Freund (28) ohne "Zukunftsaussichten", was wird aus unserer Beziehung?

Hey Leute,

ich brauche echt Eure Hilfe. Ich (26) bin mit meinem Freund (28) seit drei Jahren zusammen und wir führen eine an sich sehr schöne Beziehung, aber wenn es um seine und folglich auch eventuell unsere Zukunft geht, gibt es immer wieder Konflikte, die wir bisher noch nicht wirklich lösen konnten.

Er absolvierte bis vor einiger Zeit ein sozialwissenschaftliches Studium, mit dem er unzufrieden war, was genau, konnte er nicht sagen. Anstelle sich aber eine Alternative zu suchen, machte er seit zwei oder drei Jahren (So genau weiß ich das nicht, weil er an der Stelle immer abblockt und ich das mit der Zeit auch erst mitgekriegt habe.) aber einfach gar nichts mehr. Er hat mal eine Vorlesung hier, ein Seminar dort angefangen, aber sich nirgends je Mühe gegeben und alles letztlich abgebrochen. Sein Problem scheint darin zu liegen, dass er sich gedanklich recht schnell aus dem Kurs ausklinkt und viel zu wenig Zeit in Hausarbeiten und Klausurvorbereitung investiert, weshalb er letztlich nicht zum Prüfungstermin erscheint oder eine Hausarbeit abgibt, weil er eh durchfallen würde. Es ist definitiv nicht so, dass ihn die Stoffmenge und -inhalte per se überfordern würden, aber regelmäßige Arbeitsbereitschaft ist bei ihm nicht gegeben. Jetzt wurde er seitens der Uni auch zwangsexmatrikuliert und hat nun außer dem Abitur „nichts“ mehr. Selbst an dieser Stelle leitet er aber bisher keine Alternativmaßnahmen ein, ob anderes Studium, Ausbildung oder erstmal jobben. Er grübelt nur und möchte seine Gedanken und Vorstellungen aber auf gar keinen Fall mit mir oder irgendjemand anderem teilen.

Außerdem weigert er sich konsequent, sich einen Nebenjob oder zumindest einmal einen Praktikumsplatz zu suchen. Damit könnte er zumindest etwas Geld verdienen und/oder besser herausfinden, was ihm liegt. Das würde ihm ja vielleicht etwas Selbstbewusstsein geben, sodass er sich sukzessive mehr zutrauen könnte. Seine Eltern finanzieren ihn zwar, sind aber mit der Situation verständlicherweise auch mehr als unzufrieden, weil sie ihren Sohn von fast 30 Jahren gerne längst schon in die Unabhängigkeit entlassen hätten.

Ich habe ihm angeboten, mit ihm auf Stellensuche zu gehen, bei der Bewerbung zu helfen, ein paar Interviewsituationen durchzugehen, habe ihm Beratungs- und Workshopangebote vorgelegt, aber entweder kommt nur ein wortkarges „Danke“ oder ich kassiere einen passiv-aggressiven Spruch. Das verletzt mich sehr, weil ich ihm wirklich helfen und ihn unterstützen möchte. Ich bin dabei auch immer ganz behutsam, weil ich ihn dabei auch nicht bevormunden möchte. Denn er ist sicher auch nicht zu doof, um das alleine hinzukriegen, aber er kümmert sich halt einfach nicht von selbst. Ich habe das Thema auch schon monatelang ruhen lassen, damit er sich nicht bedrängt fühlt, aber auch diese „Strategie“ verlief ergebnislos.

Mittlerweile ist die Situation halt auch einfach an einem Punkt angelangt, wo sich Arbeitgeber natürlich fragen, warum er bisher noch nichts Nennenswertes in seinem Lebenslauf stehen hat. Das wird schwierig für ihn, da etwas zu finden, aber irgendwo muss er halt diesen Teufelskreislauf auch endlich einmal durchbrechen und sich vielleicht erstmal mit ein paar einfachen Jobs begnügen. Dafür ist er sich dann aber auch zu schade, eine Verkehrszählung zu machen, Flyer zu verteilen oder sonst irgendwas zu arbeiten.

Er ist auch seit einem Jahr in Therapie, um etwas an seinem Verhalten zu ändern, aber die Therapiestunden empfindet er als lästig, nicht hilfreich und generell als Zeitverschwendung. Er tut sich auch dort sehr schwer, seinen Beitrag dazu zu leisten (Gedanken aussprechen, aufgetragene „Hausaufgaben“ wie Zeitpläne erstellen, Routinen verfolgen, etc.). Er will die Therapie auch seit Längerem schon abbrechen, kümmert sich aber noch nicht einmal darum. Erst hatte er sogar versucht, seine Therapiestunden vor mir zu verheimlichen, obwohl ich dem gegenüber überhaupt keine Vorbehalte habe und seine Therapie nach seinem „Geständnis“ sogar begrüßt habe; vielleicht würde es ihm ja helfen.

Ich selbst werde mein Studium bald beenden und ins Berufsleben starten. Zwischendurch war ich aus Zukunftsangst auch wie gelähmt, aber irgendwo begann ich dann die Sache auch pragmatisch zu sehen: Ich will eine gesicherte Existenz (nicht unbedingt das große Geld) und dafür muss man nun einmal etwas tun. Ich lerne also viel und arbeitete auch immer schon nebenher, um mir meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Bei ihm ist es wiederum überhaupt nicht so und ich merke auch, dass ihn das fertig macht, dass das Thema Zukunft bei mir ganz gut läuft. Manchmal kassiere ich einen doofen Spruch, dass ich ja sowieso kaum Zeit für ihn hätte, aber mein Alltag sieht halt einfach anders aus als seiner. Es wäre ja auch total egal, was er macht, Hauptsache er schafft es irgendwie aus seiner Passivität. Auch wenn er für seine Zukunft nichts tut, weiß er selbst, dass die Situation nicht so bleiben kann. Nur seit zwei Jahren auf Familienfeiern seinen Verwandten erzählen, er wolle sich bald mal ein Praktikum oder so suchen, das kann es halt auch nicht gewesen sein…

Mittlerweile zermürbt das Thema unsere gesamte Beziehung. Ich möchte ihn wirklich unterstützen, ob bzw. zu welchem Grad, muss er entscheiden. Seelisch und moralisch hat er natürlich immer meinen Beistand. Das habe ich ihm auch gemau so gesagt. Aber auch ich kann meine Bedürfnisse an die Beziehung nicht negieren: Ich würde gerne einmal mit ihm in den Urlaub und ans Zusammenziehen denken wir auch. Er lässt auch immer mal wieder das Thema Kinder anklingen. Nur seine Probleme und der finanzielle Aspekt dessen holen schnell wieder auf den Boden der Tatsachen. Er ist auch wirklich sehr liebenswert und respektvoll, wir haben viele Gesprächsthemen, untermehmen etwas mit gemeinsamen Freunden. Aber wehe seine Zukunft wird angesprochen, dann wird er mürrisch und wortkarg. Ich kann manchmal nicht schlafen oder habe komische Träume, in denen es um seine schwierigen Zukunftsaussichten geht. An diesem Punkt muss ich eben auch auf mich Acht geben und wenn es sich nicht bessert, bliebe dann wohl nur, so sehr es auch schmerzt, die Trennung…

Wie sind Eure Gedanken diesbezüglich? Habt Ihr eine Idee, was man für ihn noch tun könnte, was für ihn hilfreich wäre? Wie gesagt, die Verzweiflung ist echt groß. Die Beziehung hängt durch die Gesamtsituation einfach total in der Schwebe und ich empfinde diesen Zustand mehr als belastend. Ich wäre Euch sehr dankbar!

Ich will dich nicht provozieren, aber: Nein, dein Posting klingt für mich nicht danach.

Ganz spontane Idee? Geh mal in seine Therapiesitzung mit (sprich: bringt euch als Paar dort ein; ob das möglich ist hängt von seinem Therapeuten und dessen Setting ab). Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der Pfeil in „seine fehlenden Zukunftsaussichten -> unsere schlechte Beziehung“ nicht ganz passt.

Ansonsten gehts natürlich vorrangig um dich: Was kannst du für dich tun?

Gruß
F.

Hallo.

Dein Freund ist doch in einer sehr komfortablen Situation: Er wird finanziert, er hat eine Freundin, die sich um alles kümmert - da ist doch überhaupt kein Leidensdruck.
Er hat psychische Probleme, die Therapie bringt aber nix: Möglicherweise ist es die falsche?
Oder der falsche Therapeut? Ein Wechsel könnte helfen.

Stell ihn vor die Wahl: Entweder er rafft sich - mit deiner Unterstützung - auf, oder du bist weg. So jedenfalls kann das für dich nie was Gescheites werden.

Gruß,

Kannitverstan

Vielen Dank für die Antwort.

Zugegeben, ich fühle mich jetzt etwas angegriffen durch Deine Vermutung, dass ich ihm emotional nicht beistehen würde. Ich versuche ihn so gut wie möglich zu verstehen, suche wirklich das Gespräch mit ihm und habe noch nie auf ihm herumgehackt. Häufig schlucke ich seinen Frust auch runter, wenn ein doofer Spruch von ihm kommt, weil er selbst nicht klarkommt. Ich denke manchmal auch nicht immer nett von ihm, weil das alles so schwierig für mich ist und mich einfach fertig macht. Das ist hart, wenn wir uns beide nach einem Mehr sehnen, aber eine finanzielle Grundlage seinerseits dafür fehlt und er nichts daran ändert bzw. ändern kann.

Seine Einzeltherapie mitzubesuchen halte ich für keine gute Idee und sehe auch keinen Sinn dahinter. Diese Therapiestunden sind als sein ganz privater und geschützter Raum mit professioneller Unterstützung gedacht, sonst hätte er sie sich nicht gesucht.

Ich habe auch viel über eine behutsame Kommunikation mit ihm nachgedacht und so feinfühlig und reflektiert bin ich wahrscheinlich noch nie mit jemandem umgegangen, weswegen ich auch nicht sehe, warum es noch Gründe meinerseits geben könnte, dass etwas außer seinen schwierigen Zukunftsaussichten unsere Beziehung belastet. Oder was vermutest du da, dass da noch ist?

1 Like

Ich will dir das nicht Abrede stellen, sicherlich nicht.
Ich nehme in dem, wie du über ihn sprichst, unterhalb eines ehrlichen Bemühen, das sehr wohl auch rüber kommt, schon auch viel Druck auf ihn und letztlich auch recht harte Urteile über ihn wahr.

Kann es sein, dass es für dich auch ganz bequem ist, wenn nur er in Therapie geht und wenn wir überlegen sollen, was wir nur „für ihn noch tun könnten“?

Ich denke, dass ihr beide ziemlich komplex miteinander verbunden seid (sonst würdest du beispielsweise diese Verzweiflung und Hilflosigkeit auch nicht empfinden, sondern kurz und schmerzlos aus dem „Teufelskreislauf“ fliehen).
Vor dem Hintergrund finde es entsprechend auffällig wie stark in deinem Posting euer Beziehungsproblem zu seinem Problem wird.
Mehr „vermuten“ kann und will ich gar nicht, immerhin kenne ich euch nicht über dieses eine Posting hinaus.

Gruß
F

1 Like

Hallo,

sprich mit seinen Eltern und versuche sie zu überzeugen, daß sie die Zahlungen mit entsprechender Ankündigung in (z.B.) drei Monaten einstellen sollen. Gleichzeitig mußt Du natürlich sicherstellen, daß er sich nicht bei Dir durchschnorren kann.

Gruß
C.

Hallo.
Ich fürchte, Du stellst Dir die falsche Frage. Es müsste lauten: „was macht dieser Mensch für mich, sollten wir unsere Beziehung aufrechterhalten? Und wie sieht die Zukunft aus?“
Lese Dir Dein eigenen Beitrag sorgfältig durch - die Antworten hast Du schon längst gefunden. Ich denke, Du bist noch nicht bereit sie zu akzeptieren, wirst aber, Deiner Zukunft willen , letztendlich müssen.
Sch

Wo siehst Du da Druck und harte Urteile über einen fast 30jährigen der nichts auf die Reihe bekommt ausser seinem Nichtstun?

Was soll das den heißen, der Mann ist erwachsen, soll sie ihn kritiklos, pampernd und händchenhaltend durchs leben begleiten?

Ja wessen Problem ist es denn? Ihres die studierend und nebenjobbend ihren Lebensunterhalt bestreitet und auch ihr Leben meistert?

Genau das ist es und zwar aus einer scheinbar männlichen Sicht mit ähnlichen Verhaltensmustern wie der des Partners der Threaderstellerin. ramses90

3 Like

Nunja, er drückt sich konsequent vor den Themen Studium/Ausbildung und Lebensunterhalt bestreiten und ist zudem 28 Jahre alt. Niemand verlangt von ihm einen straffen und geradlinigen Lebenslauf. Auch ohne vielleicht den optimalsten Start und trotz längerer Selbstfindungsphase kann er da seinen Weg noch finden. Nur er muss dafür aktiv etwas tun. Und ja, da ist ein gewisser Druck gegeben, wenn er gerne mit mir zusammenziehen möchte und sich eine Familie mit mir wünscht, ich mir das auch super vorstellen kann, er aber bisher überhaupt gar keine finanzielle Grundlage dazu beitragen kann oder in Aussicht hat. Er macht mir damit Hoffnungen, die allerdings mit seiner derzeitigen Situation nicht kompatibel sind. Und seine Eltern wollen ihn eben auch seit vielen Jahren schon nicht weiter finanzieren, befürchten aber, dass er sich noch nicht einmal um Arbeitslosengeld bemüht. Es geht jetzt auch gewiss nicht darum, dass er viel verdient, aber zumindest eine geregelte finanzielle Basis braucht einfach nun einmal jeder Mensch zum leben. Das weiß er auch, handelt aber nicht entsprechend, nicht ein einziger Versuch. Und damit hat er eh den meisten Druck sich selbst gegenüber, weil es zunächst einmal um seine Existenz geht. Ich habe das Thema auch viele Monate schon ihm gegenüber nicht thematisiert, weil das eventuelle Gefühl von Druck und Bevormundung meinerseits ihn zusätzlich belasten könnte. Aber das Thema kam und kommt einfach so oder so immer wieder auf ihn zu, ob unerfreuliche Unibriefe, Therapiestunde, Eltern, deren Konto kein Füllhorn ist, Verwandte/Freunde, die ihn darauf ansprechen, und eventuell bald das Jobcenter. Wer sich nicht um Arbeit und Zukunft kümmert, erfährt halt einfach einen enormen Druck von allen Seiten, was unerträglich sein muss und zusätzlich lähmen kann. Das tut mir auch furchtbar leid für ihn, da denkt man viel über den Sinn der Welt nach, aber es nützt ja alles nichts: Er muss sich aus finanziellen Gründen um etwas bemühen, auf jeden Fall für seine, aber eventuell eben auch für unsere Zukunft.

Und ich finde, dass ich da, auch wenn er diese Frage natürlich eigentlich beantworten müsste, verständnisvoll, ruhig umd konstruktiv bin. Ich habe das auch erst über die Zeit herausgefunden, was ihn alles so bedrückt, weil es ihm peinlich war. Aber im Endeffekt ist das Thema seit Beginn unserer Beziehung gegenwärtig und das zermürbt einfach irgendwann.

Natürlich ist es bequem, die Fehler an meinem Partner zu suchen, aber in erster Linie hat er nun einmal einfach ziemlich offensichtliche Probleme und er muss daran arbeiten. Warum sollte ich mir auch über eine Therapie für mich Gedanken machen, wenn diese ihn betreffende Problematik gegeben ist? Und eine gemeinsame Therapie, also eine Paartherapie, muss privat finanziert werden, was ich jetzt nicht wirklich einsehe, zumal er sie nicht mitbezahlen könnte. Er hätte diese Probleme auch ohne mich, aber dadurch, dass wir beide uns eine gemeinsame Zukunft vorstellen, werden es auch Beziehungsprobleme.

Und er tat den ersten Schritt dabei, wollte mit mir zusammen sein, seit längerem eben auch zusammenziehen, Ehe umd Kinder. Emotional schreie ich da auch nach einem „Ja!“, aber eine finanzielle Basis ist dafür nicht gegeben. Ich kann und möchte nicht komplett für ihn aufkommen, für die gesamte Miete, Essen, Freizeit, vielleicht einmal gemeinsame Kinder, aber wenn er sich um nichts bemüht, läuft es ganz gewiss darauf hinaus. Wenn er sich mehr um die Kinder kümmern würde, mal arbeitslos werden sollte oder keinen Job findet, wäre das etwas ganz anderes, weil zumindest der Tatendrang gegeben ist. Das hier ist keine materielle, sondern eine existenzielle Problematik und es geht dabei ums Prinzip.

Ich bin einfach mit meinem ABC am Ende, was ich für ihn tun könnte, und hatte mich an ein Internetforum gewendet. Grund genug sah ich.

3 Like

Darin, dass du als einer, der den Menschen gar nicht kennt, nun den Eindruck hast, es handle sich um „einen fast 30jährigen der nichts auf die Reihe bekommt ausser seinem Nichtstun?“.
Verstehst du, was ich dir damit sagen will?

Nein, meinetwegen soll sie das ganz und gar nicht.

Sehr gute Frage!

:wink:

Willst du mir damit mitteilen, dass ich ebenfalls ein „fast 30jährigeretwas über 40jähriger der nichts auf die Reihe bekommt ausser seinem Nichtstun?“ bin?

Gruß
F.

1 Like

Um darauf noch kurz einzugehen.
Ich habe weder vorgeschlagen, dass du dir eine Therapie suchen solltest noch partout eine Paartherapie, sondern, dass du dich -wenns denn möglich sein sollte und dein Partner das überhaupt wollte- in seine Therapie (die offenbar nur so dahin plätschert) aktiv einbeziehen lässt.
Das ist bei vielen Therapeuten nicht möglich, bei manchen schon, die das dankbar aufnehmen (können).
Das Finanzierungsproblem würde sich dabei nicht stellen.

Was ich aber (auch damit) eigentlich sagen wollte: Wenn du meinst, ihr habt eine gemeinsame Zukunft, indem er sein Problem in den Griff bekommt, dann glaube ich sehr stark, dass du dich irrst, weil ich glaube, dass die Dinge komplexer sind.

(Dass dein Partner ein Problem mit sich selbst hat und sich selbst im Weg steht, wollte ich übrigens gar nicht bestreiten. Bei deiner Frage gehts aber um Beziehungsprobleme - und Variationen des oft gehörten „alles wäre super, wenn er oder sie nur das eine nicht …“ stehe ich extrem skeptisch gegenüber, weil sich das immer schnell in größere Komplexität auflöst, sobald man da von einer dritten Position aus etwas genauer drauf schaut.)

Alles Gute!
F,

1 Like

Hi,

das ist natürlich der Klassiker bei der Eröffnung der Beschreibung eines Beziehungskonfliktes: „Eigentlich lieben wir uns, aber …“ Das „aber“ ist dabei der Anfang der Erkenntnis, daß „schöne Beziehung“ bzw. „Liebe“ und Management des Zusammenlebens zwei Paar sehr verschiedenene Schuhe sind (genau genommen zwei von drei Paar unabdingbarer Schuhe).

Bei deiner Äußerung

machte er seit zwei oder drei Jahren (So genau weiß ich das nicht, weil
er an der Stelle immer abblockt und ich das mit der Zeit auch erst
mitgekriegt habe.) aber einfach gar nichts mehr.

stellt sich dem Leser die Frage: Was tut er denn überhaupt den ganzen Tag? Ich meine, das dürfte doch etwas sein, das über drei Jahre, also seit Anfang euer Beziehung, durchaus deiner Beobachtung zur Verfügung gestanden haben müßte?

Mit deinen Statements (ich sammle sie einmal):

… was genau, konnte er nicht sagen
… an der Stelle immer abblockt
… sich nirgends je Mühe gegeben und alles letztlich abgebrochen.
… regelmäßige Arbeitsbereitschaft ist bei ihm nicht gegeben
… leitet er aber bisher keine Alternativmaßnahmen ein,
… weigert er sich konsequent, sich einen Nebenjob … zu suchen.
… Er grübelt nur und möchte seine Gedanken und Vorstellungen aber auf gar keinen Fall mit mir oder irgendjemand anderem teilen.
… entweder kommt nur ein wortkarges „Danke“ oder ich kassiere einen passiv-aggressiven Spruch.
… diesen Teufelskreislauf auch endlich einmal durchbrechen … Dafür ist er sich dann aber auch zu schade

beschreibst du eine Person mit einem eklatanten (und damit therapiebedürftigen) Selbstmanagement-Problem, mit dem, wenn es nicht bewältigt wird, unweigerlich der Kollaps ihrer sozialen Existenz vorprogrammiert ist. Sie ist ausschließlich auf soziale und private Unterstüztung (nämlich in diesem Fall die deinige) angewiesen.

Allein damit stellt sich schon die Frage, ob das - ganz unabhängig von einer ansonsten „schönen Beziehung“ - eine Voraussetzung für eine Lebensgemeinschaft sein kann.

Nun die andere Seite der Medaille:

… Ich habe ihm angeboten, mit ihm … zu gehen
… zu helfen
… habe ihm …angebote vorgelegt
… Seelisch und moralisch hat er natürlich immer meinen
Beistand. Das habe ich ihm auch gemau so gesagt

Das hört sich so an, als betätigst du ihm damit eine unheilbare „Behinderung“, von der er ja tatsächlich gar nicht geheilt werden will?

Das kann man durchaus folgendermaßen so auffassen: Du hast ihn in seinem unabdingbaren Abhängigsein auf externe Hilfe, nämlich auf die deinige, auf die er sich kompett eingerichtet hat, bestätigt. Du hast das als deine Rolle in euerer „schönen Beziehung“ akzeptiert und findest deine Identität darin. Das zeigt sich in deiner Äußerung (daß er dir blöde Sprüche bringt, ohne die Hilfe tatkräftig in Anspruch zu nehmen)

Das verletzt mich sehr …

statt daß es dich - zum Beispiel - wütend macht. Und du hast damit:

… Ich möchte ihn wirklich unterstützen, ob bzw. zu welchem Grad, muss er entscheiden

indem du es zu seiner Entscheidung machst, statt daß es von deiner Entscheidung abhängt, deine eigene dependente Rolle in diesem Beziehungsszenarium für dich definiert.

Und noch vielmehr unterstützt und bekräftigst du ihn in seiner (zumindest in deiner Beschreibung dargestellten) pathologischen Lethargie, auf deren „Pflege“ er ja sogar (wiederum laut deiner Darstellung) aggressiv besteht:

… Ich bin dabei auch immer ganz behutsam, weil ich ihn dabei auch nicht bevormunden möchte
… Denn … er kümmert sich halt einfach nicht von selbst.
… das Thema auch schon monatelang ruhen lassen, damit er sich nicht bedrängt fühlt,

Soviel liebevolle (ist es das wirklich?) Vorsicht und Rücksichtnahme? Bei jemandem, der (ich will immer wieder betonen: laut deiner Personbeschreibung), der letztlich ohne „Bevormundung“ gar nicht sozial überlebensfähig sein dürfte?

Im analogen Falle eines Suchtverhaltens nennt man das übrigens „Ko-Abhängigkeit“. Die Person wird in ihrem tragischen, destruktiven Selbstmanagement „aus Rücksicht“ unterstützt, und damit bestätigt. Die Motivation zur unabdingbar notwenigen Eigeninitiative wird damit blockiert.

Und laut deiner Darstellung eskaliert das Ganze ja auch noch in einer Selbstverstärkung:

… aber die Therapiestunden empfindet er als lästig, nicht hilfreich und generell als Zeitverschwendung.
… Er will die Therapie auch seit Längerem schon abbrechen

Du dagegen hast, wie aus deinem Bericht hervorgeht, deine Lebensgestaltung und deine Lebenspläne konsequent und energisch im Griff. Aber wirst von ihm darin auch noch gebremst:

… Manchmal kassiere ich einen doofen Spruch, dass ich ja sowieso kaum Zeit für ihn hätte …

und du entschuldigst dich auch noch quasi dafür!?

… aber mein Alltag sieht halt einfach anders aus als seiner

Was auch auffällt: Du sagst

Mittlerweile zermürbt das Thema unsere gesamte Beziehung.

Aber du sagst nicht etwa, es zermürbe dich in euerer Beziehung (was nämlich tatsächlich der Fall ist)! Denn nach allem, was du schreibst, zermürbt es ihn doch gar nicht!? Oder siehst du in der Tatsache, daß er dir als Vergütung für deine Haltung ihm gegenüber, bloß freche Sprüche kontert, ein Zeichen seiner Zermürbung? Sieht er eure Beziehung in Gefahr, weil du ihn in seinem Verhalten bestätigst und es auch noch unterstützt?

Wenn man seinen Umgang mit sich selbst, insbesondere auch das dir gegenüber, betrachtet, und dazu deinen sein Verhalten verstärkenden Umgang mit ihm, insbesondere aber auch deinen Umgang mit dir und deinen Lebenszielen, möchte man fast sagen: Ihr paßt zueinander wie Topf und Deckel.

Wenn du aber deine eigenen, mit offenbarer Energie verfolgten Lebensziele in den Brennpunkt nimmst, dann möchte man dir gerne empfehlen, die Frage mal sorgfältig zu erwägen, ob du die Beziehung weiterführen willst bzw. solltest. Und wenn du die Beziehung einmal in Frage stellst und dies auch ihm so präsentierst (!), könnte das auch ein letzter Anstoß für ihn sein, an sich selbst energisch zu arbeiten.

Gruß
Metapher

Du hast eine mögliche Grundstruktur der Beziehungsdynamik der beiden herausgearbeitet - und diese großartig und kundig wie von dir gewohnt dargestellt!

Ich habe eine gänzlich andere im Gefühl, aber eins bleibt:

Gruß
F.

2 Like

Natürlich, Grund genug. Was ich oben andernorts angedeutet hab: Was du für ihn tun könntest, ist, daß du radikal aufhörst, etwas für ihn zu tun. Kein „AndieHandnehmen“ mehr! Du - und auch seine Eltern mit ihrer Haltung:

ihr unterstützt und verstärkt ihn damit, ohne es zu wollen, in seinem infantilisierenden Selbstmanagement. Er verläßt sich auf die von euch garantierte Hilfe. Wie ein Säugling, dem jede körperliche und seelische externe Versorgung garantiert wird. Und das, ohne „Liebesverlust“ befürchten zu müssen. So hat er gar meine Motivation, sich selbst um sein soziales Überleben bemühen zu müssen. Er braucht diese Motivation ja auch gar nicht.

Wenn ihr aufhört, ihn zu „ernähren“, wird er erst in die Lage versetzt, seinen eigenen Überlebenswillen zu re-aktivieren. Wenn ihr damit nicht aufhört, tragt ihr dazu bei, daß er in dieser pathologischen Lebensphase stecken bleibt. Dann aber wird er kein Mann sein, mit dem frau Familie und Kinder intendieren kann.

Gruß
Metapher

5 Like

Also das wäre ja wohl total falsch. Es ist doch nicht die Rolle der Freundin, sein Leben zu verändern und ihn und seine Eltern zu erziehen!
Klar, er muss den Arsch hoch kriegen, aber als Freundin hat sie sich wirklich nicht in seine Familie einzumischen… Da wird sie bloß zum Sündenbock.

2 Like

dass du ein Helfersyndrom hast und ihr diesbezüglich wirklich zueinander passt wie Topf und Deckel, wie es hier schon jemand gesagt hat.

Du wirst ihn nicht ändern. Wenn dir seine Lebengestaltung nicht passt und du sie nicht akzeptieren kannst (was ich absolut verständlich finde), trenne dich von ihm.
Natürlich ist es gut, zum Partner zu stehen und ihm zu helfen, ABER: Deine Hilfe will er ja gar nciht, wie du deutlich machst. Und zu ihm stehen kannst du in deinem Inneren nicht, wie du auch deutlich machst, da du für dein Leben andere Vorstellungen hast.
Also bleibt wohl nur die Trennung…

Ich glaub, du bist auf dem Holzweg :wink:

Gruß
F.

Hallo Ed,

Nur deine- wie es scheint.
Und darauf möchte ich eingehen.

Dein Freund hat sich in seinem Leben eingerichtet und kann ganz offenbar viel in seinem Leben ausblenden.
Und- es besteht ja auch kein wirklicher Grund, sich zu verändern…es läuft doch!

Es sind deine Gedanken von Zukunft, Wohung, Familie, Geld und Gemeinsamkeit- nicht seine.
Wären es seine, dann würde er anders agieren.
So einfach - und so traurig - ist das, denn es zeigt, dass eure fundamentalen Lebensvorstellungen auseinander gehen und damit eine Basis für eine Zukunft schwer zu finden sein wird.

Was für Hintergründe bei deinem Freund vorliegen- wir wissen es nicht.
Und es ist möglich, dass dahinter Angst, Scham, Wertlosigkeit oder, oder, oder steckt.
All das kann aber kein anderer aufräumen oder ebnen- das kann immer nur der Betroffene selbst.

Ich sehe keinen Grund bei ihm warum er es ändern wollen sollte.
Das Leben läuft doch!
Und die eigene Unzufriedenheit - da hat er sich gut eingerichtet und sie ist eine kleine überschaubare Nebenwirkung zu einem „Liegenbleiben“, was von allen anderen getragen wird. Damit lässt sich durchaus gut leben :wink:

Ich schätze, es ist nicht einfach für dich, dass anzunehmen oder zu erkennen.
Dein Freund ist kein Opfer seiner selbst (oder seiner Hintergründe) und du musst ihn auch nciht retten.

Alles Gute für dich
kitty

Natürlich kann sie die Beziehung auch sofort beenden, aber der Entzug der polsternden finanziellen Mittel hat schon so manchem geholfen, sich etwas energischer um seine Belange zu kümmern. Wenn die Eltern von sich aus nicht auf den Trichter kommen, kann sie ja etwas nachhelfen. Der aktuelle Zustand ist jedenfalls für sie nach eigener Schilderung so nicht tragbar und daß da gutes Zureden nicht hilft, hat sie ja auch dargestellt.

So bleiben am Ende nicht viele Möglichkeiten. Entweder sie beendet die Beziehung oder sie schaut sich das ganze noch ein paar Jahrzehnte an oder sie unternimmt noch einen letzten Versuch - und kann, wenn der fehlschlägt, die Beziehung dann immer noch beenden (oder wahlweise er wegen Vertrauensmißbrauch oder was auch immer, was aber am Ende auf das gleiche hinausläuft).

Der Vorschlag, mit in die Einzeltherapie reinzugehen, ist ziemlich gewagt und schrammt so, wie du ihn darstellst, gleich an mehreren Zulassungshürden vorbei.

Zunächst ist das natürlich ein Finanzierungsproblem! Paartherapie wird bei uns nicht von den Kassen finanziert. Wenn es sich um eine kassenfinanzierte Einzeltherapie handelt, entsteht natürlich dadurch eine Kostenfrage!

Der Partner könnte nur für ausgesuchte Themenbereiche von einem Psychotherapeuten hinzugezogen werden. Das entscheiden aber ausschließlich Therapeut und Patient und ausschließlich im Interesse des Patienten! Das bedeutet auch, ausschließlich im Rahmen der Diagnose.

Damit ist es auch völlig absurd, dass das Ganze auf Ansinnen des Partners passieren könnte. Würde der Therapeut das tun, könnte man mal ein Auge auf das Abstinenzgebot werfen. Unter Umständen würde der Therapeut Ärger mit der Kammer bekommen!

Ehrlich gesagt verstehe ich auch überhaupt nicht, warum du von einer Einzel- oder Paartherapie eher wegrätst, stattdessen aber diese kruden Vorschlag machst, in die Einzeltherapie des Partners zu gehen.

Eine Einzeltherapie oder zumindest -beratung würde ich auch nicht wegwischen. Ich sehe schon die Gefahr, dass da Verhaltensmuster im Spiel sind, die sich auch künftig noch einmal melden, selbst wenn die Beziehung aufgegeben wird. Das hängt sich auch etwas an das an, was Metapher geschrieben hat:
Es ist eher Muster als Einzelfall, wenn jemand Probleme in einer Zweierbeziehung oder eher Probleme, die ein anderer hat, dadurch zu lösen sucht, dass er / sie den Partner infantilisiert.

3 Like