Fundamentalismus, egal ob religiös oder anderweitig weltanschaulich/politisch motiviert (und natürlich auch in allen Gemengelagen dieser Aspekte) war noch nie gut, ist nicht gut, und wird auch nie gut sein, wenn/weil er üblicherweise damit einhergeht, anders denkenden das Existenzrecht zu nehmen/diesen die eigenen Werte aufzuzwingen.
Das gibt es im Islam, aber eben nicht nur da! Und ja, auch ich halte viel davon, dass Menschen, die noch am ehesten Berührungspunkte (nicht im Sinne von Sympathien oder bejahendem Verständnis, sondern im Sinne von ganz objektivem besseren inhaltlichen Hintergrund) zu solchen Fundamentalisten haben, sehr deutlich zeigen, wo sie eine Grenze ziehen, versuchen einerseits positiven Einfluss zu nehmen, und sich andererseits aber auch abzugrenzen.
Man darf hierbei aber nicht vergessen, dass gerade dies solche Menschen in ganz besonderem Maße gefährdet, Opfer solcher Extremisten zu werden, und hier insoweit nicht Zuviel Heldenmut verlangen. Wir hatten hier nur wenige Kilometer entfernt vor einigen Monaten den tragischen Fall, dass eine junge Frau, die mit voller Unterstützung ihrer Familie einen sehr westlich geprägtes Leben führte, von einem Mann umgebracht wurde, der meinte aufgrund seines Weltbildes einen Anspruch auf diese Frau zu haben. Beide waren/sind Muslime, und die junge Frau und deren Familie haben einen furchtbaren Preis dafür gezahlt, genau das Durchsetzungsvermögen zu zeigen, was Du/ich und viele andere und wünschen/fordern/verlangen. Ganz so einfach und problemlos ist es also nicht. Dies sollte man bei solchen Forderungen immer bedenken, und sich fragen, wie dann auch eine geeignete Unterstützung genau dieser Leute aussehen soll, die dazu beitragen sollen, dass ein zu unseren hiesigen Traditionen und Wertvorstellungen kompatibler Islam die Oberhand gegenüber Extremisten behält.
Und diesen westlich geprägten Islam gibt es durchaus. Allein, er fällt halt gerade nicht auf. Genauso, wie es ganz viele Christen in unserer Gesellschaft gibt, die durchaus ein von christlichen Werten geprägtes Leben führen, aber dies nicht ständig und überall an die große Glocke hängen, nicht den ganzen Tag mit der Bibel vor der Nase und dem Rosenkranz in der Hand herum laufen, ihre Kinder zwar im kirchlichen Kindergarten haben, aber nicht jeden Sonntag im Gottesdienst anzutreffen sind, gibt es eben auch genug sehr gut integrierte und als Muslime völlig unauffällige/auf den ersten Blick nicht erkennbare Menschen in unserer Gesellschaft.
In den Traditionen aller Religionen und Weltanschauungen sowie politischen Überzeugungen wirst Du Dinge finden, die mit unserem hiesigen und heutigen Leben vollkommen inkompatibel sind. Schau Dir doch alleine an, was wir heute an Dingen der letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik aufzuarbeiten haben. Ein § 175 StGB, die pädophilen Strömungen bei den Grünen, wie teilweise organisierter Missbrauch in den christlichen Kirchen aber auch so genannten Reformschulen, der Radikalenerlass, … von anno 1933 ff. und all dem was in den Familiengeschichten ach so guter Deutscher noch alles schlummern mag, ganz zu schweigen. Wir haben hier genug Dinge selbst aufzuarbeiten. Aber trotzdem funktioniert diese Gesellschaft, gerade weil sie eben im Wandel ist, und weil es in allen gesellschaftlichen Gruppen genug Bereitschaft zum Wandel gibt. Niemand fordert heute bei uns noch Hexenverbrennungen, nur weil er in einer christlichen Kirche ist. Und es gibt eben durchaus auch eine gute und recht breite Basis eines westlich geprägten Islam, der mit dem „kompatibel“ ist, was man als „Leitkultur“ beschreiben könnte (so schwierig das auch ist). Beispiele habe ich in meinem direkten Umfeld mehr als genug, bis hin zu einem Au-Pair, das ein Jahr bei uns in der Familie lebte, und erst nebenbei nach Wochen erzählte, dass sie Muslima sei, und sich jetzt beim Essen und Trinken für die Zeit des Ramadan zurücknehmen wolle. Nicht anders als ganz viele Christen, die die Fastenzeit eben auch mal für etwas Zurückhaltung nutzen, ohne es ansonsten all zu genau zu nehmen.