Wehret den Anfängen
Hallo Max
Wer ein Ziel nicht erreicht, weil er zu
wenig getan hat, hat nicht das Minimalprinzip angewendet -
sondern einfach zu wenig getan.
So ist es. Ich sehe aber noch Folgendes:
1.) Man muss Schülern nicht das Minimalprinzip nahebringen. Das verstehen sie üblicherweise instinktiv. Man muss Schülern die weitreichende Folgen ihrer Handlungen begreiflich machen, was beim Thema Schulleistungen alles andere als einfach ist.
Wenn ein Schüler erst mal auf dem richtigen Minimiertrichter ist, geht das schnell.
- Warum soll er sich anstrengen, um 1er und 2er zu machen, wenn eine 4 reicht, um versetzt zu werden.
- Warum soll er sich anstrengen, Abi oder Fachhochschulreife zu machen, wenn es doch ein Haufen schöner Ausbildungsberufe gibt.
- Warum soll er für die nächste Klausur lernen, wenn im dem Halbjahr noch 2 weitere geschrieben werden. Er lernt bei Bedarf vor der nachfolgenden Klausur.
Du kannst sicherlich gute Gründe nennen, warum er nicht so handeln sollte, aber erklär die bitte mal einem pupertierenden Jugendlichen, der (vermeindlich) besser checkt was abgeht, als du.
2.) Wo ist das Minimum?
Das richtige Minimum zu finden ist nicht einfach. Der unerfahrene Mensch muss sich nach dem Try-and-error-Verfahren rantasten.
Da geht dann halt schon mal was schief. Dummerweise haben wir in Deutschland ein selektives Bildungssystem, welches Minderleisterer in eine untere Kategorie aussortiert. Die Akkzeptanz für Fehler und Versagen ist gering ausgeprägt.
3.) Da wäre auch noch der unschöne Wettbewerb, denen Schüler ausgesetzt werden.
Die besten Ausbildungen und die größten Wahlmöglichkeiten werden denjenigen Schülern geboten, die die besten Noten haben (nicht höchste Leistungsfähigkeit oder Begabung).
In einem Wettbewerb versuchen die Teilnehmer das maximal Mögliche aus sich rauszuholen. Natürlich minimieren sie an einzelnen Positionen, weil ihre Ressourcen beschränkt sind, aber nur deshalb.
4.) Da wäre noch die goldene Mitte.
Anstatt sich an das Minimum heranzutasten, wählen viele Schüler ein Mittelmaß. Sie setzen soviel Mühe an, das es sie nicht überfordert, vermeiden es aber zu Versagen, weil sie sich nicht ans Minimum herantasten.
Nun zum konkreten Fall. Sehen wir uns den Kosten-Nutzen an:
Nutzen: Der Schüler hat eine coole Aktion gebracht und er hatte eine Freistunde (natürlich zum Lernen für andere Fächer).
Kosten: Er hat sich bei den Lehrern eine miserable Leistungsbereitschaft attestiert und er hat eine Gelegenheit versäumt seine Fähigkeit zu üben und zu messen.
Wenn dies sein letztes Schuljahr ist, hat es sich gelohnt.
Wenn es weitere Schuljahre gibt, lässt sich der Schaden nicht abschätzen.
Manchen Beziehungen würde das Minimalprinzip durchaus gut tun,
weil mehr des Notwendigen manchmal auch zuviel des Guten ist.
Spricht daraus die Erfahrung? Ich würde mir diesbezüglich langjährige erfolgreiche Partnerschaften ansehen und die Leute dann fragen.„Habt ihr je mehr gemacht, als absolut notwendig war?“.
Gruß
Carlos