Nein, das stimmt nicht. Wenn Du Ladungen einfach nur
voneinander entfernst, erhöhst Du zwar die elektrische
Spannung zwischen ihnen, aber die Feldstärke nimmt ab. Beim
homogenen Feld eines unendlich großen Plattenkondensators
kannst Du beim Entfernen der isolierten Platten die Feldstärke
bestenfalls konstant halten.
Das gilt für den Fall, dass die Ladungen vorher schon von
einander getrennt sind, und sich nur ihr relativer Abstand
vergrößert. Ich sprach aber davon, dass positive Ladungen
(oder negative) durch die Regentropfen aus einem zuvor
insgesamt neutralen Bereich der Wolke herausgewaschen werden.
Ja, wie denn nun ? Neutral oder nicht ? Ich zitiere Dich:
„Nehmen wir an, dass die Wolke schon unten ein bisschen negativ ist und oben ein bisschen positiv“
Ich würde das so verstehen, dass diese Bereiche eben nicht neutral sein sollen und die Ladungen bereits getrennt waren. Also direkt vergleichbar mit dem Plattenkondensator.
Im Feldlinienbild würde das bedeuten: Für jede Ladung, die Du
aus dem oberen Bereich der Wolke entfernst, musst Du eine neue
Feldlinie einzeichnen. Das bedeutet: die Feldstärke nimmt zu.
Na gut, dann nehmen wir mal an, der Wolkenbereich sei elektrisch neutral. Dann ist die Frage, warum ein Tropfen Ladungen herauswaschen sollte und vor allem, warum Ladungen bestimmter Polarität.
Wenn Du es mit dem Plattenkondensator vergleichst, entspricht
das nicht dem Auseinanderziehen der Platten (das würde für die
Wolke bedeuten, dass sie in vertikaler Richtung wächst),
Wenn nur die Ladungen verschoben werden, muß die Wolke nicht wachsen, aber das nur nebenbei.
sondern es ist ein Ladestrom, der von der einen Platte zur
anderen Platte fließt. Angetrieben wird dieser Strom durch das
Herabfallen der Wassertropfen.
Ich versuche es mal zu skizzieren:
Anfangszustand:
Oben bildet sich nun ein Wassertropfen (und zwar an der
eingeklammerten Stelle), der unten negativ und oben positiv
polarisiert ist. Auf seinem Weg nach unten schubst er die
negativen Ladungen zur Seite und sammelt die positiven
Ladungen ein.
Endzustand:
Das Ladungsungleichgewicht ist größer geworden.
Ich weiss schon, wie Du das meinst, aber diese Theorie hat noch einen Haken. Du gehst davon aus, dass der polarisierte Tropfen ein positives und ein negatives Ende hat, sich also wie ein Dipol verhält. Dabei läßt Du außer Acht, dass diese Polarisierung nur die unmittelbare Folge eines äußeren Feldes ist und dass das tatsächliche Feld um den Tropfen herum die Überlagerung dieser beiden Felder ist. Dieses Feld um den Tropfen herum ist kein Dipolfeld sondern einfach nur eine Feldverzerrung des äußeren Felden mit einer leichten Feldstärkekonzentration zum Tropfen hin. Weshalb sollten nun Ladungen bestimmter Polarität von einem Tropfens angezogen oder abgestossen werden ?
Diese Erklärung wäre mir da einleuchtender:
Sofern es frei bewegliche geladene Teilchen in der Wolke gibt, werden sich diese bevorzugt in Feldlienienrichtung bewegen. Die mittlere Relativgeschwindigkeit zwischen Tropfen und geladenen Teilchen wäre also, je nach Ladung der Teilchen, unterschiedlich hoch. Der Tropfen würde dann häufiger mit Ladungen der Polarität zusammenstossen, die durch das äußere Feld eine Kraft nach oben erfahren.
Jörg