Hallo Karin,
Eine geniale Idee! Man verhindert, dass Bauern auf ihre Äcker
kommen können - und Schwupp - schon werden die Bauern
enteignet und das Land fällt an … warum eigentlich an
Israel?
Tut es nicht. Unbewirtschaftetes Land wird Staatland und dieses wird von Israel verwaltet. Solange, bis mit den Palästinensern ein friedliches Zusammenleben möglich wird und diese es dann selbst, im eigenen Staat, verwalten.
Aber noch ein paar Gedanken, das Thema berührend. Man kann, liebe Karin, die israelische Siedlungspolitik kritisieren. Israel hat hier viele Fehler gemacht und etliches Unrecht geschaffen. Man kann die Kritik zynisch (wie ein wenig in deiner Quelle) oder polemisch formulieren, was ist damit erreicht? Der Gegenüber wird sich auf Fundamentalopposition zurückziehen und man wirft sich gegenseitig Totschlagargumente an den Kopf. Wie solche Diskussionen aussehen, haben du und ich oft erlebt und ich finde sie höchst unerquicklich. Die Lage ist nicht rein schwarz oder rein weiß, sondern immer eine Mischung vieler Grautöne und über die Schattierungen kann man sich eigentlich vernünftig unterhalten.
Tatsache ist, dass Israel ein Problem mit Siedlern hat. Mit Siedlern, die glauben, ihre spirituelle Überzeugung sei höherwertiger als Gesetze und Vorschriften. Das Gros der israelischen Bevölkerung betrachtet die radikalen Siedler als Spinner und Störenfriede – mehr oder weniger. Nichtsdestotrotz – Israel bekleckert sich beim Umgang mit illegalen Outposts nicht mit Ruhm, die Welt würde die israelische Armee Beifall zollen, würde sie neue Wohncontainer auf den Hügeln wirksam verhindern. (Nun bin ich aber kein Experte für israelisches Recht, der weiß, ob da Gesetze dagegen sprechen.) Soweit das eine.
Auf der anderen Seite gibt es auch Siedlungen, die rechtlich nicht zu beanstanden sind. Deren Grund und Boden rechtmäßig erworben wurde. Und eigentlich spricht nichts dagegen, dass eine jüdische Minderheit im Staat Palästina den Boden bestellt und von ihrer Hände Arbeit lebt (oder auch von Spenden amerikanischer Milliardäre, von mir aus). Jetzt lass uns doch einmal vorstellen, die israelische Armee zieht ab und überträgt die Sicherheit der Siedler der Autonomiebehörde. Wie lange, meinst du, überleben die Siedler? Stunden? Tage? Kann man da nicht auch argumentieren, die Behinderungen der Palästinenser durch die Sicherheitseinrichtungen sind einerseits verursacht durch die Existenz der Siedlungen an sich, aber auch durch das Unvermögen der Palästinenser mit Siedlern vernünftig zusammenzuleben?
Weißt du, ich bin durchaus ein Verfechter einer Rückzugspolitik aus den besetzen Gebieten und zwar so weit wie es nur realistisch möglich ist und tunlichst noch ein Stückchen darüber hinaus. Nur gehen mir in der Diskussion mit Israelis die Argumente aus. Was soll ich sagen, wenn mir vor Augen gehalten wird, Israel hätte mit dem Rückzug aus Gaza einen deutlichen Schritt getan – und die Palästinenser? Hat es ein Entgegenkommen für Israel gegeben? Keine Raketen mehr, damit Israel den nächsten Schritt (sagen wir Zugeständnisse bei den Grenzkontrollen) machen kann? Viele, die dafür plädiert hatten, dass nun auch Siedlungen im Westjordanland geräumt werden sollen, sind ernüchtert und enttäuscht – Tenor: das palästinensische Verhalten ändert sich nicht, ob man ihnen nun Zugeständnisse macht oder ob man ihnen mit Härte gegenübertritt. Auch wenn Israel Westjordansiedlungen aufgeben würde, der Terror gegen Israel würde weitergehen. Ich kann denen nicht mehr widersprechen, denn – ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass es anders sein könnte.
Vielleicht kannst ja du mir einen Anhaltspunkt geben, woher Israelis eine Vision nehmen könnten, die Palästinenser würden Entgegenkommen mit Gegenleistungen belohnen und mit Vorrücken der Terrorstrukturen bestrafen.
Gruß
Hardey
PS. Ich habe der Einfachheit immer „Palästinenser“ geschrieben, wo, müsste es ganz wahrheitsgemäß sein, oft „palästinensische Extremisten“ stehen müsste. Nur dominieren diese wenigen Extremisten in den Auswirkungen auf Israel und in dessen Wahrnehmung die große, große Masse friedlicher Palästinenser derart, dass die Verallgemeinerung auch wieder nicht ganz falsch ist. Auch wieder traurig.