Moin Klaus,
Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl. Wie geht man mit einer
solchen Gewaltspirale um?
Emotional hilft es wahrscheinlich nur, deinen Fernseher auf den Müll zu werfen (hab ich auch gemacht). Dadurch wird die Gewalt zwar auch nicht weniger, aber sie dient wenigstens auch nicht mehr der Unterhaltung beim Abendessen zwischen Talkshow und Krimi. Sich diese Gewalt immer wieder anzuschauen mit dem Wissen, eh nichts ausrichten zu können, führt schnell (fast zwangsläufig) zu Gleichgültigkeit und emotionaler Verrohung (meine Meinung).
Schaut man sich das an und freut
sich, daß man in Remscheid und nicht in Tel Aviv wohnt?
Ja, auf jeden Fall. Wobei ich mich noch viel mehr darüber freue, dass ich nicht in Ramallah oder Hebron wohne.
Gibt
es jemanden unter Euch, der eine Idee hat, was man als
politisch interessierter Mensch eigentlich unternehmen kann?
In erster Linie sich selbst erstmal gut informieren, damit man auch was Informationen angeht die Spreu vom Weizen trennen kann, bestimmte Nachrichten und Meinungen besser einschätzen lernt. Aktiv an der Situation vor Ort kannst du im Fall Israel/Palästina vermutlich nichts machen, außer ideele Unterstützung zu leisten. Es gibt immer wieder mehr oder weniger kleine Pflänzchen, die sich ernsthaft für einen Frieden bemühen. Besonders hervorheben möcht ich hier die Arbeit der israelischen Organisation Gush Shalom, die wirklich nur zu bewundern sind: http://www.gush-shalom.org/english/index.html
Ansonsten hängt das Elend in Palästina nicht mir irgendwelchen Naturkatastrophen oder ähnlichem Zusammen, bei denen man z.B. finanzielle Hilfe leisten könnte, sondern das Elend hat ausschließlich politische Ursachen. Da ist man als Einzelmensch dann doch ziemlich machtlos.
Was wir jedoch machen können, ist uns hier in D für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte einzusetzen, damit es hier nie überhaupt erst soweit kommmt.
Eine eindeutige Position der Politiker zum Thema habe ich nur
bei Möllemann gesehen, der allerdings nicht mehr lebt. Eine
weitere eindeutige Position eines öffentlichen Menschen konnte
ich bei Friedmann beobachten, der aber aus der Öffentlichkeit
entschwunden ist. Alle anderen halten sich diplomatisch
zurück. Warum eigentlich?
Ich befürchte, die deutsche Politik wird leider von anderen Interesssen gesteuert, als ausgerechnet dem Eintreten für z.B. Uno-Resolutionen und Menschenrechte. Das ist im Fall China ja auch nicht anders, wo es kein Regierungsvertreter wagt, offiziell den Dalai Lama zu empfangen, damit es keinen Knartsch mit den Chinesen gibt.
Im Fall China kann man wirtschaftliche Ursachen für dies Verhalten vermuten. Das fällt bei Israel wohl flach. Ich nehme also an, dass sich kein deutscher Politiker im Fall Israel in die Nesseln setzen möchte. Also wird das Thema einfach auf politischer Ebene mehr oder weniger ignoriert. Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass diese Haltung unbedingt etwas mit der deutschen Geschichte zutun hat. Die anderen europätischen Staaten verhalten sich ja ähnlich. Ich denke, es ist tatsächlich so, dass es im Grunde für Europa ziemlich egal ist, was sich da in Palästina/Israel abspielt, solange der Konflikt nicht über die Grenzen hinaus eskaliert, genau wie bei unzählichen anderen regionalen Konflikten auf der Welt auch. (Oder kennst du irgend einen deutschen Politiker, der sich lautstark für die Tschetschenen, die Tibeter oder die Südsudanesen einsetzt ?)
Warum das Thema für die Medien überhaupt noch interessant ist, darüber kann ich nur spekulieren. Vermutlich hat der Nahost-Konflikt mittlwerweile den Stellenwert einer Reality-Soap in der 3597. Folge. Der Fernsehzuschauer kennt die Hauptdarsteller, es gibt immer mal wieder Dramatisches zu berichten und es ist quasi ein Selbstläufer, da dieser Konflikt auch die nächsten 50 Jahre noch mindestens alle 2 Wochen für eine Schlagzeile gut sein wird.
Ein Konflikt wie Tschetschenien ist dafür nicht so recht geeignet. Kaum ein Mensch weiss wo das liegt (und es interessiert ihn auch nicht), kein Mensch kennt die Hauptdarsteller und es gibt kaum Medienmaterial, das man kostengünstig einkaufen kann.
Gruss
Marion