Hallo Hardey,
Freilich war es nicht schön, dass Palästinenser ihren Grund
und Boden und ihre Heimat seinerzeit verloren. Natürlich wäre
es klasse, könnte man diese historische Ungerechtigkeit
wieder ausgleichen.
Aber warum auf die Palästinenser beschränken? Sollen nicht auch
die 1923 vertriebenen Griechen zurück nach Kleinasien? Die
Türkei ist schließlich mit der Wiederaufnahme der Armenier
zu beschäftigt, um sich gründlich zu wehren. Ach ja, in Indien
und Pakistan gab es 1946 einen Bevölkerungsaustausch, je
6 Millionen mussten die ursprüngliche Heimat verlassen.
Wer kümmert sich um den Mord- und Totschlag, den die Rückführung
der alten Feinde auslösen wird?
Wollen diese Griechen/Inder/Pakistaner zurückkehren, schon immer seit ihrer Vertreibung? Wenn ja, fände ich es gut, man fände eine Lösung, muss aber zugeben, dass ich selber natürlich auch keine habe. Selbst wenn ich mich mit diesen beiden „Zwangsmigrationen“ besser auskennen würde, hätte ich wahrscheinlich keine.
Die Problematik ist mir durchaus bewusst. Heute darf eine
ethnische Säuberung nicht mehr akzeptiert werden. Andererseits
muss irgendwann ein historisches Faktum, und die Geschehnisse
von vor 60 Jahren sind ein solches, einfach anerkannt werden.
Schließlich willst du die deutsche Ostkolonisation auch nicht
wieder rückgängig machen und die Elbe zur
deutsch-polnischen Grenze, oder? Das war damals auch
schreiendes Unrecht.
Werden wir dadurch Berlin los? Nichts wie her mit Großpolen
OK, ernsthaft: Ich wüsste keinen Fall, auch nicht den von dir beschriebenen, wo ich die Ausbreitung monotheistischer Kolonisatoren zu Lasten polytheistischer Ureinwohner befürworten würde, und die Christianisierung war ein Hauptbestandteil der Ostkolonisation. Dieser Aspekt ist aber eh nicht mehr rückgängig zu machen, denn ein weiterer Hauptunterschied ist der dazwischenliegende Zeitraum. Das, was an die 1000 Jahre zurückliegt, ist nun wirklich Geschichte, unmöglich noch zu ändern. Aber 60 Jahre? Klar sind das auch schon 2 Generationen, aber dann hätte man z.B. auf die deutsche Wiedervereinigung auch verzichten können (interessanter Gedanke übrigens… ), schließlich gabs die DDR auch schon an die 40 Jahre.
Verstehe mich nicht falsch, ich finde es ein schreiendes
Unrecht, dass im Jahre 2010, nach 62Jahren,
noch immer Palästinenser in Flüchtlingslager,
teils in den palästinensischen Gebieten, teils aber auch
in den Nachbarstaaten leben müssen. In würde jede
Forderung unterstützen, in denen diesen eine Perspektive
geboten wird. Und ja, auch Israel muss seinen Beitrag
dazu leisten. Nur kein Staat der Welt kann es verkraften
ergo kann dazu gezwungen werden, 4 Mio glühende
Staatsfeinde aufzunehmen. Den Flüchtlingen muss eine
Zukunft dort gewährleistet werden, dort wo sie sind: In
den besetzten Gebieten, in Jordanien, im Libanon und in
Syrien. Dazu muss Israel :einen gehörigen Beitrag leisten,
aber auch die bislang arg unfreundlichen :arabischen Nachbarn,
die endlich den Enkeln der Flüchtlinge eine volle
Staatsbürgerschaft zu gewähren haben und das Recht
im Land gleichberechtigt zu leben.
Von den unter den gegeben Umständen in überschaubarer Zeit realistischen Lösungen wäre deine für die meisten Flüchtlinge wahrscheinlich die beste.
Das Verhalten der arabischen Länder ist hierbei sicher auch nicht einwandfrei, vor allem weil sie den Flüchtlingen ja sicher nicht nur die vollständige, gleichberechtige Aufnahme deshalb verwehren, um ihnen nicht die Rückkehrmöglichkeit zu nehmen. Vielmehr wird versucht, sie als politische Waffe einzusetzen, was nicht in Ordnung ist, auch wenn ich den dahinterstehenden Zweck billige, der aber nicht alle Mittel heiligt.
Andererseits: Haben die israelischen Gründerväter und –mütter die jüdischen Flüchtlinge nach dem zweiten Weltkrieg nicht in ähnlicher Weise als politisches Druckmittel eingesetzt und (auch) damit ihre Ziele erreicht? Dadurch wird es fast etwas schwierig, ihren Gegnern dieses Mittel zu verübeln, selbst wenn man den zeitlichen Unterschied berücksichtigt.
Dass Israel als Staat in seiner jetzigen Konstellation die Rückkehr der Flüchtlinge eventuell nicht verkraften würde, mag durchaus sein, allerdings wäre das nun für mich kein Hinderungsgrund.
Gruß,
Markus