Geburtenrate in Deutschland

Warum werden in Deutschland immer weniger Kinder geboren?
Liegt das am zu geringem Kindergeld?

Nein, das glaube ich nicht. Nach Erhebungen des statistischen Bundesamtes steigt die Anzahl kinderloser Frauen mit dem Bildungsstand dieser Frauen. Unterstellt man, dass höhere Bildung oft auch höheres Einkommen bedeutet, liegt die Vermutung nahe, dass mehr Geld eben nicht automatisch auch mehr Kinder bedeutet.

Da dürften eher andere Ursachen im Vordergrund stehen:

  1. Unsere Gesellschaft wandelt sich (leider) immer mehr dahin, dass Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und Selbstverwirklichung - bei gleichzeitiger Ausblendung der Bedürfnisse der Mitmenschen - zum vorrangigen Maß aller Dinge werden. Die Gesellschaft ist ich-fixiert. Wer so gepolt ist, wird Kinder vor allem als Einschränkung seiner Möglichkeit empfinden, sich selbst zu verwirklichen (Karriereknick, keine teuren Fernreisen, Familienkutsche statt Sportwagen, Spaziergang mit Kinderwagen statt Fitnessstudio, Pickel statt Mallorcabräune, usw.). Und diejenigen, für die Selbstverwirklichung der zentrale Steuerungsfaktor ist, werden dementsprechend auf Kinder verzichten. Ich sehe auch nicht, dass diese Entwicklung umkehrbar wäre (oder überhaupt Versuche unternommen würden, dies zu tun).

  2. Unsere Gesellschaft wird zunehmend intoleranter gegenüber Kindern, was das Leben mit Kindern nicht gerade vereinfacht. Das fängt bei der Wohnungssuche an und hört beim Sich-bewegen von Kindern und mit Kindern im öffentlichen Raum auf und liegt zum Teil an der unter 1) beschriebenen Entwicklung. Aber eben nur zum Teil. Zum anderen Teil liegt das daran, dass sich bekinderte Familien zunehmend, gerade (aber nicht nur) im bildungsfernen Umfeld, durch eine eklatante Rücksichtslosigkeit und erzieherische Gleichgültigkeit oder sogar Unfähigkeit auszeichnen und auch die berechtigten oder zumindest verständlichen Interessen und Bedürfnisse Außenstehender nicht respektieren. Auch das ist eine Folge des unter 1) beschriebenen Trends, der zudem auch die bislang gar nicht intoleranten Zeitgenossen mit Recht auf die Palme bringt. Und da zunehmende Ich-Fixiertheit beide Seiten auszeichnet, sehe ich auch an dieser Front auf absehbare Zeit keine Chance auf Besserung.

  3. Das Familienmodell wandelt sich von der Großfamilie mit klassischer Rollenverteilung (Mutter hütet den Nachwuchs, Vater geht auf die Jagd) zur Kleinfamilie, in der beide Elternteile berufstätig sind. Das ist, soweit es die Berufstätigkeit beider Elternteile betrifft, gut, weil es dem Leitbild entspricht, dass alle Menschen gleich sind und in gleicher Weise am Leben (einschließlich des Berufslebens) teilhaben sollen. Vor allem aber ist es politisch gewollt. Wenn man aber diesen politischen Willen hat und gleichzeitig klar ist, dass Großfamilien über drei oder mehr Generationen, die Kinderbetreuung familienintern stemmen können, kaum noch existieren, dann muß man sich auch um Ersatz für die fehlenden großfamiliären Strukturen kümmern - indem man für vernünftige Kinderbetreuung sorgt. Das hat die Politik bisher nicht geschafft (stattdessen hat sich die Politik um so wichtige Dinge wie z.B. die politisch korrekte „Präzisierung“ der Sprache verdient gemacht, liebe Leserinnen und Leser).

  4. Befördert durch die jüngste Wirtschaftskrise lernen wir zudem gerade (mal wieder), dass selbst Beschäftigungen bei namhaften Großunternehmen keine lebenslange Sicherheit mehr bedeuten. Zudem müssen wir beobachten, dass die politischen Entscheidungsträger (und zwar nicht nur unsere eigenen) bei der Lösung drängender Probleme nicht nur unserer Gesellschaft, sondern womöglich unserer Zivilisation, (Erderwärmung, Bevölkerungsexplosion, Wassermangel, Energieversorgung, usw.) bisher massenhaft versagen und uns womöglich ungebremst in die eine oder andere Katastrophe rennen lassen. Gerade der Deutsche als pathologischer Weltbedenkenträger und Berufsgutmensch stellt sich vor solchen Hintergründen vermehrt die Frage, ob er eine ganze Familie auf Dauer ernäheren kann und ob er es verantworten kann, ein Kind in eine solche Zukunft zu setzen. Auch dieses werden wir unserem Volk so schnell nicht abgewöhnen können.

  5. Schließlich mag natürlich auch Geld eine Rolle spielen. Dass Kinder mehr Ausgaben bedeuten, steht außer Frage. Ob das durch die bestehenden steuerlichen Vergünstigungen, Kindergeld und sonstige Unterstützung so aufgefangen wird, dass es kein Hindernis mehr ist, weiß ich nicht (s.o.)

Hallo!

Arbeiten gehen kann ja aus „Wollen“ und „Müssen“ bestehen. Es muss eben eingesehen werden, dass viele Frauen einfach auch arbeiten wollen. Nach drei Jahren Totalauszeit ist es eben in den meisten Branchen schwierig wieder Fuß zu fassen. Und so gänzlich umsonst sollten die Investitionen in die eigene Bildung eben auch nicht gewesen sein.

Das Elterngeld auf der anderen Seite ist nach Meinung der
meisten weggeworfenes Steuergeld, da es das Problem der
Betreuung nach 14 Monaten nicht löst.

Ich sehe es nicht als rausgeworfenes Geld, aber ich stimme zu: Da wurde der zweite Schritt vorm ersten getan. Wirklich schade um eine gute Idee.

Grüße!

Hi,

Durchschnitte interessieren hier wieder mal nicht. Wie man schon beim Steueraufkommen sieht, wird das inzwischen zu großen Teilen von einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe getragen. Viele Familien sind längst außen vor, weil die gar nicht genügend verdienen.
Oder aber sie verdienen brutto gut, haben aber durch kalte Progression enorme Abzüge. Gerade wenn 2 Leute arbeiten, steht der eine steuerlich oft unglaublich schlecht da.

Die paar Reichen, die den Durchschnitt hoch treiben, verbessern nur den statistischen Schnitt, nicht aber das reale Einkommen der vielen eher mau verdienenden Familien.

Zudem muss man die Kosten sehen. Klar klingen 35.000 EUR erstmal nach viel Geld. Ist die Frage, welche Unkosten die Familie zugleich hat. Schulmaterial hier, Klassenfahrt da, vielleicht Nachhilfe, Zuzahlungen beim Arzt für mehrere Personen, Zahnersatz bzw. Spangen für die Kinder (kenne mich da nicht aus, aber es wird kaum komplett kostenfrei gehen wenn man die gute Lösung will). Wenn man dann noch 1-2 Autos anschaffen und unterhalten muss damit beide Eltern zur Arbeit kommen und Einkäufe tätigen oder die Kinder abholen und bringen können, Klamotten nicht aus Prinzip immer nur bei KiK kaufen will, eine große Wohnung oder ein Haus finanzieren muss, mit Nebenkosten für mehrere Personen - da sind 35.000 EUR schnell weit weniger, als man denkt.

Aber wie gesagt, das ist auch eine „unsinnige“ Zahl weil ja nicht jeder 35.000 EUR hat. Manche haben halt 3 Millionen, andere nichts, was das Sozialamt nicht vorlegt.

Gruß,

MecFleih

Babyboom und Wirtschaftskrise
Hallo Werner,

ich habe mir die Statistik nochmal angeschaut und stimme dir zu, dass nachgeholte Geburten eher nur 5 bis 10 Jahre nach dem Krieg stattfinden (so war es auch beim 1. WK). Wäre ja nun zu überlegen, warum die Geburtenrate bis in die 1960er Jahre hinein anstieg. Meine These wäre hier die Wirtschaftswunderzeit. Den Deutschen ging es wieder gut, die Hausfrauenehe war etabliert, es gab eigentlich keine existentiellen Sorgen mehr. Wie sagte Adenauer noch: „Kinder kriegen die Leute immer.“ Damit war es dann Mitte der 1960er Jahre vorbei - eben mit der Einführung der Antibabypille 1969?), aber auch mit dem Beginn wirtschaftlicher „Stabilisierung“ und einsetzender Rezession. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten leidet auch stets die Geburtenrate (siehe Anfang der 1930er Jahre). Es bleibt abzuwarten, wie sich die derzeitige Krise auf die Geburtenrate auswirkt. Viel schlimmer kann es ja eigentlich gar nicht werden :wink:

Grüße!

Hallo,

Durchschnitte interessieren hier wieder mal nicht.

Du hast gesagt:

In einer Mittelstandsfamilie mit durchschnittlichem Einkommen reicht
ein Gehalt nicht mehr um davon auskömmlich leben zu können.

Das, wie gesagt, kann m.E. nicht Dein Ernst sein.

Zudem muss man die Kosten sehen. Klar klingen 35.000 EUR
erstmal nach viel Geld. Ist die Frage, welche Unkosten die
Familie zugleich hat. Schulmaterial hier, Klassenfahrt da,
vielleicht Nachhilfe, Zuzahlungen beim Arzt für mehrere
Personen, Zahnersatz bzw. Spangen für die Kinder (kenne mich
da nicht aus, aber es wird kaum komplett kostenfrei gehen wenn
man die gute Lösung will). Wenn man dann noch 1-2 Autos
anschaffen und unterhalten muss damit beide Eltern zur Arbeit
kommen und Einkäufe tätigen oder die Kinder abholen und
bringen können, Klamotten nicht aus Prinzip immer nur bei KiK
kaufen will, eine große Wohnung oder ein Haus finanzieren
muss, mit Nebenkosten für mehrere Personen - da sind 35.000
EUR schnell weit weniger, als man denkt.

Wir reden von 35.000 Euro netto, also 100 Euro pro Tag. Was, um Himmels Willen, würdest Du denn als auskömmliches Einkommen bezeichnen?

Gruß
Christian

Hallo MecFleih,

…In den 1960er und 1970er Jahren war es
üblich und problemlos, dass „sie“ als Hausfrau zuhause ist und
sich um die Kinder kümmern kann, während „er“ im Beruf das
Geld heranschafft.

…In einer
Mittelstandsfamilie mit durchschnittlichem Einkommen reicht
ein Gehalt nicht mehr um davon auskömmlich leben zu können. Es
ist zwingend, dass „sie“ auch arbeiten geht damit das Geld
reicht.

In den 60er und 70er Jahren hatten die Familien zumeist NUR EIN Gehalt. Die Gehälter waren im Verhältnis zu heute alles andere als üppig. Wie funktionierte das damals.
Die Ansprüche waren einfach soviel geringer als heute.

Auch heute findet man vielköpfige Familien in unserem Land, nicht nur bei sogenannte bildungsfernen Familien, sondern auch bei muslimischen oder christlich-konservativen Familien.

Oder anders ausgedrückt, wenn die Kinder erst mal da sind, kriegt man sie irgendwie groß.
Die Gesellschaft hat sich gewandelt. Hausfrau und Mutter hat mittlerweile einen minderwertigen Klang.
Die Dauerhaftigkeit von Ehen hat massiv abgenommen. Wenn eine Frau sich für die Rolle als Hausfrau und Mutter entscheidet, nimmt sie das Risiko in Kauf den Rest ihres Lebens als Sozialfall zu verbringen.

Insofern glaube ich schon, dass die finanziellen Aspekte für
viele Menschen eine große Rolle spielen.

Bezweifle ich stark, denn dann müsste es gelten, dass Menschen um so mehr Kinder habe, je höher ihr Einkommen. Es sieht aber eher umgekehrt aus.

Gruß
Carlos

in deutschland leben im jahr 2009 so viele menschen wie noch nie in der geschichte. über 80 mio. wenn es stimmen würde, dass immer weniger kinder geboren werden, müsste die einwohnerzahl ja nach und nach abnehmen. wenn davon gesprochen wird, dass immer weniger kinder geboren werden, dann sind das nur kinder deutscher staatsbürgerschaft. in deutschland leben aber auch dauerhaft menschen mit anderer staatsbürgerschaft, die werden in die statistik nicht mit einbezogen und somit wird das bild verfälscht. eigentlich müsste es heissen, nach der „völkischen“ staatsbürgerschaftsvergabe nach blutsprinzip, dass immer weniger kinder geboren werden, die zur geburt die deutsche staatsbürgerschaft haben. sprich, die these sagt einfach nur: die „deutschen“ sterben aus, was meiner meinung nach ziemlich rassistisch ist!!!

Hallo Sonne,

Ich sehe es nicht als rausgeworfenes Geld, aber ich stimme zu:
Da wurde der zweite Schritt vorm ersten getan. Wirklich schade
um eine gute Idee.

Was die Leute damit meinen ist, dass niemand auf ein Kind verzichtet wegen zu großer finanzieller Belastungen bzw. umgekehrt niemand ein Kind bekommt, nur weil es das Elterngeld gibt. Wenn es genügend KiTa-Plätze gäbe, sieht die Sache schon ganz anders aus.

Ralph

Hi!

Was die Leute damit meinen ist, dass niemand auf ein Kind
verzichtet wegen zu großer finanzieller Belastungen

Das würde ich ganz stark anzweifeln!

bzw.
umgekehrt niemand ein Kind bekommt, nur weil es das Elterngeld
gibt.

Das schon eher.

Wenn es genügend KiTa-Plätze gäbe, sieht die Sache schon
ganz anders aus.

Im Osten gibt es ausreichend Kinderkrippenplätze, aber auch nicht mehr Kinder. Ganz so einfach ist es dann anscheinend doch nicht.

Grüße!

P.S.: Ich bewohne diesen Kita-gesegneten Osten und habe deshalb in der Blütezeit meines Lebens keine Kinder, weil ich es mir (bisher) nicht leisten kann. Ich könnte nach 12 Monaten wieder arbeiten gehen, weil es Betreuung gäbe, aber es gbt eben keine Arbeit, die mich glücklich macht (v.a. finanziell). Also kann ich in die ABs gehen und richtig gute Arbeit finden, aber keinen Betreuungsplatz. Ein Teufelskreis…

Hallo,
ich kenne viele Leute, die denken mit Mitte 20 „Ich hab ja noch so viel Zeit“ und mit 30 „Jetzt erst Mal der Job“ und mit Mitte 30 „Jetzt paßt es gerade gar nicht, erst Mal das Haus/Wohung/Auto/Urlaub“ und mit 40 "So jetzt fang ich an. Und die stellen dann fest: Geht ja gar nicht so einfach, na ich probier erst Mal. Und dann mit Mitte 40: So jetzt geh ich aber zum Arzt/Kinderwunschklinik. Und was sagen die „Ja, das kann dauern, keine Angst, sie sind ja nochnicht sooo alt“. Und dann: Haus zu groß, Auto längst weg, Karriere auch nicht so rund gelaufen…

Ich will damit ganz erst sagen: Ich denke, die Leute lassen sich zu lange Zeit, weil sie annehmen, dass Kinder bekommen heute ja nicht so ein Problem ist. Ich kenne aber genug Leute, bei denen das im fortgeschritteneren Alter nicht oder lange nicht geklappt hat.

Liegt das am zu geringem Kindergeld?

Es könnte auch das Gefühl eine Rolle spielen, dass es eh zu viele Menschen auf der Welt gibt.

Hallo Termid,

…Aber seit dem neuen
Scheidungsrecht kann die Frau einfach so ihre sieben Sachen
packen, das Kind unter den Arm klemmen…
und sagt noch nicht mal Tschüß.

Genau, die Frauen sind an allem Schuld, - blöde Emanzen!

Und alles was in der Öffentlichkeit geredet wird ist Politik,
denn diesen Fehler hat die damalige SPD/FDP Koalition unter
Helmz Schmidt gemacht. Aber wer weiss das noch?

Genau, das war der gleiche Fehler wie damals im 19ten Jahrhundert die Abschaffung der Sklaverei. Daß hatten auch solche linken Socken zu verantworten.

Gruß
Grin

Hallo Carlos,

2.) Verändertes Partnerschaftsverhalten
Kinder alleine aufzuziehen ist extrem mühsam, und häufig mit
Armut verbunden. Der Trend zu Partnerschaften auf Zeit wirkt
somit dem Kinderwunsch entgegen.

dem würde ich zustimmen aber bei dem folgenden weiss ich nicht genau worauf Du hinaus willst:

Zu Zeiten, als die
Scheidungen eher die Ausnahme waren, wusste Frwu um einen
Versorger für ihre Kinder.

Ist nicht auch für Männer die Stabilität der Familie wichtig? Ist Dir bewußt, dass überwiegend die Frauen die Scheidung einreichen und sich somit vom Versorger oder potentiellen Versorger ihrer Kinder trennen. Offensichtlich ist es in der Ehe glücklicher Weise nicht mehr am wichtigsten für die Frauen einen Versorger zu haben.

Ich denke die Zunahme der Scheidungen hat mehrere Gründe: Das erleichterte Verfahren und vor allem die gestiegene gesellschaftliche Akzeptanz sowie bessere Erwerbschancen für Frauen sorgen einmal dafür, dass unglückliche Ehen nicht zwanghaft aufrechterhalten werden. Des weiteren ist es wohl so, dass der Trend zu Partnerschaften auf Zeit dazu führt, dass man sich weniger Mühe damit mit gibt eine schwierige Ehe zu kitten.

3.) Veränderte Rolle der Frau
In früheren Zeiten war das Kinder kriegen ein fester
Bestandteil der Rolle der Frau (Kinder, Küche, Kirche). In
unserer heutigen Gesellschaft hat sie gleichartige Vorbilder
wie der Mann. Zuerst kommen Karriere und Selbstverwirklichung.
Familie kommt dann an zweiter Stelle und allenfalls im Rahmen
der Selbstverwirklichung und nicht als eine Hauptaufgabe.

Was ist die Konsequenz? Die Rückkehr zu alten Rollenbildern? Frau an den Herd? Gehobene Berufsausbildung nur für Männer, weil die Frauen heiraten ja sowieso und kriegen Kinder?

Zum Glück hat sich unser Menschenbild geändert. Jede und jeder soll die Chance haben sich entsprechend ihrer oder seiner Fähigkeiten zu entwickeln. Damit sich die Karriere beider Eltern und Kinder vereinbaren lassen braucht es allerdings mehr ausserfamiliäre Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder. Ein schönes Beispiel ist Schweden (siehe den schönen Artikel von Karlsson in einem früheren Artikelbaum zum selbem Thema: /t/was-muss-passieren-damit-frau-wieder-kinder/50099…

Und schließlich stellt sich die Frage, - brauchen wir ein stärkeres Bevölkerungswachstum?

Gruß
Grin

Hallöle.

Ich schlage einen indirekten Ansatz vor, der auf anderen Erfahrungen beruht:
Die DDR übertraf die Geburtenrate der BRD immer, und vor der destruktiven sozialpolitischen Wende unter Honecker gab es in der DDR kein Kindergeld.

20 Mark Kindergeld und sehr langer Erziehungsurlaub (6 Monate, später extreme 12 Monate) kamen viel, viel später in Mode.

Mit 23 Jahren galt eine Frau als „spätgebährend“.

Noch 1988 erreichte die DDR eine Geburtenziffer von leicht über 1,9 (40% mehr als die BRD) und hatte sich mit dieser außerordentlichen bevölkerungspolitischen Leistung im grünen Bereich stabilisiert.
Bevölkerungsrückgang war langfristig kein Szenario.
(Nach der Wende brach mit dem Zusammenbruch der Einheitsschule die Geburtenziffer völlig zusammen und sackte in der Zeit der Deindustrialisierung der neuen Länder bis 1994 unter die Geburtenziffer der alten BRD.)

Das Scheidungsrecht der DDR war das liberalste der westlichen Welt und die Scheidungsrate sehr, sehr hoch; die Frau war, mit Ausnahme echter Machtpositionen im stalinistischen Apparat, vollständig emanzipiert und an den Mann als ökonomische Komponente („Ernährer“) in keinster Weise gebunden. Das tat der Geburtenziffer oder dem Familienbild jedoch nicht weh.

Die Quote sehr gut ausgebildeter Mütter (Meister, Fachschulingenieure) und Mütter mit Hochschulstudium überstieg die Quoten der BRD um mehr als das 5fache. Das Bildungssystem war bis ins letzte Mosaiksteinchen auf die Werktätigkeit beider Eltern und die problemlose Bewältigung von Beruf und Familie ausgelegt. Die Frauen zehrten schon nach dem Krieg von einer selbstbewußten Atmosphäre, in der sie großgezogen worden sind. Die Rückkehr der vorsintflutlichen Hausfrauenidylle wie in der BRD der 50er war nicht existent. Das Bildungssystem lenkte die Mädchen stark auf MNT-Fächer, mit sehr großem Erfolg, und unternahm große Anstrengungen, daß die Mädchen (und die Jungs) schon frühzeitig Kinder positiv wahrnahmen und sich mit der Zeit das Wollen von mindestens zwei Kindern ausprägte. Sexuelle Aufklärung und offene, gesunde Körperwahrnehmung waren bereits in der Unterstufe (1.-4. Klasse) integraler Bestandteil des Lehrplans. Dem klassischen DDR-Familienbild (Vater, Mutter, drei Kinder) wurde die alleinerziehende Familie mit drei Kindern gleichberechtigt danebengestellt. Kinder durften keinesfalls zum ökonomischen Problem auf der zwischenmenschlichen Ebene werden, aber auch nicht für die Produktion.

Im oberen Ende des Bildungssystem wurden in den 50ern und 60ern viele Sonderregelungen etabliert, u.a. Sonderstudienpläne und Sonderprüfungsphasen für werdende und seiende Mütter, um das Hochschulstudium trotz Kind(er) reibungslos durchführen zu können.

Kurz: Die Kinder waren von A bis Z gut in den Alltag eingebettet. Alles war uneingeschränkt kinderfreundlich, auch abseits von subtilen politischen Motiven.
Die Zustände nach der Wende, an denen sich bildungs- und familienpolitisch bis heute nichts geändert hat, waren subjektiv wie objektiv ein gewaltiger Kulturschock. Die BRD ist schlicht und ergreifend ein kinderunfreundliches Land. Die Gesellschaft als solches interessiert sich nicht für die Kinder oder was aus den Kindern wird, und Rücksicht auf Kinder ist auch nicht vorhanden. Stichwort: spielende Kinder und Rentner. Gleiches gilt für die Machthaber. Wäre Tatendrang auf dieser Schiene vorhanden, wäre die BRD im Angesicht unserers enormen Reichtums das kinderfreundlichste Land der Welt.

Des weiteren existierte das neurotische Karrieredenken nicht. Frauen konnten in der DDR auch mit Kindern Karriere machen. Lies z.B. Interviews mit Dr. rer. nat. Dagmar Schipanski. Nach solchen Sätze wie „Ich wollte mehrere Kinder u n d meinen fordernden Beruf. I c h wollte das. Als Frau.“ suchst Du in der BRD vergebens; da waren und sind bewußt berufstätige Mütter und berufstätige Mütter mit Ambitionen die absolute Ausnahme. In der DDR war das völlig anders, schon in den 50ern. Beruftstätige Mütter wären nie als „Rabenmütter“ beschimpft worden, so daß der Affentanz der CDU-SPD-Regierung/ von der Leyen um die „Gleichstellung der Lebensentwürfe“ auf Ostdeutsche total anachronistisch wirkt. Als ob man einen uralten Vorkriegsfilm sieht, wo das Bekenntnis zu selbstverständlichen Dingen der Moderne wie der Heilige Gral interpretiert wird.
Und trotzdem ist seit der Auseinandersetzung um die Krippen nichts passiert. Nicht einmal die Ausbildung von Krippenerzieherinnen und Kindergartenerzieherinnen hat Reformen erfahren. Von flächendeckenden Quoten für Krippenplätze (DDR 80%) oder Kindergartenplätze (DDR 99%-102%) fangen wir lieber nicht an.

Nebenbei: Ich arbeitete nach der Wende mehrere Jahre in den USA und die gestörte Fixierung auf Karriere konnte ich nicht in dem Ausmaße beobachten wie in Deutschland. Es hängt zwar viel am Betrieb, doch die Staaten sind insgesamt wesentlich kinderfreundlicher und in bezug auf Kinder flexibler als die BRD. Die Nachmittagsbetreuung gefiel mir als Ex-DDR-Bürger selbstverständlich gut und macht den Familien das Leben etwas leichter, doch die Einstellung meiner Arbeitskollegen zu Kindern und zu Familie war positiver als ich es in den alten Ländern erleben konnte.

Es liegt nicht nur am schlechten Schul- und Sozialsystem, sondern die Väter und Mütter sind selber ein Teil des Problems.

Das Kindergeld ist völlig egal bzw. nicht der richtige Weg. Es sollte lieber komplett gestrichen werden.

Viele Grüße

Hallo Reinerlein,

ich stimme Dir voll und ganz zu was die wesentlich besseren Möglichkeiten in der ehemaligen DDR angeht den Beruf beider Elternteile und insbesondere der Frauen und Familie zu verknüpfen. Auch, dass dies in den USA besser läuft freut mich. Was mich allerdings sehr wundert ist wie Du dann zu der folgenen Schlußfolgerung kommst:

Es liegt nicht nur am schlechten Schul- und Sozialsystem,
sondern die Väter und Mütter sind selber ein Teil des
Problems.

Warum wirst Du den Menschen in der BRD eine besondere Karrieregeilheit vor? Du zitierst Dagmar Schipanski: „Ich wollte mehrere Kinder u n d meinen fordernden Beruf. I c h wollte das. Als Frau.“ und sagst, dass dies auch selbstverständlich sein sollte. Was ist aber wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse das nicht zulassen? Wenn Kinder ein Karrierehinderniss und ein Armutsrisisko darstellen? Ist der Verzicht auf Kinder dann nicht verständlich? Oder bist Du der Meinung, dass insbesondere die Frauen dann eben auf eine Karriere verzichten müssten? Gerade die Beispiele DDR und auch Schweden zeigen, das dort wo Kinder kein Problem für die berufliche Karriere darstellen und wo Kinder gesellschaftlich willkommen sind es auch sehr viel weniger Menschen gibt, die sich ausschließlich auf die Karriere fixieren.

Das Kindergeld wegzulassen halte ich für keine gute Idee, auf das Elterngeld könnte man aber leicht verzichten wenn dafür gesorgt würde, dass Beruf und Kinder besser miteinander vereinbar sind.

Gruß
Grin

Guten Tag. :smile:

Was ist aber wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse das nicht
zulassen? Wenn Kinder ein Karrierehinderniss und ein Armutsrisisko
darstellen?

Dann muß der Staat - das sind wir! - vielfältige Maßnahmen ergreifen, so daß die jungen Menschen Kinder nicht als Klotz am Bein oder als Wohlstandsrisiko gesehen werden.
Stichworte: Bildungspolitik, Familienpolitik, Schul- und Gesundheitssystem

Ist der Verzicht auf Kinder dann nicht verständlich?

Ja. Trotzdem ist dieser Zustand nicht akzeptabel.

Oder bist Du der Meinung, dass insbesondere die Frauen dann eben auf
eine Karriere verzichten müssten?

Im Gegenteil, eine Hausfrau käme mir nicht an den Tisch.
(Meine Frau lernte ich im Studium kennen und kurz vor ihrem Abschluß in der Regelstudienzeit bekam sie unser zweites Kind. Zwei weitere Kinder folgten in den 70ern, als sie sich mit guten Leistungen in ihrem Betrieb etabliert hatte.)

Gerade die Beispiele DDR und auch Schweden zeigen, das dort wo
Kinder kein Problem für die berufliche Karriere darstellen und wo
Kinder gesellschaftlich willkommen sind es auch sehr viel weniger
Menschen gibt, die sich ausschließlich auf die Karriere fixieren.

Das sind drei Seiten der gleichen Medaille.
Der Staat/ das System muß die richtige Schul- und Sozialpolitik betreiben, die Gesellschaft muß Kinder mögen und Kinder wollen und die Unternehmer dürfen sich nicht sperren.
Wie Menschen sozialisiert und erzogen werden, ist demzufolge essentiell für die Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft.
Das ist die, neben der Politik, angesprochene menschliche Komponente.

Des weiteren verschärft unsere Einzelkindfamilie das ganze. Ich meine nicht die typischen Macken von Einzelkindern und deren egozentrische Verhaltenstendenzen, sondern es ist seit langem bekannt, daß Kinder die Familienstrukturen anstreben, die sie selber erlebten und in denen sie groß geworden sind. Einzelkinder kriegen wieder nur Einzelkinder bzw. mit einer erheblichen statistischen Wahrscheinlichkeit keine Kinder.

Im DFF der DDR lief Ende der 80er Jahre eine für BRD-Maßstäbe völlig realitätsferne Dokumention. Man beklagte lautstark, daß sich die Anzahl der Familien mit drei Kindern in den 80er Jahren zahlenmäßig verringerte und die langfristige „Gefahr“ der Familie mit „nur zwei Kindern“ bestünde. Der Schlußsatz lautete ungefähr: „Hoffen wir, daß im kommenden erfolgreichen Jahrzehnt unserer Republik die Familie mit drei Kindern weiter zum tagtäglichen Bild auf unseren Straßen gehört.“.

Das wirkt wie utopischer Wahn aus einem sehr fremden Land, wenn man sich die heutige Familie und die Geburtenziffer von Ach und Krach 1,2 ansieht.

Und wir brauchen Kinder, nicht um den Planeten noch weiter zu verstopfen, sondern für unserer Schulen, für den Nachwuchs, für den ökonomischen und geistigen Fortschritt, für buntes Leben in den Städten und Dörfern. Die statische Rentnerrepublik wäre der GAU.
Daß wir 80 Millionen sind und der Welt nichts fehlen würde, wenn die Deutschen nur noch 10 Millionen wären, ist nicht der Punkt.

Das Kindergeld wegzulassen halte ich für keine gute Idee

Der Staat sollte sicherstellen, daß das Geld unmittelbar für die Kinder ausgegeben wird. Das einfachste ist das Streichen dieser fragwürdigen Subvention und die Umverteilung des Geldes ins Schulsystem. Kostengünstige oder kostenfreie Kinderkrippen, kostenfreie Kindergärten, kostenfreie Mahlzeiten, systematische und kostenfreie Nachmittagsbetreuung in einer flächendeckenden Tagesschule, kostengünstige Lehrmittel, dichtes Schulnetz (=keine halben Busreisen zur Schule), Vollausbau aller Schulen in einzügige vollausgestatte achtklassige Einheitsschulen (Werkraum, Polytechnikraum, Musikraum, Physikraum, Chemieraum, Biologieraum, großer Schulgarten, Turnhalle, Sportplatzanlagen, Schulküche, Speiseraum, schöner grüner Schulhof, angeschlossener Schulhort mit eigenen Räumen wie Bastelzimmer, Malzimmer usw., gesicherte 3 gesunde Mahlzeiten Frühstück, Mittagessen, Vesper, … , …).

Auf diese Weise käme das Geld vor allem den Kindern zugute. Und zwar allen Kindern gleichermaßen.
Denn was passiert in vielen Familien? Die, denen es relativ gut geht, die geben das Kindergeld an den Sprößling weiter, als Taschengeld. (Es muß ja irgendwoher kommen, daß z.B. das deutsche Kind statistisch für über 400 Euro Weihnachtsgeschenke in jedem Jahr bekommt.) Für diesen Mißbrauch ist es überhaupt nicht gedacht. Und in den abgehängten Hartz-4-Familien verdampft das Staatsgeld in Zigarretten und Alkohol. Statt Lebensstandard und Unterstützung für das Kind nur Qualmerei und Sauferei. Eine Kindergelderhöhung ist deswegen das gleiche, wie die Kohle direkt in der Hypo Real Estate zu verfeuern; denn die einen machen eine Taschengelderhöhung und die anderen versaufen es. Die Zahl der Familien, die es richtig einsetzt, d.h. wo die Eltern die Hand auf dem Geld lassen und es im Sinne der Kinder ausgeben, nimmt täglich ab.
Deswegen streichen und komplett in die radikale Modernisierung des Schulsystems fließen lassen.

auf das Elterngeld könnte man aber leicht verzichten

Vom Elterngeld brauchen wir nicht reden. Das müßte gleich hinter dem Kindergeld über Bord gehen.

Viele Grüße :smile:

Hallo Grin,

die ursprüngliche Lautete:

Warum werden in Deutschland immer weniger Kinder geboren? Liegt das
am zu geringem Kindergeld?

Genau diese Frage habe ich beantwortet,… ohne moralische Wertung.

Und schließlich stellt sich die Frage, - brauchen wir ein
stärkeres Bevölkerungswachstum?

Genau das ist die entscheidende Frage.
Ich sag’ mal Nö.

Gruß
Carlos

Hallo,

Durchschnitte interessieren hier wieder mal nicht.

Du hast gesagt:

In einer Mittelstandsfamilie mit durchschnittlichem Einkommen reicht
ein Gehalt nicht mehr um davon auskömmlich leben zu können.

Das, wie gesagt, kann m.E. nicht Dein Ernst sein.

Zudem muss man die Kosten sehen. Klar klingen 35.000 EUR
erstmal nach viel Geld. Ist die Frage, welche Unkosten die
Familie zugleich hat. Schulmaterial hier, Klassenfahrt da,
vielleicht Nachhilfe, Zuzahlungen beim Arzt für mehrere
Personen, Zahnersatz bzw. Spangen für die Kinder (kenne mich
da nicht aus, aber es wird kaum komplett kostenfrei gehen wenn
man die gute Lösung will). Wenn man dann noch 1-2 Autos
anschaffen und unterhalten muss damit beide Eltern zur Arbeit
kommen und Einkäufe tätigen oder die Kinder abholen und
bringen können, Klamotten nicht aus Prinzip immer nur bei KiK
kaufen will, eine große Wohnung oder ein Haus finanzieren
muss, mit Nebenkosten für mehrere Personen - da sind 35.000
EUR schnell weit weniger, als man denkt.

Wir reden von 35.000 Euro netto, also 100 Euro pro Tag. Was,
um Himmels Willen, würdest Du denn als auskömmliches Einkommen
bezeichnen?

Dein Zynismus ist bezeichnend. Du willst hier doch niemand weis machen dass diese 35000€ das Durchschnittseinkommen einer Mittelständischen Familie sind. Ich darf mich auch zum Mittelstand zählen, kann aber als Selbstständiger angesichts solcher „Durchschnittszahlen“ nur den Kopf schütteln.

Dein Zynismus ist bezeichnend. Du willst hier doch niemand
weis machen dass diese 35000€ das Durchschnittseinkommen einer
Mittelständischen Familie sind. Ich darf mich auch zum
Mittelstand zählen, kann aber als Selbstständiger angesichts
solcher „Durchschnittszahlen“ nur den Kopf schütteln.

Das ist das Durchschnittseinkommen in Deutschland, inkl. Kindergeld & Konsorten.

Ich mach die Statistiken nicht.

Gruß
C.

Hallo,

ein wirklich gutes Thema. Das es zur DDR Zeiten bessere Betreuung der Kinder gab konnte ich selber erleben und bin auch dankbar für diese Zeit.
Ich selber hab heute 2 Kinder und wohne in den alten Bundesländern. Um es kurz zu fassen die Betreuung hier ist sehr schlimm. Beide Elternteile wollen und müssen Arbeiten gehen und die Kinder sollen ordentlich betreut werden. Nur dann heißt es „Es gibt leider nicht genug Betreuungsplätze für Ihre Kinder, suchen sie sich eine Tagesmutter“. Na wie schön eine Tagesmutter (wenn man diese findet) kostet haufen Geld je nach Zeit zwischen 300 und 500 Euro für ein Kind. Das muss erst einmal für die Betreuung vom Lohn „abfallen“. Letztendlich werden wo möglich die Kinder hin und her geschupst weil man sich sagt die eine T.mutter ist billiger als die andere. Hat zwar nicht so die Ausbildung und die kinder werden vielleicht den ganzen Tag vor den Fernseher gesetzt, aber naja. Und das kann es nicht sein!

Ich finde es müssen für alle Kinder Betreuungsplätze zur Verfügung stehen damit man den Beruf und die Kinder besser unter einem Hut bekommt. So finde ich, klappt das auch mit der Geburtenrate in Deutschland.