Guten Morgen liebe Gemeinschaft!
Eigentlich ist es mir schon unangehm, die Meinung und Einschätzung anderer und nicht beteiligter Menschen zu einem familiären Thema einholen zu wollen. Doch ich weiß nicht weiter.
Seit dem Eintritt in die Pubertät wurde mir meine Tochter immer fremder. Trotz Schule, Sport und Hobbies ist sie dennoch sehr verschlossen und nicht gerade der Mensch, der gerne neue Menschen kennen lernt oder auf diese zu geht. Zudem befindet sie sich seit einigen Jahren in einer seelisch eher sehr „melanchonischen“ Stimmung, schrieb früher seitenweise auf Zettel „Ich hasse mein Leben“, sitzt manchmal stundenlang im dunklen Zimmer und ähnliches. Dabei haben wir ihr immer jeden Wunsch erfüllt, sie musste es nur sagen.
Sämtliche Versuche in den letzten Jahren zu ihr durchzudringen blieben erfolglos und das Zusammenleben mit ihr ist teilweise unerträglich geworden. Ein falsches Wort am Morgen und schon began die Zickerei. Mit meinem Mann und ihrem Vater hat sie sich im Grunde seit Jahren in der Wolle, wenn die beiden miteinander kommunizieren, dann nur lautstark. Soweit der Zustand bis vor einigen Monaten.
Innerhalb weniger Wochen veränderte sich vieles an ihr, wenn auch nicht alles, aber das „Zusammenleben“ ist deutlich erträglich geworden und plötzlich war sie jedes Wochenende unterwegs. Bedingt durch mein Geschäft und der sowieso existiernden „Distanz“ hinterfragte ich ihren Verbleib von Freitag bis Sonntag nicht weiter. Ich war eher froh, dass der Zickenterror am Wochenende ein Ende hatte.
Gestern konnte ich aber beobachten, wie sie von einem mir unbekannten nach Hause gebracht wurde. Also stellte ich sie zur Rede und nach langem Zögern gestand sie mir, dass es ihr Freund wäre. Ich war überrascht, erfreut und traurig. Überrascht, weil sie wirklich ein bildhübsches Kind ist und dies vielleicht längst überfällig war, erfreut, dass doch anscheinend jemand es geschafft hat ihren Eispanzer zu durchbrechen, aber auch traurig, dass sie mir nichts davon erzählte.
Allerdings kann ich gut nachvollziehen, wieso sie mir nichts sagte: Ihr „Freund“ ist mal eben 15 Jahre älter. Sie ist 19, er 34. Mein Mann und ich sind uns einig, dass wir eine solche Beziehung in keinster Art und Weise tolerieren können und werden. Dieser Mann wird unser Haus niemals betreten! Wir haben ihr auch bereits signalisiert, dass eine Fortführung der „Beziehung“ auch den Verlust des familären Anschlusses nach sich ziehen könnte.
Die beiden haben sich wohl über ein Jahr sehr umfangreich über WhatsUp geschrieben, ein paar Abende ohne unser Wissen verbracht und sind dann ein „Paar“ geworden. Im Grunde geht dieses Versteckspiel jetzt bereits in den siebten Monat ohne dass wir darüber von ihr informiert worden wären.
Heute Abend flogen bei uns im Haus richtig die Fetzen. Für jedes Argument, welches gegen diese Bindung spricht, hatte sie sich bereits ein Gegenargument zurecht gelegt. Und dann auch noch so typisch theatralisch, wie sie manchmal ist: „Er ist der einzige Mensch auf der Welt, der mich versteht“, „Er behandelt mich nicht wie ein Kind“, „Es ist mein Leben…“, „Er kann zuhören“, usw. Sie übertreibt immer. Auch seit gestern weiß ich überhaupt erst, dass meine Tochter die Pille nimmt.
Die Frage ist, wie kann ich meiner Tochter helfen? Eine deutliche Besserung ihrer Gemütsverfassung in den letzten Monaten ist wohl auf ihn zurück zu führen. Und ich freue mich auch, dass sie einfach aus sich heraus kommt.
Doch was wird sein, wenn das ganze zerbricht? Wird sie dann tiefer abstürzen als zuvor? Ich kann nur zusehen, sich lässt uns nicht eingreifen.
Und nun überlegt sie ernsthaft in seiner Stadt ihr Studium zu beginnen. Damit wäre sie über 400 km entfernt. Dazu haben wir auch bereits die möglichen Konsequenzen in Aussicht gestellt. Sie braucht nicht glauben, dass wir ihr dann in irgendeiner Art und Weise finanziell unterstützen.
Was kann ich nur machen? Ich glaube, es fehlt nicht viel und werde meine Tochter vollends an diesen verlieren. Wie kann sie so unüberlegt handeln? Kann man sich überhaupt durch WhatsUp „kennen“ lernen?
Ich weiß nicht viel über ihren Freund, nur was sie mir erzählte. Er ist eben 34, arbeitet irgendwo als Ingenieur und ist wohl bisher nicht verheiratet gewesen und hat keine Kinder. Da stellt sich einem schon die Frage, ob man dem Freund nicht einen finanziellen Ausgleich anbieten sollte, damit er die Finger von meiner Tochter lässt?
Was haltet ihr davon?
Gruß
Birgit