Hallo zusammen!
„Jungen machen einen Diener, Mädchen machen einen Knicks!“
Ist meine Erinnerung richtig, daß die Beachtung dieser Aussage zusammen mit den ausgehenden 50ern ebenfalls „ausging“?
Danke und
herzliche Grüße
Helmut
Hallo zusammen!
„Jungen machen einen Diener, Mädchen machen einen Knicks!“
Ist meine Erinnerung richtig, daß die Beachtung dieser Aussage zusammen mit den ausgehenden 50ern ebenfalls „ausging“?
Danke und
herzliche Grüße
Helmut
Hm, als ich Anfang der 70er im dienerfähigen Alter war, wurde mir seitens meiner Erziehungsberechtigten diese Übung ebenfalls nahegelegt.
Habe ich in den 70ern als Kind auch noch so gelernt. In den 80ern war das dann ziemlich aus der Mode, lediglich meine Cousinen aus dem ländlichen Niederbayern machten noch einen Knicks, was aber häufig zu Verzückung bei den so begrüßten Erwachsenen führte.
Tja , mei Lieber, das ist der „Wandel der Generationen“. Was uns damals als gute Erziehung beigebracht wurde, ist heute, bei der Kindern nicht mehr möglich. Von wem auch? Schule ist nur bedingt zuständig und verweist auf die Eltern. Die haben beide keine Zeit, da mit der Arbeit und familiären Notwendigkeiten selbst überfordert. Bleit nur das Umfeld, wo sich unsere gestresste Jugend herumtreibt und da sind andere Kriterien gefragt als Anstand und Höflichkeit. Soll keine pauschale Aburteilung sein, nur der Trend ist erkennbar.Lso müssen wir uns damit abfinden, daß mit uns, Weißkopfkavalieren der alten schule auch eine ganze Ära ausstirbt. Dabei sind wir nicht einmal auf der roten Liste…
Gute Erziehung ist ersteinmal ein Prozess, und die Erziehung ist dann wohl gut, wenn das Ziel der Erziehung erreicht wurde.
Höflichkeit als Ziel, ein Benehmen wie „am Hofe“, also durchaus formelhaft, finde ich etwas dünn. Daher kann ich dieser Erziehung nur bedingt nachtrauern.
Menschlichkeit wäre mal ein Ziel, das ich vorschlagen würde.
Dass ich mir ein zusammenleben vollkommen ohne " Formularein" auch nicht so recht vorstellen möchte ist allerdings auch wahr…
Du schreibst das so, als wäre das was Schlimmes.
Was du als „Höflichkeit“ bezeichnest sind überkommene Rituale einer stockkonservativen Gesellschaft. Deine Antwort ist also im Grundsatz quatsch. Vielmehr hat sich im Laufe der Jahre verändert, was man als Höflichkeit bezeichnet - die Leute sind deswegen heute noch lange nicht grundsätzlich unhöflicher als damals.
Lies mal Erich Kästner oder vergleichbare Autoren, da bekommst du nen Eindruck davon, wie das mit der Höflichkeit in den 1920ern war.
Weißkopfkavaliere der alten Schule?! Good riddance!
Das ist wohl individuell.
Ich (Kindheit in den 60er Jahren) habe bei den Tanten meiner Mutter (d.h. die Damen waren um die Jahrhundertwende oder davor geboren) noch geknickst, weil die es erwarteten. Aber bei meinen Tanten (und Onkeln) nicht mehr. Es wurde mir auch von meinen Eltern nicht nahegelegt.
Grüße
Siboniwe
Hallo,
Jahrgang 1953 - das alles war und ist mir fremd, also Diener und Knicks. Höflichkeit dagegen schon - also „guten Tag“ - „danke“ und „bitte“, um nur zwei Beispiele zu nennen - damit fährt man übrigens auch heute noch gut und muss dafür nicht mal die 60 überschritten haben.
Gruss
Czauderna
Ich finde die konkrete Frage interessant. Mir
Servus,
mir kommt es auch so vor, als hätte das mit Ende der Ära Adenauer aufgehört.
Ziemlich durchgehende Erinnerung setzt bei mir etwa 1965 ein, da gehören Diener und Knicks nicht mehr rein.
Schöne Grüße
MM
wurde ein Knicks vor bestimmten eher fernstehenden Personen in den 50ern noch beigebracht, meiner 1955 geb. Schwester schon weniger intensv. Ich habe noch quasi automatisch bis zu etwa meinem 16 Lebensjahr vor einigen Leuten den Knicks gemacht. Bis diese mir sehr vorsichtig mitteilten, ich müsse das nicht mehr tun. Habe ich dann sein lassen. In der üblichen Form. Hatte aber qua Ballett auch den Hofknick drauf. Den wende ich bis heute an, wenn ich jemanden, der mir völlig doof und überarrogant kommen will, ausschalten möchte. Klappt prima.Wirkt besser als ein Schlagring.
LG
Amokoma1
Servus,
auch das scheint mir eine Kontext-Sache zu sein: Unsere Wohnungsnachbarin, aus schlesischem Großbürgertum stammend, die kurz vor ihrer Konfirmation die Bombardierung Dresdens miterlebt hatte, hat sich für jedes Bund Radieschen aus unserem Garten mit einem perfekt abgezirkelten Knicks bedankt, der aber in der Selbstverständlichkeit und Flüssigkeit der Bewegung nicht anders wirkte als etwa ein freundliches Nicken & Lächeln von einem heute z.B. Vierzigjährigen.
Dass sowohl Diener als auch Knicks von heute z.B. 30jährigen ausgeführt so dermaßen gestelzt und albern wirken, hängt auch damit zusammen, dass die jeweiligen Darsteller diese Bewegungen höchst selten beherrschen.
Ist ein bissle wie beim Langsamen Walzer.
Schöne Grüße
MM
Ja, genau so. Es gibt bei mir und vermutlich auch anderen Menschen Bewegungsabläufe, die genauso situationsbedingt „richtig“ sind wie theoretisch komstruierte Vorschläge für optimales Verhalten. Ich trau da halt tendenziell eher meinen „tierischen“ Instinkten: bevor ich mich z. B. mit analogen der digitalen Stadtplänen von Kleinstädten beschäftige, laufe ich die lieber ab. Der Stadtplan steckt dann halt in den Beinen und Füßen.
Oder habe ich Dich falsch verstanden?
LG
Amokoma1
Man könnte diese Verhaltensregel als Wertschätzung interpretieren. Als Anerkennung des Gegenübers.
Es war erzwungen und aufgedrückt, es war im Verhaltens-Kodex des Miteinander fest verankert.
Mit dem Loslassen dieser Vorschriften wurde Freiheit- die freie Wahl möglich.
Diese Freiheit „ich mach es so, wie ich es will“ - ist vom Prinzip toll.
Das Problem ist nur, dass ein wertschätzender Umgang, der für ein gutes Miteinander wichtig ist, auf einer inneren Haltung beruht , die wenige Menschen haben.
Zu sehr zerfressen von eigenen Minderwertigkeitsthemen, Wertmangel-Gefühlen und dazu einem ständigen Kampf um die Bestätigung des Ego-- so viele Menschen kämpfen Tag für Tag händeringend um ihre Anerkennung!
Wer sollte von denen noch mit Wertschätzung auf den Gegenüber schauen oder ihm wertschätzend begegnen?
Kurz: wir schaffen aus unserer Freiheit keinesfalls die Struktur der Wertschätzung, die wir in dem „alten Gerüst“ angedeutet haben.
Und natürlich heißen diese Verhaltensregeln NICHT, dass man auch innerlich wertschätzend oder anerkennend IST.
Aber einmal ist es eine Symbolik (die auf jeden wirkt) und dann ermöglichte es auch dem unfähigsten Redner, sich einfach nur an die Spielregeln zu halten (und damit das Gefühl von Zugehörigkeit zu entwickeln).
Ich bin nicht der Meinung, dass wir solche Regeln wieder brauchen.
So sinnlos, wie sie einem heute erscheinen, waren sie aber bei Weitem nicht.
Alles hat seine zwei Seiten
Das Miteinander wurde ohne diese Regeln nciht einfacher
Hallo,
Knicks und Fieber haben ihre Wurzeln aber nicht in Wertschätzung, sondern im Unterwerfung, sie waren immer Ausdruck einer Hierarchie. Gegenseitige Wertschätzung und Höflichkeit ist etwas ganz anderes.
Grüße
Siboniwe
Mich (Ü60) störte es auch etwas als ich im Mietshaus neu eingezogen war und die Kinder auf der Treppe wortlos an mir vorbei gingen. Dann hab ich die Initiative ergriffen und die Kleinen gegrüßt. Beim ersten mal wurde ich noch ignoriert, später kam eine Antwort und ab dem fünften mal kam schon das „Guten Morgen“ als ich nur in Sichtweite war.
Man muss also nicht darauf bestehen (die haben mich gefälligst zuerst zu grüßen) sondern kann auch mit Beispiel voran gehen wenn sie es in der Familie nicht gelernt haben.
Gruß
Bernd
Nein, das ist eben nicht toll, das ist absoluter Mist. Eine Gesellschaft, in der jeder sein Verhalten nach seiner eigenen Arschlochmaxime ausrichtet, ist keine angenehme Gesellschaft. Soziales Miteinander benötigt auch soziale Konventionen, sonst verstehen wir einander nicht und das Miteinanderleben wird schwierig. Man betrachte nur interkulturelle Probleme, die zu Teilen auch auf so banalen Dingen wie körperlicher Distanz, Modulation der Alltagssprache usw. beruhen.
Servus,
da hast Du sehr recht.
Kein Zufall, dass die vermeintliche Quintessenz von Knigges „Vom Umgang mit Menschen“ (in dem er eigentlich was ganz anderes geschrieben hat) im Rahmen der neuen deutschen Unterwürfigkeit Urständ feiert: Wenn heute jemand einem anderen ganz normal unter Menschen gegenübertritt, muss man extra „auf Augenhöhe“ dazuschreiben, weil der Normalfall eben das demütig gesenkte Haupt mit heuchlerisch zum Sire oder Monsignore halb erhobenem Blick ist.
Schöne Grüße
MM
Oh Graus! Die Rechtschreibkorrektur hat wieder mal zugeschlagen und ich hab’s mit meinen Schweinsäuglein nicht bemerkt.
Das soll natürlich "Knicks und Diener " heißen. Das Ding wollte schon wieder „Klicks und Fieber“ schreiben!!
Siboniwe
Aber es gibt einen Unterschied zwischen gegenseitiger Achtung und Wertschätzung und zwischen überkommenen Verhaltensregeln, die auf Unterwürfigkeit und Hierarchie bauen.
„Ich mach, wie ich es will“ steht dem „meine Freiheit endet, wo deine Freiheit beginnt“. Es wird immer Schnittmengen geben, das ist dann Abwägungssache: wie weh tut es mir, meine Freiheit auszuleben, wie weh tut es dir, wenn ich meine Freiheit auslebe.
Aber man muss nicht das eine (überholte Traditionen/Regeln) akzeptieren, nur weil man das andere (totale Freiheit für alle) nicht will.
Grüße
Siboniwe