'Gattig' - wo verbreitet

In den alemannischen Dialekten gibt es das Wort „gattig“ für „ansehnlich“ oder „schön“, sowie die eigentlich öfter gebrauchte Negation „ugattig“ („ogattig“) „unansehnlich“.

Allerdings scheint dieser Begriff nicht in allen alemannischen Gegenden verbreitet zu sein. Stattdessen gibt es in einigen alemannischen Dialekten (z.B. Berndeutsch) Begriffe, die zwar „gattig“ enthalten, mit der oben genannten Bedeutung aber nichts zu tun haben, z.B. „öppis agattige“ - „etwas anstellen“ oder „etwas anfangen“.

Wer aus dem alemannischen Sprachgebiet kann mir hier mitteilen, aus welchen Gegenden er den Begriff in der zu Anfang genannten Bedeutung kennt?

Danke!

Tach Mirko,

im Zabergäu - dem Nebental des Neckars westlich von Heilbronn - habe ich diesen Ausdruck ganz oft gehört.

Gruß - Rolf

Basel
Hallo Mirko

Für Basel und die nähere Umgebung gilt:

gattig (als Adjektiv): noch nie gehört

ungattig (unanständig): von älteren Leuten
benützt, und auch von mir

e Gattig mache (anständig oder hübsch aussehen:
recht häufig, aber auch eher von älteren Leuten

Grüsse
Rolf

Hallo Rolf

gattig (als Adjektiv): noch nie gehört

Ich auch nicht.

ungattig (unanständig): von älteren Leuten
benützt, und auch von mir

Auch das habe ich noch nie gehört.

e Gattig mache (anständig oder hübsch aussehen:
recht häufig, aber auch eher von älteren Leuten

Das hingegen schon und:

öppis aagattige: etwas anfangen, anpacken.

Gruss
vom Heinz

und:

de hätt allergattig vo dem Züüg: Der hat alles Mögliche von diesen
Dingen.

Gruss
Heinz

Hi Mirko,

‚gattig‘ allein kenne ich nicht, aber ‚a Gåttige‘ / ‚a Gåttign‘ schon.

z.B.

„Iatz moch i des weiter dass des do inangalling amol a Gåttige kriag“ heißt in Südtirol soviel wie „Jetzt mach ich das weiter dass es bald mal Form annimmt / nach etwas aussieht.“

oder

„Na, de zwoa mitnond hot koan Gåttige.“ bedeutet „Nein, die zwei (Leute) passen nicht zusammen.“

oder

„Do bei de opern Pischtn oarfohrn, des hot koan Gåttige.“ versteht sich als „Dort bei diesen schneearmen Pisten herunterfahren ist eine Zumutung.“

Bye,
Rudy

Hallo Mirko,
im Berndeutschen gibt es zwar ‚gattig‘ nicht, wohl aber ‚gattlig‘ resp. ‚ugattlig‘.
Myner Grossbuebe chöi ganz gattlig tue, we si wei! Aber mängisch tüe si de wou ungattlig! Meine Enkel können sich ganz gesittet geben,wenn sie wollen, Aber manchmal benehmen sie sich allzu ungehobelt/ungebärdig.
gattlig, stadtberndeutsch gattlech, =ordentlich, wohlanständig, schön oder freundlich anzusehen (Berndeutsches Wörterbuch von Ruth Bietenhard/Otto von Greyerz Cosmos Verlag)
Noch älter ist 'wattlig / uwattlig, das ich aber durchaus noch in meinem aktiven Wortschatz habe. Meine Töchter wissen kaum mehr, dass es 'wattlig/uwattlig gibt, kennen aber gattlig/ u(n)gattlig sehr wohl.
Mit gattligen Grüssen
Susette

Hallo Rolf!

Danke! Das wäre ja ungefähr die Bedeutung, die ich meinte. Dass die Negationsform in Basel zwar existiert, aber die Grundform nicht, wundert mich nicht sehr, denn da wo ich herkomme, ist es genauso (Schwäbisch). Nur im Bodenseealemannischen habe ich bisher auch die Grundform gesehen…

Könntest Du mir vielleicht noch verraten, ob der Baslerdialekt, den Du meinst, eher dem traditionellen Stadtbasler „Baseldytsch“ entspricht, oder ob es Baselbieterisch ist? Danke!

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de hätt allergattig vo dem Züüg: Der hat alles Mögliche von
diesen
Dingen.

Hallo Heinz,

ja, diese Bedeutung kenne ich auch, die kommt aber vermutlich von der alemannisch gelauteten Form von hochdeutsch „Gattung“: „Gattig“. Beim adjektiv „gattig“ glaube ich aber, dass das einen anderen Ursprung hat…

Vielleicht kann ein Sprachwissenschaftler da weiterhelfen…

Gruß,
Mirko

im Zabergäu - dem Nebental des Neckars westlich von Heilbronn

  • habe ich diesen Ausdruck ganz oft gehört.

Das wäre dann ja schwäbisch im Grenzgebiet zum Südrheinfränkischen, oder?

Gruß,
Mirko

Hallo Susette!

Danke! Das war mir neu, denn ich kannte bisher aus dem Berndeutschen nur die Form „öpis aagattige“, die aber ja eine etwas unterschiedliche Bedeutung hat.
„Gattlig“ und „gattig“ ist ja nur ein minimaler Unterschied, also verzeichne ich dies als Treffer in Bern :wink:

Gruß,
Mirko

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Hallo Rudy!

Diese Bedeutung scheint ja aus dem Südbairischen Sprachraum zu kommen und scheint doch der alemannischen Variante relativ nahe zu sein…

Gruß,
Mirko

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Basel und Umgebung
Hallo Mirko

Könntest Du mir vielleicht noch verraten, ob der
Baslerdialekt, den Du meinst, eher dem traditionellen
Stadtbasler „Baseldytsch“ entspricht, oder ob es
Baselbieterisch ist? Danke!

Du scheinst dich etwas auszukennen hier …
In diesem Fall meinte ich beides, sogar auch das
solothurnische Schwarzbubenland, wo ich seit bald zwei
Jahren wohne.

Freundliche Grüsse
Rolf

Hallo Rolf!

Du scheinst dich etwas auszukennen hier …
In diesem Fall meinte ich beides, sogar auch das
solothurnische Schwarzbubenland, wo ich seit bald zwei
Jahren wohne.

Aha!

Ich kenne mich insofern aus, dass ich weiß, dass Baseldytsch eine Art „Sprachinsel“ ist (oder war), wo man Niederalemannisch spricht („Kind“ statt „Chind“), und von daher war es für mich interessant zu wissen, ob dieser Begriff nur auf dieser Sprachinsel bekannt ist oder auch darumherum, im Hochalemannischen…

Freundliche Grüsse

Mirko

Also ich weiß das meine Großmutter dieses Wort auch des öfteren benutzte. Geboren in Tübingen…

sprich : ein Schwabe.
und die Bedeutung stimmt auch überein

im Berndeutschen gibt es zwar ‚gattig‘ nicht, wohl aber
‚gattlig‘ resp. ‚ugattlig‘.
Myner Grossbuebe chöi ganz gattlig tue, we si wei! Aber
mängisch tüe si de wou ungattlig!

mal dazu eine mich brennend interessierende frage!

ich finde als bayer das schwitzerdütsch zum schießen -im positiven-

wie schreibt ihr denn? hochdeutsch oder schweizerisch? tun sich euere kinder nicht narrisch hart da umzudenken? meine deandeln hatten schon probleme das bayrisch ins hochdeutsche schriftlich umzusetzen, wobei ich schon glaube, dass da noch eine gewisse grundwurzel erkennbar ist, auch gramatisch ist es nicht so weit weg. wie ist das bei euch in der schweiz? mal angenommen ihr schreibt hochdeutsch.

grüße

Hallo Fred

ich finde als bayer das schwitzerdütsch zum schießen -im
positiven-

Wir sind auch Schwitzer (weil wir so viel arbeiten) und Schwyzer,
weil man das so schreibt.

wie schreibt ihr denn? hochdeutsch oder schweizerisch?

Die Amtssprache im deutschsprachigen Teil ist deutsch. Deutsch wird
ab der ersten Schulklasse gelernt und das mündlich, wie schriftlich.

tun sich euere kinder nicht narrisch hart da umzudenken?

Die Kleinen lernen noch ganz locker, aber es ist wie das Erlernen
einer Fremdsprache.

wie ist das bei euch in der schweiz? mal
angenommen ihr schreibt hochdeutsch.

Es ist für die meisten Schweizer schwieriger, Dialkt zu schreiben,
als Deutsch. Beim Reden ist das jedoch eher umgekehrt. Da kugeln sich
dann die Deutschen, wenn wir „Hauchdeutsch“ probieren. Wir werden ja
gemeinhin belächelt, weil wir so langsam sind. Gedanklich bringen wir
es schon, aber bis das über unsere Lippen kommt :wink:

Gruss
Heinz

in schwaben (allgemein) ist ogattig noch recht gebräuchlich. zumindest bei denen die schwäbisch schwätzen.
gattig, als positive form, wird seltener verwendet.

Servus,

in welchem Teil des Schwäbischen?

Südlich von Ulm kenn ichs überhaupt nicht, obwohl ich - glaube ich - schon Kontakt zu ziemlich authentisch breitem Schwäbisch hatte und selbiges auch gesprochen habe.

Schöne Grüße

MM

Lieber Fred,
Von Heinz hast Du ja schon weitgehend Antwort gekriegt. Ich möchte bloss noch darauf hinweisen, dass es Schweizerdeutsch/ Schwyzerdütsch eigentlich gar nicht gibt. Schwyzerdütsch mit langem y ist für mich die Mundart, die im Kt. Schwyz gesprochen wird. Das Berndeutsche unterscheidet sich zudem von anderen Dialekten einmal vom Wortschatz her ( Anke-Butter, Nydle-Rahm, Hamme-Schinken etc.), zum andern daurch, dass unsere Höflichkeitsform die zweite Person Mz. benutzt wie das Französische, und nicht wie die meisten andern Dialekte die dritte. 'Mir Bärner/inne säge Dihr, nid Sie; Grüessech( Grüss Euch) nid Grüezi (Grüss Sie). In einigen Kantonen wird andernteils das Verb ‚kommen‘ statt ‚werden‘ verwendet. ‚I khume verrukht‘ sagt der Bündner, wenn er wütend wird. Du siehst: Nicht nur ‚deutsche Sprach, schwere Sprach‘ sondern auch ‚Schweizersprach ca. 25 schwere Sprach‘
Falls Du Fragen hast…Wer-weiss-was! (Mundartbrett)
Mit emene fründleche Gruess us em Bärnbiet
Susette

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