Gut, güter, am gütesten

Hallo.

Warum steigern wir eigentlich „gut“ nicht so wie in der Überschrift?

Wollt ich schon als Kind wissen, vielleicht weiß es ja hier jemand.

Mit viel, vieler, am vielsten Dank im Voraus.

(Gibt es da eigentlich noch mehr?)

Gruß, Nemo.

Moin,

es gibt einige Wörter, bei denen - in vielen Sprachen - die flektierten Formen aus ursprünglich verschiedenen Wörtern bestehen. Sowas nennt man ein suppletives Paradigma.
besser, beste sind eigentlich die Steigerungsformen des Adjektivs bass, ahd. baz ‚gut‘, das wir heute nur noch in bass erstaunt sein haben. Da wurden also die Formen zweier Adjektive zu einem Paradigma zusammengewürfelt.

Ähnlich auch beim Verb sein, das Formen von ursprünglich drei Verben aufweist (nämlich indogermanisch *h1es ‚sein, existieren‘ => z.B. dt. ist, *bhuh2 ‚wachsen, entstehen, werden‘ => z.B. dt. bin und *h2ues ‚(ver)weilen‘ => z.B. dt. gewesen).

Meist sind das in mehreren Sprachen ähnliche Wörter, die sich irgendwann mal in der Bedeutung in kleinen Nuancen unterschieden haben und später gleichbedeutend wurden, so dass Formen aus mehreren gleichbedeutenden Wörtern zu einem Paradigma verschmolzen…

LG

interessant
Danke, Christiane, für diese interessante Ausführung! (Auch wenn die Frage nicht von mir war).

Hallo,

(Gibt es da eigentlich noch mehr?)

ja.
http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Inflecti…
Positiv Komparativ Superlativ
gut besser am besten
hoch höher am höchsten
nahe näher am nächsten
viel mehr am meisten

Gruß
Christa

Weil manche Adjektive eben unregelmäßig gesteigert werden, darunter auch „gut“ und „viel“. Ist im Englischen bei manchen Wörtern auch so.

„Güter“ hat im Deutschen ja auch schon eine ganz andere Bedeutung, im Sinne von Gegenständen/ Waren.

Sehr interessant,

herzlichen Dank.

Nemo.

Moin,

(Gibt es da eigentlich noch mehr?)

es gibt auch die Verflachung: oft, öfter, am öftesten :wink:

Gruß Ralf

Hi,

das sind Antworten, die es mir leicht machen hier weiter zu antworten.

Gandalf

das sind Antworten, die es mir leicht machen hier weiter zu
antworten.

Im Gegensatz zu den beiden, die direkt danach kamen (offensichtlich ohne sich die Mühe gemacht zu haben, die andere Antwort zu lesen).

Von mir auch dickes Sternchen für ChristianeG.

Siboniwe

Achja,

(Gibt es da eigentlich noch mehr?)

wie bereits von jemandem gesagt wurde, ist viel, mehr, am meisten auch so ein Beispiel für ein suppletives Paradigma (nicht im eigentlichen Sinn „unregelmäßig“, was eher für Paradigmen gilt, bei denen lediglich die Endungen nicht nach dem ursprünglichen Schema gebildet werden, z.B. winken, gewunken mit starkem Perfekt bei einem ursprünglich schwachen Verb…).

mehr und meiste sind ursprünglich die Steigerungsformen eines Adjektivs germ. *mê ‚groß‘, das bereits althochdeutsch nur noch im Komparativ mêro vorkommt (letzteres auch in alten Namen auf -mar wie Volkmar, Dietmar etc.) und über ein ebenfalls nicht mehr existentes Verb ‚groß machen, verbreiten, verkünden‘ auch in Mär und Märchen vorliegt (bei denen man die ursprüngliche Bedeutung des Adjektivs aber nicht mehr wirklich sieht)…

Als studierte Indogermanistin helfe ich gern, weitere Beispiele zu entschlüsseln :wink:

(Achja, die in vielen romanischen Sprachen übliche Suppletivität beim Verb ‚gehen‘ - z.B. ital. andare aber 1.Sg.Präsens vado - ist auch auf zwei ursprünglich verschiedene Verben zurückzuführen…)

LG

[Klugscheiß-Modus-an :wink:] :

Wenn man’s ganz genau nimmt, sind hoch, höher, am höchsten und nah, näher, am nächsten nicht wirklich unregelmäßig. Der Unterschied zwischen h und ch ist in der Aussprache begründet. Es handelt sich um mittlerweile orthographisch manifestierte stellungsbedingte Aussprachevarianten (= Allophone) desselben Lautes…

[Klugscheiß-Modus-aus]

LG

7 Like

Aber hier wollte jemand wissen, warum diese Wörter ‚unregelmäßig‘ flektiert werden…
Solche Unregelmäßigkeiten entstehen nicht ‚einfach so‘ quasi aus der leeren Luft, sondern lassen sich historisch erklären!

LG

(Sorry, aber Antworten á la ‚Das ist eben so‘ nerven mich manchmal.)

6 Like

mikill, michel…
Hallo Christiane

mehr und meiste sind ursprünglich die Steigerungsformen eines Adjektivs germ. *mê ‚groß‘

Dazu würde eigentlich isl. mikill, mhd./fnhd. michel passen. Laut DWB sind die zwei zwar mit lat. mag(-nus) und griech. mega verwandt, aber nicht mit mehr. Ist da überhaupt keine Beziehung vorhanden? Das erschlossene *mê wird in dem Artikel nicht angeführt.

Lieben Gruss
dodeka

Hi dodeka,

Dazu würde eigentlich isl. mikill, mhd./fnhd. michel passen.

Ja schon. Bin mir aus dem Stegreif nicht sicher, ob die isl. Formen, die übrigens mit ahd. mihhil ‚groß‘ übereinstimmen und mit griech. mega verwandt sind, eine Wurzelerweiterung zu germ. *mê darstellen oder nicht. Kann aber mal nachschlagen. (Das kann aber evtl. etwas dauern, ich glaube, ich werde krank…)

Laut DWB sind die zwei zwar mit lat. mag(-nus) und griech.
mega verwandt, aber nicht mit mehr. Ist da überhaupt keine
Beziehung vorhanden? Das erschlossene *mê wird in dem Artikel
nicht angeführt.

Siehe oben, muß ich mal nachschlagen. Aber die Tatsache, daß der 1DWB-Artikel (der ja von Moritz Heyne Ende der 1870er Jahre verfaßt wurde) eventuell doch bestehende Zusammenhänge nicht anspricht, will nichts heißen. Seitdem hat sich ja in der Forschung einiges getan. (Deshalb arbeiten wir ja auch an einer Neubearbeitung des DWB bzw. zumindest der noch von den Grimms persönlich bearbeiteten Bände…).

LG

Wenn schon, denn schon!
oft, öfterS, am öftesten :smile:

lg hahu

Grüss dich Christiane

Kann aber mal nachschlagen.

Das würde mich sehr freuen, aber hat keine Eile. Ich hab ja die Antworten abonniert. Mein Dank ist dir jetzt schon gewiss!

(Das kann aber evtl. etwas dauern, ich glaube, ich werde krank…)

Dann schon mal präventiv gute Gesundheit, auf dass die Besserung gar nicht erst nötig wird. :wink:

Aber die Tatsache, daß der 1DWB-Artikel (der ja von Moritz Heyne Ende der 1870er Jahre verfaßt wurde) eventuell doch bestehende Zusammenhänge nicht anspricht, will nichts heißen. Seitdem hat sich ja in der Forschung einiges getan.

Das war auch mein Gedanke.

(Deshalb arbeiten wir ja auch an einer Neubearbeitung des DWB bzw. zumindest der noch von den Grimms persönlich bearbeiteten Bände…).

Heisst das „wir“, dass du direkt daran beteiligt bist?

Herzlichen Gruss
dodeka

Hallo

(Gibt es da eigentlich noch mehr?)

Das Interessante ist, dass dieses Wort in sehr vielen Sprachen unregelmäßig gesteigert wird.
Hier habe ich ein paar aufgeführt (übersetzt vom Google-Übersetzer):

  1. Komparativ und Superlativ ähnlich, Positiv ist völlig anders. So ist es in den meisten europäischen Sprachen.

Französisch : bon, mieux, meilleur
Italienisch: buono, migliore, migliore
Serbisch: добро, боље, најбоље
Bosnisch: dobar, bolji, najbolji
Russisch: хорошо, лучше, лучше всех
Walisisch: da, gwell, gorau
Finnisch: hyvä, parempi, paras
Chichewa: chabwino, zabwino, zabwino
Estnisch: Hea, parem, parim

  1. Alle drei Formen unterscheiden sich voneinander:

Latein: bonus, melior, optimus
Zulu: okuhle, kangcono, nqampuna umhlabeleli

  1. Hier scheinen die drei recht bis ziemlich ähnlich zu sein.

schwedisch: bra, bättre, bäst
Türkisch: En iyi, iyi, iyi
Bulgarisch: добро, по-добре, най-добре
Albanisch: mirë, më mirë, më e mirë

Viele Grüße

Guten Morgen

Im Prinzip eine schöne Zusammenstellung. Aber ein paar Anmerkungen kann ich mir nicht verkneifen…

übersetzt vom Google-Übersetzer

Der hat dir auch ein sehr durchwachsenes Ergebnis geliefert.

Zunächst einmal würfelt er munter adverbiale und adjektivische Formen durcheinander (teilweise sogar innerhalb einer Sprache: franz. bon gegen mieux).

Zum zweiten verwenden die romanischen Sprachen als Superlative einfach die Komparativformen mit dem bestimmten Artikel.

Dann bist du zwischen den nahen Verwandten Finnisch und Estnisch irgendwie auf Chichewa gekommen. Das ist eine Bantusprache, und diese verwenden ein Präfixsystem, das aber die Substantive in Klassen einteilt, denen dann auch Adjektive, Pronomina und Verben folgen müssen. Ich bezweifele stark, dass man das Präfix „za-“ tatsächlich als Komparativ/Superlativ verkaufen kann. Im Kiswahili jedenfalls gibt es keine eigene Form dafür, sondern man hat analytische Konstruktionen mit Adverbien oder auch Verben. Aber auch mit Präfix läge eine analytische Bildung vor, so dass es kein Wunder ist, dass es nur eine Grundform gibt. (Das bwino sieht mir übrigens verdächtig nach einem Lehnwort aus dem Spanischen aus. Chichewa wird in Malawi gesprochen; direkt nebenan ist Mozambique, das immerhin portugiesisch beherrscht war.)

Das analytische Prinzip finden wir definitiv und in Reinkultur in deiner dritten Gruppe beim Türkischen, Bulgarischen und Albanischen. Das Türkische ist übrigens komplett falsch. Die Abfolge ist: iyi – daha iyi – en iyi (Positiv-Komparativ-Superlativ). Im Albanischen sind Komparativ und Superlativ formal identisch und werden mit der Partikel gebildet. Zwischen diese Partikel und das Adjektiv kann dann allerdings noch der Artikel kommen, der zum Beispiel die Form e haben kann, was sich bei Google fälschlich als unterscheidendes Merkmal des Superlativs darstellt.

Da Schwedische jedoch gehört in deine erste Gruppe: bra kommt über das deutschen brav vom französischen brave, während bättre und bäst natürlich mit besser und best verwandt sind. Ausserdem hat das Schwedische auch noch den Positiv god.

Lieben Gruss
dodeka

3 Like

Gut, Güter, Am Güterbahnhof

Warum steigern wir eigentlich „gut“ nicht so wie in der Überschrift?

Von dem fachlichen Gesülze mal abgesehen, das ich hiermit ausdrücklich respektiere und nicht in Zweifel zu ziehen wage:

Die Sprache dient der Verständigung, möglichst kurz und knackig Informationen abzusondern und aufzunehmen.

So sind die häufigsten Worte den kompliziertesten Regeln unterworfen, und das kann sich auch mit der Zeit ändern. Hieß es früher kurz und knackig „ich buck“, heißt es heute „ich backte“, wenn überhaupt (eher „happisch 'kauft baim Bäcker“).

Wenn du das Wort „Sein“ mal nach den Regeln analysierst, wirst du auf sehr viele Zusatzsilben kommen

Ich seie, du seist, er/sie /es seit, wir seien, ihr seit, sie seien
Ich seite, du seitest, er/sie/es seite … usw.

„Ich war“ spart da doch etwas an Zungenbegungen. Dasselbe wäre der Fall, wenn du als Infinitiv „Binnen“ nähmest: Ich binne, du binnst … ich binte, du bintest …

Die Sprache folgt vielen Regeln, von denen uns die meisten in der Muttersparache nicht mal bewusst sind. Und auch krassen: So dachte ich bei meinen ersten Besuchen in Russland, 'ljet" hieße alt, im SInnne eines Jubiläums. Erst viel später lernte ich, dass ein Jahr „god“ heißt, „ljet“ einfach nur die Mehrzahl ist. Wie die Mehrzahl von „Ich“ nicht „Iche“ ist, sondern „Wir“.

Und so sehr es mich in den Fingern juckt, Leute zu verprügeln, die die einfachsten Regeln nicht lernen wollen, so muss ich doch feststellen, dass die einfachsten Regeln überaus kompliziert sind. Wer überhaupt sprechen und verstehen kann, und das noch in eine Tastatur kloppt, der hat schon hunderte und tausende Regeln verstanden, vielleicht sogar ohne es zu merken.

Ich liebe die Menschen, Zoelomat

Und wer dennoch vorsätzlich klein schreibt,
ohne Punkt und Komma oder sonstige Erschwernisse in die „Texte“ einbaut,
soll geteert, gefedert und verbrannt werden.

Peng.

W.