Hallo, Freunde der Religionswissenschaft!
Jesus’ Kreuzigung ist nach christlicher Auffassung Bestandteil eines göttlichen Heilsplanes. Die Kritik derer, die darum in Gott eine Art transzendentes Monstrum sehen, das archaische Opfer verlange, teile ich nicht im Geringsten. Denn so, wie ich die Geschichte verstehe, verlangt Gott kein Opfer, sondern er erbringt selbst eines, ganz gleich ob man nun vor dem Hintergrund theologischer Spitzfindigkeiten davon ausgeht, dass letztlich Gott selbst gekreuzigt wurde oder „nur“ sein lieber Sohn. Ich weiß nicht, ob es in anderen Religionen vergleichbare göttliche Großtaten gibt, aber diese hier finde ich überaus beeindruckend.
Was ich allerdings überhaupt nicht verstehe, ist, warum Gott es so kompliziert macht. Wollte er alle Menschen retten, so könnte er es doch auch einfach so tun. Wollte er nur einige Menschen retten, so könnte er auch das. Wollte er die Erlösung von Bedingungen abhängig machen, so wüsste er auf Grund seiner Allwissenheit sowieso, wer diese Bedingungen erfüllen würde, wenn er zuerst ein irdisches Dasein führen müsste; Gott könnte das irdische Dasein aber kurzerhand streichen. Das gilt ganz besonders, wenn man von Prädestination ausgeht, wo die Lebensführung ohnehin keinen Einfluss auf das Heil nimmt. Was sagt die christliche Lehre dazu? Warum macht Gott es so kompliziert? Mal ganz unabhängig vom irdischen Dasein der Menschen: wozu die Kreuzigung?
Des Weiteren verstehe ich nicht, wieso Jesus’ Kreuzigung Teil eines göttlichen Planes und damit göttlicher Wille ist, und die, die ihn gekreuzigt haben, trotzdem für Feinde Gottes gehalten werden. Ausgerechnet die christliche Heilsgeschichte hat ja offenbar den Antisemitismus befeuert, weil man sagte oder sogar noch sagt, dass „die“ Juden Jesus getötet hätten. Ein Christ mittlerer Art und Güte müsste ja insofern geradezu dankbar sein, als ihm doch die Kreuzigung heilsnotwendig scheint. Auch die Rolle von Judas Iscariot leuchtet mir kaum ein. Er tut, was er sogar nach Jesus tun „muss“, und Gott will, dass er es tut, und doch hat Judas gesündigt und sich nach katholischer Auffassung sogar einer Sünde gegen den Heiligen Geist schuldig gemacht (Desperatio). Aus irgendeinem Film habe ich zudem den Gedanken, dass Gott den Menschen die Kreuzigung verübelt, wofür im Übrigen ja auch spricht, dass Jesus für sie um Vergebung bittet. Aber warum zürnt Gott denen, die er seinen Willen ausführen lässt? Gibt es dazu theologische Lehrmeinungen?
Es dankt wie immer
Mevius