Ich möchte hinzufügen, dass das Problem keineswegs immer nur auf Seiten der Hundehalter zu suchen ist. Hundeerziehung wäre sehr viel effektiver, wenn z.B. Passanten es akzeptieren würden, dass man gerade dabei ist, seinen Hund zu erziehen und deshalb nicht möchte, dass der Hund Kontakt aufnimmt.
Wenn man gerade erst dabei ist, seinem Welpen oder Junghund beizubringen, dass er eben nicht auf jeden Menschen freudig zurennen und ihn anstupsen soll, um gekrault zu werden, ist es wirklich sehr nervig, wenn wohlmeinende Passanten sofort mit Schnalzen oder Pfeifen reagieren, sobald sie einen hübschen Hund sehen, und zwar auch dann, wenn dieser sehr deutlich gerade ein Kommando wie „Sitz“ oder „Bei Fuß“ bekommen hat. Ich habe wirklich sehr viel Zeit in die Erziehung gesteckt, einschließlich Hundeschule etc., aber das beschriebene Passantenverhalten führte dazu, dass ich meinem Hund trotz aller Bemühungen niemals beibringen konnte, Passanten zu ignorieren.
Denn wehe man besteht in dem Moment darauf, dass der Hund jetzt NICHT zu dem pfeifenden, quietschenden Menschen hin läuft. „Warum darf er denn nicht? Ach, der Arme!“ und man steht ganz schnell als der fiese autoritäre Hundequäler da.
Ich habe einen Hund, der schon sein ganzes Leben lang ziemlich süß aussieht, als Welpe war das natürlich noch mehr. Das fordert Hinz und Kunz dazu heraus, meinen Hund zu sich zu locken, um ihn ausgiebig zu streicheln. Da hätte ich eigentlich nichts dagegen - wenn es nicht zur Folge hätte, dass mein Hund von jedem Menschen begeistert Streicheleinheiten erwartet und daher auf jeden Zweibeiner freudig zuläuft. Auf Seiten der Hundehasser oder -phobiker ist die Freude dann weniger groß.
Und auch wenn ich mir viel Mühe gebe, auf ängstliche Menschen Rücksicht zu nehmen, meinen Hund immer rechtzeitig anzuleinen etc., finde ich auch, dass Hunde nun mal zu unserer Gesellschaft gehören und auch (in der Landschaft, nicht in der Stadt) ein Recht darauf haben, sich frei zu bewegen, vorausgesetzt, man kann sich zu 95% sicher sein, dass nichts passiert, und zu so gut wie 100%, dass nichts schlimmes passiert. (Das Restrisiko betrachte ich als normales Lebensrisiko, das durch die Benutzung eines Autos tausendfach größer ist).
In meinen Augen sind da Menschen auch für sich selbst verantwortlich, z.B. indem man seine Angst bewusst überwindet, anstatt immer nur von den Anderen Rücksichtnahme auf die eigenen Befindlichkeiten zu verlangen.
Und last but not least: Also ich habe noch nie erlebt, dass ein Hund, dessen Besitzer den von Hundehassern bis zum Erbrechen zitierten Spruch „Der tut nix“ ausgesprochen hat, zugebissen hätte. Ich halte das für ein ziemlich doofes Klischee. Die meisten Hunde, vor denen die Phobiker zittern, sind schlicht und einfach Kampfschmuser.
Einmal stand ich vor einem Bauernhof und da lief ein großer Hund frei herum, der mich wütend anbellte. Die Bäuerin rief aus dem Fenster „Kommen Sie rein, meistens tut er nichts!“ Über den Spruch muss ich heute noch lachen!