Hallo nochmal,
Es soll generell nicht mehr passieren, da sind wir uns schon
einig.
Natürlich. Es geht hier wohl mehr um den Umgang damit, dass es passiert ist.
Schließlich sollte man
normalerweise aufgrund unserer Kultur annehmen, dass unsere
Gesellschaften vor solchen Dingen gefeit sind. Sind sie aber -
wie das damals gezeigt hat - nicht und deshalb sollte man
schon daran denken, dass dies „bei uns“ passiert ist.
Wenn „bei uns“ im europäischen Kulturkreis meint, bin ich mit der Interpretation einverstanden.
Das andere ist: Der Holocaust ist v.a. ein wichtiger
Bestandteil der neueren DEUTSCHEN Geschichte. Daher ist das
mit uns eben auch enger verwoben, als mit einem anderen Land.
Oder spielt für dich die Geschichte eines Landes gar keine
Rolle?
aus der Geschichte aller Länder sollte man lernen. Aber warum die Gechichte meines eigenen Landes wichtiger sein soll, als die anderer Länder, entzieht sich meinem Verständnis. Ich bin auch nicht stolz auf Deutschland und fühle mich sowieso eher als Europäer.
So gesehen bräuchten wir den Opfern von Dresden ja auch
nicht mehr nachzuweinen… Also deine Logik entzieht sich
meinem Verständnis komplett.
Wie bereits gesagt, den „Opfern“ von Dresden, also jenen Menschen, die das ganze Gräuel erst angefangen haben will ich sowieso keine Träne nachweinen (dass die NPD das will, ist eine ganz andere Sache).
Das hat nun wirklich nichts religiöses an sich. Deine
Argumentation würde ja bedeuten, dass Atheisten gar nicht in
der Lage sind, zu gedenken. Auch Atheisten gedenken z.B. ihrer
verstorben Mutter. Also ich - als Atheist - wehre mich da
entschieden dagegen, dass dies irgendwas religiöses ist, wenn
man gedenkt. Außerdem zwingt dich keiner beim Gedenken mit zu
machen, wie der NPD Eklat gezeigt hat.
Ich sagte „es geht in den Bereich der Religion“. Damit wollte ich sagen, dass es nicht streng genommen religiös ist, aber eben viel aus diesem Bereich dort hineinspielt. So sind z.B. die Beerdigungsriten aus rechtlicher Sicht sicher durch die Religionsfreiheit geschützt, auch wenn es sich um sehr weltliche Riten handeln sollte.
Wer sich in Auschwitz gewehrt hat, wurde erschossen. Warst du
schon mal in nem KZ? Dann würd ich dir mal dringend raten,
eins zu besuchen. Überlebt haben nur die, welche das ganze
lange genug erduldet haben! Daher ist es ein ganz normaler Akt
der Selbsterhaltung, dass man sich in dieser Situation NICHT
gewehrt hat. Allein diese Mißhandlung ertragen zu haben, ist
schon Leistung genug! WAS zum Geier hätte denn z.B. ein
KZ-Insasse machen sollen, deiner Meinung nach? In den offenen
Tod rennen?? Also deine Einstellung ignoriert sämtliche
damaligen Realitäten!
In so einer Situation, bzw. besser schon vorher, zählt für mich nicht das Überleben, sondern wieviele von den Bastarden man mitnimmt. Bevor wir uns über realitätsferne unterhalten, darf ich kurz anmerken, dass ich meine Überzeugungen auch schon „at gunpoint“ vertreten habe (in Syrien, ein nicht gerade zimperliches Land, auch wenn es nicht mit dem Nazi-Regime zu vergleichen ist).
Nicht jedoch ALLLE
(wie es hier so oft zitiert wird). Den kriecherischen
deutschen „Herrenmenschen“, die dabei mitgemacht haben, will
ich keinen Respekt zollen.
Du sollt ja auch nicht den „Herrenmenschen“ die bei der
Ermordung mitgemacht haben deinen Respekt zollen, sondern den
OPFERN.
Die Zivilisten in Dresden sind IMO größtenteils genauso Teil dieser Herrenmenschenbrigade, wie die, die in den KZs gedient haben. Und da diese ja (wurde oft genug gesagt) auch zu den OPFERN gezählt werden, würde ich mich an der Gedenkminute nicht beteiliegen. Darüber hinaus, das hatte ich schon angedeutet, ist es meine Überzeugung, dass den tatsächlichen Opfern besser mit Taten, als mit Gedenkminuten Respekt gezollt wird. Wenn wir Tyrranei, Mord und Terror endgültig eliminiert haben, DANN ist die Zeit für Gedenkminuten gekommen, damit wir DANN nicht vergessen, wie es war, als es das noch gab.
Also denen, die Ermordet wurden. Also Juden, Sinti,
Roma, Politische Gegner, Behinderte, Liberale,
Freiheitskämpfer.
Wie gesagt, es geht nicht um Respekt diesen Leuten gegenüber, sondern darum, was man mit einer Gedenkminute ausdrückt. Da fände ich andere Formen des Respekt-Zollens eben angemessener. Das man darüber auch anderer Meinung sein kann (und ich wirklich niemanden von einer Gedenkminute abhalten will) ist selbstverständlich.
Grüße,
Anwar