Hi,
Ist doch komisch: Seit Jahrzehnten engagieren sich Frauen für
die Gleichberechtigung (der Frau, was sonst).
Ja, was denn sonst?
es gibt (seit Mitte der 70er vorwiegend in den USA) Frauen, die sagen, das ganze Projekt würde als „Frau“ unter der Hand lediglich die „weiße Mittelschichtfrau“ vertreten … aber das nur by the way …
Und jetzt fangen die Männer an zu heulen, dass sie das nicht
auch haben!
Nicht, dass Männer nich weinen dürfen ), aber wenn sie
Gleichstellungsbeauftragte und Jungentage und Männergruppen
wollen - sollen sie sie doch machen.
Wer hindert euch, liebe Männer? Heult nicht, sondern gehts an,
sonst haben wir Frauen euch bald abgehängt!
Willst Du auf so einen läppisch-plauderhaften Kommentar eine ernsthafte Antwort?
Ich glaubs ja nicht, aber trotzdem (dafür Achtung: ist etwas länger geraten):
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Es dürfte klar sein, dass man eine soziale Bewegung nicht per Willensbeschluss aus dem Boden stampft, sondern dass da eine Menge Faktoren im Spiel sind.
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Der Vergleich mit dem Feminismus hinkt ganz gewaltig (insofern sind Sprüche, wie „wir Frauen habens ja auch geschafft“ einfach nur lachhaft), weil dieser auf der Basis extrem krasser Benachteiligungen und Ausschließungen gestartet ist (Wahlrecht, Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt, etc.);
seit spätestens in den 80ern diese krassen Benachteiligungen weitgehend beseitigt waren, bringt m.E. auch der Feminismus nicht mehr viel Innovatives auf die Reihe, bzw. haben viele jüngere Frauen dieser Generation (oft auch hier bedauert) wenig feministisches Bewusstsein.
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Was Frauen aber weiterhin haben, ist a) das Selbstverständnis einer fast hundertjährigen Tradition des Kampfes um Gleichberechtigung im Rücken, b) eine noch immer krasse Unterdrückung der Frauen im globalem Maßstab, und c) die Tendenz, dass -wenn die ökonomischen Bedingungen schlechter werden- auch hier die errungenen Rechte der Frauen angetastet werden.
Das alles haben Männer nicht (zumindest nicht heterosexuelle Männer, die schwulen Männer haben es längst „auf die Reihe gebracht“, Gleichberechtigung einzufordern und teilweise auch zu erhalten);
was sie haben ist wohl vornehmlich:
a) auf offensichtlicher Ebene:
krasse Benachteiligungen im ganzen Bereich der Vaterschaft (und genau in diesem Bereich gibt es ja auch Ansätze des organisierten Widerstands, zumindest in den angelsächsischen Ländern), krasse Benachteiligung im Rahmen der Wehrpflicht (das Thema ist aber zeitlich so eng umgrenzt, dass es wenig für kontinuierlichen Widerstand beitragen könnte)
b) auf statistisch-kumulativer Ebene:
Themen wie ungerecht hohe Repräsentation in den Risikoberufen, eine um ca. 5 Jahre geringere Lebenserwartung (die nicht rein biologisch abtubar ist), mehr Suchtopfer, mehr Unfallopfer, etc.; vielleicht ja tatsächlich künftig schlechtere Bildungsschancen
c) auf Ebene der Geschlechterrolle ist m.E. die männliche Geschlechterrolle deutlich rigider und starrer als die weibliche; gerade auch im Bereich der Sexualität.
d) auf der Ebene der Reaktion auf den bestehenden „feministischen Blick“ lässt sich geltend machen, dass dieser in manchen Bereichen zu sehr mit (unreflektierter, verdinglichter) institutioneller Kraft ausgestattet ist, und so in diesen Bereichen andere, viel krassere, Benachteiligungen verdeckt mit seinem ganzen Institutionsapparat von der Frauenbeauftragten bis zum Girls Day;
z.B. im ganzen Bereich Schule und Arbeitsmarkt sind zweifellos der Migrantensohn Ivica O., aber auch der Arbeitersohn Manfred B. weit benachteiligter als die Beamtentochter Marina S.; demzufolge hätte eigentlich Manfreds Schwester Sabine B. auf einem „bildungsferne Schichten“-Day gemeinsam mit Ivica O. mehr zu suchen als auf dem Girls Day mit Marina, zumindest wenn sich diese um Themen wie Schule und Beruf zentrieren …
hier evtl. zu sagen: sollen sie doch was entsprechendes auf die Beine stellen, die Sabine, der Manfred und der Ivica, wäre furchtbar naiv, weil dahinter Fördergelder, Patenschaften durch die Politik, institutionelle Stellen, gesamtgesellschaftliche Akzeptanz, etc. Voraussetzungen sind, die erst mal gegeben sein müssen bzw. erkämpft werden müssen.
Viele Grüße
Franz