Hallo Schwärzel,
die Frage, ob Glaube (im Sinn von religiösem Glauben) und Meinung dasselbe seien, beantwortest du dir eigentlich selbst mit „Nein“. Denn wenn dem so wäre, wäre deine Folgefrage, ob sich ein Nichtgläubiger in in einen Gläubigen (oder umgekehrt) hineinversetzen könne obsolet. Nachdem du selbst davon ausgehst, dass es sich dabei - egal in welche Richtung - um eine „schwierige Übung“ handelt, muss wohl hinter religiösem Glauben mehr stecken als eine simple Meinung zu Thema xy.
Glauben deckt eine Vielzahl von Aspekten ab, nicht alle davon müssen für einen einzelnen Gläubigen wichtig sein, ja, je nachdem auf welchen Aspekt man sich konzentriert, findet man eine Art Religion in Dingen, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so aussehen.
Prinzipiell kann man sich auf die funktionalen Aspekte von Religion konzentrieren bzw. den Inhalt des/eines Glaubens in den Vordergrund stellen, oder Kombinationen.
Das Interesse (am Glauben) kann sich auf den Gottesglauben richten (wobei da aber der Buddhismus nicht enthalten wäre), oder auf den Verpflichtungscharakter des Glaubens (dann kann z. B. auch der Kommunismus als Religion betrachet werden), ebenso können aber Riten, Kulte und/oder Institutionen im Vordergrund stehen (dann würden auch institutionalisierte und ritualisierte Sportarten darunter fallen). Eine Summe von Eigenschaften anzugeben, die allen Religionen gemeinsam sind, ist nicht möglich.
Wenn man Religion als ein „Orientierungssystem besonderer Art“ sieht, erfüllt es die Funktion, dem Menschen Normen für das Leben zu geben und Trost für das Sterben; die Erfüllung dieser Funktion wird ermöglicht oder zumindest unterstützt durch Institutionen, die eine Rahmen für rituelle Erfahrungen bieten; die Normen werden durch den Bezug auf Gesetze begründet, die höher sind als die von Menschen gemachten, und der Trost wird zumeist durch den Bezug auf einen Bereich gegeben, der über das irdische Leben hinausgeht.
Das ist allerdings nur eine mögliche Betrachtungsweise, und außerdem eine sehr eurozentrische Fixierung des Religionsbegriffes. Darüber hinaus: Sieht man den Glauben als ein „Orientierungssystem (besonderer Art)“, könnte auch der Atheismus nicht mehr ausgenommen werden.
All das stellt aber nach wie vor keine Meinung dar!
Wieviel Empathie braucht es nun? Wenn ich Religionen betrachte, weiß ich im wesentlichen bei welchem Aspekt ich mich befinde (Ritual, z. B. Beten, Funktion, z. B. Leben nach dem Tod, Inhalt, z. B. Schriftauslegung). Jeder Gläubige wird für seinen persönlichen Glauben ein Subset von religiösen Aspekten für sich für wichtig empfinden, sehr oft unabhängig davon, was Institutionen vorgeben. Eine Einordnung kann hilfreich sein, das Einlassen auf das Gegenüber ist - wie jedesmal, wenn ich jemanden näher kennenlernen will - unabdingbar.
Gruß
fliegerbaer