Deutsche AT-Übersetzung taugt nichts
Hi FraLang.
Das Essen vom Baum der Erkenntnis, hat es ihnen Gott nicht schon verziehen?
Und:
Adam und Eva mussten nicht unmittelbar sterben, so wie angekündigt: an dem Tag an dem ihr davon esst, … -> also verziehen?
Die Stelle mit der angedrohten Konsequenz ist anders zu interpretieren. In der Genesis heißt es:
„… aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon isst, wirst du des Todes sterben.“
Das ´an dem Tag´ hat hier eine konditionale Bedeutung im Sinne von ´wenn´, ist also nicht als zeitliche Angabe gemeint. Diese Verwendung von ´Tag´ ist typisch für das AT. Gemeint ist: Wenn du davon ist, wirst du sterben, d.h. sterblich sein. Es gibt also keinen Widerspruch zu dem Sachverhalt, dass Adam und Eva trotz Verbotsübertretung weiterleben, und zwar als nunmehr Sterbliche. Damit ist auch deine Verzeihens-Frage, vom Wortlaut des Textes her verständlich, eigentlich erledigt.
Im übrigen hat die ganze Thematik und ihr Kontext sehr viele Unklarheiten. Aus Zeitgründen will ich diese hier nur andeuten:
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Die Passage mit dem Baum der Erkenntnis ist vermutlich eine spätere Hinzufügung zu einem bestehenden Text, der schon den Baum des Lebens enthält. Es gibt bekanntlich mehrere Text-Schichten in der Genesis, worauf die unterschiedlichen Gott-Namen hinweisen (Elohim, Jahwe). In der besagten Passage mit dem Baum erscheinen diese Namen seltsamerweise als Paar, es heißt immer „Jahwe-Elohim“. Im AT wird „Jahwe“ als „Herr“ übersetzt und „Elohim“ als „Gott“. Daher heißt es in dieser Passage wiederholt: „Gott der HERR“. Das lässt auf die Überarbeitung des ursprünglicheren Jahwe-Textes durch einen eholistischen Redakteur schließen (Textüberarbeiter nennt man in der Religionswissenschaft „Redakteur“).
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Adam und Eva werden nicht vertrieben, weil sie vom Baum der Erkenntnis genascht haben, sondern weil die „Gefahr“ besteht, dass sie auch noch vom Baum des Lebens naschen und damit definitiv „gottgleich“ werden, denn gottlgleich sind sie dann, wenn sie a) zwischen Gut und Böse unterscheiden können und b) ewig leben.
Zitat:
„Und Gott der HERR sprach: Siehe, Adam ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!“
Ich revidiere also meine Einschätzung, die ich am Schluss meiner letzten Antwort an dich gab, und denke, dass die Vertreibung den banalen Sinn hat, dass „Jahwe-Elohim“ vermeiden möchte, dass ihm seine Geschöpfe zu ähnlich werden.
Die Vertreibung stellt also keine Strafe dar, sondern ist eine vorbeugende Maßnahme für den Machterhalt von Jahwe-Elohim.
- Ganz allgemein ist noch zu sagen, dass die deutsche Übersetzung der AT-Texte irreführend und manipulativ ist, weil sie eine rückwirkende Projektion eines monotheistischen Glaubens ist, wie es ihn zu Zeiten der Abfassung der Genesis- und auch späterer Texte überhaupt nicht gab. Im AT erscheint eine Vielzahl von Göttern, von denen Jahwe nur einer ist, und stellenweise nicht mal der Höchste.
In 5 Moses 32, 8,9 heißt es in wörtlicher Übersetzung: „Als Eljon die Völker als Erbbesitz gab, als er die Menschen verteilte, setzte er die Gebiete der Völker fest nach der Zahl der Götter. Da wurde Jahwes Anteil sein Volk, Jakob der ihm zugemessene Erbbesitz.“
Jahwe zählt hier also immer noch zu den Kindern von El Eljon („der Höchste“, ein Beiname des ugaritischen El), die dieser mit der Fruchtbarkeitsgöttin Ashera zeugte.
Chan