Zur Physik im Allgemeinen
Was die Welt im Innersten zusammenhält und bewegt ist von Haus aus natürlich eine Frage, die sofort auch die Philosophen auf den Plan ruft. Allein: wenn ich, wie bereits geschehen, einem philosophischen Seminar beiwohne, welches sich mit Fragen der Kosmologie befasst, dann hat dies, aus meiner Sicht immer einen peinlichen Beigeschmack, weil die armen Philosophen nicht den leisesten Hauch einer Ahnung davon haben, welche physikalischen Voraussetzungen oder auch Konsequenzen mit ihren Spekulationen verknüpft sind.
Was Philosophen berechtigterweise tun, ist Wissenschaftstheorie betreiben. Im Sinne dieser Wissenschaftstheorie, wobei es auch dort wieder unterschiedliche Auffassungen gibt, kann man niemals beweisen, dass eine Theorie richtig ist. Man kann immer nur zeigen, dass bestimmte Theorien nicht stimmen können. Eben wenn man Tatsachen vorfindet, die sich zur Theorie in Widerspruch befinden. Nichtsdestotrotz bleiben alle Theorien Modelle von der Wirklichkeit. Es kann durchaus unterschiedliche Theorien geben, die alle stets zu den gleichen Voraussagen führen. Möglicherweise liesse sich eine Theorie entwickeln, bei der sich tatsächlich das Universum um die Erde dreht und nicht die Erde um die eigene Achse. Eine solche Theorie, wenn sie überhaupt möglich wäre, würde zur Folge haben, dass die Naturgesetze völlig anders formuliert werden müssten und unglaublich viel komplizierter wären, als es gegenwärtig der Fall ist. Wenn es aber zwei Theorien gibt, die beide immer dieselben Voraussagen machen, dann kann man nicht behaupten, die eine sei richtig und die andere sei falsch. Es macht überhaupt keinen Sinn, danach zu fragen, welche von beiden die richtige ist, weil man kein Mittel hätte, die Antwort zu überprüfen. Also auch wenn ich plötzlich mit einer superkomplizierten Theorie ankomme und behaupte, dass die Erde sich gar nicht dreht, kann mir niemand nachweisen, dass meine Theorie falsch ist, solange sie sich nicht in Widerspruch mit den Beobachtungen befindet. Doch was tun, wenn unterschiedliche Theorien jeweils dieselben Vorhersagen machen?
In diesem Fall ist einfach jene Theorie die schönere, die einfacher ist. Wie sich dieses ‚einfacher‘ objektiv ausdrückt, erspare ich mir, hier auszbreiten. Ein Merkmal für Einfachheit ist die Anzahl der Naturkonstanten, deren Größe sich nicht aus der Theorie ableiten lässt. Je weniger solche Konstanten es gibt desto einfacher die Theorie.
Aber das ist ja gar nicht das Problem. Wenn Du als Laie einen Gedanken hast, so kann dieser Gedanke durchaus genial sein. Auch geniale Gedanken können falsch sein. Aber nehmen wir einmal an, rein zufällig sei er richtig. Jede neue Theorie muss schließlich mit einem Gedanken an irgendeinem Punkt ihren Anfang nehmen. Sei er also richtig, dann beginnt eine unglaubliche Arbeit. Dann muss nachgeprüft werden, inwiefern das neue Modell in Einklang zu Beobachtungen steht. Und da ist eine ganze Menge an Beobachtungsmaterial aus Teilchenbeschleunigern, aus dem Weltall, aus den Labors der Physiker und es kommt zunächst mal ein wahnsinniger Berg an Rechenaufgaben auf einen zu. Also ich gebe zu, ich könnte das nicht. Obwohl mir auch einige physikalische Fragen unter den Nägeln brennen und ich durchaus mit einigen Vorstellungen über schwarze Löcher große Probleme habe, diese zu akzeptieren und obwohl ich auch ein paar Semester Physik studiert habe, muss ich zugeben, dass ich damit hoffnungslos überfordert bin, meine Ideen nachzuprüfen.
Jetzt angenommen, ich könnte das tatsächlich bewältigen und meine Ideen mathematisch in Einklang mit den Beobachtungen bringen, dann gäbe es weitere Widerstände. Dann müsste ich erstmal mit Widerstand rechnen und in der Lage sein, meine Theorie gegen diesen Widerstand zu verteidigen. Seinerzeit hat Albert Einstein mit allem was ihm zur Verfügung stand die Quantentheorie angegriffen. Verteidige mal eine
Theorie, wenn Weltkapazitäten sie angreifen. Dafür musst Du verdammt fit sein.
Ach ja, eine neue Theorie wird auch dann einen schweren Stand haben, wenn sie nicht in der Lage ist, Voraussagen zu machen, die sich von denen, der gegenwärtig akzeptierten Theorie, unterscheiden. Wenigstens eine solche Voraussage sollte schon drin sein und es sollte auch eine Chance bestehen, diese experimentell zu bestätigen.
Es ist übrigens eine Tatsache, zumindest in Deutschland, dass man ohne formale Ausbildung, kaum eine Chance hat, auf einem wissenschaftlichen Gebiet überhaupt nur angehört zu werden. Wenn Du den Stein der Weissen entdeckt hast und es für Dich etwas darstellt, an was Du glaubst und was Dir sehr wichtig ist, dann kann ich moriarty nur beipflichten, dann solltest Du wirklich Physik studieren. Wenn Dir das zu viel Arbeit oder zu schwierig ist, dann kannst Du Deine Ideen immer noch literarisch verwerten und Sciencefiction schreiben. Wissenschaft ist auch Kampf, in dem man sich durchsetzen muss, in welchem Kapazitäten ihre Meinungen verteidigen und wenn Du kein As im Ärmel hast, brauchst Du Dich gar nicht auf so einen Kampf einzulassen.
Bist Du deshalb chancenlos? Nicht ganz. Wenn Du Recht haben solltest, womit auch immer, denn ich kenne Deine Theorie nicht, dann konstruiere einfach ein Experiment, welches so ausgeht, wie Deine Theorie es vorhersagt und welches anders ausgeht, als es die akzeptierten Theorien vorhersagen. Und führe das Experiment vor.
Doch selbst wenn Alles so günstig wäre. Du würdest ein Experiment vorführen und es würde Deine Theorie unterstützen, was hättest Du davon? Dann hattest Du eben einen brillianten Gedanken und weiter? Es wäre für Dich ziemlich frustrierend. Ohne wenigstens den Kenntnisstand eines Diplomphysikers kannst Du unmöglich als Physiker arbeiten, nichtmal wenn man Dir die Chance dazu geben würde. Denkst Du, Du kommst dann in eine Forschungsgruppe, wo Du nur Bahnhof verstehst, wo Du aber rumstehst, sozusagen als Maskottchen, welches die entscheidende Idee hatte?
Überleg Dir erstmal, was Du eigentlich persönlich erreichen willst und schaffe dann erstmal die Voraussetzungen dafür. Man geht ja auch nicht auf eine Wanderung ohne Pflaster, ohne Proviant, ohne Regenschutz, ohne jegliche Ausrüstung. Es reicht nicht, das Ziel zu kennen, man muss auch in der Lage sein, es zu erreichen.
gruß
unimportant