Salve.
Zuvorderst, ich: erweiterte Oberschule 1962-66.
Reifeprüfung 1966 in vier schriftlichen Fächern (Deutsch, Mathe, Russisch, Physik),
in fünf mündlichen Fächern (Chemie, Biologie, Erdkunde, Astronomie, Geschichte),
und im Fach Sport (Leichtathletik, Schwimmen, Geräteturnen, Skilaufen).
Ich bin somit Absolvent von „G4“, als Teil einer Einheitsschule der Struktur 8+4.
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Gesamtunterrichtsvolumen Klasse 5 bis 12:
289 Jahreswochenstunden + „gesellschaftlich-nützliche Tätigkeit“ in Klasse 5 und 6
Vgl. Link, Absatz 4:
http://www.kmk.org/bildung-schule/allgemeine-bildung…
Des weiteren absolvierte ich während des Abiturs zusätzlich eine vollständige, auf vier Jahre gestreckte Berufsausbildung, genannt AmB („Abitur mit Berufsausbildung“), die mit
Facharbeiterprüfung abgeschlossen wurde.
ich sehe gerade auf 3sat, was die Schulen für eine Katastrophe
versursachen mit der Umstellung von G9 auf G8 und dass viele
Wege zurück zu G9 finden.
- Was verursacht die Katastrophe?
Die Schulen?
Die Umstellung?
„G8“ an sich?
-
Was ist überhaupt die Katastrophe?
-
G8 an sich ist ganz bestimmt nicht die Ursache, man frage beliebige sächsische oder thüringische Abiturienten. Oder ältere Ostdeutsche. Siehe oben.
Wir leben alle noch, von uns ist keiner daran gestorben, keinem hat es geschadet.
Inzwischen sind Jahre ins Land gezogen, Jahre. Wie inkompetent kann die Kultusbürokratie der süd- und westdeutschen Bundesländer sein, daß noch nach zehn Jahren keine Ordnung herrscht?
Da gibt es Schüler, die haben an 3 Tagen bis 18:00, nur um den
ganzen Stoff der G9 auch in 8 Jahren machen zu können.
Quatsch. Gejammere, nichts als Gejammere.
In keinem Bundesland ist eine Stundentafel in Kraft, die mehr als 33-36 vorsieht.
Bereits die 36 Wochenstunden sind als absolutes Extrem zu sehen, das nicht dem Regefall entspricht, nicht in Bayern, nicht in Baden-Württemberg, nirgends.
G8 ist der Sündenbock für inkompetente, überforderte, überehrgeizige westdeutsche Gluckenmütter,
die jedes Mistes wegen in die Schule gerannt kommen, den Lehrern das Leben zur Hölle machen,
die Fehler bei den anderen suchen und niemals bei den eigenen verzogenen Bälgern,
und am liebsten mit dem SUV ins Klassenzimmer brettern würden, um die Bälger vom
Rücksitz direkt vor die Schulbank abzuladen.
Wenn Schüler bis 18 Uhr haben, heißt das zunächst:
- Die Schule ist nicht fähig, freistundenlose Stundenpläne zu erstellen.
In diesem Fall stürzt die Diskussion unmittelbar in die Debatte „Einheitsschule vs.
dreigliedriges Schulsystem“ ab. Denn wenn Schulen keine freistundenlose Stundenpläne
erstellen können, liegen die Ursachen in der systemimmanenten fehlerhaften Allokation
von Ressourcen durch das dreigliedrige Schulsystem:
A) Lehrermangel
B) Busfahrzeiten/Schulwege
C) Konzentration großer Zahlen von Kindern in wenigen Massenschulen
(typischweise im städtischen Raum unter Vernachlässigung von Schulen des ländlichen Raums)
D)Schulgebäude entworfen als Halbtagsschule, somit fehlende Ressourcen für konstruktive Schülerbetreuung, -beschäftigung, -förderung in Freistunden oder am Nachmittag
- Geht die Schule tatsächlich bis 18 Uhr oder kommen die Kinder 18 Uhr nach Hause?
Schüler, die 3x die Woche von 7 Uhr oder 7.30 Uhr (üblicher Beginn der ersten Stunde in Ostdeutschland)
bis 18 Uhr Unterricht hätten, dürften Pi mal Daumen die restlichen Tage frei haben, denn
die verwaltungsrechtlich festgelegte Wochenstundenzahl wäre erreicht.
1. Stunde 7.30-8.15 Pause
2. Stunde 8.25-9.10 Fühstückspause
3. Stunde 9.30-10.15 Pause
4. stunde 10.25-11.10 Hofpause/Mittagessen
5. Stunde 11.30-12.15 Hofpause/Mittagessen
6. Stunde 12.45-13.30 Pause
7. Stunde 13.40-14.25 Pause
8. Stunde 14.35-15.20 Hofpause/Vesper
9. Stunde 15.40-16.25 Pause
10. Stunde 16.35-17.20 Pause
11. Stunde 17.30-18.15
11 Schulstunden x 3 Tage = 33 Unterrichtsstunden
Vgl. Link: http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal/page/bsb…
Sollten die 11 Stunden gespickt sein mit Freistunden, sehe ich immer noch keinen Streß!
Der Schüler hätte in diesem Falle genügend Zeit, sich bis zur nächsten Stunde Fachunterricht zu erholen.
Ggf. kann man Hausaufgaben machen, entspannt eine Mahlzeit mampfen, an der
frischen Luft das Köppel freipusten, ne Stunde Sport machen und duschen.
Wer dreimal 18 Uhr nach Hause kommt, Freistunden hatte und dennoch gestreßt ist,
macht etwas falsch, wird von den Eltern falsch angeleitet - oder hätte eventuell nie aufs Gymnasium gedurft.
Wie gesagt, ich sehe den Streß nicht. Diese Gesellschaft hat kein Problem mit 15- oder 16jährigen, die 40 Stunden1), 2) arbeiten müssen,
aber die fast 18jährigen Gymnasiasten, die ach so erwachsen und Elite sein wollen,
bzw. deren idiotische Eltern, sind nur noch am verweichlichten Jammern in diesem Land.
1) Zeitstunden wohlgemerkt, nicht Schulstunden
2) Von unbezahlten Überstunden und typischen Drecksarbeiten als Stift ganz zu schweigen.
Was diese Pseudoempörung am Ende bringen soll, ist ebenfalls unklar.
Werden die Kinder motivierter, wenn die Eltern oder die Medien permanent über die Schule kaffern?
Logisch, der kleine Fritz wird am nächsten Tag besonders gerne in der 11. Schulstunde hocken, ihm wird regelrecht das Herz aufgehen, um diese Tageszeit in der Schule sein zu dürfen, wenn die Gluckenmutter am Vorabend empört mit Schaum vorm Mund über das Schulsystem eine erlesene Auswahl von Kraftausdrücken verteilt hat – statt das Kind mit der Realität zu konfrontieren, statt klarzustellen, daß sich für Fritz in absehbarer Zeit ohnehin nichts ändert (weil etwaige Korrekturen für ihn zu spät kämen), statt zu verlangen, daß auch mal die Arschbacken zusammengekniffen werden müssen, daß sich auf den Hosenboden gesetzt werden muß, daß nichts von nichts kommt. Im nächsten Schuljahr gibt es wieder einen neuen Stundenplan.
Die Schüler lernen offenbar nur, um den Lehrplan zu erledigen,
anstatt sinnvoll und fürs Leben zu lernen.
Und das soll bei G9 anders gewesen sein?
Wie sich manche einbilden, was so ein lumpiges Schuljahr für einen Unterschied machen soll?
Ich war froh, mit 18 Jahren endlich die Schule verlassen zu dürfen. Wie kann man die Jugendlichen bloß noch ein Jahr in dieser Umgebung einsperren wollen? Niemand braucht den Schauspielunterricht des 13. Schuljahres.
Raus mit den Bälgern! Ab ins Leben, ins Ausland, an die Universität! Raus, raus, raus.
Lehrplan voll von Unsinn
lebensfern
Mich würden konkrete Beispiele interessieren.
Nach der Wende traf ich nämlich ausnahmslos auf Wessis, die
-
in Hohn und Spott verfielen, daß die DDR-Schule „kein Niveau“ haben könne, wenn Lebensverbundenheit so im Fokus stünde, oder daß die DDR-Schule eine „Baumschule“ sei, schlimmer als irgendwelche Walddorfschulen, wo die Kinder in der Rabatte das Wurzelziehen lernen statt im im Klassenzimmer in Mathe.
-
nichts mit Konzepten wie UTP (Unterrichtstag in der Produktion), praktischer Mathematik, Schulgarten, Werken, gesellschaftlich-nützlicher Tätigkeit, Erziehung zur Selbstbedienung3) usw. anfangen konnten, d.h. kein großer Leidensdruck vorherrschte, daß die Schule nicht lebensverbunden war.
3) „Erziehung zur Selbstbedienung“ ist DDR-Deutsch. Man verstand darunter, daß ab dem Kindergartenalter die Kinder im Eilzugtempo sp selbständig wie möglich agieren sollten, d.h. Schuhe zubinden, Jacke anziehen, Tisch decken, Tisch abräumen, ohne Begleitung in den Kindergarten/in die Schule laufen, im Haushalt helfen etc.
Was ist denn in den „Curricula“ lebensfern, abgesehen davon daß das ganze Schulsystem lebensfern ist?
Dumm nörgeln kann jeder – was sollte denn bitte geändert werden?
Praktische Arbeit? Mehr MNT-Unterricht? Was denn?
den ganzen Stoff pauken lassen?
Gruss
René
Und das war früher anders?
Als ich in die Schule ging wurde sogar noch streng nach preußischen Tugenden gepaukt.
Frontalunterricht/klassisches Lernen ist nicht das Problem. Ich bin ein ausgesprochener Verteidiger des lehrerzentrierten disziplinierten Frontalunterrichts. Schüler lernen mehr, wenn sie konzentriert nach vorne an die Tafel schauen, wenn der Lehrer Sachverhalte verständlich, fachlich einwandfrei und mit Hilfe eines guten handgeschriebenen Tafelbildes erklären kann, usw., usw., usw.
Der moderne didaktische Affenzirkus verursacht chaotische Unterrichtsverhältnisse, und vereitelt Lernfortschritte in der Geschwindigkeit, wie wir das damals leisteten.
Die Frage ist, wie Schule systematisch dem Matthäus-Effekt begegnet, wie Lerninhalte verbunden werden, wie Theorie und Praxis sich ergänzen, wie Kinder einsehen, daß abstrakter, trockener Stoff alltagsrelevant sein kann. Vor allem ist die Frage, wie diese Forderungen im Schulalltag tatsächlich auf großem Maßstab umgesetzt werden.
Papier ist geduldig. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob „Lebensverbundenheit“ irgendwo in der Curriculum-PDF-Datei des Kultusministeriums steht, oder ob Schüler wöchentlich einen ganzen Tag an Traktoren rumschrauben, elektrische Schaltungen herstellen, „hands on“ an langfristigen Projekten arbeiten dürfen.
Als Beispiel der Unterrichtstag in der Produktion:
UTP wurde im Betrieb durchgeführt. Der Rhythmus war entweder 1x 4 Stunden in 1 Woche oder 2x 4 Stunden aller 2 Wochen (= langer Schultag). UTP umfaßte einen theoretischen Teil und einen praktischen Teil. Wie das genau ablief, hing von der Gegend ab, in der man wohnte, d.h. von der Schule und von der Wirtschaftsinfrastruktur. Die Schulen wurden durch das Ministerium für Volksbildung in Kooperation mit der Staatlichen Plankommission und den Ministerien der Wirtschaftszweige in Stadtschulen und Landschulen eingeteilt. Die Lehrpläne wurden diesbezüglich differenziert.
Landschulen hatten einen anderen Unterrichtstag in der Produktion als Stadtschulen.
Schulen in industriellen Gebieten
Klasse Grundlehrgang Unterrichtstage
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7 Metallbearbeitung 33
8 Maschinenkunde I 20
Elektrotechnik 13
9 Landwirtschaftliche Produktion 33
10 Maschinenkunde II 30
Polytechnisches Praktikum 2 Wochen
Schulen in landwirtschaftlichen Gebieten
Klasse Grundlehrgang Unterrichtstage
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7 Pflanzliche Produktion I 18
Metallbearbeitung 15
8 Metallbearbeitung (Forts.) 11
Elektrotechnik 11
Tierische Produktion I 11
9 Pflanzliche Produktion II 17
Tierische Produktion II 17
10 Maschinenkunde 30
Polytechnisches Praktikum 2 Wochen
Ich besuchte eine Landschule und lernte in der Maschinen-Traktoren-Station (MTS) das Traktor- und Mähdrescherfahren. Dies wiederum brachte mir einen hübschen Nebenverdienst in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) ein, weil ich in nach der Schule/ in den Ferien/ am Wochenende entweder als Erntehelfer die Ernte mit einfuhr, die Felder mitbestellte etc., oder weil ich als Gehilfe mit den Mechanikern die Landmaschinen wartete, instandsetzte oder reparierte. Die Grundlagen hierfür hatten wir u.a. in UTP.
Was ist jetzt wichtiger? Ein solches Konzept zu entwickeln, auf Papier festzuhalten, oder für mehr als hunderttausend Schüler von Rostock bis Dresden im Alltag umzusetzen??
Was denkst Du würden die kaffernden Eltern erst sagen, wenn ihr in Watte gepackter kleiner König auf dem Acker mal Steine auflesen oder im Kuhstall mal den Mist wegschaffen muß??
reinerlein