich auch schon gehört.
Mehrere mir bekannte Frauen klagen darüber, dass sie dort, wo
sie gleiche Rechte für sich als Frau wie Für Männer
einfordern, insbesondere im Bereich beruflicher
Selbstverwirklichung, nicht nur Gegenwind von Männern, sondern
auch, bzw. teilweise noch viel mehr von anderer Frauen
bekommen.
Ich sehe hier oft auch den Neid unter den Frauen.
Worauf auch immer.
Dieses Thema steht vielen gewaltig im Weg.
Ich vermute, dass liegt jedoch weniger an einer mangelnden
Grundsolidarität in Fragen der Emanzipation, sondern daran,
dass in bestimmten Fragen einfach andere Aspekte überwiegen
und nunmehr Konflikte aufbrechen, die es früher kaum gab.
Gerade bei der Frage, Beruf oder Kinder, bzw. Beruf und daher
wieviele Kinder, bzw. Beruf und daher Kindertagesstätte, etc.
habe ich schon selbst fast terrorartige Anfeindungen unter
Frauen miterlebt.
Das ist m.E. schon fast eine Art pawlowscher Reflex.
SObald eine andere Frau den Anschein macht, eine „bessere“ Lösung gefunden zu haben, wird die eigene, abweichende Ansicht vehement verteidigt, egal was die Faktenlage für alternative Schlüsse zulassen mag.
Wenn eine Frau sagt, ich will keine Kinder, weil ich Karriere
machen will trifft das zunächst mal auf die Kritik der
„geburtsverwiegernden Akademikerinnen“. Diese wird bereits von
beiderlei Geschlecht vertreten, übersieht aber irgendwie, dass
diese Frauen gar nicht in der Lage wären, sich für das eine
oder andere entscheiden zu müssen, wenn nicht aufgrund noch
immer überwiegend männlicher Grundverweigerung, zwischen Beruf
und Kindern zu entscheiden, diese Entscheidung allein auf
ihnen lastet.
Verweigern sich die Männer denn alle so sehr?
Für mich persönlich gibt es hier ein paar Fragen ganz nüchtern zu sehen:
-
in den ersten Monaten braucht das Kind die Mutter definitiv, allein schon wegen des Stillens. Ein zu stillender Säugling hat m.E: am Arbeitsplatz nichts verloren, er braucht zu viel Aufmerksamkeit, so dass konzentrierte Arbeit kaum möglich ist.
-
die meisten Frauen sind gar nicht bereit, offen mit ihrem (männlichen) Vorgesetzten über die zukünftige Familienplanung und die Möglichkeiten diesbzgl. im Unternehmen zu sprechen.
Es werden vollendete Tatsachen geschaffen und dann das Mutterschutzgesetz bemüht.
Ich schätze, dass die meisten männlichen „Chefs“ (viele sind ja auch Väter und kennen das Thema) begeistert wären, wenn sie mit ihren Mitarbeiterinnen zusammen im Vorfeld bereits planen könnten.
Wenn eine Frau aber zB. in einer Runde sagt, ich gehen recht
schnell nach der Geburt wieder arbeiten und das Kind kommt in
der Zeit da und dahin, dann muss man sich mal ansehen, wie sie
von anderen Frauen geradezu zerfleischt und als Rabenmutter
dargestellt wird.
Das ist eben das Problem der absoluten Intoleranz gegenüber anderen Lebensplänen.
Wir hatten hier im Freundeskreis dazu auch schon die spannendsten Diskussionen.
Manchmal kam ich mit bei Mädels, die ich seit der Schule kenne und die früher immer völlig offen für alle möglichen ALternativen waren nach realisiertem Kinderwunsch vor, wie in den 50er Jahren.
Da haben sich die meisten dann eben doch den soliden Mann mit gutem Einkommen und gesichertem Familienhintergrund gesucht und bleiben nun „erst mal“ zu Hause. Die Kinder in meinem Umfeld sind alle zwischen 3 MOnaten und 6 Jahren alt. Mal sehen, was noch an beruflichen Ambitionen kommt. Bei den meisten weiß ich: nichts. Nur dazu stehen können sie nicht. Da werden Abendstudiengänge nach 10 Jahren während des Stillens beendet, Kleingewerbe nebenbei aufgemacht, bei Papi in der Firma „mitgearbeitet“ (natürlich mit Arfbeitszeiten von 5h/Woche und voll flexibel, also eigentlich vollkommen unplanbar).
Da kann einem die junge Mutter hierzulande nur Leid tun.
Aber es gibt auch andere Beispiele, die ihr Muttersein nun einfach geniessen und ganz offen sagen, sie würden später sehen, ob sie wieder arbeiten wollten. Zunächst sei so alles bestens.
Oder eine andere mir gut bekannte Mutter, die ihre 2-jährige Tochter nun stundenweise bei Freundinnen, Oma, Tante „parkt“, um halbtags ihrem Beruf wieder nachgehen zu können. Selbst organisiert, nicht super einfach, aber es funktioniert bestens und die Kleine profitiert m.E. sehr von ihren zahlreichen Bezugspersonen.
Und komischer Weise ist das genau immer der Typ von Frau, der
selbst keinerlei berufliche Ambitionen hat, sondern sich
schnell ein gut verdienendes Männchen angelte. Diese scheinen
da wohl plötzlich ihre Wertigkeit verletzt zu sehen, wenn eine
andere Frau mehr als nur 100% Kind im Leben erstrebenswert
findet.
…und v.a. in der Lage ist, das dann auch zu organisieren.
Als meine Frau und ich um Geburtsvorbereitungskurs waren,
erdreistete sich meine Frau, die jetzt kurz vor dem 2.
Staatsexamen ausgesetzt hat, zu sagen, dass wir nach 3 Monaten
ein Au pair Mädchen haben, welches sich während sie lernt auch
zeitweise um das Kind kümmert. Das war echt lustig, was da von
allen seiten, aber nur weiblicher (obwohl auch Männer dabei
waren) auf sie eintrommelte. Und wieder waren es genau diese
Typen.
Viele davon gefallen sich ja in der „was ich alles hätte tun können“ - Rolle.
Man hat ja irgendwas studiert und erzählt dann, welch großartige Karriere man (natürlich gerne) zugunsten der Kinder geopfert habe.
Dass einige davon, wie Männer und kindelrose Frauen eben auch, trotz ihrer Ausbildung nur irgendwo im Büro für 30.000 Euro versauert wären wenn sie keine Kinder bekommen hätten, ist natürlich klar. Nur muss man sich damit dann ja nicht beschäftigen, man hat ja nichts bewiesen.
Ich denke der Punkt ist einfach der, dass manche (vielleicht
viele, wer weiß) Frauen sich in klassischen Rollen wohl
fühlen. Wie oft habe ich schon den Satz gehört, „ich mach
jetzt mal ne Ausbildung, aber eigentlich will ich Mutter sein
und das ist jetzt nur übergangsweise bis dahin.“ Ist ja auch
in Ordnung, jeder soll glücklich werden, wie es für ihn
richtig ist. Da passt dann aber auf einmal eine andere Frau in
einer abendlichen Gesellschaft, die was von ihrem
erfolgreichen Job erzählt, nicht rein und dann gibts (sorry
für den Ausdruck, aber es passt einfach so gut) Zickenkrieg.
So ist es.
Manche führen nämlich den von mir weiter oben genannten Beweis, studieren schnell und werden aus einem bereits sehr guten Job heraus schwanger. Das sind dann aber diejenigen, die nicht mehr groß diskutieren, sondern sich meist ganz klar für entweder Voll-Kind oder Voll-Karriere mit erstklassiger externer Kinderbetreuung entscheiden.
Frauen mit einer echten Karriere im Hintergrund habe zumindest ich persönlich nie in einem Teilzeitjob gesehen.
Abteilungsleiter aufwärts kann man eben auch nicht in Teilzeit machen. Messen und Großprojekte, die geleitet werden wollen, richten sich eben auch nicht nach dem Masernzyklus im Kindergarten.
Das ist jetzt nur ein Bereich und nur beispielshaft genannt.
Aber das Phänomen der uneinheitlichen Emanzipation und die
Aussage, dass manche Frauen dieser mehr Schaden als alle
Männer zusammen, hört man oft. Ob das gut oder schlecht oder
sonstwie zu beurteilen ist, sollen andere beantworten.
Es ist m.E. weder das eine, noch das andere.
Manche Frauen brauchen vielleicht diesen Gesellschaftlichen Druck, um ihre ENtscheidung treffen und verteidigen zu können. Für andere ist es einfach nur lästig, sich für ihren Plan zu rechtfertigen.
Aber es
ist da und zeigt, dass letztlich Eigeninteressen irgendwie
immer wieder über Gruppeninteressen und langfristige Ziele
überwiegen (wohl auch normal).
„Normal“ wäre wohl eher die Kindeserziehung in der Gruppe zusammen mit der Dorfgemeinschaft.
Das ist aber heute kaum noch drin, da ja v.a. die „Spätgebärenden“ eine Wissenschaft aus der Klainkinderaufzucht machen, die nur sie selbst bis zur Vollendung beherrschen. Deshalb tun sich viele auch so schwer bei der Eigenorganisation von Kinderbetreuungsangeboten. Die Nachbarin „hat ja gar keine Ahnung“.
Daher bewegen sich die Mütter in diesen Jahren in einem weitghehend selbst erschaffenen Dilemma. Schuld daran sind Männerwelt und Rabenmütter bzw. Nur-Mütter. So kann man dann die eigene Unzufriedenheit bestens kanalisieren und sozialisieren, anstatt vor allem das Leben vor(!) der Realisierung des Kinderwunsches grundlegend und so weit wie möglich auf selbigen anzupassen und dann(!) die Sache zu geniessen.
Grüße,
Mathias