Hallo Michael,
ich finde es wirklich klasse, mit Dir mal abseits gelegene Gedankengänge zu diskutieren. Ich fürchte aber, dieser Thread wird hier wirklich langsam off topic
Mir ist das zu abstrakt. Kannst Du das an einem Beispiel
erklären?
Zu Deinen Fragen: Ich haben kein konkretes Modell und ich möchte mich auf die Schnelle auch nicht auf konkrete Beispiele festlegen - dazu ist das alles viel zu wenig durchdacht. Der Ansatzpunkt mit dem extended Phenotype scheint mir aber der beste zu sein, um dan Denkansatz zu verdeutlichen:
Der extended Phenotype gehört immer zu einem Individuum: Der
Damm eines Bibers, der Köcher einer Köcherfliege, das Nest
eines Webervogels, … Zur Gestalt der Biosphäre tragen aber
alle Lebewesen bei.
Ich treibe das Konzept des extended Phenotype etwas weiter, wie Du beschreibst. Ich denke nicht, dass es sich einem Individuum zuordnet. Ein Biberdamm wird von mehreren Bibern gebaut, Webervögel bauen auch Wohnsilos. Dazu kommen Symbiosen verschiedener Arten. Ich finde, es gibt keinen Grund, fakultativen aber de facto vorhandenen und starken Wechselbeziehungen eine Sonderstellung einzuräumen. Damit sehe ich die Wirkung der (genetischen) Mutationen nicht (nur!) auf der Ebene der Individuen, sondern auch auf der Ebene der Population (was voll in der Sicht der synthetischen Theorie ist) und darüber hinaus auch auf der Ebene der direkten und auch indirekten Biozönosen.
Wie hatten vor einiger Zeit hier in WWW mal die Diskussion über den Artbegriff, wo auch der Aspekt aufkam, dass man eine Art nicht ohne Weiteres isoliert betrachten kann. Ich sehe den Begriff „Art“ als ein recht abstraktes Konzept, welches in der Natur irrelevant ist. Evolution wirkt nicht auf eine Art, sondern es ist eher als Eigenschaft komplexer Systeme zu sehen.
Ich will nochmal betonen, dass diese „erweiterte Sichtweise“ den von Darwin beschriebenen Prinzipien von Variation und Selektion nicht widerspricht. Die Sichtweise könnte aber vielleicht einmal dazu dienen, Phänomene wie die Gruppenselektion und auch die Diskontinuität der Makroevolution einfacher erklären. Das Konzept ist ein Denkansatz - keine fertig ausgefeilte Theorie! Hätte ich sowas, würde ich das in einer Fachzeitschrift publizieren und nicht in WWW zur Diskussion stellen…
Das ließe sich dann mit der zwischenartlichen Konkurrenz in
der klassischen Evolutionstheorie vergleichen. Die eigentliche
Triebfeder der Evolution ist aber die innerartliche Konkurrenz
- und dazu sehe ich kein Äquivalent in Deiner Theorie.
Ist das so? Kannst Du mir Quellen für diese Aussage geben? Zwischenartliche Konkurrenz wird vermieden wo immer möglich. Der Fakt, DASS sie vermieden wird, ist mE eine Folge effektiver Evolution. Die innerartliche Konkurrenz kann ungleich schwerer vermieden werden, daher sieht man Anpassungseffekte „drumherum“, die augenfälliger auf den Grund der Anpassungen hinweisen.
Ebenso wichtig wie Konkurrenz ist aber auch der Einfluß von Beute, Parasiten, Krankheitserregern, Räubern und die von ihen und allen anderen Lebewesen verursachten Veränderungen der Umwelt.
Doch! Zwar erfüllen sie alle Bedingungen der Definition eines
Ökosystems, aber umgekehrt gilt das nicht.
Ich steh’ auf dem Schlauch. Welche Bedingungen zB wären das?
LG
Jochen