Ob man vielleicht doch mal wieder eine ernsthafte Diskussion hinkriegt?
Die Einschätzung, man hätte in den letzten Monaten durch sinnvolle Verhandlungen den Krieg verhindern können halte ich, wie die meisten hier, für vollkommen naiv.
Eine ganz andere und aus meiner Sicht sehr spannende Frage ist, ob dieser Krieg, besser gesagt der Überfall Russlands auf die Ukraine, in den letzten Jahren/ Jahrzehnten durch eine andere Politik der Nato zu verhindern gewesen wäre und, ganz wichtig, zu welchem Preis.
Diese Frage sachlich zu diskutieren fände ich sehr spannend und keinesfalls für von vorne herein beantwortet.
Zu berücksichtigen wäre: Die Interessen der Ukraine, Russlands, Westeuropa (also sehr vieler verschiedener Staaten…) und der USA.
Hätten die Nato und die EU um 2000 oder noch 2010 herum, wenn sie sich einig gewesen wäre, durch eine klare Botschaft an Russland verhindern können, dass Russland Krieg führt? Durch ein „Wir respektieren euer Sicherheitsbedürfnis und sehen die Ukraine als neutralen Staat. Allerdings müsstet ihr damit rechnen, dass wir uns bei gewaltsamer Unterdrückung und/ oder militärische Intervention (massiv) einmischen würden.“
?
Also ein kluges „Wir lassen euch in Ruhe, solange ihr ganz bestimmte Linien nicht überschreitet, denkt aber bloß nicht, dass wir alles mit uns machen lassen“.
Meine Einschätzung ist übrigens, dass Putin nicht ein Psychopath ist, sondern dass er sich so verhält, wie sich leider (sehr viele) Machthaber schon immer verhalten haben, unvorstellbaren Grausamkeiten gegenüber gleichgültig, was aber nicht heißt, dass man (bis 2021? 2013?) nicht grundsätzlich mit ihm hätte verhandeln können.
Höchstwahrscheinlich hätte es schon deswegen so eine Politik nicht gegeben, weil der Westen ohne drohende Kriegsgefahr niemals mit einer Stimme hätte sprechen können.
Außerdem bleibt natürlich das Problem, dass die Ukraine ein Staat ist, der das Recht hat, selbst zu entscheiden, welchen anderen Staaten er sich annähern möchte. Eine Entscheidung zwischen Großmächten (wie in Wien 1815 oder auch noch Jalta 1945) über andere Länder ist zum Glück wohl heute nicht mehr möglich.
Und an gewisse Forumsteilnehmer hier: Es tut mir leid, dass ich nicht sage „So ist es und nicht anders, weil ich hier der einzige bin, der den Durchblick hat“, sondern hier nur eine These in den Raum stelle:
Eine westliche Russlandpolitik, die Russland in ein politisches System einbindet, in dem es nicht zum Krieg kommt, ist in erster Linie an der Unmöglichkeit des Westens gescheitert, mit einer Stimme zu sprechen.