Muss der Erwerber bei einer Immobilienversteigerung die im Grundbuch hinterlegte Grundschuld der ehemaligen Eigentümer grundsätzlich übernehmen und tilgen? Als zum Bsp. : wenn eine Immobilie für 100.000 Euro ersteigert wird, aber 110.000 Euro Grundschuld im Grundbuch stehen, muss der Käufer diese übernehmen und ggf. tilgen wenn der alte Eigentümer seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen ist?
Der neue Eigentümer „übernimmt“ die Grundschuld automatisch. Denn die Grundschuld belastet nicht ihn, sondern das Grundstück. Zahlen muss er nicht, aber wenn er nicht zahlt, kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben (§§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB). Dafür gibt es die Grundschuld ja überhaupt.
Von welchem Eigentumserwerb gehen wir hier aus? Zwangsversteigerung? Teilungsversteigerung? Was Anderes?
Welchen Unterschied soll das machen?
Bei einer Zwangsversteigerung wird - laienhaft gesprochen - der Erlös auf die Gläubiger verteilt und die Belastungen gelöscht.
Ein „automatisches Übernehmen“ der Belastungen gibt es bei anderen Fällen des Grunderwerbs.
Guten Morgen, es geht um Teilungsversteigerung, keine Zwangsversteigerung.
Moin,
bei einer Zwangsversteigerung und einer Teilungsversteigerung durch das Amtsgericht wird sowohl die bestehende Eintragung (Grundschuld) vom versteigernden Beamten vorgelesen, und auch erklärt, wie diese am Ende der Versteigerung bei Zuschlag verändert wird. Im Normalfall wird imho die Grundschuld gelöscht, bzw. der Teil des Erlöses, der die Verbindlichkeiten zur Grundschuld deckt, dafür verwendet, so dass der/die Ersteiger das Objekt ohne übernehmen. Die Grundschuldeintragung ist in ihrer Höhe ja auch nicht gleich, wie die Verbindlichkeiten, nur die müssen gedeckt werden.
Grüße
Genau. Die Grundschuld ist nämlich nicht akzessorisch.
Der Leitgedanke ist jedenfalls, dass der Glöubiger keine Verluste machen darf. Gerade seine Absicherung ist ja Sinn und Zweck der Grundschuld.
Bei einer Teilungsversteigerung geht die Grundschuld in vollem Umfang auf den Erwerber über. Inwieweit der Vorbesitzer Verbindlichkeiten gegenüber dem Grundschuldgläubiger hat oder nicht mehr hat, ist für den Erwerb völlig ohne Belang. Der Erwerber ist verpflichtet, den vollen Grundschuldbetrag inklusive Zinsen an den Grundschuldgläubiger zu zahlen.
Es kann sein, dass der Gläubiger keinen Anspruch hat, das Geld zu behalten und es ganz oder teilweise an den früheren Eigentümer weitergeben muss. Der Gläubiger kann dann sogar dem früheren Eigentümer schadenersatzpflichtig werden, wenn er nicht den vollen Betrag der Schuld einfordert und dem früheren Eigentümer damit einen finanziellen Verlust beschert.
Das ändert aber nichts daran, dass der Erwerber die Grundschuld in voller Höhe begleichen muss.
Moin,
und das führt der/die Beamte im AG bei der Versteigerung zu Beginn und vor dem Bietzeitraum eigentlich deutlich und nachvollziehbar aus, so kenne ich das.
Ok, nur der Punkt
las sich so, als müßte der Erwerber nur die Verbindlichkeiten übernehmen.
da hast du natürlich recht, dem Grundschuldinhaber steht nur das zu, das offen ist, aber abgerechnet wird nicht mit dem Erwerber, so ist das bei Hauskauf mit bestehender Grundschuld ja auch, da wird die Kaufsumme entsprechend aufgeteilt zwischen Grundschuldinhaber und Verkäufer.
Vielen Dank für die umfangreichen Antworten. Ich habe dazu noch eine Verständnisfrage.
Der Erwerber der Immobilie (bei Teilungsversteigerung) übernimmt auch die Grundschuld, da diese an das Grundstück gebunden ist.
Nehmen wir einmal an, im Grundbuch ist eine Grundschuld mit 100.000 Euro hinterlegt. Ist ihm vorher bekannt ob und wie hoch diese noch valutiert? Also es könnte ja zum
Bsp. sein, dass bis auf 20.000 Euro alles getilgt ist.
Muss er immer grundsätzlich von den 100.000 Euro ausgehen die er zahlen muss oder bekommt Gläubiger nur den noch offen Teil der Verbindlichkeiten von 20.000 Euro. Das konnte ich im Chat mit meinem Halbwissen schwer nachvollziehen.
Einge Grundschult ist anders als eine Hypothek nicht akzessorisch, sprich es ist egal wie viel davonbezahlt wurde, die Grundschuld bleibt in der Höhe bestehen. Auch wenn 100% abbezahlt wurde.
In den Fall kann man sie löschen, oder was Billiger und sinnvoller ist als Eigentümer Grundschuld weiter laufen lassen. ggf. Benötigt man die mal wieder zur Sanierung.
Das ist unerheblich, der Erwerber muss beim Kauf die Grundschuld mit Zinsen in voller Höhe an den Gläubiger zahlen.
Ein Interessent wird wohl kaum mehr bieten, als das Grundstück wert ist. Davon gehen Gebühren ans Gericht und die Grundschuld(en) an den oder die Gläubiger. Den Rest erhält der Verkäufer. Bei einer hohen eingetragenen Grundschuld wird das sehr wenig oder nichts sein.
Sind Grundschuld + Gebühren höher als der Wert, ist das Grundstück möglicherweise unverkäuflich.
Die Differenz zwischen Grundschuld und noch offenen Verbindlichkeiten muss sich der Verkäufer anschließend vom Gläubiger holen, ganz grob gesagt. Den Erwerber geht das nichts an.
Ok, vielen Dank für die Darstellung.
Verstehe ich das richtig, dass es in der Praxis …mal „Sendung mit der Maus mäßig“ für mich dann so ist ,dass…
A und B ( nicht verwandt) haben ein gemeinsames Grundstück, dass im Grundbuch jeweils mit 1/2 Anteil eingetragen ist. Doofe historisch gewachsene Konstellation…ist aber so.
B hat auf nur seinen 1/2 Teil eine Grundschuld von C über 100.000 Euro eingetragen, wovon eigentlich nur noch 20.000 dem Gläubiger C zustehen, Rest ist abgezahlt.
Das Grundstück geht in die Teilungsversteigerung.
D ersteigert das Grundstück zu einem Preis von 200.000.
Davon bekommen jetzt also A und B jeweils 1/2 also je 100.000 Euro. Gleichzeitig muss der Käufer D aber noch 100.000 Euro an C zahlen um die Grundschuld zu bedienen.
C muss 100.000 abzüglich der 20.000 die noch valutierten, also 80.000 an Verkäufer B geben? Gibt dieser die restlichen 80.000 dann wieder zurück an den Erwerber D? Oder wie wäre der Ablauf?
Nein, dann hätte D das Grundstück für 300.000 Euro ersteigert. Das Gebot eines Interessenten umfasst „alles“, auch Kosten und Grundschulden. Das Mindestgebot bei der Versteigerung hat eine solche Höhe, dass diese Punkte abgedeckt sind.
D ist raus, das Nachspiel findet ausschließlich zwischen A, B und C statt. Wie das genau aussieht, das kommt, wie so oft, drauf an.
Seit wann ist die Grundschuld eingetragen, mit welcher Zins und Nebenleistung?
Sind beide Verkäufer und der Grundschuldgläubiger gutwillig oder nicht?
Sagen wir, die Grundschuld besteht seit mindestens 4 Jahren mit 15% Zins und 5% Nebenleistung, und die Gerichtskosten seien 5.000 € (die Kosten sind fiktiv, kann auch viel mehr sein)
Der schlechtestmögliche Ablauf wäre etwa so:
Zuschlag an D für sein Gebot von 200.000 Euro
Kosten: 5.000 €
Grundschuld: 100.000 €
Laufende und rückständige Zinsen: ca. 74.000 €
Nebenleistung: 5.000 €
Das Gericht behält 5.000 €
Der Gläubiger C bekommt 179.000 €
Die Verkäufer A+B bekommen zusammen 16.000 €
Anschließend kann B Geld vom Gläubiger C zurückfordern, weil das abgesicherte Darlehen größtenteils zurückgezahlt ist. Näheres dazu steht im Sicherungsvertrag.
Abschließend teilen A und B den zurückerhaltenen Betrag unter sich auf, Entweder friedlich oder vor Gericht, was natürlich auch nochmal Kosten verursachen würde.
Wenn A, B und C guten Willens sind, kann man sich einiges davon ersparen. Z.B stimmt C zu, dass schon vor der Versteigerung eine Teillöschung der Grundschuld erfolgt. Oder C erklärt sich bereit, seine Forderungen aus Grundschuld und Zinsen nicht in voller Höhe geltend zu machen.
Dem Käufer kann das aber egal sein - er zahlt, was er geboten hat.
Vielen Dank! Ist das auch das Verfahren wenn die Grundschuld nur auf einen halben Teil des Grundstücks lastet? Im Grundbuch ist direkt vermerkt, dass die Grundschuld nur für den Teil von A besteht. Wörtlich in Abt. III in der Spalte „belastete Grundstücke im Bestandsverzeichneis“ steht „auf den Anteil von A“. Das bedeutet, dass B - auch wenn ihm nur 1/2 des Grundstücks gehört - immer die Grundschuld die A aufnimmt im Fall einer Teilungsversteigerung mittragen muss?
Das ist mir jetzt zu speziell, sorry.
Dennoch viele Dank für die Mühe !